Andreas Rüdig

Meine Regierung

Dies wird meine erste Regierungserklärung werden. Ich bin gerade zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden und soll nun die Grundzüge meiner zukünftigen Regierungspolitik erläutern. Als ob ich das könnte. Als ob ich heute schon wüßte, was ich erreichen möchte. Als ob ich wüßte, wie die Welt in ein paar Jahren aussehen wird und wie ich sie gestalten könnte. Aber egal. Ich werde mir was einfallen lassen. Die Rede fängt in fünf Minuten an.

 

 

(Auszüge aus meiner allerersten Regierungserklärung)

 

Ja, meine Damen und Herren, liebe Parlamentarier, ich bedanke mich für Ihr Vertrauen, das Sie mir mit der Wahl entgegengebracht haben. Ich nehme die Wahl natürlich gerne an. Lassen Sie mich nun bitte die Gelegenheit und Rede dazu nutzen, Ihnen einige Großprojekte, die ich in den kommenden Jahren angehen möchte, vorzustellen.

 

(…)

 

Es wird eine neue Deutsche Musikstiftung geben. Sie wird von der Bundesregierung, genauer gesagt unserem Musikbeauftragten, und der nationalen Musikindustrie ins Leben gerufen. Das Gründungskapital, das Stiftungskapital, ja, ja, Sie haben recht, Herr Rechtsanwalt, also das Stiftungskapital wird zunächst 500.000 Mark betragen. Zustiftungen der Musikverlage, Musikerverbände, Musikinstrumentenhersteller sind willkommen; aber auch normale Bürger können Geld geben. Ab einem Betrag von 20 Mark ist man entscheidungsunbefugter Stifter. Ab einem Betrag von 1.000 Stiftungszuwendung darf man mitreden. Die Aufgabe: deutsche und deutschsprachige Musik zu fördern. Die beteiligten Musiker sollen Deutsche sein. Ausländer können nur dann gefördert werden, wenn sie ihren Arbeits- und Lebensschwerpunkt bei uns in Deutschland haben. Die Musikverlage müssen hier in Deutschland ansässig sein. Theoretisch ist es zwar nicht ausgeschlossen, daß es auch Tochterunternehmen ausländischer Firmen sind. Wünschenswert ist dies aber nicht.

 

Die Zielrichtung dieser Stiftung ist eindeutig. Sie soll die deutsche Musik fördern, aber auch fordern. Die deutsche Musik soll zeigen können, was sie drauf hat. Kommerzielle Gesichtspunkte stehen dabei erst einmal im Hintergrund. Die Stiftung wird zwar im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Produktions von CDs, MP3 und Musikfilmen jeglicher Art fördern. Die Goethe-Institute und Radiokanäle der Länder haben aber schon zugesagt, die Produktionen der Stiftung zu bewerben und beim Verkauf zu helfen. Deutschland muß bei internationalen Musikwettbewerben wieder besser werden.

 

Uedem liegt am Niederrhein. Dort gibt es das „Niederrheinische Fachinstitut zur Erforschung und Vermittlung von Sprachen“. Dieses Institut werden wir reichlich mit Arbeit versorgen. Wir werden einen Fördertopf im Bundeshaushalt einrichten. Diesem Fördertopf stehen unbegrenzt Gelder zur Verfügung. Seine Aufgabe wird darin liegen, Literatur aus dem Ausland anzukaufen. Belletristik und Lyrik werden zwar auch gekauft, aber nicht im Vordergrund stehen. Naturwissenschaftliche, mathematische und technisch-ingenieurwissenschaftliche Literatur wird angeschafft, aber auch geisteswissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Bücher. Wohl wissend, daß aus Afrika nicht viel kommen wird, werden wir in dem Institut ein paar Afrikanisten einstellen. Inwieweit wir Japanologen, Thaiisten, Indologen, Koreanisten und andere asienbezogene Regionalwissenschaftler brauchen werden, wird sich erst noch zeigen. Anglisten, Amerikawissenschaftler und Romanisten werden wir auf jeden Fall brauchen. Deren Arbeitsmarkt wird leergefegt sein.

 

Die Zielrichtung dieser Maßnahme ist eindeutig. Wir wollen neue Impulse in die deutsche Forschungslandschaft geben. Literaturspionage heißt dabei das Zauberwort. Wir schöpfen dabei das Wissen dieser Welt, soweit es in Büchern verfügbar ist, ab, übersetzen es in unsere herrliche deutsche Sprache und stellen es unseren ortsansässigen deutschen Betrieben zur Verfügung. Auch hier braucht nicht unbedingt auf Wirtschaftlichkeit geachtet zu werden. Die Wirtschaftsförderung von Bund, Ländern und Wirtschaftsverbänden fördert diese Wissensvermehrungsmaßnahme.

 

Ich sehe dabei schon die Deutsche Bibliothek vor mir. Sie wird überquellen vor neuen Büchern. Ja, ja, Sie haben recht, Herr Abgeordneter. Ich kommen jetzt zum Punkt. Unsere Botschaften im Ausland sollen in die Buchhandlungen gehen und dort massenhaft Fachliteratur aufkaufen. Raumfahrt, Betriebswirtschaftslehre, die Ingenieurswissenschaften, aber auch Exoten wie Archäologie, Film-, Fernseh- und Theaterwissenschaften oder Medienwissenschaften – alle Wissenschaften dürfen vertreten sein.

 

Bei den Geisteswissenschaften arbeiten wir eng mit dem Ökumenischen Weltinstitut zusammen. Wie Sie wissen, ist dies das Auslandsinstitut der Volks- und Freikirchen. Es wird uns bei Fächern wie Geschichte, Religion und Philosophie helfen.

 

Die angeschafften Bücher werden dann in Uedem in unserem Auftrag übersetzt und als Buch herausgegeben. Die Auflage wird natürlich nicht sehr hoch sein. Schließlich handelt es sich um Fachliteratur. Die Universitäts- und Fachhochschulbüchereien werden zu den Großkunden gehören; irgendeinen Sinn für die Studiengebühren muß es ja geben. Aber auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände sollen zu den Abnehmern gehören.

Deutschland sucht nicht den Superstar. Es testet seine Behörden. Die Stiftung Produktetest wird eine neue Abteilung bekommen. Diese Abteilung wird „Behördentest“ heißen. In einem ersten Schritt wird sie alle Städte, Gemeinden und Landkreise auf ihre Bürgerfreundlichkeit hin überprüfen. Stadtbüchereien, Archive, Stadtinformationen, ÖPNV, Einwohnermeldeamt, Straßenverkehrsamt, Stadttheater, Opernhäuser, Stadtwerke und Sozialverwaltung. Sie bieten ihre Produkte nicht aus eigener Vollkommenheit heraus an. Sie nehmen das Geld der Bürger und gehen damit auch die moralische Verpflichtung ein, es im Sinne der Menschen vor Ort zu verwenden. Tun sie das aber auch? Das soll der große bundesweite Behördentest herausfinden.

Die nächste Stufe sollen Landes- und Bundesbehörden sein. Die Finanzämter, Landeszentralen und Bundeszentrale für politische Bildung, Landesarchive, Autobahnmeistereien und Landesbildstellen seien hier als Beispiele genannt. Die Stiftung wird ein bundesweit einheitliches Beurteilungskriterium für jedes einzelne Amt, für jede einzelne Behörde entwickeln. Sie wird auch vor Ort das geeignete Personal akquirieren, das dann unbemerkt die Tests durchführen wird. Die Stiftung wird die Ergebnisse dann zentral auswerten und veröffentlichen. Da wir der Auftraggeber sind, wird der Bund auch für die Kosten aufkommen.

 

Soweit zu meiner Regierungserklärung. Als sie zu Ende war, seufzte ich vor lauter Erleichterung erst einmal auf. Den schwierigsten Teil meiner Regierungszeit habe ich nun hinter mir. Die Ausführungen auch in die Praxis umzusetzen und so mit Leben zu füllen, wird der einfachste Teil meiner Regierungstätigkeit sein.

Ich erhielt viele Komplimente für meine Regierungserklärung. Es scheint, sie habe den Leuten gefallen, nicht nur im Parlament, sondern auch auf den Straßen. Endlich sehen sie, wo ihr Geld bleibt.

 

Ich bin ein homo academicus terra australis, also ein gelehrter Australien/Neuseeland/Ozeanienwissenschaftler. Dies bescheinigte mir inzwischen die University of Nauru, die einzigste, einzigartige, halbstaatliche und größte Universität des ozeanischen Inselstaates.

Man schreibt das Jahr 1968. Mit einer kleinen Crew aus Hippies stechen wir in Hamburg in See. Es ist Juni, die Sonne lacht aus wolkenlosem Himmel. Es regnet also mal nicht. Es ist 10 ° warm – sommerliche Verhältnisse in Hamburg. Wir sind jung und wollen die Welt entdecken. Auf den Spuren von Gauguin ist die Südsee unser Ziel. Doch oh wehe! Eine Sache war uns nicht in den Sinn gekommen: Ist bei uns auf der Nordhalbkugel Sommer, wütet der Winter auf der Südhalbkugel. Wir kamen Anfang Juli in Tonga an. Doch wir merkten es nicht. Unser Mann auf dem Aussichtsmast meldete nämlich nicht: „Land in Sicht!“ oder „Schiff in Sicht!“ - „Tornado in Sicht!“ lautete vielmehr seine Botschaft. Naiv, wie wir waren, dachten wir zuerst an Bundeswehrflugzeuge oder ähnliches Ungemach. Friedensbewegt griffen wir zu unseren Klampfen, sangen Protestlieder und merkten so zu spät, daß mit dem Tornado kein Flugzeug, sondern ein Tropensturm gemeint war.

Er schüttelte uns ganz gewaltig durch. „Wir fliegen,“ rief unser Kapitän sogar einmal. Als der Tornado abzog, waren wir in Fidschi gestrandet. Der Tropensturm hatte unser Schiff auf eine der Inseln dort gespült und uns dort zurückgelassen. Zum Glück gab es dort Menschen. „Welche Sprache sprechen die denn? Ich verstehe kein Wort,“ jammerte unser Kapitän zwar immer wieder. Meine persönliche Neugierde war aber geweckt. Mit meinem Pidgin-Englisch erreichte ich es, daß die Leute uns in ihre Hauptstadt brachten. Sie nutzten dafür nicht unser großes Schiff, sondern ihre Einbaum-Boote.

Vom kalten Deutschland die Schnauze voll. Warmes Wetter. Gutes Wetter. Hübsche Frauen. Für einen Hippie wie mich war die Südsee tatsächlich das Paradies. Also blieb ich, studierte in Australien und Neuseeland Kunst, Kunstgeschichte, Ethnologie und Philosophie. Finanziert habe ich mir das mit meiner Hände Arbeit. Ich war Tellerwäscher, Fremdenführer, Känguru-Trainer (für deren Wetthüpfen), Didgeridoo-Schnitzer, Bumerang-Lieferant, Straßenkehrer, Maschinenmann auf mehreren Schiffen und Fernfahrer in Australien. „Das ist doch kein geregeltes Leben. Wie kann man nur auf Dauer eine solche Drecksarbeit machen,“ fragen Sie? Für mich war das ganz hilfreich. Auf diese Art und Weise habe ich Land und Leute kennen gelernt. So mancher meiner Reiseführer ist auf diese Art entstanden. Und auf diese Weise bin ich zu meinem Ehrentitel gekommen: gelehrter Australien/Neuseeland/Ozeanienwissenschaftler.

 

Müller? Kommen Sie mal her. Sehen Sie diesen Althippie da drüben? Gut. Das ist der beste Australien-Kenner, den wir haben. In Rente gehen kann er nicht; er hat bei uns ja nie in die Rentenversicherung eingezahlt. Und das bißchen Geld, das er aus Australien kriegt, reicht bei weitem nicht zum Leben. Sehen Sie also zu, daß er bei uns einen gut dotierten Beratervertrag kriegt, mit dem er dann in Rente gehen kann. Sehen Sie vorher aber zu, daß Sie sein unschätzbares Wissen abschöpfen, Müller. Wer weiß, wozu das noch nutzen sein kann?

 

Sorabisten erforschen die Sprache, Literatur und Kultur der sorbischen Minderheit in Deutschland und den angrenzenden slawischen Ländern. In der Literaturwissenschaft untersuchen sie literarische Texte wie Dramen, Romane, Novellen und Gedichte sorbischer Autoren und werten diese aus. Dabei berücksichtigen sie die geschichtliche und kulturellen Entwicklung der sorbischen Minderheit, sowie sorbische Traditionen und Bräuche. Die rein formalen Strukturen der Sprache analysieren sie in der Sprachwissenschaft, wobei ihr Arbeitsgebiet beispielsweise die Sprache der Gegenwart oder die sprachgeschichtliche Entwicklung sein kann. Sie setzen sich mit der sorbischen Phonetik und Phonologie, mit den Sprachlauten, der Morphologie und Wortbildung sowie den Wertformen und Wortstrukturen auseinander. Auch Wortbedeutungen – die Semantik – sowie Satzteile und Satzstrukturen – die Syntax – untersuchen sie. In der Sprachpraxis beschäftigen sie sich mit dem Ober- und Niedersorbisch sowie Theorien zur Erlernen von Sprachen im Allgemeinen.

 

Die Slawistik als wissenschaftliche Disziplin wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegründet. Am Beginn der Geschichte der wissenschaftlichen Disziplin als Sprachwissenschaft stand das Bemühen um Sprachnormierung durch die Erstellung von Wörterbüchern und Grammatiken sowie die Sammlung und Herausgabe alter Texte. Untersuchungen zur Volkskunde und Folkloristik kamen hinzu. Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert begann sich das Interesse mehr auf die einzelnen slawischen Sprachen zu konzentrieren. Es folgte die Unterteilung in einen ostslawischen, westslawischen und südslawischen Bereich, der sowohl die sprachwissenschaftliche wie auch die literaturwissenschaftliche Disziplin betrifft. Zum Bereich der Slawistik zählen nicht nur die heute gesprochenen, sondern auch ausgestorbene oder vom Aussterben bedrohte slawische Sprachen. Slawisten sind um ihren Erhalt bzw. Wiederbelebung bemüht.

 

Was mache ich mit den Sorben im eigenen Land? Ich werde schnell eine Lösung finden müssen. Schließlich ist die „Sorbisch Front“ im Vormarsch. Bisher hat sie mich nur mit Briefen belästigt und so meine Poststelle lahmgelegt. „Wir wollen ein freies Sorbien“ stand auf den Postkarten. Jeder einzelne Sorbe hat mir geschrieben. Und erwartete natürlich sofort und stante pede eine Antwort.

Dann kamen die selbstgedrehten Videos, auf denen jede Familie detailliert und umfangreich ihre Familiengeschichte dokumentierte. Auch das sollte alles beantwortet werden.

Gewinner dieser Aktion war nur die Post. Die machte Rekordgewinne. Das Porto für Videos ist nämlich teuer. Als die Sorbische Front das merkte, nahm sie Kontakt zum Sorbischen Weltbund in Bukarest auf. Der ist sehr finanzstark; da es dort sehr viele Sorben gibt und die in Rumänien in Führungspositionen angesiedelt sind, können sie auch deutlich die Sorbische Front unterstützen. Da stecke viel mafiöse Schutzgelderpressung, weibliche Liebesdienste und Rauschgiftverkauf hinter, behaupten Sie? Keine Ahnung; die rumänische Polizei konnte die Strukturen nie durchleuchten. Sicher ist aber, daß der Weltbund viel Geld nach Deutschland schickte. So finanzierte die Sorbische Front in Deutschland unzählige Filme, in denen die Sorben und ihre Kultur vorgestellt wurden. Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten waren die Filme wirklich einwandfrei. Ich habe aber ein wenig die Befürchtung, daß irgendwann auch die Friesen, Südschleswiger und auch andere Minderheiten die mediale Vielfalt für sich entdecken und ich dann kein Fernsehen mehr gucken kann. Dann konkurrieren Shanty-Chöre mit Schuhplattlern. Das möchte ich nun wirklich nicht.

Heute wenden die Sorben eine andere Strategie an. „Wir wollen nicht aussterben,“ berichtet die Sorbische Front. „Unsere Strategie geht daher dahin, daß wir Sorben nur noch Sorben heiraten! Deutsche sind daher tabu. Die deutschen Mädel sind fett, häßlich und gebährunwillig. Da können wir auch gleich in die sorbischen Siedlungsgebiete gehen und uns dort hübsche Partner und Partnerinnen besorgen. Damit tun wir sogar was für die demographische Entwicklung. Wir verhindern das Aussterben Deutschland!“ Ich habe noch nie so viele ausländische Ehepartner eingebürgert wie seit Beginn der Aktion.

Ich werde die sorbische Front mit ihren eigenen Waffen schlagen. Wer reich ist, rammelt weniger und hat somit keine Kinder. Das ist überall auf der Welt so. Also habe ich eine Fachhochschule für Sorabistik aufgemacht. Die dortigen Wissenschaftler erforschen ihre eigene, sorbische Literatur aus aller Welt, geben Wörterbücher und wissenschaftliche Literatur heraus und erforschen ihre eigene Sorbische Front politikwissenschaftlich. „Das gibt es doch nicht,“ staunten die Pseudo-Politiker nicht schlecht. Seit die Sorben mit sich selbst beschäftigt sind, herrscht Ruhe an dieser Front.

 

 

Ukrainisten erforschen die Sprache, Literatur und Kultur der Ukraine. Ihr Arbeits- und Aufgabenspektrum ist mit denen der Sorabisten vergleichbar.

 

Ukraine? Ukraine? Da war doch was,“ werden Sie jetzt fragen. Und haben damit recht: Da ist das Bergwerk, das sich in einen Geysir verwandelte.


Die Ukraine ist ein kohlereiches Land. Das wissen die Geologen schon lange. Dementsprechend gibt es auch viele Kohlengruben. Die in Kristnjak baute Kohle in großen Tiefen ab. Der Hauer Leonid Krawalltschuk wunderte sich eines Tages, warum er einen kleinen Rinnsal Wasser aus der Wand austreten sah. Der nächste Schlag mit dem Vorschlaghammer sollte den Grund offenlegen: Die ganze Wand aus Kohle stürzte ein. Ein riesiger Schwall Wasser ergoß sich über Krawalltschuk. „Es war viel Wasser, sehr viel Wasser sogar,“ erinnert sich der eher schmächtige Mann. Daß er auf eine unterirdische Wasserader gestoßen war, war ihm in diesem Augenblick klargeworden. Daß die Wasserader durch einen oberirdischen Fluß gespeist wurde (das Wasser sickerte durch eine Erdspalte ein), war nicht sofort klar. Das ganze Ausmaß war nicht sofort klar. Der Fluß Dnjet und seine Nebenflüsse war innerhalb kürzester Zeit völlig ausgetrocknet. Auf jeden Fall füllten sich die Schächte schlagartig mit Wasser. „Die Wassermassen müssen wohl eine Lore in Bewegung gesetzt haben,“ vermutet Krawalltschuk. Diese Lore beschädigte jedenfalls eine zweite Wand so großflächig, daß das Wasser ablaufen konnte. „Das rettete mir das Leben,“ berichtet Krawalltschuk. „Zusammen mit anderen Kollegen konnte ich den Förderturm besteigen und über Tage gezogen werden.“

 

Und das Wasser? Es verschwand erst einmal auf Nimmerwiedersehen – durch ein ausgeklügeltes Höhlensystem floß es in Richtung Erdinnern. Durch den hohen Druck im Erdinnern erwärmte sich das Wasser dermaßen, daß es als Geysir noch oben an die Erdoberfläche schießt.

 

Seit diesem Ereignis bin ich auf die Ukrainistik aufmerksam geworden. Ich fördere das Studienfach. Ich möchte doch schließlich wissen, was es mit den Bodenschätzen auf sich hat.

 

 

Hypnotiseure setzen die Hypnose in einem Bühnenprogramm ein, das sie selbst entwickeln. Dabei berücksichtigen sie auch den Geschmack des Publikums, auf dessen Mitarbeit sie angewiesen sind. So suchen sie sich meist aus den Zuschauerreihen einen Freiwilligen aus, der bereit ist, sich hypnotisieren zu lassen. Manchen Hypnotiseure treten auch mit einem festen Partner auf, den sie regelmäßig in Trance versetzen. Das Hypnotisieren einer anderen Person wird als Fremd- oder Heterohypnose bezeichnet. Dabei sprechen die Hypnotiseure beruhigend auf die Person ein, die hypnotisiert werden soll, erzählen ihr, was mit ihr geschehen wird und versichern ihr, auf sie aufzupassen. Ist es gelungen, eine Vertrauensbasis aufzubauen und die Hypnose wirksam werden zu lassen, verliert die Person ihr waches Bewußtsein. Die körperlichen Funktionen kommen in den Ruhezustand und die Person gehorcht den Anweisungen (sogenannte Suggestion) des Hypnotiseurs. Im Zustand der Hypnose führt der Hypnotiseur Kunststücke mit der Person durch, ohne sie der Lächerlichkeit preiszugeben. Durch die sogenannte Auto- oder Selbsthypnose bringen sich Hypnotiseure selbst in einen tranceähnlichen Zustand. Grundlage der Hypnose ist, daß Hypnotiseure einfühlsam und verantwortungsvoll mit den Personen umgehen, die ihnen ihr Vertrauen schenken. Gleichzeitig gilt es, den Ansprüchen und Erwartungen der Zuschauer – in erster Linie Spannung und Überraschung – auf der Bühne zu genügen.

 

In leicht veränderter Form habe ich diesen Text in BerufeNet, der berufskundlichen Datenbank der Arbeitsverwaltung, gefunden.

 

Schau mir in die Augen, Lewin.

Ja, Meister, nein, Meister.

Wieso?

Ich kann nicht.

Wieso?

Deine Augen sind so stechend. Da bekomme ich Angst.

(in Gedanken) Verflixt. Ich muß mal zum Augenarzt und mir Kontaktlinsen besorgen.

 

Meine Arbeit als Hypnotiseur hat eigentlich schon geendet, bevor sie begonnen hat. Selbst bei Proben und bei Vorführungen im privaten Rahmen war niemand bereit, sich von mir hypnotisieren zu lassen. Meine Augen seien stechend und durchdringend, mein Wesen unruhig, beunruhigend, wenn nicht gar angsteinflößend, und daher nicht vertrauenswürdig.

Etwas Ordentliches habe ich nicht gelernt. Ich war Tellerwäscher, Müllmann, Straßenkehrer. Und zu guter Letzt nur noch Gelegenheitsarbeiter. „Junge, so wird nie was mit dir,“ sagte in dieser Situation meine Mutter. „Mir reichts. Du willst es nicht auf die nette, sondern auf die harte Art lernen.“ Sprach`s und schob mich aus der Wohnung. Da stand ich nun und mußte sehen, wie ich klarkomme. Sie merken es ja, liebe Leser, reden konnte ich schon immer gut. Also beschloß ich, irgendetwas auf der Bühne zu machen. Und Hypnose fasziniert die Menschen schon immer. Was liegt da also näher, als den Beruf des Hypnotiseurs zu ergreifen und mich in dieser Kunst zu versuchen?

Gnädige Frau, ich habe zwar kein Geld, suche aber trotzdem eine Bleibe.“ Dieser eine Satz reichte völlig; mehr brauchte ich nicht zu sagen. Fräulein Elvira – so ihr Name – war ab diesem Augenblick nicht mehr Herrin ihrer Sinne. Völlig fasziniert, ja fast schon hypnotisiert hing sie an meinen Lippen. Sie gab mir eine Wohnung, die dazugehörigen Schlüssel und so viel geld, wie ich brauchte. Nur einen Kuß, nein, den wollte sie mir nicht geben. Naja, schlimm war es nun wirklich nicht – die Dame war damals weit über 85.

So konnte ich beruhigt zur Hypnotiseurs-Schule gehen. „Können Sie Pendel schwingen,“ fragte mich der Schulleiter bei dem einführenden Gespräch. „Haben sie Spiralscheiben, meditative Musik und Beruhigungsmittel? Nein? Alles nicht? Das ist aber seltsam. Viele angehende Hypnotiseure bringen schon Vorkenntnisse und Erfahrungen mit. Wir werden dann eine Aufnahmeprüfung mit Ihnen machen müssen. Hypnotisieren Sie den Affen da drüben.“

Gefordert, getan. Ich setzte mich dem Affen gegenüber, schaute ihm lange und intensiv in die Augen und hatte ihn dann soweit, daß er alles tat, was ich ihm sagte. Dank der Hypnose konnte er singen, sprechen und tanzen. Daß ich seitdem Lehrer für Tierhypnose an der Schule bin, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Wichtiger für mich war jedoch, daß ich die Ausbildung als Hypnotiseur beginnen konnte.

 

Ich konnte machen, was ich wollte. Auf der Bühne hatte ich dann wegen meiner stehenden Augen allerdings nie Erfolg...

 

Techno ist eine moderne Kunstrichtung, die bei Jugendlichen sehr beliebt ist. Techno ist technikorientiert und computergeneriert. Und das ist auch das Problem. „TechNo“ heißt eine Gruppe, nein, besser Bewegung, die sich vor einiger Zeit gebildet hat. „Wir möchten Techno abschaffen,“ berichtet ihr Sprecher Wendelin Pappenheimer. „Die Musik ist sehr monoton. Sie ist der Konzentration sehr abträglich. Es gab schon mehrere Verkehrsunfälle, nur weil Autofahrer Techno hörten. Außerdem ist Techno schädlich für die Ohren. Bei häufigem Hören werden bestimmte Teile des Innenohres über Gebühr beansprucht und so geschädigt. Außerdem spricht die Bewegung Tenoch-Künstlern jegliche kreative Eigenleistung ab. Die Leute lassen Computer für sich arbeiten. Wir fordern daher, daß die Einnahmen aus dem Abspielen der sogenannten `Musik´ den Computern zugute kommen. Und zwar nur ihnen. Das Geld soll nur für Wartung, Pflege, Aufrüstung und Erweiterung der Anlage ausgegeben werden dürfen.“

 

TechYes heißt die dazugehörige Gegenbewegung. Kai- Uwe von Schnickeldiwutz ist deren Leiter. Sein Künstlername: Der Liebeskoordinator. Sein Ansatz: Er nimmt Geräusche von Computeranlagen aller Art auf. „Das sind schließlich ihre Lebensäußerungen,“betont der Liebeskoordinator. Druckertöne? Ladegeräusche bei Disketten? Das Klicken von Lichtbildtaschengesprächsübermittlungsanlagen? Das Rauschen von Computerlautsprechern? Der Liebeskoordinator hat sie alle digital aufgenommen. Er gibt sie auf verschiedenen Tonhöhen und unterschiedlichen Rhythmen wieder. Sein Motto dabei? „Neue Musik braucht das Land.“

 

Ich habe inzwischen mehrere seiner Kompositionen kennengelernt. Sein künstlerisches Konzept überzeugt mich. Auch wenn mir die Musik nicht gefällt, halte ich das künstlerische Konzept für überzeugend. Daher werde ich TechYes finanziell unterstützen.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.07.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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