Gaby Schumacher

Zitronentorte mit Pappeinlage

Zitronentorte mit Pappeinlage
 
Die Nachfeier von acht Geburtstagen stand an.
„14 Erwachsene und Enkelinchen! - Na, denn man los.“
Tagelang stand ich in der Küche, bereitete Salate und die für jeweils zwischen 5-10 Personen vor und buk Kuchen. Dazu noch zwei komplizierte Torten und wurde, je näher die Feier rückte, zunehmend nervöser. Es war ja noch so viel vorzubereiten ...
 
Selbstverständlich nahm ich auch die Lieblingstorte meines Nachwuchses in Angriff, eine zweistöckige Zitronentorte mit Baiserfüllung und Sahnemantel mit Mandelverzierung. Zuerst buk ich den unteren Boden plus Baiser, danach den zweiten dann den oberen und drückte die beiden Böden aufeinander. Zitronensahnemantel drum und Mandelblättchen drauf, fertig. Die Torte sah prächtig aus und stolz fror ich sie ein.
 
Es wurde Samstag. Liebevoll deckte ich die Kaffeetafel:
„Wenn gleich noch die Kuchen drauf stehen ...“
Die Torten hatte ich sicherheitshalber schon am Abend zuvor aus dem Tiefkühlschrank genommen, damit sie auch ja rechtzeitig auftauen sollten.
Ich trug also die Zitronentorte wie ein Trophäe vor mich her in die Küche, stellte sie auf dem Herd ab, griff mir ein großes Messer mit Wellenschliff und trennte das Kunstwerk ringsherum vom Formrand. Danach wollte ich es in Stücke teilen. Vorsichtig ritzte ich den Sahnemantel erst nur oberflächlich an. Der Kuchen nahm es krümelslos hin, ich wurde mutiger und drückte das Schneidwerkzeug tiefer hinein und verschönte ihn mit einem hübschen Schnittmuster.
 
Die obere Tortenhälfte zu zerscheiden war kein Problem, aber dann war Schluss, so sehr ich auch drückte und schob.  
 „Ächz!“ - „Komm nicht durch!“
„Der ist aufgetaut!“, behauptete mein männliches Gegenüber.
„Ist der nicht richtig!“, behauptete ich dagegen. „Merkste doch daran!“
Er sah es nicht, vor allem dann nicht ein:
„Wenn ichs dir sage: Klar ist der aufgetaut!“
 
Das brachte mich auf Hundert. Wut auf das scheinbar unfähige Messer und Wut auf die sich sträubende untere Tortenhälfte stieg in mir hoch. Nur noch soeben bremste ich mich davor, das Messer schwungvoll mit einem Hammer zu tyrannisieren, damit dieses endlich doch bis zum Tortenboden vordringen sollte. Aus weiser Voraussicht - meine Finger hätten unter Garantie bitter drunter leiden müssen - verzichtete ich auf jene brutale Methode und klappste nur leicht mit einem Spültuch auf den Messergriff. Total blödsinnig!
Der Kuchen stellten sich stur und das Messer steckte fest. Leicht frustriert versuchte ich es mit guten, dann weniger guten Worten und auch heimlichen Flüchen. Nichts. Und es mit meinem wahrlich irren Gewicht von 53 kg zu beschweren, erschien mir denn doch als arg übertrieben. Ich war denn richtig glücklich, dass ich es dann immerhin schaffte, das Schneidwerkzeug wieder rauszuziehen und dann noch glücklicher, weil die Torte diese Aktion nicht übelnahm und auch nicht zermatschte.
 
„Geht wirklich nicht!“
Wieder rammte ich das Messer in den Kuchen. Vergebens.
„Irgendwas stimmt da nicht ...“
Verärgert musterte ich die Schnittränder.
„Häh, was wellt sich denn da in der Mitte?“
Und dann:
„Nää, nee?!!“
So etwas war mir noch nie passiert, das nicht: Anstatt die ganze fertige Torte auf den Tortenpappteller zu stellen, so dass sie dann einfacher zum Einfrieren in Alufolie hätte fest eingeschlagen werden können, hatte ich der Pappunterlage in der Hektik der ganzen Vorbereitungen den Platz genau in der Mitte des Kuchens zugewiesen und sie wohl vor Begeisterung darüber (mal was anderes) charmante Wellen geschlagen.
„Och je, wie peinlich!“
Wie gut nur, dass ich mein Mienenspiel nicht im Spiegel beobachten konnte. Für eine überragende Intelligenz sprach es garantiert nicht. Ich versuchte, mich rauszureden, hoffte, der männliche Gegenpart sah nicht ganz so genau hin wie denn ich und murmelte einiges recht unsinniges Zeug. Damit er nicht merken sollte, wie doof ich mir vorkam: „Zitronentorte mit Pappeinlage! Kriegt nicht jeder hin!“
Es half nichts, im Gegenteil. Mir war pappelend.
 
Aufzugeben kam nicht in Frage. So schob ich alle Stücke der oberen Tortenhälfte von der Pappe auf einen Tortenheber, was sie sich auch in angebrachte aufrechter Haltung brav gefallen ließen und stellte sie dicht an dicht in Kuchenform auf eine Tortenplatte. Zu meiner Erleichterung war von der vorhergegangenen Katastrophe gar nichts zu sehen.
„Ist eben ne einstöckige Torte!“, trumpfte ich auf.
„Ehem!“, kam als Kommentar.
Den unteren Teil der Torte, der nun aber etwas jämmerlich aussah und obendrein ohne Sahnemantel, entsorgte ich nicht etwa, sondern verwahrte ihn nach einem Probenaschen im Kühlschrank. Um den würden wir uns am nächsten Tag noch „kümmern“.
 
Dann wurde gespeist. Alle lobten die Torte übern Klee. Ich platzte damit heraus, wieso die nur halb so hoch war wie sonst. Der Nachwuchs grinste vielsagend.
„Ja, ja ... das Alter, Mama!“
 
Heute ist der nächste Tag und ich hab der etwas verunglückten Tortenhälfte bereits ein Viertel geklaut. Mmm - lecker!       
  
 
     
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.08.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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