Heinz-Walter Hoetter

Der Fall T-Bird (Teil 21)


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

Der Fall T-Bird

(Teil 21)


 

Langsam ging ich um die Skulptur herum, während ich Donghu aus dem Augenwinkel beobachtete, der auf einmal stehen blieb, als er mich erblickte. Offenbar schien er mich zu kennen.


 

Er war so nervös wie ein aufgescheuchtes Huhn, drehte sich plötzlich um und zog sich mit zwei schnellen Schritten auf den Durchgang zurück, durch den er zuvor gekommen war. Schon eine Sekunde später kam er zurück. Ich sah ihm an, dass er sich nicht entschließen konnte, ob er fortlaufen oder bleiben sollte.


 

Ich ging ein paar Schritte weiter und sah mir eine Plastik mit gespieltem Interesse an.


 

Die dicke Beraterin war mir gefolgt und stand jetzt neben mir.


 

Was kostet die denn. Ist die genauso teuer?“


 

Die kostet dreitausend Planetendollar“, antwortete sie, ohne mich eines Blickes zu würdigen.


 

Wieder sah ich Donghu, wie er durch den Raum auf eine Rothaarige zuging, die ihm mit ausdruckslosem Gesicht entgegen sah.


 

Donghu blieb neben der Rothaarigen stehen, fummelte in seiner Tasche herum, zog dann etwas heraus und zeigte es ihr.


 

Ich bemerkte etwas, das wie eine Schachtel aussah. Auch wenn ich kein Detektiv gewesen wäre, hätte ich erkannt, dass es sich um eines dieser Dinger handelte, die ich in Marks Koffer gefunden hatte und allesamt wohl aus dem Robot Master Club stammen mussten.


 

Dann verschwand Donghu wieder, wobei die Rothaarige vorausging und ihm den Vorhang offen hielt. Ich konnte für einen kurzen Moment einen Blick im dahinterliegenden Gang werfen.


 

Langsam ging ich weiter und sah mir noch mehrere schöne Kunstgegenstände an. Schließlich blieb ich vor einem Pudel stehen, der mit der gleichen Eleganz wie die anderen Statuetten geformt war. Ich befand mich jetzt nahe dem verhängten Durchgang, wo das rothaarige Mädchen daneben auf einem Stuhl saß. Ich ließ mir viel Zeit beim Betrachten des Pudels.


 

Was kostet der denn?“ fragte ich Miss Maggy, die mir brav gefolgt war.


 

Siebenhundert Planetendollar.“


 

Was, mehr nicht?“ antwortete ich und lächelte ihr zu. „Er wirkt fast lebendig, wie ein echter Pudel aus Fleisch und Blut. Ich muss es mir überlegen. Während Sie auch mit sechshundert Planetendollar zufrieden oder ist das so gut wie geschenkt?“


 

Im gleichen Moment wurde wieder der Vorhang zur Seite geschoben und Donghu erschien abermals. Im Vorbeigehen starrte er mich mit weit aufgerissenen Augen erschrocken an. Dann ging er schließlich mit schnellen Schritten durch den ganzen Ausstellungsraum und auf der anderen Seite wieder raus.


 

Ich kam zu der Ansicht, dass ich nicht länger wie einer herumlungern könne, der eine günstige Gelegenheit ausbaldowern will. Ich wollte nicht auffallen. Ich dachte an diese Schachteln, die ich auch in Violettas Tasche gefunden hatte. Hoffentlich waren es nicht neue Schwierigkeiten.


 

Als ich mich von dem Pudel abwandte, bemerkte ich, dass mich die rothaarige Schönheit die ganze Zeit anstarrte, als sei ich ein Scheckgespenst. Ich lächelte ihr trotzdem freundlich zu.


 

Sie betrachtete mich argwöhnisch. Ich griff in meine Hosentasche und zeigte ihr die kleine Schachtel, die ich vorsorglich mitgenommen hatte. Sie presste die Lippen zusammen, warf dann Miss Maggy einen vielsagenden Blick zu, während sie zum Vorhang ging, um ihn zur Seite zu ziehen.


 

Die Schachtel kam mir vor wie eine Eintrittskarte.


 

Danke!“ sagte ich freundlich zu dem Mädchen, trat kurz darauf in einen langen Gang, der von Leuchtstoffröhren erhellt wurde und farbig dekoriert war.


 

Vorsichtig bewegte ich mich weiter. Das unbestimmte Etwas, das immer Überstunden macht, wenn ich im Begriff bin, meinen Hals zu riskieren, begann mich zu plagen, und meine Instinkt ließ Alarmglocken aufgellen. Ich wünschte jetzt, ich hätte meine Waffen mitgenommen.


 

Am Ende des Ganges lag eine Tür, daneben stand eine große Tonurne. Auf leisen Sohlen ging ich auf die Tür zu. Als ich vor ihr stand, schaute ich zufällig in die Urne hinein. Auf ihrem Boden lagen mehrere Schachteln und aufgeklappte Zettel, die eine Reihe von Zahlen aufwiesen.


 

Ich war überzeugt davon, eine wichtige Entdeckung gemacht zu haben, falls ich erfuhr, was das alles zu bedeuten hatte. Über der Tonurne entdeckte ich noch einen Schalter, der geschlossen war. Daneben befand sich ein Klingelknopf.


 

Ich hielt es für besser, mein Glück nicht noch weiter zu strapazieren. Ich war versucht, die Klingel zu drücken, um festzustellen, was geschehen würde, aber da ich in diesem Augenblick auf gefährliche Momente nicht vorbereitet war, unterließ ich es lieber.


 

Zum mindesten hatte ich festgestellt, dass es zwischen dem Robot Master Club und der Schule für Keramik oder ihrem Besitzer eine Verbindung gab. Die Leute bezahlten Gomez teilweise hohe Beträge für solche Schachteln, die möglicherweise illegale Chips enthielten, die an sich sehr teuer und eigentlich von militärischer Natur waren, wie ich sie in Marks Schachtel vorgefunden habe. Der genaue Verwendungszweck war mir allerdings noch schleierhaft. Vielleicht bekam ich das später raus.


 

Ich drehte mich um und ging bis zum Vorhang zurück, den ich zur Seite schob, trat hindurch und versuchte eine Unschuldsmiene aufzusetzen. Ich tat außerdem etwas verwirrt, als ob ich in die falsche Richtung gegangen wäre.


 

Das rothaarige Fräulein saß immer noch auf ihrem Platz und polierte sich gerade ihre Fingernägel. Sie sah nicht einmal auf, als ich an ihr vorbeikam.


 

Die Reisegesellschaft hatte inzwischen ihr Geld hier wohl reichlich ausgegeben, weil sie vom Reiseführer zum Ausgang getrieben wurden. Die meisten von ihnen trugen ein fein säuberlich verpacktes Paket und machten einen zufriedenen Eindruck. Die Schule für Keramik musste ein Vermögen an den wohlhabenden Touristen verdienen, die hier mit Bussen hingekarrt wurden.


 

Ich reihte mich hinten in die Gruppe ein und sobald ich das Drehkreuz verlassen hatte, trennte ich mich von ihnen und ging auf meinen Sportgleiter zu. Ich stieg ein, warf die Düsen an und machte mich auf den Weg zu Violetta, um ihr die Tasche zu bringen, wie ich es ihr versprochen habe.


 

Als ich das Appartmenthaus erreicht hatte, verließ ich meinen Sportgleiter, nahm Violettas Tasche mit und meldete mich beim Empfangschef an. Nachdem er bei ihr angerufen hatte sagte er, sie werde in etwa fünf Minuten in die Bar kommen, um mich dort zu treffen. Er zeigte mir, wo die Bar lag, die ich sogleich ansteuerte und mir einen gemütlichen Eckplatz für zwei Personen aussuchte.


 

Als Violetta erschien, drehten sich die meisten Männer in der Bar nach ihr um. Der Anblick war es wert, denn sie machte auch auf mich einen umwerfenden Eindruck. Ich musste in diesem Moment an die Nacht mit ihr denken, die ich nie vergessen würde.


 

Als sie an den Tisch trat, stand ich auf und schob ihr den Stuhl zurecht.


 

Ich kann leider nicht länger als zehn Minuten bleiben, Lester“, sagte sie lächelnd. „Ich bin auf der anderen Seite der Stadt zum Lunch verabredet.“


 

Ich fragte sie, was sie zu trinken haben wollte, und sie antwortete, einen Gin-Fizz. Ich bestellte mir das gleiche.


 

Wir schauten uns in die Augen.


 

Ich würde dir gern sagen, wie wundervoll du aussiehst“, begann ich, „aber ich fürchte, du hast es schon so oft gehört, dass du es nicht mehr hören kannst.“


 

Nun, das hängt davon ab, wer es sagt“, anwortete sie lächelnd und fragte dann nach der Tasche. Ich hatte sie auf die Eckablage gelegt und übereichte sie Violetta.


 

Den Finderlohn beanspruche ich beim nächsten Mal, wenn wir wieder zusammen eine Nacht im Bungalow sind“, sagte ich lächelnd. Ihre Augen funkelten, als würde sie meine Gedanken lesen können.


 

Violette lachte dezent. „Ich bin bereit, den Finderlohn zu bezahlen, Lester. Es ist schrecklich, wie ich mit meinen Sachen umgehe. Ich bin einfach vergesslich geworden.“


 

Sie nahm die Tasche an sich und ich fragte sie bei dieser Gelegenheit, ob sie nicht nachsehen wollte, ob etwas fehlt.


 

Was sollte denn fehlen?“


 

Ihre Augen blickten mich völlig arglos an, und das gefiel mir.


 

Sie öffnete die Tasche und kramte in ihr herum. Plötzlich hatte Violetta diese Schachtel in der Hand. Sie war darüber offenbar überrascht und sagte: „Ich weiß gar nicht, wie dieses Ding hier reingekommen ist.“


 

Ich tat erstaunt, denn ich hatte ja schon vorher in ihre Tasche gesehen, als ich sie im Bungalow fand.


 

Wo kommt diese Schachtel her?“ fragte ich sie.


 

Ich habe keine Ahnung. Ich wusste nicht, dass sie in meiner Tasche war. Warum interessiert es dich, Lester?“


 


 

Ich habe Grund dafür anzunehmen, das es die gleichen Schachteln sind, wie ich sie in Marks Koffer gefunden habe. Darin lag auch ein Zettel mit Buchstaben und Zahlen, die ich mir bis heute nicht erklären kann, wofür die gut sein sollen.“


 

Violetta klappte den Deckel auf und entnahm einen Zetteln, auf denen ebenfalls Buchstaben und Zahlen standen. Sie tat ziemlich erstaunt und runzelte die Stirn, als sie das sah.


 

Das ist aber seltsam. Ich verstehe das nicht. Jemand muss mir das alles in die Tasche geschoben haben, als ich im Robot Master Club aß. Ich war nämlich eingeladen. Ich kann mich noch an die Gäste an meinem Tisch erinnern. Außer mir saßen da noch ein gewisser Bridgett und Ron Sommer, Donghu, Harry Lukas, mit dem ich manchmal Tennis spiele und meine Freundin Doris Klein.“


 

Mir gefällt die ganze Sache nicht, Violetta. Diese Dinger scheinen eine Menge Geld wert zu sein, im Zusammenhang mit den Buchstaben und Zahlen. Deswegen wurde mein Partner möglicherweise ermordet, weil er im Besitz einer dieser Schachtel war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alles nur reiner Zufall gewesen sein soll. Das Beste wird sein, wenn ich die Schachtel Inspektor Blanking gebe.


 

Violettas Augen weiteten sich.


 

Aber Lester, wenn du das tust, ziehst du mich in diese Geschichte hinein“, sagte sie. Ich darf mit der Polizei nichts zu tun bekommen. Daddy würde toben. Auch die Zeitungen dürfen nichts erfahren.“


 

Keine Sorge, mein Liebling. Ich werde das alles allein machen. Ich werde mich hüten, dich da mit rein zu ziehen. Solltest du allerdings heraus bekommen, wie du an die Schachtel kamst, wie auch immer, dann ruf mich einfach an.“


 

Und wenn der Inspektor wissen will, woher du die Schachtel hast? Was wirst du ihm sagen?“


 

Ich überlegte einen Augenblick.


 

Also gut. Ich werde nicht zu Inspektor Blanking gehen, sondern zuerst diesen Ron Sommer aufsuchen, um ihn auszufragen.“

Violetta tat erleichtert und überreichte mir die Schachtel samt Inhalt.


 

Ich streichelte beruhigend über ihre Hand und fragte sie, wo ich diesen Kerl antreffen kann.


 

Du fährst in Richtung Gebirge. Es ist die einzige Straße dorthin. Du kannst sie nicht verfehlen. Es sind von hier aus etwas zehn oder fünfzehn Kilometer. Du wirst ein Schild sehen mit der Aufschrift „Das Wappen“. Das Ziel ist dann nicht mehr weit. Allerdings ist die Straße nach oben sehr steil und kurvig.“


 

Violetta schaute nebenbei auf ihre Uhr. Dann stand sie auf.


 

Ich muss jetzt aber gehen, Lester. Ich habe mich schon verspätet.“


 

Sie gab mir noch einen Kuss und schenkte mir ein kleines Lächeln. Dann flüsterte sie: „Bis bald, Liebling. Wir sehen uns!“


 

Ja, hoffentlich sehr bald“, gab ich zur Antwort.


 

Ich blickte ihr nach, wie sie aus der Bar eilte. Ihre langen, braunen Beine waren der Brennpunkt aller männlichen Augen in der Bar. Wieder dachte ich an die Nacht im Bungalow mit ihr, und das ich genau zwischen diesen, ungemein weiblichen Beinen lag.


 

Als Violette weg war, rief ich den Kellner und ließ mir die Rechnung bringen. Ich bezahlte, verließ die Bar zügig, trat in den Sonnenschein hinaus und ging zu meinem Sportgleiter hinüber, stieg ein und brauste los.


 

Ohne Eile bog ich später in die Gebirgsstraße und kam nach mehreren Kilometern an einem Wegweiser vorbei mit der Aufschrift „Das Wappen“, der einladend nach oben wies. Ich gab den Düsen jetzt vollen Schub, schwenkte auf die steile Straße ein und blieb auf halber Höhe der Strecke stehen, um die schöne Aussicht zu genießen. Weit unter mir lag Terrania Bay City. Ich konnte sogar Breedys Besitz ausmachen. Meine Blicke wanderte zu der sich bergauf schlängelden Straße unter mir, der Straße, über die ich hier raufgekommen war. Sie lag verlassen da. Ich schien der einzige zu sein, der sie um diese Zeit benutzte. Und es gab mir ein Gefühl der Einsamkeit, von der Höhe auf diese reiche, von Gangstern und Verbrechern beherrschte Stadt zu blicken, die sich Terrania Bay City nannte.


 

Ich reckte meine Schultern, setzte mich in meinen Gleiter, gab wieder vollen Schub und setzte meine Fahrt über die kurvenreiche Straße fort.


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 21

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.09.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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