Sandra Kreutzfeldt

Was mir einst wichtig war

Von Zeit zu Zeit kam mir der Gedanke, dass es schön wäre, jemanden an meiner Seite zu haben, der mir wichtig war. Das Gefühl, das mich dann umgäbe, würde mich endlich dazu bewegen von Innen nach Außen zu strahlen. Der Gedanke, den ich hegte, entpuppte sich als die größte Lüge, in der ich mich selbst tief in eine glitschige Schlucht aus Lügen und Verrat riss, dessen Regentropfen gänzlich aus dem Blut der Person bestand, die mein größter Schatz sein würde.

Es zerriss mich in tausend Stücke ihre blutverschmierte Leiche unter mir begraben in den Armen zu halten. Schluchzend hielt ich sie fest an mich gedrückt und spürte, wie die Kälte an mir hochkroch und mich wie seine Beute in einen weißen Schleier hüllte, der mir langsam die Sinne raubte. Während sich meine Glieder durch meinen tiefen Schmerz verzerrten, glitt etwas tief in mein Inneres, das mich baldig immerzu einholen würde.

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In der Dunkelheit der Nacht starrte ich leer durch die kleine Lucke auf dem staubigen, undichten Dachboden, der bereits durch den langandauernden Regen bis zu den Waden mit Wasser befüllt war. Obwohl ich wusste, dass ein hölzernes, schiefes Haus nicht der beste Schlupfort war, um mich vor den Monstern in der tiefsten Dunkelheit zu schützen, wartete ich hier seit Tagen auf den ersten Sonnenstrahl, der sich bestimmt nach der langen Regenphase über die Wildnis ausbreitete und mein Inneres Leben einhauchte.

Das Plätschern des Regen erfüllte mein Herz mit Schmerz und Frust, während ich mich selbst fragte, woher dieses Gefühl stammte. Es war, als ob ich etwas Wichtiges vergessen hatte, an das mich das Wetter erinnern wollte. Mein Brustkorb schnürte sich zusammen, als wenn eine Eisenkugel mein Herz zerschmettert hätte und ein kleines Stück des Eisen immer noch in meinem Innern feststecken würde. Immer, wenn ich danach griff, verschwand es in binnen von Sekunden und kam als schwereres, spitzeres Metall wieder, um mir erneut zuzusetzen.

Es war der Kreislauf meines persönlichen Albtraums, dem ich genauso wenig entrinnen konnte wie den Geschöpfen der Finsternis, die im Schutz des Schattens lauerten und nach der Negativität meiner Seele riefen, um diese zu sich zu locken und endgültig zu verspeisen. Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass die Furcht in meinem tiefen Innern, nicht von den Gegnern ausging, die mich auf grausamste Art und Weise zerstückeln und ermorden möchten. Nein. In mir bangte es, selbst ein Handlanger der Dunkelheit zu werden, wenn ich meinen wahren Gefühlen nachgeben würde.

Als ich tief Luft holte, erstarb der Ton in meiner Lunge, der sich entlang meines Brustkorbs hangelte und schmerzverzerrt gegen mein Herz drückte. Das dreckige, kühle Regenwasser hatte mein stabiles Mongosleder aufgeweicht. Grummelnd setzte ich mich auf das schäbige, quietschende Bett zurück, auf dem ich mich seit Tagen befand und zog meine taubenblauen Stiefel aus, um diese genauer zu inspizieren. Seufzend musste ich feststellen, dass sie maximal zwei Fußmärsche überleben würden.

Da das Wasser weiter anstieg, blieb mir nichts Weiteres übrig als voranzuschreiten. Nachdem ich mir meine Stiefel wieder angezogen hatte und meine graumelierten Armschienen über meinen dunkelblauen Pullover zog, streckte ich meine rechte Hand aus, um mir ein letztes Mal die schrecklichen Überbleibsel meines letzten Kampfes ins Gedächtnis zu rufen.

Die Haut hatte sich fast gänzlich von meiner Hand gelöst und der blanke Knochen schien hervor. Einige Narben übersäten den kleinen Hautfetzen, der von meiner Hand übriggeblieben war. An jenem Tag hatte ich einen Fluch abbekommen, der meine Wunde nicht mehr verheilen ließe. Dennoch konnte ich immer noch meine Magie wirken, die wir durch die Macht der Götter im Austausch einer ewigen Knechtschaft verliehen bekommen haben. Damals ahnten wir nicht, dass das Ausmaß der Folgen die ganze Welt betreffen und in ein absolutes Chaos stürzen würde, dass noch nicht einmal die Götter selbst wieder richten konnten – oder eher wollten, denn die Macht dazu hätten sie, wenn ihnen die Welt lediglich einen Funke Mitleid bedeutete.

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Aus dem Wald in die Pfanne ... Tief unterm Büschel Gras versteckt, mit einem Blatt noch abgedeckt, beobachtet ein Pilz im Wald so manch befremdliche Gestalt. Sie schlurfen, ein paar trampeln auch, in Stiefeln und 'nem Korb vorm Bauch, das scharfe Messer in der Hand, den Blick zum Boden stets gewandt. Ein Freudenschrei, ein scharfer Schnitt, so nehmen sie Verwandte mit; und der versteckte Pilz, der weiß, im Tiegel ist es höllisch heiß. So brutzeln aber will er nicht! Da bläst ein Sturm ihm ins Gesicht, es rauscht und wirbelt ringsherum, schon bebt der Wald - ein Baum fiel um. Genau auf seinen Nachbarn drauf. Das ändert seinen Denkverlauf: "Welch übles Ende: Einfach platt! Da mach' ich lieber Menschen satt." Drum reckt er sich aus dem Versteck, er will jetzt plötzlich dringend weg: "Vergesst mich nicht! Ich bin gleich hier und sehr bekömmlich, glaubt es mir."

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