Ramona Schwarz

Marinas Abenteuer

Vor vielen Jahren zu einer Zeit in der es noch Geheimnisse auf der Welt gab lebte im weiten Ozean die Meerjungfrau Marina. Sie war Neptuns schönstes Kind. Ihre goldenen Haare waren lang und umspielten ihr Gesicht wie die Strahlen der Sonne. Ihre Augen waren von so tiefem Blau wie der Ozean selbst und die Schuppen ihres Schwanzes glitzerten in allen Farben des Regenbogens wenn Licht darauf fiel. Egal was sie gerade tat, sie bewegte sich stehts mit solcher Anmut dabei dass selbst der mürrischste Fisch innehielt um ihr zuzusehen.

Marina lebte in Neptuns Schloss auf dem Grund des Meeres, zwischen Korallen und Kelb-Wäldern, die kein lebender Mensch je gesehen hat. Aber immer wenn sie konnte schwamm sie in den Weiten des Ozeans, sie liebte die endlose Freiheit. Und sie liebte es zu tanzen mit Delphinen oder mit Fischschwärmen. Gerne neckte sie auch den schwerfälligen Blauwal indem sie ihm der der Nase hin und herschwamm. Der Ganze Ozean war für sie ein einziger riesiger Spielplatz und von nirgendwoher drohte ihr Gefahr denn ihr Vater war der Meeresgott Neptun.

Eines Tages war Marina mit ihrer Schwester Syria und ihrem Freund dem Delphin Anatol im offenen Meer unterwegs auf der Suche nach neuen Entdeckungen und Abenteuern. Sie hatten sich bereits weit vom Palast und dem Riff entfernt als Syria langsam unruhig wurde: "Wir sind jetzt schon fast zwei Tage unterwegs in einer Gegend die wir überhaupt nicht kennen! Lasst uns umkehren, Vater macht sich sicher schon Sorgen um uns und ich will endlich mal wieder den Grund unter mir sehen können!" - "Ach, Vater weiß, dass uns nicht zustoßen wird." erwiederte Marina, "Und wenn du den Grund sehen willst, dann mußt du einfach nur nach unten schwimmen!" Mit diesen Worten drehte sich sich nach unten und schwamm der Dunkelheit der Tiefe entgegen. Syria und Anatol schauten ihr verwundert nach. "Jetzt kommt schon," rief sie über die Schulter, "da unten war ich noch nie, bestimmt gibt es dort viel zu entdecken!" Anatol folgte ihr. "Kommt zurück!" Saria versuchte immer noch beide zum Umkehren zu bewegen, "Wer weiß denn was uns dort unten alles zustoßen kann?!" Aber Marina hörte sie schon gar nicht mehr, und so gab sie schließlich auf und folgte den beiden anderen.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis zum Grund. Auf dem Weg dorthin wurde es immer dunkler. Schließlich erreichten sie den felsigen Boden. Es gab hier kein Seegras und keine Korallen nur nackten Fels. Alles war in ein schummriges Dämmerlicht getaucht. "Na siehst du – hier gibt es überhaupt nichts besonderes! Es hat sich überhaupt nicht gelohnt herzukommen!" Syrias Tonfall war halb triumphierend halb vorwurfsvoll. Marina lachte: "Aber das hätten wir doch nier erfahren wenn wir nicht hergekommen wären!" - "Jetzt haben wir es ja gesehen. Können wir jetzt endlich umdrehen? Ich weiß schon wie es laufen wird: ich krieg zuhause was zu hören und muß den ganzen Ärger ausbaden! Du kannst dir alles erlauben weil du Vaters Lieblingskind bist!" Syrias Stimme klang jetzt bissig. Marina überspielte die spürbar werdende Spannung mit einem Lachen: "Ach komm schon, sei doch nicht so! Ich will mich nur noch ganz kurz hier umschauen und dann können wir meinetwegen umkehren." Syria resignierte mit einem Seufzen wärend Marina bereits am Boden entlangschwamm um sich davon zu überzeugen, dass hier wirklich nichts interessantes war. Anatol blieb bei Syria bis ein Schrei Marinas sie beide aufhorchen ließ. "Kommt schnell her – ich hab hier was wahnsinniges gefunden!" Etwas neugierig schwammen sie Marinas Rufen entgegen. Sie fanden Marina an einer Felskante auf dem Bauch liegend und in die Tiefe Starrend. Syria wandte sich enttäuscht ab "da gehts ja noch tiefer runter!" - "Wie tief das wohl ist?" grübelte Marina. "Das könnte ein Tiefseegraben sein," meldete sich Anatol, "da kann es ewig in die Tiefe gehen." - "Und was ist da unten?" - "Das weiß niemand – außer denen, die da unten wohnen war noch nie jemand dort!" Marinas Neugier war jetzt nicht mehr zu bremsen. "laßt uns runterschwimmen!" Syria verdrehte die Augen: "das darf doch nicht wahr sein!" - "Los, wir machen eine Wette: wer traut sich mitzukommen?" Marinas Augen leuchteten vor Begeisterung. "Also ich bin dabei." Anatol war von Marinas Eifer angesteckt. "Mich kriegen keine zehn Felsbrocken dort runter! Wenn ihr wirklich gehen müßt dann warte ich hier." - "Na gut" gab Marina zurück, "aber beschwehr dich nicht nachher dass es langweilig war!" Mit diesen Worten schwamm sie davon und Anatol folgte ihr.

Jetzt wurde es richtig dunkel. Bald konnten sie kaum noch die eigene Hand vor den Augen erkennen. "Schwimmen wir überhaupt noch in die richtige Richtung?" fragte Anatol. "Keine Ahnung - ich hoffe es!"sagte Marina leicht unsicher. Nach einer Weile konnte man ein schwaches Leuchten in der Ferne Erkennen. "Was ist das?" – "Weiß ich nicht." - "sind wir etwa schon wieder an der Oberfläche?" - "Kann nicht sein. Laß uns das näher anschauen!" Sie kamen näher aber es war keine Lichtquelle auszumachen. Als sie diese leuchtende Wolke schließlich erreichten erkannten sie, dass das Licht von tausenden winzigen Fischen kam, die von innen heraus leuchteten. "Oh ist das schön!" staunte Marina. Sie ließ sich zwischen den Leuchtfischchen treiben und sah fasziniert ihrem Tanz zu. Ihr langes Haar wiegte sich sanft in der Strömung und begann mit der Bewegung des Schwarms ein zu werden. Die Leuchtpunkte waren überall: in ihrem Haar, an ihrem Körper um ihren Schwanz. Langsam begann sie sich in dem Reigen der Leuchtfische zu beteiligen. Anatol sah ihr wie gebannt zu wie sie tanzte mit den Fischen am Grund des Ozeans. Noch nie hatte er etwas so schönes gesehen. Und so merkte er nicht wie sich die Gefahr näherte. Plötzlich legte sich etwas weiches über Marinas Schulter. "Marina, pass auf!" Anatols Entsetzensschrei kam zu spät. Aus der Tiefe war ein gewaltiges Tentakel gekrochen und suchte sich seine Beute. Schon hatte es sich halb um Marinas Oberkörper gelegt und begann sich festzusaugen. Sie wand sich und versuchte das lästige Ding abzuschütteln. Doch das Tentakel drückte nur noch fester zu und schnürte ihr fast die Luft ab. Ihr Schwanz zappelte wie wild wärend sie versuchte dem Druck standzhalten. Anatol hatte keine bessere Idee, er schwamm einfach mit aller Wucht gegen das Tentakel. Natürlich nützte das überhaupt nichts und schon kam ihm ein zweites Tentakel aus der Tiefe entgegen. Anatol sah nur noch eine Möglichkeit: diese Tentakel mußten zu einem Tier gehören und das mußte eine Schwachstelle haben. Wärend sich Marina bereits halb bewußtlos ihrem Würgegriff ergab, schwamm Anatol in einem Anfall von Wut und Verzweiflung seinem unsichtbaren Feind entgegen. Er schwamm schnell – gerade auf die Stelle zu an der er den Gegner vermutete. Die sicht wurde schlechter aber er konnte noch sehen. Plötzlich tauchte es vor ihm auf: zwei gewaltige Augen starrten ihn böse an und auf eines von beiden schwamm er direkt zu. Er traf mit voller Wucht. Schnell wendete er und versetzte dem Auge mit seiner Schwanzflosse einen weiteren Schlag. Ein Zittern gieng durch den Koloss, er bewegte seine Arme unkoordiniert, zuckte. In diesem Moment löste sich der Griff um Marina. Anatol konnte sie vor der leuchtenden Wolke treiben sehen. Mit aller Kraft schwamm er auf sie zu und zog die immer noch benommene Meerjungfrau von dem Monster weg. Unterwegs kam Sie langsam wieder zu sich und konnte ihre eigene Flosse wieder gebrauchen. Mit aller Kraft schwammen sie Richtung Oberfläche. Der Weg nach oben kam ihnen jetzt viel kürzer vor, obwohl er weit anstrengender war. Bald hatten sie die Stelle erreicht an der sie Syria zurückgelassen hatten. Beide schossen an ihr vorbei "Los komm schon, keine Zeit zum Rumtrödeln!" Syria wußte nicht wie ihr geschah – sie folgte den beiden langsam bis sie aus der Tiefe den Kraken aufsteigen sah. "Was habt ihr blos angestellt?" Sie beeilte sich den beiden hinterher zu kommen. Der Krake schnappte mit einem Tentakel nach ihr, verfehlte sie aber knapp. Dann zog er sich in die Tiefe zurück. Die Drei schwammen nun direkt bis an die Oberfläche. Dort angekommen steckte Marina den Kopf aus dem Wasser und brach in schallendes Gelächter aus. "Das wäre ja um ein Haar schief gegangen!" - "Du blöde Seekuh!" schrie Syria sie an "ich wäre um ein Haar tot gewesen!" Marina lachte weiter "Aber du hast es ja überlebt!" Dann wurde sie ernster und wandte sich an Anatol: "Du hast mir das Leben gerettet! Danke!"

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.03.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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