Hans Pürstner

INRI 2.0 Teil 17

 

Langsam stieg Joshua die kleine Treppe zum Bühnenhintereingang hoch, wo er von Sally Schwartz überschwänglich begrüßt wurde.

Endlich habe ich die Gelegenheit, dich persönlich kennen zu lernen, Joshua, ich hab schon so viel von dir gehört!” rief sie und umarmte ihn stürmisch. Er schaute etwas konsterniert nach hinten, wo seine Freundin Mirjam zur Tür hereinkam. Zu seiner Beruhigung lächelte sie bloß milde und schien sich nicht daran zu stören. “Ich bin daran gewöhnt” erklärte sie dem Oberst, der die Szene amüsiert beobachtet hatte.

Ach, sind Sie seine Freundin?” versuchte dieser die Situation zusätzlich zu entschärfen.

Ja, das bin ich, aber unsere Freundschaft ist viel zu tief, als dass ich bei jedem weiblichen Fan gleich eifersüchtig würde” antwortete sie und lächelte.

Gemeinsam guckten sie durch einen Spalt im Vorhang in Richtung Hügel, der sich mittlerweile mit unzähligen Menschen gefüllt hatte.

Das sind bestimmt schon zwanzigtausend Leute”, rief Sally, “und der Verkehrsfunk sagt, die Straßen sind noch fünfzig Kilometer im Umkreis verstopft. Das wird ja gigantisch!”

Inzwischen konnte man schon das nächste Boot sehen, das versuchte, am überschwemmten Bootssteg festzumachen.

Das müssen Omar & Sarah sein, die erste Vorgruppe. Ein Duo, das schon alleine wegen der Namen zu einem Versöhnungsfest passt!”

Joshua lächelte und meinte: “Ich werde sie gleich in Empfang nehmen und zur Bühne begleiten. Sie sind die ideale Vorgruppe für unser Konzert”

Zusammen mit Sally ging er zum Bootssteg und hieß die Beiden willkommen.

Schön, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid” rief Joshua und umarmte erst Sarah und dann ihren Freund und Gesangspartner.

Während sie die Treppe zum Bühnenhintereingang hochgingen erklärte Joshua ihnen den geplanten Ablauf der nächsten Stunden.

Danach trat er vor den Vorhang und begrüßte die Besucher

Habt Dank für euer Kommen, meine lieben Freunde!” rief er ihnen sichtlich überwältigt von der großen Zahl an Besuchern zu, "seit mehr als einem halben Jahrhundert leben jetzt Araber und Juden in Feindschaft nebeneinander. Und warum? Weil jeder von ihnen dieses Gebiet für sich alleine beansprucht. Tausende mussten sterben in all den Jahren, unendliches Leid wurde über Familien gebracht. Auch ich weiß nicht d i e Antwortfür dieses Problem. Ich weiß nur eines, nämlich dass durch Hass und Egoismus noch nie ein Problem gelöst wurde. Lasst uns heute allen ein Beispiel geben und zeigen, dass Juden und Araber friedlich zusammenleben können. Wenigstens heute, bei diesem Musikfestival! Und als kleines Beispiel begrüßt schon mal mit mir unsere erste Vorgruppe Omar und Sarah !”

Beifall brauste auf von den Zigtausenden, die es sich auf der Wiese des Hügels bequem gemacht hatten.

Nachdem sich der Beifall gelegt hatte setzte sich Sarah mit der Akustikgitarre auf einen bereitgestellten Stuhl, während Omar den rechten Arm um ihre Schulter legte. Erneut brandete wenn auch deutlich verhaltener Jubel auf als die ersten Takte ihres Liedes erklangen, how many roads must a man walk down...

Einige Besucher, denen man das Erreichen des Rentenalters deutlich ansah erinnerten sich noch gut an Bob Dylan´s Jahrhunderthit Blowin´ in the wind

Wie dieser einst gemeinsam mit Joan Baez sangen jetzt Omar&Sarah voller Inbrunst die einstige Hymne der Friedensbewegung und zahlreiche Zuschauer fielen in nach und nach in den Refrain ein

Yes, 'n' how many deaths will it take till he knows

That too many people have died?

The answer, my friend, is blowin' in the wind,

The answer is blowin' in the wind.

Ein schöneres Lied zum Auftakt hätte ich mir nicht wünschen können!” rief Joshua begeistert und trat wieder auf die Bühne. Gerade die letzte Strophe des Liedes: Wie viele Tote muss es noch geben, ehe wir begreifen, dass schon viel zu viele gestorben sind passt perfekt zu unserem Problem, liebe Freunde! Jedes neue Opfer zieht in Wirklichkeit viele Opfer nach sich. Familienmitglieder, Freunde, alle sind davon betroffen und erfüllt von Trauer, Zorn und eben leider auch Hass. Hass, den viele von ihnen wieder zum Anlass nehmen, die Tat zu rächen. Und so beginnt das grausame Spiel von Neuem. Jemand muss dem endlich Einhalt gebieten. Einer muss den ersten Schritt tun. Einer von uns alleine ist zu schwach, zu unbedeutend um ihn zu tun. Wir alle zusammen können etwas bewegen. Unser Konzert wird live übertragen, kommt vielleicht später als Filmmitschnitt ins Kino. Dann werden wir auch gehört von den Leuten auf die es ankommt.

Ein erster Anfang ist ja schon in Jerusalem gemmacht worden, wo nun endlich die UN Resolution von 1947 umgesetzt wurde, die Jerusalem als Hauptstadt für Juden und Palästinenser festlegt. Dies geht zur Zeit nur durch den Druck der internationalen Verwaltung und deren Gouverneur. Unser Ziel muss es sein, dass dieses friedliche Zusammenleben mit gerecht aufgeteilten Rechten und Pflichten auch im übrigen Land möglich ist.

Jeder muss die Möglichkeit haben Grundbesitz zu erwerben und sein Haus darauf zu bauen wo immer er will. Wenn in New York oder London Menschen verschiedener Rassen zusammenleben können, warum nicht auch hier? Ich sage euch, wenn euch jemand hasst, entgegnet ihm mit Freundlichkeit, wenn euch jemand schlagen will, blickt ihm aufrecht und mit Würde an ohne zuerst zu schlagen. Er wird verblüfft sein, beschämt. Tut den ersten Schritt, das macht euch überlegen! Der Klügere gibt nach, sagt ein altes Sprichwort. Wenn zwei Männer von beiden Seiten ein schmale wackelige Hängebrücke über einem reißenden Fluss betreten, so kommen sie irgendwann beide in der Mitte an und stellen fest, dass sie nicht aneinander vorbeikommen ohne dass einer von ihnen in den Fluss stürzt. Selbst ein Kampf der zwei Männer um das Recht des Stärkeren durchzusetzen kann dazu führen, dass womöglich beide in den Fluss stürzen. Also ist derjenige, der wieder zurückgeht kein Feigling, sondern in Wirklichkeit der Stärkere!

 

 

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Wenn erst ein laues Lüftchen weht,
das sich naturgemäß dann dreht
und schnelle ganz geschwind,
aus diesem Lüftchen wird ein Wind,
der schließlich dann zum Sturme wird,
und gefahren in sich birgt-
Dann steht der Mensch als Kreatur,
vor den Gewalten der Natur.
Der Mensch wird vielleicht etwas klüger,
seinem Sturmwind gegenüber.


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