Dieter Kamensek

Gruft

Gedankenverloren am sonnigen Tag,

begleitet von Vogelgezwitscher das ich so mag,

kam ich zu einem Friedhof hin.

 

Geordnete Gräber in geordneten Reihen,

versorgt mit Blumen und den kirchlichen Weihen,

so kam mir doch dabei in den Sinn:

 

Ist das die Belohnung von unserem Leben?

Ist dies das letzte Ziel unserem eigenen Streben?

Kann denn das wirklich alles sein?

 

Ich ging weiter zu einer stillen Ecke.

Und das was ich dort entdeckte,

war eine alte Gruft, überwachsen und allein.

 

Einst war sie prachtvoll und zeugte von Geld,

heut ist sie vergessen und weiter verfällt,

und diese Einsamkeit dauert schon lang.

 

Verwitterte Buchstaben auf steinigen Grund,

Namen, schon lang nicht mehr genannt von einem Mund,

zeugen von Vergessen und Untergang.

 

Särge im kühlen Dunkel der Gruft,

kein Lebender die Toten mehr beim Namen ruft,

so zerfallen Ihre Gebeine zu Staub.

 

Nichts ist geblieben von der einstigen Pracht,

den Zerfall verhinderte auch nicht die einstige Macht,

das Vergessen ist nun Ihr Begleiter.

 

Schwer lese ich den Namen einer Verstorbenen Frau,

Katherina, doch weiß ich es nicht so genau,

und doch lese ich weiter.

 

Der Geburts- und Sterbetag stehen dicht an dicht,

gehören zusammen wie Schatten und Licht,

so ist es in unseren Lebenslauf vorherbestimmt.

 

Nur 24 Lenze waren dieser Frau vergönnt zu leben,

danach musste sie Ihr Dasein geben,

den Grund weiß wahrscheinlich niemand mehr.

 

Betrübt über diese Einsamkeit und das Vergessen,

ging ich nach Hause und wollte ermessen,

was es für uns wohl heißen mag.

 

Leben um zu Arbeiten und sein Bestes zu geben,

Leben um nach der wahren Liebe zu streben,

danach Tod, oft von einem zum anderen Tag.

Vergessen uns danach bald umfängt,

niemand mehr an unser Grab hin drängt,

nur mehr Routine und Pflicht.

 

So ging ich schlafen und legte mich hin,

die Gruft ging mir nicht mehr aus dem Sinn,

es war die Erkenntnis die mich bewegte.

 

Ich träumt alsbald einen seltsamen Traum,

ich stand bei einem blühenden Baum,

sich auch die Sonne in meinen Gefühlen regte.

 

Da kam eine Frau, schön und elegant,

sie hielt eine Rose in Ihrer zarten Hand,

ihr Lächeln war wie das Paradies so voller Süße.

 

Es war Katherina, ich wusste es genau,

sie war die junge und schöne Frau,

mir galten Ihre lächelnden Grüße.

 

Sie sprach zu mir, mit lieblichem Ton,

und erzählte mir auch noch davon,

das Sie schwanger sei und guter Hoffnung ist.

 

Ich war wohl im Traum ein guter Bekannter,

eventuell auch ein netter Verwandter,

dem Sie das so erzählte.

 

Ich sah sie an und sie verzauberte mein Herz,

und ich fragte mich mit bohrendem Schmerz,

wer ist der von Ihr Auserwählte?

 

Ich sah Ihn kommen, er passte zu Ihr,

und so dachte ich nun bei mir,

es ist wohl von oben so bestimmt.

 

Als nächstes sah ich mich in einem Raum,

es war dunkel und ich sah vieles kaum,

und fragte was ich hier wohl tue?

 

Da kam eine Frau mit dunklem Kleid,

sie war in Eile und hatte kaum Zeit,

und ich bemerkte auch die Unruhe.

 

Katherina bekam nun Ihr Kind,

um das Haus wehte ein warmer Wind,

und ich hörte sie vor Schmerzen schreien.

 

Ich wusste es lief etwas nicht richtig,

doch dies verdrängte ich als nicht wichtig,

und strich mir nervös durch mein Haar.

Da wurde es still in Ihrem Zimmer,

meine Befürchtungen wurden schlimmer,

ich ahnte was nun geschehen war.

 

Nach einiger Zeit kamen Sie heraus,

löschten im Zimmer die Kerzen aus,

und Ihr Mann sprach mit leiser Stimme:

 

„Sie wollte das Kind in Liebe bekommen,

doch der Herr hat meine Frau und das Baby zu sich genommen,

nun bin ich allein auf der weiten Welt.

 

Unsere Liebe wird die Ewigkeit überdauern,

sie dringt hindurch durch die dicksten Mauern,

sie besiegt den Tod und auch das Vergessen,

sie ist das Wertvollste das ich je hab besessen,

sie ist und war mir mehr Wert als mein Leben,

ich würde für Sie alles Erdenkliche geben,

doch nun weilt sie an einem anderen Ort.

 

Dort ist sie mit unserem Sohn vereint,

streichelt Ihn wenn er weint,

liebkost Ihn wenn er traurig ist,

tröstet Ihn wenn er mich vermisst.

Sie hält Ihn im Arm und gibt Schutz.

 

Ich seh sie lächeln und Ihre Augen strahlen,

sie spürt dort keinen Schmerz und keine Qualen,

sie warten vereint auf mich hinter dem Horizont,

dort, wo die ewige Liebe wohnt.

 

Sie wissen ich werde zu Ihnen kommen,

sie wissen, wurden sie mir nun auch genommen,

es gibt ein freudiges Wiedersehen.

Dann werden wir nicht mehr auseinandergehen.

 

Die Welt kann uns für immer vergessen,

doch wir wissen was wir an uns haben besessen,

die Liebe uns für immer vereint.

 

Es kommt der Tag wo niemand an uns mehr denkt,

niemand uns einen einzigen Gedanken schenkt,

wo wir keinen Lebenden mehr berühren,

wo wir nicht mehr den Geist der Anderen spüren.

 

Doch das ist nicht wirklich wichtig,

denn nur das eine ist wahr und richtig:

Unsere Seelen bleiben für immer vereint!“

 

Er sprach mehr zu sich selbst als zu mir,

ich glaube, er merkte nicht einmal dass ich noch hier.

So kam es mir zumindest vor.

 

Er legte seinen Kopf in die Hände,

das Kerzenlicht zeichnete Schatten auf die Zimmerwände,

und ich entfernte mich wie im Flug.

 

Am Tag als ich nun erwachte,

und ich an den Traum nun dachte,

so erinnerte ich mich wie alles sich zutrug.

 

Ich kaufte eine Rose, rot wie Blut,

und – egal ob man dies sonst tut –

legte ich diese auf die Gruft nieder.

 

Nun las ich die anderen Namen und Daten,

und ich musste nicht lange warten,

da ergriff es mich nun wieder.

 

Es waren die Drei die ich im Traum begleitet,

so sich auch mein Geist nun weitet,

und mir wird schwindelig vor dem Erkennen.

 

Ich reiste zurück in der Zeit,

wurde Zeuge der Vergangenheit,

und konnte das Geschehen benennen.

 

Er kam anscheinend um in derselben Nacht,

wurden gleichzeitig beerdigt still und sacht,

gemeinsam glitten sie ins Dunkel.

 

Nun sind sie sicher zusammen im ewigen Grün,

dort wo die Blumen ewig duften und blühn,

dort, ohne Trauer, Pein, Qual und Schmerz,

dort, wo regiert das Glück und auch das Herz.

Dort ist er nun vereint mit Mutter und Kind,

ich höre ihr Lachen im sanften Wind,

es scheint er weht her vom hinter dem Horizont,

von dort, wo die ewige Liebe für immer wohnt.

Wir können lebend nicht zu Ihnen gelangen,

wir sind mit Leid und Trauer hier gefangen,

dort aber – hinter dieser, unserer Welt –

ist ein Land das jeden sofort gefällt.

Dort kann man sich wieder vereinen,

und nur vor Glück kann man hier weinen,

hier gibt es ein wirkliches Verstehen,

und niemand muss mehr von hier gehen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.08.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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