Georges Ettlin

Narziss oder Goldmund ?

 
 
Ich musste so oft umziehen in meinem Leben, sodass ich das Buch (Narziss und Goldmund)
von Hermann Hesse verloren habe...Noch bevor ich dieses Hesse-Buch als Teenager las,
beschäftigte mich ein philosophisch-moralischer- religiöser Entscheid
bezüglich der Wahl meines Lebensweges, optimistisch-glaubend, dass ich da eine
persönliche Entscheidungsgewalt darüber hätte.
So, wie ich mich nach ca 50 Jahren noch an den Inhalt dieses Buches erinnere,
ging es da um zwei Menschen ; der eine Mensch entschloss sich für Intellekt,
Weisheit, geistige Liebe
religöse Strenge und Askese...der andere Mensch entschloss sich für Lebensgenuss
und eine warme, abwechslungsreiche Liebe, die die freie Erotik und die Körperlichkeit mit-einschloss...
Es war dieser Goldmund, der
das Leben in vollen Zügen genoss und die Vorteile des Lebens ohne moralische
Bindungen für sich nutzen wollte.
Da ich wusste, dass das Leben kurz ist und die Ewigkeit ewig...entschloss ich mich
für die Variation des Narziss, hoffend durch ein tadelloses, frommes Leben Gott zu gefallen,
der dann sich um meine Ewigkeit zu kümmern hätte.
Da ein Abitur von den finanziellen Möglichkeiten und dem Verstand meiner Eltern und der
Achtsamkeit des damaligen Schweizerstaates abhing, musste ich mich als 15-Jähriger
in die Arbeitswelt einklinken und mir den Lebensunterhalt selber finanzieren...auch eine
eventuelle Weiterbildung in den späteren Lebensjahren.
Gelangweilt in einer Schule, deren proletarisch-einfache, repetive Paukerei mich nervte, hoffte ich darauf,
in der Arbeitswelt geistig mehr gefordert und gefördert , ja sogar als Künstler entdeckt zu werden...
was ein Trugbild war : Mein Lebensweg als Narziss war nur im geschützten, bildungsfreundlichen Milieu möglich und für die
Goldmund-Orgie des fröhlichen Lebens war ich zu ernsthaft , materiell zu arm
und zu gläubig im christlichen Sinne. Da ich die Sexualität damals mit der Herzensliebe verband,
entstanden auch da Schocks und Enttäuschungen.
Wärend ich mich als Reproduktionsphotographen-Lehrling mit Putzarbeiten
und Botengängen beschäftigen musste, befasste ich mich mit der Selektion der Religionen,
verglich meine Sexualität mit den Gesetzen des Katholizismus,
studierte beide Bibelteile von A- Z und suchte einen gangbaren Weg für mich.
Bald war ich der Meinung, dass der Buddhismus oder das lutherische Christentum
Gott die grösste Ehre anbot und der Lebensrealität am nächsten stand.
Also wurde ich ein freier Christ, der an keine Kirche glaubte.
Damals hatte mich ein Kapuzinerkloster abgelehnt...ich war denen wohl noch zu jung. Ich hoffte, dass da
in den Klöstern ein Geheimnis war, das mir ermöglichte, meine Sexualität zu ignorieren
um dem Narziss in mir gerecht zu werden...denn ich würde ausserhalb klösterlicher Tricks wohl ein
sehr sündhaftes Leben führen, was die Sexualität betrifft, das war mir klar.
 Ein Verschwinden in eine menschenverlassene Einsiedelei zwecks Ausschluss
diverser Versuchungen war mir auch nicht möglich.
Deshalb entschloss ich mich für ein Goldmund-Leben, wärend mich mein innerer
Narziss als Gewissensflüsterer immer belästigte und mich am Lebensgenuss hinderte.
Wie es im Hesse-Buch schlussendlich ausging, habe ich vergessen....In meinem
Leben, wenn ich zurückschaue, ist mir aber  ein Kompromiss gelungen, der in meinen
Gedichten als Gesammtbild zum Ausdruck kommt.
 
 
***
 
C/G.E.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.03.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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