Kurt Henke

Die rosaroten Schnallenschuhe

Kurz vor Vollendung meines 87. Lebensjahres kann ich auf eine reichliche
Anzahl unvergesslicher Erlebnisse zurückblicken.
Immer öfter versuche ich mein Gedächtnis aufzufrischen. Hiermit will ich das älteste Kinderlebnis aus meinen Erinnerungen abzurufen, welche mir noch greifbar geblieben sind.
Ich muss vorweg erwähnen, dass mein Vater Bergmann war. Zu dieser Zeit
heilte er einen Unfall aus, den er sich in der Grube zugezogen hatte, Durch
Steinschlag waren ihm einige Teilfinger abgeschlagen worden.
Das Unfallgeld war sehr knapp bemessen und reichte mehr schlecht als recht für
den Lebensunterhalt, Für die beiden Buben brauchte man schon mehr als das
karge Krankengeld hergab., Die Schuhe in der nachfolgenden Geschichte
hatten einen schon damals einen hohen Beschaffungswert.
Ich war nicht ganz fünf Jahre alt. Wir wohnten in einem Zechenhaus an
einem abfallenden Gelände zur Lippe. Die Angst der Eltern war groß, diese
Gefahrenzone könnte sich einmal nachteilig oder gar gefährlich für ihre
Kinder auswirken Selbst für den Zweijährigen bestand Gefahr.
Der Nachbar hatte einen Zwinger mit einem großen Schäferhund. Obwohl
dieser mich nur ganz selten anbellte, dafür aber un so öfter freundlich
anblinzelte. Darum konnte ich ihn auch wirklich sehr gut leiden. Die
Angst bei mir aber war nicht ablegen. Ich brauchte immer eine
liebevolle Hand, die mir half, den großen Hund zu passieren.
Mein älterer Neffe, sieben Jahre alt, wurde zu uns in den großen Ferien
eingeladen, Das Großstadtleben sollte er für eine Zeit vergessen und unser
Kindermädchen spielen.
Bei den durchgeführten Unternehmen ergab es sich, dass wir mit den
Nachbarjungen einen Ausflug in das Ufergelände der Horne unternahmen.
Die Horne, nur ein kleiner in die Lippe fließender Bach, wurde am Ufer von
uns begangen. Um auf das gegenüberliegende Bachufer zu gelangen, zogen
sich alle Burschen die Schuhe aus und wateten Barfuss durch das fließende
Wasser. Nur ich blieb mutterseelenallein, weinend zurück. Ich wollte auch
hinüber. Man rief mir zu, auch die Schuhe auszuziehen. Diese sollte ich
hinüber werfen. Auch an weiteren Ratschlägen fehlte es nicht.

Da stand ich nun, ein ängstlicher kleiner Hosenmatz. Ich zog mir die
schönen rosaroten Schuhe aus, nach dem ich recht mühevoll die Schnallen
aufgeknöpft hatte. Obwohl die Horne nur wenige Meter breit war, fuchtelte
ich kaum gekonnt mit meinen an den Riemchen gehaltenen Schuhen herum.
Ich kann mich heute noch der vielen Zurufe erinnern, wie ich die Schuhe
werfen sollte, mit denen ich bei meiner Aufregung nur Wenig anfangen
konnte.
Als ich dann endlich den gewünschten Wurf ausführte, beide Schuhe auf
einmal werfend, schlugen diese über der Mitte des Baches zusammen und
plumpsten ins fließende Wasser und versanken in die nicht gerade reißende
Strömung.
Das Suchen im nicht besonders klaren Bachwasser, obwohl sich außer mir
alle Jungen beteiligten, war erfolglos. Gefunden wurde nur ein einzelner
Schuh. Der Zweite blieb unauffindbar. Auch die vielen Wasserpflanzen
wurden alle einzeln abgetastet Dennoch kein Erfolg. Die Stimmung auf dem
Heimweg ist sicher vorstellbar.
Mit angstvollen Mienen und Tränen in den Augenwaren zu Hause
angekommen. Nur stotternd konnten wir von unserem Malloer berichten.
Den alsdann gefassten Beschluss meiner Eltern war schlimmer als erwartet
konnte ich nicht .verstehen, wollte ihn verhindern. Herzzerreißend weinend,
auch Bitten und Betteln konnten nicht dazu beitragen, den Neffen für den
Rest der Ferien bei uns zu behalten Herzzerreißend weinend, auch bittend und bettelnd konnten nicht dazu beitragen, den Neffen für die Restferien bei uns zu behalten.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.08.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.

Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.

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