Petra von Breitenbach

Ein Entschluss, der ins Wanken gerät

Frau Söllerlein liebt das Ritual: einmal in der Woche geht sie am Rhein spazieren und kehrt dann in das Café
am Marktplatz ein. Es ist Sommer und sie kann draußensitzen. Sie genießt den Capuccino und ein Stück Zwetschgenkuchen.
Am Nebentisch sitzen einige Damen um die siebzig Jahre und ein Herr.
Gegenüber von ihr blickt sie auf einen verwaisten Tisch, die Herrschaften waren offenbar schon gegangen.
Sie hatten eine Tüte liegengelassen und zwei Gedecke mit Kaffee und Kuchen standen noch da. Dies irritierte nicht nur Frau Söllerlein,
auch die Damen am Nebentisch machten sich ihre Gedanken darüber.
Hinter der Frage, warum man eine Tüte (vermutlich mit Brötchen) so achtlos liegenläßt und den Kaffeetisch
unverrichterterdinge wohlmöglich überstürzt verläßt, heizt die Fantasien an. Immer wieder vernimmt Frau Söllerlein Gesprächsfetzen, wie:
"de Brödchedudd liejelasse, des kammer doch nit..." und "zwee ganze Stücksche Kuche..."
es fehlte nicht viel und sie hätte die Tüte geschnappt und an den Nebentisch gebracht. Verwunderung löste auch die Tatsache aus,
dass nicht abgeräumt wurde. Was mag da wohl passiert sein, haben sie sich gestritten oder wurde einem der beiden schlecht?

Walter und Brunhilde waren inzwischen den größten Teil des Heimwegs gegangen. Sie kamen von ihrem Stammcafé und man kannte sie dort.
Immer das gleiche Ritual spielte sich ab:
Walter: " Wie schön, dass wir wieder hier sind. Ich möchte heute Kirschkuchen."
Brunhilde bevorzugt den gedeckten Apfelkuchen. Die freundliche Serviererin nimmt die Bestellungen auf.
Sie freuen sich, als alles gebracht und liebevoll hingestellt wird.
Sie genießen schweigend und als die leeren Gedecke eine Weile vor ihnen stehen, wird Walter allmählich unruhig.
"Warum kommen die denn heute nicht und räumen das Geschirr von den Vorgängern ab?"
Brunhilde: "Das sind unsere Gedecke, wir haben eben Kaffee getrunken und Kuchen gegessen, du hattest Kirschkuchen!"
Walter: "ach ja."
Später ruft er dennoch die Kellnerin herbei, "bitte räumen sie ab, wir möchten bestellen!" Es wird nocheinmal das Gleiche gebracht,
Brundhilde schweigt dazu, die Serviererin kennt das schon. Das Ritual wiederholt sich noch ein drittesmal.
Dann sucht Walter die Toilette auf. Diese Chance ergreift Brunhilde und zahlt. Sie denkt nicht daran, den Kuchen einpacken zu lassen,
ihr ist die ganze Situation schon so peinlich genug. Sie vergißt auch die Brötchentüte, weil ihre komplette Aufmerksamkeit
darauf konzentriert ist, Walter nach dem Toilettengang an dem Tisch vorbei zu lancieren und nach Hause zu bekommen.
Die Kellnerin guckt dem Ehepaar etwas betroffen hinterher, aber sie kennt die Spielregeln, alles bleibt auf dem Tisch, falls es Walter
nach wenigen Metern einfällt, zurückkehren zu müssen, das war auch schon öfter vorgekommen.
Er litt im fortgeschrittenen Stadium an Alzheimer Demenz.
Endlich treffen sie zu Hause ein. Walter legt sich gleich auf das Sofa, sie kramt in ihrer Tasche und vermißt die Tüte.
Die hatte sie nun vor lauter Aufregung dort liegengelassen. Sie schimpft: "Warum kannst du nicht auch mal mit aufpassen, immer muss ich an alles denken!"
Walter: "Hast du was vergessen?"
Brundhilde: "Ja, die Brötchentüte."
Walter: "wir gehen doch jetzt sowieso ins Café",
Brundhilde: "Bleib liegen, ich bin gleich zurück."
Sie denkt: vielleicht tut mir der Spaziergang allein ganz gut.
Frau Söllerlein saß noch an ihrem Tisch, als Brunhilde eintraf. Die Brötchentüte hatte sie inzwischen zum Nebentisch gebracht, sie konnte das Gerede und
die Aufregung darüber nicht mehr aushalten.
Sie beobachtete das weitere Geschehen mit großem Interesse.
Die Damen und der Herr waren gerade dabei zu zahlen, als sie Brunhilde kommen sahen. Sie sah sich fragend um, als sie feststellen mußte,
dass zwar die Gedecke mit Kaffee und Kuchen noch dastanden aber die Tüte fehlte.
"Hallo, suchen Sie Ihre Tüte, die haben wir in Verwahrung genommen" schallte es herüber. Sie ging widerwillig an den Tisch.
Alle Augen waren auf sie gerichtet, teilweise schuldbewußt oder neugierig.
Es war ihr höchst unangenehm, so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
Der einzige Mann am Tisch, er war deutlich jünger als die Damen, war errötet. Sie schaute nocheinmal zu ihm, ihre Blicke trafen sich.
Da erkannte sie ihn,  "Dietrich.... was machst du denn hier?"

20 Jahre früher

Weihnachten 1993
Es ist kurz vor Weihnachten.
Brunhilde führt gemeinsam mit ihrem Mann Walter seit vielen Jahren ein Schreibwarengeschäft.
Die Weihnachtskalender waren schon alle ausverkauft und sie benötigte noch eine Nachlieferung.
Sie fuhr mit ihrem Kleintransporter in die nächste Stadt in den Verlag, von dem sie seit Jahren diese Dinge bezogen.
Sie kannte die Mitarbeiter und den Chef sehr gut, das Sortiment an Postkarten und Kalendern zu Ostern und Weihnachten
fand bei ihren Kunden großen Anklang.
Es war schon nach Geschäftsschluß. Dietrich, der neue Mitarbeiter hatte den Auftrag, auf Brunhilde Schäfer zu warten.
Endlich klingelte es. "Guten Abend Herr?..." "Ich heiße Dietrich Habel und bin erst seit kurzem hier im Verlag beschäftigt,
ich habe den Auftrag, Ihnen den bestellten Nachschub an Kalendern zu geben, und Sie sind Frau Schäfer?"
"Ja, die bin ich, und da müssen Sie wegen mir Überstunden machen?"
"Das tue ich doch gerne", er lächelte sie verschmitzt an. Brunhilde wurde es warm ums Herz, da war so etwas Besonderes in diesen Augen.
Dietrich lud ihr den Karton ins Auto, verfrachtete alles auf die Ladefläche und sie verabschiedeten sich gut gelaunt.
"Frohe Festtage, bis zum neuen Jahr und vielen Dank, Herr Habel." Brunhilde fuhr beschwingt nach Hause.
Irgendwie hatte dieser Mann sie beeindruckt, was hatte er an sich, dass sie immer wieder an ihn dachte und sein Lächeln
heraufbeschwören mußte?
Er war gutaussehend und etwa zehn Jahre jünger als sie. In seinem Verhalten ihr gegenüber lag Wertschätzung, die er mit seiner
ganzen Persönlichkeit verkörperte. Es war mehr als die höfliche, respektvolle Art, wie man sie guten Kunden und älteren
Damen gegenüber an den Tag legt. Es war etwas ganz Persönliches - nur für sie in seinem Blick -
Sie kehrte zurück, Walter nahm den Karton aus dem Auto, der restliche Abend verlief wie immer:
Abendessen und fernsehen, ein Glas Wein.
"Da war heute so ein netter junger Mann im Verlag, der ist neu", sie musste damit herausplatzen.
"So, war er eben dort und hat Dir den Karton gegeben?"
"Ja, Walter, ein ganz Charmanter".
Damit war das Thema ersteinmal erledigt.
Ein paar Tage später fand die Weihnachtsfeier statt, die der Verlag jedes Jahr für seine Mitarbeiter und Stammkunden veranstaltete.
Brunhilde und Walter waren natürlich auch eingeladen.
Es ging dort immer leger zu, man stand an Bistrotischen, es gab Wein und fingerfood, die Neuerscheinungen wurden vorgestellt.
Eine kleine Festrede des Chefs gehörte auch dazu, dezente Musik im Hintergrund gab dem ganzen Anlaß etwas Festliches.
Brunhilde merkte beim Ankleiden, dass sie diesmal besonderen Wert auf ihr Äußeres legte.
Sie entschied sich schließlich für einen schwarzen Blaizer und einen roten Rock. Etwas Rouge auf Wangen und Lippen brachte Frische in ihren Gesichtsausdruck,
so dass Walter anerkennend meinte: "Du siehst aber sexy aus heute abend!"
Sie kamen mit etwas Verspätung an, Brunhildes Herz klopfte, sie war sehr angespannt und mußte ihre Ungeduld im Zaum halten.
Endlich betraten sie die Vorhalle des Gebäudes. An den Tischen standen die Gäste, es herrschte schon reges Treiben.
Herr Bacher, der Inhaber des Verlags hieß alle herzlich willkommen, dankte für das Engagement der Mitarbeiter und das Vertrauen der Kunden.
Brunhilde hatte Zeit,
ungestört nach Dietrich Habel Ausschau zu halten. Sie konnte ihn nirgends entdecken. Offenbar war er gar nicht gekommen.
Ein Teil ihres Inneren meinte: Gott sei Dank, das erspart mir Komplikationen, nun wurde sie ruhig und entspannt.
Der Abend plätscherte so dahin, um 22.30 Uhr verließen sie die Party. Eines hatte sich aber bei ihr geklärt: so, wie sie Dietrich vermisst hatte,
war das ein deutliches Zeichen, dass sie sich ein bißchen in ihn verliebt hatte.
Sie erfuhr später, dass er nicht von zu Hause weggekonnt hatte, weil sein Kind krank geworden war und seine Frau Spätschicht im Krankenhaus hatte.

Sie war in diesem Jahr fünfzig, er zweiundvierzig. Sie sah ihn lange Zeit nicht wieder, es gab keinen Anlass, sie waren noch mit allem eingedeckt.
Dann kam Ostern, sie erwarteten die Lieferung der Osterdekoration und Postkarten. Herr Habel wurde angekündigt, die Ware zu bringen.
Brunhilde merkte, wie sie deutlich nervöser wurde, je näher der Tag und die Stunde heranrückte.
Um 14.30 Uhr klingelte es und Dietrich Habel stand vor der Tür, Walter öffnete.
Während die Männer die Ware aus dem Auto hievten und im Lager verstauten, zupfte Brunhilde an ihren Haaren herum, legte etwas Rouge auf
und trat schließlich vor die Tür. Dietrich sah hinreißend aus. Mit leichten Bewegungen reichte er Walter die Pakete an, sein Gesicht war entspannt
und seine Kleidung modern und das sah sie gleich: von guter Qualität.
"Ich wollte Sie doch wenigstens begrüßen," sie strahlte ihn an. Wieder kam von ihm dieser Blick, der sie schon vor einem halben Jahr so verzückt hatte.
Gibt es Liebe auf den ersten Blick? dachte sie bei sich. Dietrich schoß es durch den Kopf: sie ist noch attraktiver als das letztemal, sie hat sich verjüngt.
Als die Ware entladen und verstaut war, ging Walter ins Haus. Brunhilde und Dietrich standen noch eine Weile am Auto und kamen ins Gespräch.
Sie wußte hinterher nicht mehr, um was es gegangen war und das war auch nicht wichtig. Ihr Augenkontakt war es, der alles ausgedrückt hatte.
Sie verabschiedeten sich mit einer flüchtigen Umarmung.
Nun war dieser Mann in ihr Leben getreten. Ihr wurde bewußt, dass er Sehnsüchte wieder zum Leben erweckt hatte, die sie lange nicht mehr gespürt hatte:
Jemand, der ihr das Gefühl gab, attraktiv und begehrenswert zu sein, eine schöne Frau mit Selbstbewußtsein.
Die Vorstellung, das Leben nocheinmal, wie in der Jugend, neu zu entdecken und gemeinsam alles ganz frisch zu erleben, machte sie glücklich.

Weihnachten 1994
Mit der Zeit verblasste das Gefühl wieder, denn der Alltag nahm sie voll in Beschlag. Aber dann wurde es wieder Weihnachten.
Sie wurde krank und musste das Bett hüten. Walter stattete der Feier im Verlag einen kurzen Besuch ab.
"Herr Habel hat nach Dir gefragt und lässt Dir gute Besserung ausrichten," vernahm Brunhilde am nächsten Morgen beim Frühstück.
Ihre Stimmung wurde sogleich besser. "Danke, wie geht es ihm denn?" wollte sie wissen. "Er wird demnächst vorbeikommen
und das neue Sortiment für kleine give aways vorstellen. Es ist heutzutage üblich, für Stammkunden und bei größeren Bestellungen
kleine Präsente als Dank mitzugeben. Wir können uns den Prospekt gemeinsam vorher anschauen," meinte Walter.
Tatsächlich, es dauerte nicht lange, da kündigte sich Dietrich Habel an. Er kam an einem Mittwoch Nachmittag.  Dietrich war um 15 Uhr da, lud die
Ware aus und brachte sie in das Lager. Wieder stellte Brunhilde fest, wie sehr er ihr gefiel. Diesmal war es seine Ausstrahlung,
und sie mochte seine weichen Gesichtszüge, die aber trotzdem männlich waren. Er sah aus wie aus dem Ei gepellt.
"Heute entkommen Sie mir aber nicht, ohne eine Tasse Kaffee mit mir getrunken zu haben," meinte sie kühn. "Ja gern, ich habe aber nicht viel Zeit,"
so Dietrich, er hatte noch ein paar Fuhren vor sich und es begann zu schneien.
Brunhildes Herz schlug schneller, als sie Kaffee  und Kuchen ins Wohnzimmer brachte, ein gemütlicher Raum neben dem Laden.
Als sie Dietrich den Kaffee einschenkte, zitterten ihr etwas die Hände, so nervös war sie. Es lag Spannung in der Luft.
Dietrich merkte, wie er ebenfalls befangen und verlegen wurde. Auch ihm war bei den wenigen Begegnungen,
die sie miteinander hatten, nicht entgangen, dass da ein Hauch Erotik in der Luft lag. Er mußte zugeben,
dass diese Frau ihn auf eine seltsame Weise anzog und vielleicht lag es sogar gerade an der Tatsache, dass sie einige Jahre älter war als er.
Der Raum war in gedämpftem Licht, im Hintergund lief das Radio. Dietrich trank zügig den Kaffee aus und machte Anstalten, sich zu verabschieden.
Beide erhoben sich gleichzeitig aus ihren Sesseln und standen aufgrund der räumlichen Enge dicht beieinander. Dietrich mochte den Duft, der von ihr ausging.
Dann berührte Brundhilde sein Gesicht mit beiden Händen, sah ihn eine Weile an und küßte ihn auf den Mund.
Sie legte ihre Arme um ihn und zog ihn sanft an sich. Es herrschte Stille im Raum.
Brunhilde war so glücklich in diesem Moment, sollte doch die Zeit stehenbleiben für immer.
Da vernahm sie ein Motorengeräusch, Walter kam vom Fußball zurück. Sie trennten sich wortlos. Dietrich war noch vor Walters Eintritt in die Wohnung in
seinem Gefährt und ziemlich durcheinander. Er schaltete das Radio ein und ließ die Szene mit Brunhilde bei Musik mehrmals revuepassieren,
um sie jedesmal mehr zu genießen und zu erfassen.
Brunhilde war zutiefst der Meinung, dass sie richtig gehandelt hatte -  es konnte sich aber nichts weiter daraus entwickeln - aber sie hatte eine Tür geöffnet!

Dietrich wurde im nächsten Frühjahr vom Verlag in eine Dependance versetzt, etliche Kilometer entfernt, wo er einen größeren Aufgabenbereich übernehmen konnte.
Somit blieben die Begenungen mit Brunhilde aus und das war auch gut so.

Sommer 2013 bis November 2014

Dietrich und Brunhilde blickten sich vielsagend in die Augen und auch Brunhilde wurde etwas rot vor Freude und Verlegenheit.
"Ach,- Sie kennen sich," meinte eine der Damen am Tisch etwas konsterniert. "Ja, wir hatten früher einmal beruflich miteinander zu tun",
entgegnete Dietrich und wandte sich Brunhilde gleich wieder zu. "Wie geht es Dir? möchtest Du Dich zu uns setzen?"
Sie war nicht in der Lage dazu, es war alles ein bißchen viel für sie. "Mir geht es gut, ich freue mich so, Dich wiederzusehen nach all den Jahren!
Wo bist Du denn jetzt und wie geht es Dir?" fragte sie zurück und blieb stehen, um noch den Überblick über die Situation zu behalten.
"Es geht mir gut, ich mache gerade einen Ausflug mit dem Kulturclub," er deutete auf die Damen am Tisch.
Nach einem Geplänkel von mehreren Minuten tauschten sie ihre Telefonnummern aus und verabschiedeten sich. Zu ihrer größten Freude
sah sie in Dietrichs Augen wieder diesen Glanz!
Sie hätte beinahe schon wieder ihre Tüte vergessen, hätte Dietrich sie nicht schmunzelnd hochgehalten, wie eine Trophäe.
"Danke, deshalb bin ich ja nocheinmal zurückgekommen", sie fühlte sich so beschwingt, wie seit ihrem damaligen Treffen nicht mehr.
Alle Schwere war von ihr abgefallen, als sie zu Hause ankam.
Sie bereitete das Abendessen vor und konnte sich nicht verkneifen, Walter von ihrem Erlebnis zu erzählen:
"Stell Dir vor, wen ich eben getroffen habe?" "Ja wen denn?"  "den Dietrich!!"  "Den Dietrich Habel?"  "Ja genau, der uns immer beliefert hat".
Der Abend ging rein äußerlich wie immer über die Bühne, aber Brunhilde bebte innerlich geradezu.
Am nächsten Mittag rief Dietrich an. Er wohnte in einer Stadt, die 100 kilometer nördlich lag. Er war seit dem vergangenen Jahr verwitwet.
Sie beschlossen, sich zu treffen.
Für Walter war gesorgt und Brunhilde hatte nach Monaten endlich wieder einmal frei. Sie verabredeten sich in einem Café auf der Mitte der Strecke.
Es war ein strahlender Sommertag und sie konnten in dem lauschigen Garten sitzen. Brunhilde trug ein weißes ärmelloses Sommerkleid,
sie hatte die Figur einer jungen Frau. "Du siehst schön aus", meinte Dietrich und streichelte ihr leicht über den Arm. Sie war glücklich.
Sie konnten sich nach 20 Jahren endlich näherkommen und kennenlernen. Alles war so frisch wie damals. "Ich habe oft, sehr oft an Dich denken müssen
und an unsere Begegnung in Deinem kleinen  Wohnzimmer neben dem Laden, " schwärmte er. Sie liebte seine Stimme, die etwas voller und tiefer geworden war.
Er hatte noch sein üppiges Haar, das an den Schläfen die ersten grauen Stellen zeigte. Die Jahre hatten ihn noch attraktiver werden lassen.
Gegen Abend tranken sie einen Campary mit Eis. Dietrich nahm ihre Hand, führte sie zu seinem Mund und küßte sie zärtlich.
Sie trafen sich fortan zweimal im Monat.
Die Zeit verging, es wurde Herbst, dann kam der November. Brunhilde merkte, wie ihre Kräfte nachließen, weil Walters Demenz soweit fortgeschritten war,
dass er sie immer öfter nicht erkannte und beschimpfte.
Als sie wieder einmal mit Dietrich zusammen war, wurde sie angerufen. Sie hatte ihre Telefonnummer immer zu Hause hinterlassen.
"Walter ist schon den ganzen Tag so unruhig", meinte die Pflegerin, die immer bemüht war, Brunhilde diese seltenen Erholungszeiten zu ermöglichen.
Brunhilde brach sofort auf. Als sie am Abend zu Hause ankam, war Walter schon ganz grau, erkannte sie aber noch. In der Nacht ist er dann friedlich eingeschlafen.

Winter 2014
Frau Söllerlein sitzt im Café am Platz, es war Winter geworden. Sie genoss den Kakao und die Linzer Torte. Sie sah ein älteres Paar hereinkommen,
beide auffallend gepflegte Erscheinungen. Als sie die Frau nocheinmal näher betrachtete, während diese sich an der Kuchentheke etwas aussuchte, fiel ihr ein,
dass sie sie damals hier im Café gesehen hatte, als sie ihre vergessene Brötchentüte geholt hat.
Was hatte sich diese Frau inzwischen herausgemacht!
Dann fiel ihr ein, dass der Herr damals auch mit an dem Tisch saß, wo sie schließlich die Tüte hingebracht hatte. Es fiel ihr nicht schwer, die ganze Situation zu verstehen und sah wieder zu dem glücklichen Paar hinüber.
Sie winkte die Kellnerin zu sich... "Wie schön, ja wie das Leben so spielt."
Frau Söllerlein ging nach Hause, irgendwie beschwingt...





 



 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.12.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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