Jürgen Behr

Der verkannte P O E T

Werner stammt aus gutbürgerlichen Verhältnissen, hat jedoch den grössten Teil seines Lebens in Armut und Schulden verbracht und ist 54jährig gestorben.
 
Der Vater Werners war Franzose, Musiker, die Mutter Schweizerin, die Tochter eines Bildhauers.
 
Werner wurde in Basel geboren, wo er auch seine Kindheit verbrachte. Seine Erscheinung war die eines Italieners. Er war kein guter Schüler, es fehlte ihm die kritische Begabung, die Fähigkeit zu logischem Denken.
 
Werner wollte Germanistik studieren, doch dazu kam es nicht, er ging nach der zwölften Klasse von der Schule ab. Mit Gelegenheitsarbeiten verdiente es so viel, dass er nach 2 Jahren  nach Paris fahren konnte.
 
In Paris verband ihn eine feste Freundschaft mit dem Schriftsteller und Historiker A. Grustonov, der grossen Einfluss auf Werner gehabt hat. Grustonov entschleierte Werners dichterisches Talent.
 
Anfangs hat Werner nur Gedichte in Prosa geschrieben, die aber sehr poetisch waren. Später kleidete er seine Gedanken in rhythmische Verse. Grustonov brachte ihm die Verslehre nahe.
 

Aus Werners Sammlung

Hermeswort

 
Wo ist oben, wo ist unten
Tiere(isch)-leben, Menschenleben
Bewusstsein tritt zurück
Tier aus Dir
Brüllt vor Glück
Tier in mir
Tier in Dir
Sag, gibt es schöneres als mein Tier in Dir
Und dein Tier in mir.
Was Tier Dir gab,
ist Macht und Leben.
Was Gott Dir gab,
ist Geist und Streben.
Wo ist oben, wo ist unten
Wenn`s angebrach(t)
Sei Gott in Dir
Wenn`s Dir danach
Sei Tier in Dir.
Tiere(isch)leben, Menschenleben.
Träume weben.
Hermeswort  - wie oben, so unten.
 
 
Jahrelang hat Werner in Paris gelebt. Oft verbummelte er seine Zeit in Cafés, wo er sich zur Dichtkunst wandte. Dabei erkannte er seine soziale Not, änderte aber daran nichts. Lange Zeit half ihn sein Freund Grustonov, der in Versailles ein grosses Haus hatte, aus. Doch im 13ten Freundschaftsjahr starb Grustonov an Krebs. Werner versank in Grund und Boden, er begann zu trinken.
 
Grustonov hat Werner all seine Lebenswerke hinterlassen. Werner hat diese Werke veröffentlicht. Grustonov wurde nun berühmt, bisher kannten ihn nur wenige.
 
Das Trinken hat Werner nicht aufgehört. Er beteiligte sich an einem Wettbewerb und hatte sofort Erfolg. Er gewann den ersten Preis, obwohl er selbst sein Werk nicht schätzte.
 
Daraufhin schrieb er unaufhörlich und veröffentlichte zwei Gedichtbände.
 
Werner lebte seit dem Tod Grustonovs in wehmütiger Einsamkeit.
 
 
 
Der verkannte P O E T
 
Ein Dichter – gänzlich unbekannt –
was er auch schreibt, er wird verkannt.
Der Rezensent zollt ihm nur Spott.
(Schon Goethe sagte: „Schlagt ihn tot!“)
 
Und auch die Zeitung „Rundschaublick“
Schickt ihm sein Manuskript zurück.
Ja selbst das Lokalgesellenblatt
Kein`n Platz für seine Verse hat.
 
Er ist bestürzt, die Kraft erlahmt,
kein Geistesblitz ihn mehr entflammt,
obwohl – das sei hier klargestellt –
er von den Musen ward beseelt.
 
Doch plötzlich wird er über Nacht
so populär, wie nie gedacht;
Durch einen Brief verlagumrändert
Hat sich sein Schicksal jäh geändert.
 
Und so ist er berühmt geworden. ---
Allüberall und vieler Orten
wird seine Dichtkunst heiss begehrt,
und er von jedermann verehrt.
 
Die gleichen Verse, die Gedichte,
die Kurzgeschichten und Berichte,
sie stehen in ganz grossen Lettern
in allen Unterhaltungsblättern
 
Jetzt meint der Kritiker: „Oho!
Der prominente S  O W I E S O !!
Wie köstlich seine Ausdrucksweise,
wie stilvoll dieses Satzgehäuse,
wie hintergründig der Esprit!
Ein   w a h r e r   Dichter, ein G e n i e !“
 
Von nun an kann er es sich leisten
(denn unbemerkt bleibt`s von den meisten)
zu schreiben a l l e s – sogar Mist,
den man  a u c h  mit Begeisterung liest. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.03.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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