Rüdiger Nazar

Danke Rocky...danke dir mein Freund...

Ich weiß garnicht...wo ich anfangen soll.

Ich bekam ihn...als er vier Monate alt war...ein kleines Häufchen schwarzen Felles...

mit weißen Pfötchen und einer weißen Schwanzspitze. Auch seine Brust...leuchtete im weiß des Schnee`s. Ich suchte ihn nicht aus...sondern er mich.Was für eine Rasse fragte ich. Hm. ein Mischling von belgischen Schäferhund mit einem Collie...sie war die Mutter.Wird er denn sehr groß fagte ich. Och nee...bekam ich zur Antwort...er zeigte abschätzend mit der Hand über den Boden...wobei diese sich dauern hoch und runter bewegte. Die Maßangabe sah aus...wie eine Beschreibung zwischen Dackel und deutscher Dogge. Alles klar sagte ich...den nehme ich. Was kostet er denn ? Ach sagte der Besitzer lächelnd...ich habe so viele Hunde...den können sie geschenkt haben...er wird ihnen sicher Freude bereiten. Dieses Freude bereiten...so wie er es aussprach...kam mir wie ein Schwerthieb vor.Egal...ich nehme ihn...und recht schönen Dank noch. Sie werden Mühe haben ...ihn  ihren PKW zu bekommen...schmunzelte der Verkäufer recht idiotisch.

Tja...dann mal schüss sagte ich... öffnete die Hintertüre des Wagens...und sagte...na dann komm`mal mein Junge. Kaum ausgesprochen saß er schon auf der Hinterbank.Als ich anfuhr...trat ich sofort in die Bremsen...eh...hallo...hat er denn schon einen Namen ? Na klar sagte der immer noch bedröppelt reinschauende...er heißt Rocky. Hm...Rocky sagte ich...und trat das Gaspedal durch. Rocky hielt seine Schnauze aus dem geöffneten Fenster und hatte seine helle Freude. Er war ein sehr gelehriger Hund...und wuchs sehr schnell heran. Was er wohl hatte...eine panische Angst vor allem was laut war...eine Fehlzündung beim Auto...und er war nicht mehr zu sehen...verkroch sich dann in eine Ecke und winselte. Silvester... Neujahr...war jedesmal eine Katastrophe...so das ich beim Tierarzt sogar Beruhigungstropfen für ihn hohlen mußt.Später nahm ich ihn dann in den militärischen Wachdienst mit. Wenn ich zu ihm sagte...Platz und bleib...konnte man sicher sein...daß er blieb...und wenn man auch zwei Tage später wieder erscheinen würde. Dieser Hund hatte Ehre und Stolz..soweit man das von einem Hund behaupten kann.Auf ihn konnte ich mich 100 prozentig verlassen...in allen Situationen und  Lebenslagen.

Ich zog mit ihn durch Europa...überall waren wir bekannt...und er beliebter als ich. Ich war so stolz auf ihn. Nun war er ein ausgewachsenes Exemplar...und was für eines. Seine Größe...vom Kopf aus...reichte mir bis über die Hüfte. Er war so lieb...aber durch seine extreme Größe...verschaffte er sich Respekt...und zeitweise flößte er einem entgegenkommenden Furcht ein...so daß sie freiwillig die Strassenseite wechselten. Mit diesem Hund an meiner Seite konnte mir nichts geschehen. Wenn ich durch Wald und Gebirge lief...lief er immer fünfzig Meter vor...blieb dann stehen..um zu sehen wo ich bliebe...oder ob ich noch da war. Versteckte ich mich mal...um ihn zu ärgern...kam er hastig zurück gelaufen...und lief ratlos hin und her. Ich erblickte Furcht in seinen Augen...das er alleine war. Wenn ich dann aus meinem Versteck kam...wedelte er freudig...laut kläffend und sprang mich mit so einer Wucht an...nein...da konnte man einfach nicht mehr auf den Füßen stehen. Es waren 58 Kilo Lebendgewicht...die vor meiner Brust knallten. Dann hatte er immer eine Heidenfreude...stand breitbeinig über mir...leckte mich kreuz und quer durchs Gesicht.Ja...einmal...mußte ich ihm wohl klarmachen...wer denn hier der Herr im Hause war. Er sprang mich an und mit weit aufgerissenem Maul...fasste er meinen Hals. Mein Gott wie wurde mir mulmig. Ich stemmte meine Knie ruckartig hoch und schleuderte ihn zur Seite...warf mich auf ihn...und riss ihm die Kiefer auseinander. Hört sich zwar brutal an...aber das tut Hunden nicht weh...nur in ihrer Ehre...ich hatte ihn unterworfen...und das gefiel ihm garnicht. Hinterher lief er neben mir her...warf mir ab und zu einen verschämten Blick zu...und ich mußte innerlich lachen. Im Wald war er meine Ohren und meine Augen...wenn Gefahr im Anmarsch war...reagierte er so blitzartig...das ich es erst garnicht mitbekam.Dieser Hund...war ein Freund...den ich bei Menschen nie gefunden hatte.Viele viele Jahre zogen wir umher...wir hatten verdammt viel gesehen und zu erzählen. Nachts im Gebirge...wenn Vollmond war...saß er auf seinem Hintern und begann den Gesang der Wölfe. Ich setzte mich daneben und sang mit ihm im Duett. Wir waren schon ein lustiges Paar. Wenn ich lauter heulte als er...stockte er kurz...und dann begann ein Inferno von einem Geheul...wo ich nicht mehr mithalten konnte.Das war eine Genugtuung für ihn...ich hatte verloren.

2003..................er liegt in der Küche...und kann sich nicht mehr bewegen. Er ist jetzt 14 Jahre alt.Er sieht mich an...und seine Augen flattern hin und her.Kläglich winselt er wie ein Welpe...ich kann mein Weinen nicht unterdrücken. Die ganze Nacht sitze ich bei ihn...er kann nicht mehr raus...und nässt sich ein...die Küche stinkt nach Urin...aber was soll`s.

Am nächsten Tag schüttelt der Tierarzt den Kopf ...nichts mehr zu machen sagt er...Schlaganfall...erlösen sie ihn. Es dröhnt in meinem Kopfe...ERLÖSEN sie ihn.

Ich weine...heule wie ein Schlosshund...und nicke. Rocky bekommt erst eine Beruhigungsspritze...ich halte seinen Kopf und streichle ihn...oh mein guter alter Freund..ich wende mich ab...er soll meine Tränen nicht sehen.Dann schläft er ein. Der Tierarzt setzt die Todesspritze genau in`s Herz...und ich fühle mich...als hätte ich sie bekommen. Noch ein paar mal geht der Brustkorb rauf und runter...dann ein tiefer Seufzer...und sein Unterkiefer fällt nach unten. Oh mein Rocky.

Ich laufe wahllos und ohne Gefühl durch den Wald...das erste mal in meinem Leben ohne meinen Freund. Ich trete gegen Bäume...aus Wut und Ohnmacht...die ja wirklich nichts dafür können. Verdammt...ich sitze jetzt hier und schreibe dieses...und kann kaum vor Tränen aus den Augen schauen...mache kurz eine Pause.

Nachts wenn ich in meinem Bett liege...ich habe meine Matratze auf der Erde...meine ich das er neben mir auf dem Boden liegt und mich ansieht.Ich greife dann in`s Leere...glaube aber...und ich fühle es...das meine Finger durch sein dickes schwarzes Fell gleiten. Ertappe mich dann dabei...wie ich seinen Namen rufe. Höre dann in der Küche einen dumpfen Aufprall...ein Geräusch...so wie er sich immer hinlegte...und ich höre die Halskette rascheln. Ich denke unsere Verbundenheit ist nicht entzweigerissen.

2005 laufe ich alleine durch die Ardennen...der Tag ist schön...die Sonne strahlt...ich denke...ich werde mir ein Feuer machen und meine zwei gefangenen Fische braten. Habe vor...hier in den Ardennen zwei Wochen zu bleiben. Die Gegend ist wunderschön....und ich habe schon lange nicht mehr in der Wildnis kampiert. Der Fisch verbrennt...löst sich vom Stock... und fällt in die Asche. Malzeit...nun muß ein verschrumpelter Apfel und etwas Bast eines Baumes dran glauben. Der Apfel schmeckt fahl...der Bast ist zäh...aber ich bin satt. Die Nacht bricht herein...das Ruhelager habe ich schon vor Stunden hergestellt...und lege mich verdammt müde und geschafft auf meine Schlafmatratze aus Tannenzweigen. Ich merke kaum wie mir die Augen zufallen...als ich ein seltsames Geräusch vernehme. Geräusche nachts im Wald...sind so mannigfaltig...daß ich kaum noch Notiz von ihnen nehme...aber dieses Geräusch läßt meine Nackenhaare aufrecht stehen.Etwas raschelt im Busch...und ich springe wie eine Stahlfeder auf. Dann ein Getöse...grunzen...fiepen...schreien...eine herde Wildschweine...ich bin umzingelt. Ein gewaltiger Hauer rennt auf mich zu...ich weiche aus...und verstecke mich hinter einem Baum als Schutz. Dieser ist aber nicht breit genug im Umfang...der Hauer...man sagt auch Eber oder Keiler...hat zwei Angriffsmöglichkeiten. Verdammt zieht Leine...ich habe euch doch nichts getan. Die Herde steht etwas weiter entfernt...aber der Brocken setzt zum erneuten Sturm an. Meine Gedanken überschlagen sich. Als er kurz vor mir ist...trete ich ihn mit voller Wucht meinen Absatz auf die Schnauze...harter Bursche...sagt nichts. Durch den Aufprall meines Trittes...stürze ich nach hinten und sitze auf meinen fünf Buchstaben. Blicke auf zwei wütende Augen...die auf mich zukommen und schreie in meiner Not...ROCKY...warum bist du nicht da. Kaum ausgesprochen...ein Gesang des Wolfes...es geht mir durch Mark und Bein. Auch der Eber steht augenblicklich wie versteinert...als im nächsten Augenblick ein riesiges dunkles Ungetüm den Hügel hinunter rast...und sich wie ein Inferno auf den Keiler wirft. Ein furchtbares Geräusch von Schmerz und Wut hallt durch die friedliche Nachtstille. Der Keiler verzieht sich blitzartig...von seiner Herde  gefolgt. Ich bin alleine...sitze auf den feuchten Waldboden...und denke...ich bin in einem schlechten Film. Was war das denn ? Blicke mich um...nichts. Sehe zum Hügel hinauf...und da sitzt er...er...der mir vermutlich das Leben gerettet hat...oder zumindest schwere Verletzungen ....die ich davon getragen hätte.  Er erhob den Schädel im fahlen Mondlicht und es erklang ein Geheule...das ich zu kennen glaubte...dann war er verschwunden.

Danke mein Freund...

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.04.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.

Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.

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