Heinz-Walter Hoetter

Mein Freund vom Mars

 

 

Ich erinnere mich nur noch sehr vage an diese damalige Reise mit einem marsianischen Freund, die schon lange in Vergessenheit geraten war.


Aber ich hatte ja mein Recall-Gerät.

 

***

 

Es ist schon eine ziemlich lange Zeit her, als ich, aus lauter Freude am Fahren, einen dieser neuartigen Antischwerkraft-Sportwagen auf Terra über die breit ausgebauten Highways Amerikas fuhr.

 

Neben mir, auf dem bequemen Beifahrersitz, saß mein marsianischer Freund Daniel Brandon, den ich rein zufällig im Mars-Reiseraumschiff "Phönix" getroffen hatte und später, nach unserer gemeinsamen Ankunft auf der Erde, spontan zu einer ausgedehnten Spritztour nach New York City mitgenommen hatte, die zu einer riesigen, kosmopolitischen Weltstadt an der Ostküste der Vereinigten Staaten geworden war, die mittlerweile mehr als sechzig Millionen Einwohner beherbergte und vor quirliger Geschäftigkeit nur so strotzte. Wer in dieser gewaltigen Stadt Ruhe suchte, war hier am falschen Ort.


 

Wie gesagt, mein Freund war Marsianer und wollte für ein paar Wochen auf der alten Erde mal wieder ein bisschen Urlaub machen. Die erste Zeit mit ihm ging alles gut, doch dann stellte sich heraus, dass wir beide zwei grundverschiedene Wesen waren, die sich eigentlich nur wenig zu sagen hatten.


 

Ich ging beispielsweise gerne in einfache, noch von Menschen geführten Restaurants, in denen nach alten Rezepten gekocht wurde, aber mein Freund wollte immer in diese supermodernen Fresstempel gehen, in denen man von gefühllosen Androiden bedient wurde. Mir lag das einfach nicht, weil mir das zu unpersönlich vorkam. Trotzdem machte ich mit, weil mir nichts anderes übrig blieb. Ich wollte schlichtweg kein Spielverderber sein.


 

Auch mochte ich lieber in verträumten Seitengassen spazieren gehen, wo es so richtig gemütlich war, aber mein marsianischer Freund bevorzugte lieber die heißen Orte mit diesen gleißend hellen, futuristischen Diskos, in denen man die weiblichen Huren-Androiden reihenweise für ein paar galaktische Dollar abschleppen konnte.


 

Trotz aller persönlichen Widersprüchlichkeiten während unserer gemeinsamen Zeit kamen letztlich fast vierzehn Tage Halligalli zusammen, die mich beinahe um den Verstand gebracht hätten, da mein Freund ein echter Nachtbummler war, der einfach kein Vergnügen auslassen konnte. Geld hatte er ja genug, wie ich nebenbei bemerkte.


 

Nun, irgendwann ging es dann doch zurück in meine gewohnte Umgebung, die weit außerhalb New Yorks auf dem Land lag. Unterwegs erzählte mir mein Freund vom Mars, dass er jetzt Regisseur sei und unseren gemeinsamen Ausflug auf jeden Fall verfilmen wollte. Er hatte vor, daraus eine tolle Geschichte zu machen, wie er sich ausdrückte. Ich bekäme auf jeden Fall eine Kopie davon, müsste mir allerdings ein Recall-Gerät zulegen.


 

Später setzte ich ihn am galaktischen Raumflughafen außerhalb New Yorks ab, der auf meinem Weg lag, weil er noch eine ganz bestimmte Stadt auf dem Mond besuchen wollte. Die Gründe dafür waren wohl geschäftlicher Natur.


 

Wir verabschiedeten uns schließlich überaus freundschaftlich, wobei er mir seine elektronische Visitenkarte in die Hand drückte, auf der sein Name stand und ihn tatsächlich als Regisseur der bekannten Realtraum Corporation auswies, einer bekannten Traumfabrik in Hollywood, mit mehreren Zweigstellen auf dem Mars, wo alles Erlebte, so auch Erinnerungen, in lebensechte 3D-Movies umgewandelt werden, die man sich, mit Hilfe dieser hochmodernen Recall-Geräte, reinziehen konnte.


 

Eines dieser teuren Dinger hatte ich mir erst kürzlich zuschicken lassen, welches ich jetzt vorsichtig vom Kopf nahm und behutsam neben meinem Bett, auf eine speziell dafür bereit gestellte Klemmvorrichtung, einrasten ließ.


 

Tja, Erinnerungen muss man hin und wieder pflegen, dachte ich noch so für mich, zog  mir dann die kuschelige Decke über den Kopf, drehte mich auf die Seite und schlief bald ein.

 

ENDE

 

(c)Heinz-Walter Hoetter

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