Hans Pürstner

INRI 2.0 Teil 5

"Wer ist das denn jetzt schon wieder?" brummelnd legte Professor Pfeiffer den Schlauch seines Staubsaugers ab und drückte den Abschaltknopf. Auch wenn er nicht mehr besonders gut hörte, das Klingeln des Telefons war trotz des lauten Sauggeräuschs bis zu seinen Ohren vorgedrungen.

"Ja, bitte", bläffte er in den Hörer, um sofort etwas freundlicher nachzulegen "hier spricht Pfeiffer". Sobald er die Stimme der Anruferin erkannt hatte, hellte sich sein Gesichtsausdruck noch mehr auf. "Hallo Mirjam, Sie fehlen mir ja so sehr!" rief er freudig ins Telefon.

Einige Monate verrichtete er seine Hausarbeit jetzt schon selbst, seit seine palästinensische Putzfrau bei ihm aufhören musste. Damals hatten er und sein alter Kollege Professor Schmidt beschlossen, dass Pfeiffer sich gänzlich aus der Sache mit der künstlichen Befruchtung von Mirjam raushalten sollte. Schmidt warnte ihn davor, dass das Neugeborene automatisch die israelische Staatsbürgerschaft erlangen würde. Zuvor müssten allerdings alle Kontaktpersonen aus dem Umfeld der Mutter an gegeben werden. Dabei wäre wohl die Gefahr ziemlich groß gewesen, dass Pfeiffer mit reingezogen worden wäre.

Er hatte ja die tiefgekühlte Samenspende unter dem Vorwand von Forschungszwecken aus dem Labor der Uni abgeholt und in das Institut für In-Vitro-Fertilisation nach Jerusalem gebracht, wo sie unter strengster Geheimhaltung für die künstliche Befruchtung von Mirjam verwendet wurde. Die musste die darauffolgenden Monate immer erst am Ende der Sprechstunde unter falschem Namen bei Professor Schmidt zur Kontrolluntersuchung erscheinen.

Vor einigen Tagen war sie zuletzt bei ihm gewesen und trotz des positiven Verlaufs ihrer Schwangerschaft war bei allen Beteiligten keine Freude aufgekommen. Die Geburt durfte nicht in einer Klinik stattfinden, denn dort hätte man sie nicht geheim halten können und die illegale Aktion wäre garantiert aufgeflogen.

So hatte Schmidt sie mit ihrem Mann schließlich in den Norden geschickt, nach Kiryat Ata, wo eine Schwester von ihm lebte. Sie und ihr Mann besaßen eine Farm etwas außerhalb des Ortes zur Zucht von Merino Schafen, von deren Fleisch und Wolle sie ganz gut leben konnten. Seine Schwester war bereit gewesen, Mirjam und ihren Mann Yosef, die beiden hatten kurz zuvor geheiratet, bei sich aufzunehmen. Auf so einer Farm leben zahlreiche Hilfskräfte und Tagelöhner, da fielen die beiden nicht weiter auf.

Nun hatte sie sich endlich bei Pfeiffer gemeldet. "Es ist ein Junge, Herr Professor!" rief sie überglücklich, "der zufällig gerade anwesende Tierarzt hat uns bei der Geburt geholfen. Babys sind Babys, hat er gemeint. Und die Schweigepflicht gelte auch für ihn, hat er hinzugefügt. Na ja, eigentlich ja nicht für einen Veterinär, aber er hat es versprochen, dass niemand etwas von der Sache erfährt. Gott sei Dank gab und gibt es keine Komplikationen, obwohl es mein erstes Kind ist."

"Ach, bin ich froh" seufzte Pfeiffer erleichtert. Er hatte die ganze Aktion schließlich eingefädelt, wollte seine wissenschaftliche Neugier befriedigen und gleichzeitig Mirjam und ihrem zeugungsunfähigen Mann helfen. Wäre bei der Geburt etwas schief gelaufen, dann hätte man das alles beim besten Willen nicht länger geheim halten können und ein Riesen Skandal wäre die Folge gewesen.

Sie berichtete ihm, dass sie beide auf der Farm bleiben dürften, da Yousef sich mit seinen handwerklichen Fähigkeiten nützlich machen konnte.

"Er hat Ihrer Schwester einen tollen Kleiderschrank gebaut, sie ist total begeistert. Und in den Ställen ist auch viel Arbeit für Tischler. Außerdem ist Yousef geschickt auch in anderen Handwerken" erzählte sie voller Stolz.

"Na, da muss ich aber umgehend mal wieder einen Besuch bei meiner Verwandtschaft machen" rief Pfeiffer schmunzelnd. Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, das war so richtig in seinem Sinne.

Dort würde er dem Kind eine Blutprobe abnehmen lassen und diese zur Untersuchung in seine alte Uni bringen. Er war schließlich ungeheuer gespannt, was man beim Gentest feststellen würde. Ob "Außerirdische" wohl besondere Merkmale aufweisen würden. Den Gedanken an Aliens hatte er noch nicht aufgegeben, obwohl damals alle anderen Experten nur müde gelächelt hatten, wenn er sie danach fragte. Für die war es eine geheime amerikanische Mission, zu welchem Zweck auch immer. Und dass diese alles abstreiten würden, konnte auch niemand verwunderlich finden. Außer Pfeiffer, der immer schon eine Ader für das Übersinnliche gehabt hatte.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Hans Pürstner).
Der Beitrag wurde von Hans Pürstner auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.01.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Hans Pürstner als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Horasia - Invasion von Leif Inselmann



Der zweite Band der Horasia-Reihe.
Der harterkämpfte Frieden, der seit der Schlacht von Uthudar in Horasien herrscht, löst sich unerwartet auf, als der außerirdische Terrorist Nirub mit einem Raumschiff und einer Armee auftaucht. Obwohl seine Ziele zunächst unbekannt sind, ist schnell klar, dass er vor nichts und niemandem haltmachen wird, um diese zu erreichen. Wieder einmal wird Calan Ningurdes in einen Konflikt hineingezogen, der das Schicksal des gesamten Kontinents beeinflussen wird.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Romane" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Hans Pürstner

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

INRI 2.0 Teil 17 von Hans Pürstner (Romane)
Wieder geht ein Jahr von Rainer Tiemann (Abschied)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen