Burckhardt Fischer

A-nee

Ich bin wehrlos gegenüber hochsitzenden Wangenknochen und Mandelaugen. Von einer schönen Japanerin unterschied sie sich durch einen breiten, sinnlichen Mund , häufig noch breiter und rot aufgerissen in Ihrem tiefen Lachen. Eine Lebenskünstlerin.

Was sie an mir fand, habe ich nicht ergründet. Ich, ein Arbeiter, wenn auch mit Stift und Lineal. Dem nichts leicht war, während ihr Ladengeschäft, außergewöhnlich, entworfen war von dem Lehrstuhlinhaber, dem fernen, verehrten, den ich nie zu Gesicht bekommen. Sie hatte sich gelangweilt vielleicht, nach der Trennung von ihrem Rockmusiker, und einen Jungen gebraucht zum Spielen. Als M. mich ihr vorstellte, auf ihrer Fete, und es waren sonst noch keine Gäste zugegen, verkündete sie A. zu meiner Verlegenheit, daß ich Bedarf hätte, auf der Pirsch sei, und Sie gönnte mir ihr breites Lächeln und ein durchaus verführerisches „interessant!“. Wir tanzten die ganze Nacht in einen lauen Morgen hinein.

Im Laufe der Monate begann mich zu schmerzen, daß sie persönliches nicht erzählte, nichts wissen wollte – sie lebte den Augenblick, eine Künstlerin! Ein Mißverständnis. Wo ich doch ringen musste um jeden kleinen Schritt, kochend auf kleiner Flamme, mit Projekten verhaftet, die sich schwer, langfristig nur steuern ließen wie ein großer Tanker. Und ich liebte Kinder. Sie hingegen bekümmerte nur, daß sie bereits alle Preise gewonnen, alle Förderungen ausgeschöpft in ihrer kleinen Disziplin, und sie hätte neue Schritte zu wagen, demnächst, über unseren Ort, unseren Kreis hinaus. In unsere Liebe, vereinnahmend, ausschließlich, geriet ein Belauern des nächsten Schrittes, des nächten Zuges: der Weichenstellung. Beiderseits. Gefangen im status quo.

Eines Tages, es war ein Sonntag, und herrliches Wetter, unternahmen wir einen Ausflug zur Pfaueninsel. Ohne Auto, da meines wiederum defekt, aber mit einem Hauch Abenteuer angesichts ungewohnter Verkehrsmittel, unbekannter Fahrpläne, Zweisamkeit. Des Nachmittags musste ich noch ins Büro, kommende Termine vorzubereiten, doch gerade, als die Fähre anlegte, fuhr ab der Bus, und uns stand eine lange, unwirtliche Wartezeit bevor. So daß wir uns entschlossen, durch den Wald zu gehen bis zur Chaussee, wo weitere Linien verkehrten.
Der Weg war mühsam, holperig, schlüpfrig neben der Strasse, auf der sich Auto an Auto reihte, stauend, stinkend: kein Platz für uns auf befestigtem Grund. Wiederholt strauchelnd, geriet A. ins Schimpfen: über die Natur verpestende Fahrzeuge, Karrieristen, die den Tag verbrauchten für seelenlose Projekte, Macker. Ich ward betroffen, und wir trennten uns schweigend.

Am Abend beschwatzte mich A., becircte mich mit ihrem Lachen, bei ihr auf Freunde zu warten für einen Ausflug in die Nacht, Abenteuer aus ihrem früheren Leben, mir unbekannt bislang. Die Freunde kamen, der schwere Mercedes war ausgestattet mit Quadrophonie und einer immensen Anlage, und uns presste der schnelle Anzug des Wagens in die Polster, wie auch der volle Klang. A. umschlang mich – sie war schön – und wisperte, schrie mir ins Ohr: toll, was?!!! Das solltest Du Dir auch mal holen!

Sie hat wohl nicht verstanden, warum ich ausgestiegen bin bei nächster Gelegenheit. M. berichtete mir gelegentlich, es habe ihr wehgetan: ein kleiner Triumph.
Einmal noch, viel später, erreichte mich eine Karte, von einer exotischen Insel versandt: ich solle auch kommen, es sei toll dort: eine eigene Hütte, und sogar zwei Boys! Ich habe nicht geantwortet. Was sollen mir Boys?

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.09.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Wie herbstlich wird die Dämmerung,
wie gläsern ihrer Lüfte Kühle,
die Schatten liegen auf dem ›Grün‹
und rufen leis’ »Auf Wiederseh’n!«

Der Sommer sagt: »Adieu, macht’s gut,
ich komme wieder nächstes Jahr!«
Entflammt noch einmal mit aller Macht
den ganzen Horizont mit seinen bunten Farben!

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