Günter Weschke

Das Brandzeichen

 

Mexico 1863

In der flimmernden, heißen Luft, steigen kleine Sandteufel empor, das kleine Nest -Pueblo-, liegt verschlafen in der Mittagsglut, nur in der Bar, ist noch etwas los, hier sitzen ein paar Vaqueros beim Poker.
Es geht dabei nur um ein paar Pesos.
Ein etwa sechs jähriger Junge schaut interessiert zu.
Er ist hier öfter anzutreffen, denn er ist für die Reinigung der Spucknäpfe zuständig.

Am kleinen Tresen lehnt ein Mexikaner, dunkles Kraushaar und ein dünner, schwarzer Schnauzbart, der an den Mundwinkeln vorbei, herunter hängt.

Jetzt löst er sich vom Tresen und geht mit unsicheren Schritten zum Ausgang, hier überquert er den Fahrweg und klopft an die Tür einer Hütte.
Es öffnet Ronaldo, der Ehemann von Esmeralda und Vater von Emma und dem sechsjährigen Sohn Luigi, der in der Bar dem Pokerspiel zusieht.

Der Mexicaner, sein Name ist Luis, Pedro Sanches, stößt Ronaldo zurück, der stürzt dabei zu Boden, greift aber nach einen Knüppel, welcher neben der Tür steht.
Der Mex schießt sofort.
Dann öffnet er die Tür zum Wohnraum, hier sitzen die verängstigte Esmeralda und ihre Tochter Emma.

Wortlos packt er Emma an den Armen und schleift sie hinter sich her zum Ausgang,
Vorbei, an den am Boden liegenden Vater.

Er überquert mit der Tochter den Fahrweg, geht zum Pferdeschuppen, steigt auf sein bereits gesatteltes Pferd, legt Emma vor sich über den Gaul und verlässt das kleine Nest Pueblo.

Soweit der Tathergang, es ist der 14. August 1863

Als Luigi nach Hause kommt, stolpert er über seinen toten Vater.
In der Wohnstube findet er seine weinende Mutter, die völlig aufgelöst ist und nur Stückweise, dem Sohn erklären kann, was geschehen ist.

Luigi, der neben seiner Tätigkeit als Spucknapfreiniger, auch bei dem Pferdestall aushilft, hatte das Pferd des Mex gesehen, es war ihm aufgefallen, weil es ein ganz besonderes Brandzeichen trug, ein durchgerissenes Lasso.
Dieses Brandzeichen hatte er vorher noch nie gesehen.

Da es in Pueblo noch keinen Sheriff gab, wollte auch niemand nach dem Mex Suchen

Ein alter Indianer, der meist auf den Stufen zur Bar saß, hatte Luigi in sein Herz geschlossen.
Er besaß ein wunderschönes Wurfmesser, er selbst traf damit, auf zehn Meter, jedes Ziel.
Aber jetzt, im hohem Alter, lag das Messer nur noch herum, so schenkte er es eines Tages Luigi und brachte ihm gleichzeitig auch die Technik des Werfens bei.
Schon nach kurzer Zeit konnte Luigi genauso gut Werfen, wie sein indianischer Freund.

Seine Mutter, Esmeralda, starb eines Tages voller Gram.

Die Jahre vergingen, als Luigi vierzehn war, kam ein kleiner Zirkus nach Pueblo, nichts besonderes, aber hier war so ein Zirkus eine kleine Sensation.
Bei der ersten Vorstellung, saß Luigi aufgeregt auf einen klapprigen Stuhl im Zelt, es waren einige wenige Zuschauer gekommen.
Zuerst gab es einen Clown, dann einen Jongleur, aber danach kam ein junges, bezauberndes Mädchen in einem glitzerndem Kostüm.
Sie stellte sich vor ein Brett und ein Bursche warf aus etwa fünf Meter, Messer auf das Brett.
Es ging Gott sei Dank, alles gut.

Als der Zirkus weiter zog, ging auch Luigi mit.

Nach einem Jahr zog der Zirkus nach Texas.

Hier, in einem abgelegenem Kaff, saß er eines Abends in einer kleinen Bar, nur wenige Gäste waren anwesend, an einem der Tische wurde gepokert, es saßen nur drei Männer am Tisch.
Luigi sah interessiert zu und bemerkte, hier wurde nicht ehrlich gespielt.

Einer der Männer fragte, ob  er mit spielen möchte?
“Ja, o.K.!”
Er setzte sich an deren Tisch und legte ein Paar Silber Dollar neben sich.

Das Spiel lief gut für Luigi. er gewann und legte den Gewinn zu seinen anderen Dollars
Der eine der Männer, kam ihm bekannt vor, aber woher?

Gerade aber dieser hatte jetzt falsch gespielt und wollte den Gewinn einstreichen.
Luigi sah ihn scharf an, “Mister so geht das nicht, wer falsch spielt bekommt kein Geld!”
Die Hand des angeredeten legte sich auf das Geld von Luigi:
Dabei sagte er fragend: Hast du mich eben einen Falschspieler genannt?”
Seine Hand tastete dabei nach seinen Colt.
Ohne der Kerl aus den Augen zu lassen, zog Luigi blitzschnell sein Wurfmesser und rammte es seinem Gegner in die griffbereite Hand.
Der schrie vor Schmerz und Wut laut auf, seine linke Hand war fest an die Tischplatte genagelt worden.
Luigi zog das Messer zurück und sah die zwei anderen Kerle an.
“Das würde ich nicht an eurer Stelle tun, bleibt friedlich!”

Trotz der Warnung, versuchte einer seinen Colt zu ziehen, das Messer traf ihn in die Brust.
Aufstöhnend brach er zusammen.
Der andere sah entsetzt auf seinen Kumpanen, Luigi zog schnell sein Messer aus den blutenden Körper.

Keiner der anderen Gäste griff ein.

Zu dem Unverletzen sagte er, “Mein Pferd steht drüben im Stall, Sattel es und bring es her, bind es dann draußen an.
Aber lass deinen Colt hier!”

Plötzlich geht die Tür auf und eine junge Frau betritt die Bar.
sie geht auf den Handverletzten zu, fragt was passiert ist?

Luigi glaubt zu Träumen, er sieht plötzlich seine Schwester vor sich, er hat sie sofort erkannt.
Nein, sie hat ihn noch nicht erkannt.

Jetzt kommt der Kerl in die Bar, der Luigis Pferd holen sollte.
Wortlos verlässt Luigi die Bar.
Er reitet in die Nacht.

Er ist immer noch auf der Suche, nach dem Brandzeichen.
Irgendwo musste es doch eine Ranch geben, die ein solches verwendet.

Hier in Texas gibt es mehr Ranches als in Mexico.
Überall wo er vorbei kommt, fragt er nach dem Brandzeichen, jedoch wusste keiner, wo es ein solches geben könnte.

Eines Tages reitet er in ein kleines Nest ein, mit Namen - Ohio Pueblo -.
Vor dem Saloon steigt er ab und bindet sein Pferd an die Haltestange.
Er betritt den Laden, schaut sich um und entdeckt einen jungen Burschen, der hier für die Spucknäpfe verantwortlich ist.
Er denkt an seine Zeit in Pueblo.

An der Bar läst er sich ein Bier geben, nimmt das Glas mit an einen Tisch, setzt sich und winkt dem Burschen zu, er möge einmal zu ihm kommen.

Der kommt und fragt. “Yes Mister?
Luigi zeigt ihm eine Skizze vom Brandzeichen: “Hast du das schon einmal gesehen?”

“Yes Mister!”
“Wo?”
“Drüben, bei den Pferden!”
“Kennst du auch den Besitzes des Pferdes?”
“Yes Mister!”
“Auch seinen Namen?”
“Yes Mister!”
“Und, wie ist sein Name?”
“Sein Name ist -Luis, Pedro Sanches-!”
“Weißt du auch, wo er beschäftigt ist?”
“Yes Mister!”
“Na wo?”
“Er arbeitet als Aufseher bei der -Western Union-, der neuen Eisenbahn, die hier gebaut wird!”
“Hier, nimm den Dollar, und danke für die Auskunft!”

Ja, von der neuen Eisenbahn hatte Luigi schon gehört, dort arbeiteten eine Menge Leute, sie müssen Schwellen legen und eiserne Gleise.

Am anderen Tag macht sich Luigi auf den Weg zu den Gleisarbeitern.
Schon von Weitem sieht er, hier sind viele Menschen beschäftigt.
Ein emsiges Treiben, Pferdegespanne mit Schwellen und anderen Gütern,
Dazu die vielen Menschen, die von irgendwo nach irgendwo eilten.

Beim Näherkommen, sieht er ein paar Indianer, sie beobachten das Treiben und scheinen sich für alles zu interessieren.
Die Überfälle auf weiße Siedler gibt es aber immer noch, aber nicht mehr so oft.
Luige kommt an ein paar Hütten vorbei, hier stehen ein paar der Gleisarbeiter um einen Mann, er trägt einen großen Sombrero, hat krauses, schwarzes Haar und an seinen Mundwinkeln vorbei, hängt ein dünner Schnäuzer.

Besonders auffällig an ihm ist, er trägt eine seiner Hände, in einer Armbinde.
Luigi erkannter ihn sofort, es ist der Falschspieler aus Texas.
Der Kerl, den seine Schwester, in dem Saloon umarmt hatte.
Sie musste also auch in der Nähe sein.

Luigi erinnerte sich, an den Tag, an dem sein Vater ermordet wurde, war dieser Kerl aus der Bar gestürmt und hatte die Fahrspur überquert, danach stand er dann vor seinem Elternhaus.

Jetzt wurde ihm alles klar.

Die Gleisarbeiter waren inzwischen verschwunden, und der Kerl stand noch allein vor einer der Hütten.

Luigi stieg vom Pferd und näherte sich dem Mörder, als plötzlich aus der Hütte seine Schwester kam, sie umarmte den Mann und Luigi hörte, wie sie zu ihm sagte: “Komm endlich ins Haus, das Essen steht bereits auf dem Tisch!”

In diesem Augenblick sah er, wie sich einer der Indianer, dem Kerl näherte, er hatte ein Messer in der Faust.
Auch seine Schwester bemerkte die drohende Gefahr, sie stellte sich vor ihrem  Mann und breitete ihre Arme aus, ehe sie etwas sagen konnte, hatte der Indianer aber schon sein Messer geworfen, es traf seine Schwester in die Brust.

Sie sackte zu Boden und ihr Mann (er musste es sein) drehte sich zu dem Messerwerfer um, versuchte mit seiner gesunden Hand, seinen Colt zu ziehen, was ihm aber nur sehr langsam gelang.
In der Zwischenzeit war ein zweiter Indianer näher gekommen, er war ebenfalls mit einem Messer bewaffnet, das warf er aus kurzer Entfernung auf den Mann, der dicht bei seiner, am Boden liegenden Frau stand,
Das Messer traf ihn am Hals, wo sofort eine Fontäne roten Blutes heraus spritzte.
Er stürzte über seine Frau.

Jetzt erst stürzten einige der Arbeiter herbei, warfen die zwei Indianer zu Boden und fesselten sie, andere kümmerten sich um die Verletzten, es kam dann auch noch ein Arzt hinzu, der jedoch in beiden Fällen nichts mehr machen konnte.

Luigi stand wie betäubt daneben, er, der seinen Vater Rächen wollte, hatte Tatenlos zusehen müssen, wie zwei Indianer, seine Rache ausführten.
Er kniete neben seiner Schwester, er, der niemals weinte, vergoss bittere Tränen, er streichelte ihr übers Gesicht und schloss ihre aufgerissenen Augen.
Neben der Hütte, war ein Pferd angebunden, verschwommen sah Luigi das Brandzeichen, ein zerrissenes Lasso.


Die Entstehung dieses Brandzeichens.

In Mexico hatte ein reicher Rancher eine junge Frau geheiratet, sie bekamen zwei Kinder, Zwillinge, Söhne.
Den  Erstgeborenen nannten  sie Luis, den Zweiten Marco.
Die Brüder wuchsen prächtig heran, die Ranch der Eltern lag in einer fruchtbaren Gegend.
Als sie vierzehn Jahre alt waren, beschlossen sie, einen Puma zu jagen.
In etwa zwanzig Meilen Entfernung, lag ein bergiges Gebiet auf ihrem Grund.
Hier gab es auch Pumas.
Ihren Eltern sagten sie nicht was sie vorhatten.
So ritten sie eines morgens los, erreichten die Felsen und begannen mit dem Aufstieg.
Zur ihrer Sicherheit banden sie sich ein Lasso um die Brust.
So ausgestattet, kletterten sie vorsichtig immer höher.

Luis war etwas voraus, als Marco plötzlich das Gleichgewicht verlor und etwa fünf Meter abstürzte.
So hing er am Lasso, konnte aber nicht weiter steigen.
Durch sein Gewicht, zog sich das Lasso um seine Brust immer enger.
Luis konnte ihm nicht helfen.
Um weiter zu kommen, hätten sie noch etwas höher klettern müssen, dort Oben gab es einen schmalen Steig, der auf der anderen Seite wieder hinunter führte.
Aber nun hingen sie hier fest.

Marco versuchte, mit seinem Messer, das Lasso etwas zu lockern.
Dabei schnitt die Klinge zu tief in das gespannte Lasso.
Luis hörte einen Schrei und einen dumpfen Aufprall.

Vorsichtig und voller Angst, versuchte er den Abstieg.
Unten am Felsen, fand er den leblosen Körper seines Bruders.

Das Leben auf der Ranch war danach nicht mehr das, was es einmal gewesen war.
Als Luis sechzehn wurde, verließ er die elterliche Ranch, er verlor den Halt und wurde das, was er schließlich geworden war.

Das Brandzeichen aber, welches er selbst entworfen hatte, sollte ihn immer an seinen Bruder erinnern.




 










 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.08.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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