Georg Kaiser

Familiengedanken 1

FAMILIENGEDANKEN (1)
 
 
 
Im Gegensatz zu dem was mancher Bekannte von mir behauptet,kann ich sagen,dass ich kleine Kinder mag.Ich mag sie sehr gut sogar und erstaunlicherweise scheinen kleine Kinder mich zu mögen.Vor allem kleine Babys schaue ich mich am liebsten an und dabei fällt mir selber auf,dass meine Aufmerksamkeit meistens auf das Kind allein gerichtet ist und nicht auf ihm im Kontext seiner Familie.Seine Eltern schaue ich mich kaum an,ich finde sie sogar beinah als störend wenn ich die kleine Dinger beobachte.Dabei ist die Freude umso grösser wenn Babys mich anlächeln und anstrahlen,es ist Teil meines "Babyindex" oder besser gesagt,mein "Karma-Messgerät".

Jede person hat eine besondere,schwer zu erklärende Ausstrahlung die mit dem inneren seelischen Zustand zusammenhängt,wenige Erwachsene sind empfindlich genug diese Ausstrahlung wahrzunehmen und Charakterzüge einer anderen Person nach einem ersten oder zweiten Eindruck auszumachen.Babys haben ein feineres Sensorium dafür.Traue niemandem vor welchem kleine Kinder Angst haben oder in deren Armen sie sich äusserst unwohl fühlen.

Wenn kleine Kinder mich anlächeln weiss ich,dass ich mich als glücklicher Mann bezeichnen kann .Sie sind beneidenswert,ja,richtig.Beneidenswert weil sie im wahrsten Sinne des Wortes das ganze Leben vor sich haben und sie scheinen etwas zu besitzen,das vielen Erwachsenen abhanden gekommen ist,nähmlich dieser erwartungsvolle,neugierige,tolpatschige Blick in die Welt die sie umgibt in einem Lebensabschnitt in welchem fast alles eine Überraschung bedeutet.Vielleicht aus diesem Grund finde ich ihre Eltern meist uninteressant:Sie wirken oft farblos,fad,müde,abgekämpft und schwer und ich glaube nicht,dass es ausschliesslich dies mit den Mühen des Elternseins zusammenhängt.Die meisten Eltern (auch die sehr in Mode gekommen junge Eltern) scheinen oft das Leben fast hinter sich zu haben um in der ewigen Dämmerung des Alltags dahinzutreiben.

Ich mag Kinder und Kinder mögen mich auch aber ich hasse die Trägheit ihrer Eltern,zum Glück merken die Kleinen das nicht.

Wenn ich diese Zeilen schreibe kommt mir ein Abendessen mit Lena in den Sinn.Das war 1 Tag bevor sie nach Japan flog und genau 4 Monaten bevor ich sie dort besuchte.Ich hatte sie als Abschied ins "Napoli" eingeladen (einer der besten Italiener in Zürich),neben uns sassen 2 Typen so um die 30 die die ersten Anzeichen vom fortschreitenden Übergewicht zeigten,Sie waren zwar nicht dick aber "gut im Fleisch" wie mein ungarischer Zahnarzt zu sagen pflegt.Die 2 Männer assen ziemlich üppig und in unseren Gesprächspausen lauschten Lena und ich was die Typen untereinander lebhaft und mit der Detailbessesenheit von Sportjournalisten sich zu sagen hatten.Ihr ganzes Gespräch drehte sich um Kinderkrippen,Erziehungstipps,Schnüller,öffnungszeiten von Babyläden,Stress im Beruf und seine Auswirkungen auf das Zusammenleben mit Kindern und derartiges.Lena fand sonderbar,dass sich 2 Freunde einen Abend in einem der teursten Restaurants in Zürich gönnen um ausschliesslich über Kinderkram zu sprechen,ich meinerseits fand ich das nicht nur sonderbar,sondern himmeltraurig und schauderhaft zugleich.

Ich habe immer Menschen bemitleidet,die sich nach Feierabend in Klubs und Bars treffen um nur über den Beruf zu reden,lästern und über Karriereschritte zu filesofieren (Von Engl. "File").Nicht,dass ich sowas nicht tue,aber wenn schon höchstens während 20 Minuten und nicht 3 Stunden.Aber die 2 Freunde im "Napoli" taten mir nicht nur Leid,sondern brachten mich zu denken,dass ich nicht wie sie enden wollte.Ein lästiger Beruf kann man kündigen,man kann seine Siebensachen packen,gehen und die nächste Stelle suchen ohne für die Konsequenzen ein ganzes Leben lang geradestehen zu müssen,bei einer Familie die man freiwillig gründen geht das nicht und schon gar nicht bei einem Mann.

Auch noch ein Grund Kinder zu beneiden.








 

                    
 
   
 
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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