Melody Ocean

Das Kinderheim

Ich lege meinen Koffer auf das Bett und setze mich dann darauf. Mit großen Augen sehe ich mich in dem kleinen Raum um.  Der Holzboden knarrt wenn ich darauf laufe, der kleine Schrank neben meinem Bett quitscht wenn ich ihn öffne und das Fenster ist so klein wie vier Hamster die sich eng an einander schmiegen. Mein Hamster ist nicht mehr hier. Er ist wie meine Eltern jetzt im paraíso. Das bedeutet Himmel, auf Spanisch. Wenn ich aufstehe und aus dem Fenster schaue sehe ich nur eine Ziegelwand. Wenn ich mich auf das Bett lege fühlt es sich so an als würde ich auf Steinen liegen. Ich sehe das andere Bett und den anderen Schrank. Das andere Mädchen ist noch nicht hier. Ich lege mich auf ihr Bett. Ich höre wie die Tür auf geht. Ein Mädchen steht im Türrahmen und guckt mich an. Ihr Blick ist böse. Wie der von dem Schlachter neben dem wir gewohnt haben. Sie schreit mich an. Ich bin wie betäubt als sie mich blau schlägt. Ich will hier weg. Das sagt mein Verstand als ich die grüne Grütze runter würgen muss. Sie schmeckt nach Kotze. Ich will nach Hause. Ich will zu Mama. Die kann kochen. Und wie sie kochen kann. Wenigstens weinen will ich. Aber nein. Ich bin wie unter Narkose. Ich mache alles was sie mir sagen. Ich stehe früh auf, ich arbeite sehr viel und ich lasse mich von den anderen verprügeln. Die Schmerzen machen mir nichts aus, weder die Beulen noch die Kratzer. Das einzige was schmerzt ist der Gedanke das ich meine Familie nie wieder sehen werde. Mein Hirn ist wie leer gefegt. Früher war ich noch Klassenbeste jetzt bin ich Klassenclown. Früher hatte ich einen eigenen PC jetzt habe ich einen Notizblock und Buntstifte. Früher hatte ich eine Schwester die mich liebte egal wie sehr wir uns gestritten hatten, jetzt habe ich eine Mitbewohnerin die mich am liebsten Tot sehen will. Ja. Tot. Das hört sich gut an. Verglichen hier mit. So vergehen die Jahre. Ich bin wie ein Zombie. Aufstehen, Grüne Grütze essen, Schule, verprügelt werden, Grüne Grütze essen, schlafen. Und wieder von vorne. Ich habe nichts privates, keine Freunde, keine Familie. Keiner will mir sein Herz schenken. Meine Haare gehen mir jetzt schon bis zu den Kniekehlen. Ich denke an Mama. Sie hat mir immer gesagt das ich meine Haare auf gar keinen Fall schneiden sollte. Sie sind zu schön um im Abfluss zu verschwinden. Ich bin mit 8 hier rein gekommen. Jetzt bin ich 15. Und ich werde hier wahrscheinlich auch sterben. Keiner will mich. Kein will ein Mädchen wie mich. Keiner will ein Mädchen im Rollstuhl. Es wird Zeit die Welt zu verlassen. Es geht ganz einfach. Ich rolle mich auf das Dach des Gebäudes. Die Luft riecht gut, irgendwie würzig. Ich sehe von dem Dach auf Spanien herunter. Leb wohl Spanien. Leb wohl Welt. Ich denke noch einmal an meine Familie. An meinen Hamster. An meine Schwester. An meine Mum. An meinen Dad. Ich werde sie wieder sehen. Jetzt gleich. Ich muss nur noch eines tun. Mein Herz klopft. Tränen kullern mir über die Wange. Ich werde jetzt ins paraíso gehen. Endlich. Ich fühle mich befreit als ich Anlauf nehme... Und springe.

Ich sehe es!

das paraíso...

ist das... mama?

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.12.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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