Jemand hat einmal behauptet, dass wir in der Ferne immer nur uns selbst suchen.
Wenn dem wirklich so ist, dann sind wir Menschen zum Scheitern geboren. Wie können wir in der Ferne suchen, was wir zur Hause übersehen? Wie können wir in der Ferne finden, über das wir tagtäglich vor unserer Haustür stolpern? Wie können wir erwarten, dass wir den verschütteten Brunnen in der Ferne finden, wenn wir zu Hause nur teuren Flaschenwein trinken? Wie kann ich eine fremde Sprache erlernen wollen, wenn ich nicht einmal in meiner Muttersprache weinen kann?
Wenn ich ein Haus zu bauen gedenke, dann muss ich mich zuallererst nach einem Stück Land umschauen, dessen Boden stark genug ist um Wurzeln zu halten. Es muss ein Stück Land sein, wo ich mir selbst vorstellen kann Wurzeln zu schlagen. Und erst wenn ich soweit bin, kann ich Ziegel kaufen, die stark genug sind um mich zusammenzuhalten. Ziegel um Ziegel, Stück um Stück erbaue ich mir in Folge einen Rahmen für mein Leben, in dem ich mein Ich alphabetisch ordnen kann.
Erst wenn dieser Rahmen in der Heimat steht, die Einfahrt aufgeschüttet ist und der Rauchfang Lebenszeichen von sich gibt, erst dann kommen die Feinheiten. Und dann spielt es keine Rolle, wo ich diese finde und wie lange ich dafür brauche. Man sucht sie sich im besten aller Fälle aus aller Herren Länder zusammen und setzt die einzelnen Puzzlesteine zu Hause zu einem großen Ganzen zusammen. So würde sich etwa eine sündhaft teure Vase aus dem fernen China gut auf dem Kaminsims machen.
Dieselbe Gleichung ist auf den Menschen und sein Fernweh anzuwenden.
Ich bin nicht der Mensch, der ich in der Ferne zu sein gedenke, sondern der Mensch, der seine Trümmer und Dämonen zu Hause in einem Koffer verstaut um sie dann unter Tränen und Schweißperlen in die Fremde mitzunehmen. Aber mit viel Glück und Einsicht packe ich in der Ferne einen Spiegel aus, der mir den Weg nach Hause diktiert.
Auf der Suche nach dem höchsten Berg, dem wildesten Fluss, der kältesten Eiswüste und der lebensbedrohlichsten Wüstenhitze suchen wir eigentlich nur ein Spiegelbild unser selbst. Und wenn dieser Spiegel auf dem Weg nach Hause nicht zerbricht, dann komme hoffentlich auch ich heil zu Hause an, um ihn dann neben die Vase auf das Kaminsims zu stellen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.03.2011.
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