Heinz-Walter Hoetter

Der Fall T-Bird (Vollversion)

Der Fall T-Bird


 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

Teil 1

 

 

Die lange Reise vom Roten Planeten Mars bis zur schönen Mutter Erde mit der Horizont II war für mich, wohl auch wegen der künstlichen Schwerkraft im Innern dieses riesigen, kugelförmigen Sternenschiffes, sehr angenehm gewesen.

 

Als ich nach der obligatorischen Landedurchsage des bordinternen Computers etwas später aus meiner geräumigen Passagierkabine in den tunnelförmigen Gang zur Sammelluftschleuse trat, hatte der imposante Kugelraumer schon längst mit seinen gewaltig aussehenden, acht stählernen Landestützen auf der riesigen Landeplattform behutsam aufgesetzt.

 

Die bis dahin deutlich spürbaren Vibrationen der Antischwerkrafttriebwerke verringerten sich immer mehr, als sie nacheinander automatisch abgeschaltet wurden. Sofort fuhren aus riesigen Öffnungen des meterdicken Betonbodens monströs dimensionierte Stahlklammern hervor, die sich knirschend nach und nach über die klobigen metallenen Fußteller der einzelnen Standbeine des Raumschiffes schoben und es so in seiner einmal eingenommenen Landeposition unverrückbar arretierten.

 

Die notwendigen Sicherheitsschecks liefen relativ schnell und reibungslos ab. Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, bis sich nacheinander die schweren seitlichen Fahrwände der Ausstiegsschleusen mit einem leisen Surren hydraulisch öffneten und die wartenden Reisenden, schwebend auf breiten Panzerglas gesicherten Transporterplattformen, das gigantische Raumschiff auf diese angenehme Art und Weise endlich verlassen konnten.

Radlose Antischwerkrafteinheiten übernahmen die sich vorsichtig herab senkenden Decks im Huckepackverfahren und brachten sie zu den einzelnen Ausgangsterminals des von seiner Größe her riesenhaft dimensionierten Raumflughafens. Die Organisation war einfach perfekt. Alles spielte sich störungsfrei ab und nirgendwo gab es auch nur das kleinste Problem. Mich erstaunte das immer wieder.

 

***

 

Ich befand mich etwas später mitten unter den dichtgedrängten Passagieren der Horizont II und durchquerte zusammen mit ihnen, stehend auf einer breiten sich mit gleichmäßiger Schrittgeschwindigkeit bewegenden Bandstraße, die weit gespannte futuristisch aussehende Bogenhalle aus buntem Plexiglas, verchromt glänzenden Metallträgern und Marmor vertäfelten Betonsäulen.

 

Der ganze Gebäudekomplex war angenehm klimatisiert, doch vor den sich vollautomatisch öffnenden Ausgangstüren schlug uns allen abrupt eine unsichtbare Wand aus schwülheißer Luft entgegen, die bei mir sofort einen echten Schweißausbruch auslöste. Wenige Augenblicke später verließ ich, die beiden Rollenkoffer links und rechts an den Händen hinter mir herziehend, das langsam dahin kriechende Personenbeförderungsband und hielt draußen erst einmal inne.

 

Da stand ich nun mitten in der geschäftig pulsierenden Menschenmenge. Die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel herunter, und ihr grelles Licht blendete für wenige Sekunden meine von der langen Raumfahrt empfindlich gewordenen Augen.

 

Ich hob deshalb die rechte Hand schützend vors Gesicht und schaute mich einen Moment lang nach allen Seiten um. Links und rechts der weitläufig angelegten Ausgangsbereiche befanden sich haushohe Reklametafeln auf denen in schwarzer Wanderschrift auf rotem Untergrund geschrieben stand:

 

WILLKOMMEN IN TERRANIA BAY CITY!

 

Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt!

 

Doch kaum war der letzte Buchstabe verschwunden, fing der gleiche Satz wieder von vorne an.

 

Eine Zeitlang betrachtete ich etwas abwesend und unschlüssig die beeindruckende Vielfalt der übrigen bunt leuchtenden Werbeflächen, die einem rund um den gigantischen Raumflughafen fast überall begegneten.

 

Ich riss mich zusammen, konzentrierte mich auf meine nähere Umgebung und rief mit winkenden Händen schließlich einen der wartenden Gepäckandroiden zu mir rüber, die hier überall wie erstarrte Schaufensterpuppen herumstanden und geduldig auf Kundschaft warteten. Als die menschenähnliche Maschine nur wenige Augenblicke später vor mir stand, vertraute ich ihr sofort meine beiden robusten Rollenkoffer aus stabilem Hartkunststoff an, die ich seit meiner Ankunft im Raumhafen von Terrania Bay City widerwillig hinter mir hergezogen hatte. Von dieser unbequemen Last endlich befreit konnte ich mich jetzt erst einmal in aller Ruhe etwas genauer umsehen.

 

Überall wimmelte es nur so von quirlig und geschäftig herum eilenden Menschen. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass sämtliches Geschehen um mich herum ganz ohne Hektik und Stress ablief. Auf dem Mars war das alles ganz anders gewesen. Da gab es insgesamt viel weniger Einwohner, die dafür aber umso unruhiger und nervöser hin und herliefen. Vielleicht mochte es daran liegen, so dachte ich mir jedenfalls, dass der Mensch hier auf seiner schönen Mutter Erde ein unbeschwerteres Lebensgefühl entwickeln konnte, das von einem wesentlich höheren Grad an Sicherheit und Geborgenheit geprägt war, als auf den weit abgelegenen Planeten, die er mittlerweile besiedelt hatte. Heimat blieb eben Heimat, und sie konnte wohl offenbar durch nichts anderes ersetzt werden, fiel mir dazu ein.

 

Ich verließ den parkähnlich angelegten Vorplatz, kam an einer ziemlich großen Springbrunnenanlage aus üppig verschnörkeltem, weißgelben Marmor vorbei, aus deren Wasserbecken in der Mitte gurgelnd und zischend eine armdicke Fontäne an die zwanzig Meter steil nach oben in den blauen Himmel schoss. Ich blieb interessiert stehen, beobachtete das faszinierende Spektakel aus sicherer Entfernung und genoss die frisch feuchte Luft, die hier in der Umgebung des Brunnens etwas kühler zu sein schien. Dann schaute ich mich abermals nach allen Seiten um.

 

Plötzlich erblickte ich direkt vor mir eine blonde Schönheit in einem ziemlich engen Bikini, und mit einem gelben Strohhut auf dem Kopf, der wie ein großer Sombrero aussah. Darunter lugte eine Sonnenbrille mit dicken Rändern und dunklen Gläsern hervor. Das Girl sah einfach hinreißend aus. Ihre von der Sonne verwöhnte, braune Haut – und die zeigte sie mit sündiger Offenheit – war von einem seidigen Glanz, wodurch ihre hinreißende Figur nur noch schöner wurde.

 

Das junge hübsche Ding stieg betont lasziv in einen schnittig aussehenden Schwebegleiter und ließ sich außerdem noch ziemlich viel Zeit dabei, und diese Zeit benutzten einige herumstehende und gerade vorbeikommende Männer, um ihre lüsternen Blicke am wohl geformten Körper des stoffarmen Bikinimädchens zu weiden.

 

Ich war von der jungen Schönheit ebenfalls nicht weit entfernt und betrachtete mit den anderen Männern zusammen das von ihr Dargebotene mit einigem Interesse.

 

Sie machte es sich schließlich hinter dem klobigen Steuerknüppel des Antigravitationsgleiters bequem und überblickte mit einer hochgezogenen Augenbraue ihr männliches Königreich. Als sie abfuhr, schien sie verächtlich in meine Richtung zu lächeln. Dann beschleunigte sie das von Turbinen angetriebene Gefährt ohne Räder schlagartig und war damit schon bald hinter der nächsten Kurve verschwunden.

 

Ich schaute ihr begehrlich hinterher.

 

Der schlanke Gepäckandroide mit meinen Koffern knuffte mich plötzlich in die Seite.

 

Wenn Sie deswegen schon die Augen so aufreißen, Mann oh Mann“, sagte er mit einem hintergründigen Grinsen seiner wulstigen Gummilippen, „dann steht Ihnen noch einiges bevor, wenn Sie erst an den Strand kommen. – Möchten Sie ein Taxi?“

 

Gibt es denn hier mehr von der Sorte?“ fragte ich neugierig. „Wenn bei uns zu Hause ein Mädchen so viel von sich zeigen würde, landete sie ganz schnell im Gefängnis.“

 

Viel zu viele“, antwortete der nimmermüde Gepäckandroide. „Das ist eben Terrania Bay City. Hier gibt es alles, hier geht alles. Aber machen Sie sich nichts vor. Je mehr die Püppchen zeigen, um so weniger ist von ihnen zu haben. Bei denen zieht nur Money und nochmals Money.“

 

Der quirlige Androide machte eine kurze Pause. Dann fragte er mich ein weiteres Mal: „Was ist, wollen Sie nun ein Taxi oder nicht?“

 

Natürlich wollte ich ein Taxi, zog mein Taschentuch aus der rechten Hosentasche und wischte mir damit über das verschwitzte Gesicht. Es war kurz vor zwölf Uhr mittags, und die Temperatur stieg langsam weiter an. Keine einzige Wolke war am azurblauen Himmel zu sehen und der Tag versprach noch heißer zu werden. Aus dem riesigen Raumflughafen strömten Massen von Menschen zu den wartenden Fahrzeugen, darunter wuchtig geformte Antigravitationstaxen und imposant aussehende Schwebebusse in allen nur denkbaren Größen und Bauformen, die, jedes Mal vollbesetzt mit Passagieren, in alle Himmelsrichtungen mit laut aufheulenden Turbinen davon rauschten.

 

***

 

Terrania Bay City war unter anderem auch ein äußerst beliebter Badeort, wo anscheinend jeder aus dem Planetensystem SOL, und darüber hinaus, zum Urlaub machen hinwollte. Ich hoffte inbrünstig, dass Mark daran gedacht hat, mir ein Zimmer reservieren zu lassen.

 

Ein schnelles Antigravitationstaxi fuhr vor, und der Trägerandroide verstaute meine beiden Koffer in seitlich am Fahrzeug angebrachte rund geformte Gepäckbehälter. Ich bezahlte für seine flotte Leistung auf elektronischem Wege, und er ging.

 

Zum Delphi-Hotel!“ rief ich mit lauter Stimme dem wartenden Roboterfahrer zu, stieg ein und wischte mir abermals mit meinem Taschentuch über das schweißnasse Gesicht. Die flimmernde Hitze in Terrania Bay City machte mir in der Tat etwas zu schaffen, aber zum Glück war der Fahrgastraum des Taxis klimatisiert. Ich genoss die angenehme Kühle und lehnte mich entspannt nach hinten in den weichen Rücksitz.

 

Der Personenbeförderungsgleiter, mit den umlaufenden knallroten Doppelstreifen auf der gelben Karosserie, kämpfte sich seinen Weg durch den dichten Verkehr und bog nach zwei oder drei Minuten in die Hauptstraße zum Meer ein, einen imposanten, breiten Boulevard mit eleganten Geschäften, noblen Restaurants, einer giftgrünen Palmen Allee und künstlichen Verkehrspolizisten in schicken Tropenuniformen. Die Stadt sah reich aus. Große, neumodisch aussehende Sportschwebegleiter und eine Menge anderer futuristisch geformte Antigravitationsvehikels säumten die Straße an beiden Seiten, viele davon in der Größe mittlerer Busse. Ich wähnte mich bei ihrem Anblick in einem Science Fiktion Film versetzt.

 

Während wir mit dem Verkehr dahinkrochen, beugte ich mich ein wenig nach vorne und starrte durch die getönten Scheiben auf die vorbeigehenden Frauen. Die meisten trugen Strandkostüme im Schnitt von Pyjamas, andere bunte Büstenhalter und Shorts und einige hübsche Mädchen kamen sogar in ziemlich knappen Badeanzügen daher, von denen manche dem alten französischen Stil nachgeahmt waren.

 

Wie ich sehen konnte, gaben die Fetten unweigerlich Shorts den Vorzug. Ein paar konnten sich so sehen lassen, aber die mittleren Jahrgänge und die Fetten herrschten doch vor.

 

Der aufmerksame Roboterfahrer bemerkte im breiten Rückspiegel meinen interessierten Gesichtsausdruck und drehte sich etwas zur Seite, sodass er mich aus dem Augenwickel heraus sehen konnte.

 

Sieht ganz wie der Fleischmarkt am Samstagabend aus“, meinte er lakonisch.

 

Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, an was es mich erinnert“, antwortete ich und lehnte mich wieder zurück. „Scheint aber ein ganz nettes Städtchen zu sein hier.“

 

Mein elektronischer Freund zog etwas nachdenklich seine künstlichen Augenbrauen hoch.

 

Meinen Sie? Ich gebe keinen galaktischen Cent dafür. Wenn Sie nicht gerade Millionär sind, hängt man sich besser auf, als hier zu leben. Hier gibt es mehr Milliardäre und Millionäre auf den Quadratkilometer, als in jeder anderen Gegend in dieser Welt. Haben Sie das gewusst?“

 

Nein, woher auch?“ antwortete ich ihm und fragte mich gleichzeitig, ob ich genug Geld auf dem Konto hatte. Ich wusste, dass jeder Versuch Mark anzupumpen, so gut wie aussichtslos war. Mit Geld konnte er nur schlecht umgehen. Das war auch der Grund dafür gewesen, dass unser Kreditinstitut seine elektronische Cashkarte wegen permanenter Limitüberschreitung in den letzten Jahren mehrmals gesperrt hatte. Zum Glück bekam unsere Agentur immer genug lukrative Aufträge, um Mark jedes Mal wieder aus der Patsche zu helfen.

 

Das Antigravitationstaxi schwebte einen sanft ansteigenden Hügel hinauf, vom Meer wieder fort, und erreichte nach einiger Zeit eine stille Straße mit herrlichen Orangenbäumen zu beiden Seiten.

 

Schließlich rauschte es mit gedrosselten Turbinen vor dem Hotel „Delphi“ vor.

 

Noch beim Aussteigen sah ich mir das Gebäude an, das im mediterranem Stil gehalten war. Es hatte eigentlich nichts Luxuriöses an sich. Es war ein Hotel, wie Mark es sich aussuchte. Wahrscheinlich war das Essen gut. Er hatte nämlich Talent dafür, Hotels zu finden, in denen es gutes Essen gab.

 

Ein quirliger Boyandroide im blauen Anzug und viel zu großen, naturell verzierten Goldknöpfen kam heraus und nahm meine Koffer entgegen. Ich hielt derweil dem Roboterfahrer meine elektronische Cashkarte mit meinen persönlichen Daten direkt vor die Augen. Sofort führte er einen Scan durch, um dann mit einem freundlichen OK die Bezahlung der Fahrtkosten zu bestätigen. Dann brauste er mit aufheulenden Turbinen davon. Anschließend stieg ich die breiten Stufen zur Hotelhalle hinauf.

 

Die Halle selbst war ziemlich groß, mit hellbraunen Stühlen aus geflochtenem Korb und ein paar Palmen in stumpfen Messingkübeln ausgestattet. Der Fußboden bestand aus einer mir unbekannten Art glatt polierter Steinplatten, die an den trittgedämpften Gehstellen mit großzügig bemessenen, weinroten Läufern überzogen waren. Wenn die Hotelhalle auch nicht gerade einen überaus großartigen Eindruck auf mich machte, so war es doch zumindest überall sauber. Und darauf legte ich schon mal großen Wert.

 

***

 

Der Empfangschef war ein Mensch und ein kahl werdender Fettwanst noch dazu, dessen Seidenkrawatte sein schwabbeliges Doppelkinn stützen musste. Lächelnd zeigte er mir seine Zähne und reichte mir einen altmodischen Kugelschreiber rüber.

 

Haben Sie Ihr Zimmer vorausbestellt, Sir?“

 

Hoffentlich. Mein Name ist Lester Random. Hat Mr. Shannon Sie nicht über meine Ankunft informiert?“

 

Der Mann am Empfangsschalter schaute jetzt auf einen Bildschirm.

 

Einen Augenblick später nickte er bestätigend mit dem Kopf.

 

Äh, gewiss doch, Mr. Random. Ich habe Ihnen das Zimmer neben seinem reserviert.“ Er legte mit einer automatischen Bewegung seinen Zeigefinger auf den messingfarbenen Klingelknopf, der sich gleich vor dem Monitor befand und nur wenige Sekunden später materialisierte sich ein flinker Hausdienerandroide.

 

Bringe Mr. Random auf sein Zimmer 245“, ordnete er an und deutete auf mich.

 

Er zeigte mir wieder seine Zähne. „Ich hoffe, es wird Ihnen bei uns gefallen. Alles was wir für Sie tun können… Wir sind um unsere Gäste sehr bemüht... Wir erfüllen Ihnen jeden Wunsch. Ich betone besonders ’jeden Wunsch’, Mr. Random...“

 

Ich unterbrach ihn einfach.

 

Danke, ich verstehe, was Sie meinen. Ist Mr. Shannon da?“

 

Nein. Er ging vor etwa einer Stunde fort.” Er gönnte mir ein scheues, nur kurz angedeutetes Lächeln. „Mit einer jungen Dame. Ich vermute, sie sind an den Strand gegangen.“

 

Mich überraschte diese Aussage des Empfangschef nicht. Mark hatte für Arbeit nicht viel übrig, und Frauen waren nun mal seine große Schwäche.

 

Wenn er zurückkommt, richten Sie ihm aus, ich sei angekommen. Ich werde in meinem Zimmer sein“, sagte ich.

 

Gewiss doch, Mr. Random. Ganz wie Sie wünschen. Hätten Sie sonst noch einen Wunsch?“

 

Nein, im Augenblick nicht“, murmelte ich zurück und ging.

 

Der Hausdienerandroide und ich quetschten uns mit meinem sperrigen Gepäck in den altmodisch gebauten Fahrstuhl, von dem wir uns wenige Augenblicke später zwei Etagen hochhieven ließen.

 

Zimmer 245 war etwas größer als eine normale Garage und so heiß wie ein Backofen. Das Bett sah nicht aus, als ob sich ein Zwerg in voller Länge darin ausstrecken könne, die vergilbte Dusche tropfte, und vom Fenster aus hatte man keinen viel versprechenden Ausblick. Ich hoffte wenigstens, dass es billig sein würde. Etwas anderes hatte es zu seiner Empfehlung nicht aufzuweisen.

 

Nachdem der Hausdienerandroide das Zeremoniell des Sonnenblendenherunterlassens und des Sonnenblendenwiederhochziehens, das Ein- und Ausschalten diverser Lampen der Zimmerbeleuchtung hinter sich gebracht hatte und so tat, als sei er darüber überrascht dass alles funktionierte, bekam ich ihn endlich los.

 

Ich klingelte etwas später nach dem Zimmerkellner und bestellte eine Flasche eisgekühlten Whisky, der mir umgehend von einem weiblichen Androiden in enger Hostessuniform und extra üppiger Oberweite gebracht wurde. Ich schickte sie wieder fort. Dann riss ich mir die Kleider vom Leib und ging unter die vom übrigen Raum abgetrennte Dusche. Solange ich unter ihr stand, fühlte ich mich wohl. Aber als ich in das Zimmer zurückkam, brach mir wieder der Schweiß aus.

 

Ich labte mich an einem Schluck von dem gut gekühlten, rauchig schmeckenden Whisky, der mich erfrischte, und gerade, als ich im Begriff stand, wieder unter die Dusche zu gehen, hämmerte jemand laut gegen die Zimmertür.

 

Ich warf mir das breite Badetuch um die Hüfte, ging zur Tür und öffnete sie.

 

Ein ziemlich großer Kerl mit einem roten, wettergegerbten Gesicht und hässlich aussehenden Sommersprossen auf dem Nasenrücken, der schon auf Kilometer nach Polizei roch, drängte mich in das Zimmer zurück und schloss die Tür hinter sich.

 

Heißen Sie Random, genauer gesagt Lester Random?“ fragte er mit einer Stimme, die wie das Rumpeln eines alten Bollerwagens klang, der gerade über einen holprigen Schotterweg gezogen wurde.

 

Stimmt, ich heiße Lester Random. Und was ist? Was wollen Sie von mir?“

 

Er zog eine schwarze Brieftasche und zeigte mir seine Polizeimarke aus blankpoliertem Messing, mit eingravierter Schrift seines Namens und seiner Dienstnummer.

 

Ich bin Sergenant Harry von der Mordkommission in Terrania Bay City“, erklärte er. „Kennen Sie Mark Shannon?“

 

Als ich den Namen Mark Shannon hörte, lief mir ein unbehagliches Prickeln über den Rücken.

 

Es wäre nicht das erste Mal, dass mein Partner Shannon Ärger mit der Planetenpolizei hatte. Vor etwa sechs Monaten hatte er einen Ermittlungsbeamten tätlich angegriffen und aufs Auge gehauen. Zehn Tage Haft waren die Quittung dafür. Vor drei Monaten erst hatte er einen VPA (Verkehrspolizistenandroiden) zu Schrott gefahren und wurde für dieses Vergehen mit einer Strafgebühr in Höhe von 2500 Planetendollar belegt. Mark hatte für Ordnungshüter generell nichts übrig. Nur gut, dass man ihm nicht beweisen konnte, dass er vorsätzlich gehandelt hatte, sonst wäre die Strafe mit Sicherheit noch höher ausgefallen. Sein Glück war, dass die Versicherung den Schaden am VPA voll übernahm, sonst hätten wir ein finanzielles Problem gehabt. Die Dinger sind nämlich sauteuer.

 

Ich riss mich aus meinen Gedanken und sah den Beamten an.

 

Ja, ich kenne ihn. – Ist er in irgendwelchen Schwierigkeiten?“

 

So kann man es nennen“, antwortete Harry. Er zog ein kleines Päckchen Kaugummi, riss die durchsichtige Plastikhülle ab und verstaute den Gummi in seinem Mund.

 

Können Sie ihn identifizieren?“

 

Das fuhr mir nun wirklich in die Knochen.

 

Hat er einen Unfall gehabt?“

 

Nein. Er ist tot“, sagte Harry kurz angebunden und mitleidslos. „Ziehen Sie sich irgendwas an, aber beeilen Sie sich. Ich habe einen Pol-Gleiter unten stehen. Der Inspektor will Sie sehen.“

 

Tot?“ Ich starrte Harry in das große, rote Gesicht. „Was ist passiert?“

 

Harry hob ungeduldig seine schweren Schultern.

 

Das wird Ihnen der Inspektor sagen. Nun machen Sie schon. Ich habe nicht ewig Zeit. Auch der Inspektor nicht. Er hat es nicht so gern, wenn man ihn warten lässt.“

 

Ich fuhr in Hemd und Hose, strich mit dem Kamm flüchtig durch mein halbtrockenes Haar, zog meine leichte Jacke über und setzte mich aufs Bett, um Strümpfe und Schuhe anzuziehen. Meine Hände zitterten etwas.

 

Mark und ich waren ausgezeichnet miteinander ausgekommen. Er hatte jeden Augenblick seines Lebens voll ausgekostet, jede Sekunde bewusst erlebt und viel mehr davon gehabt, als ich je haben würde. Für mich schien es einfach unmöglich, dass er tot sein könnte.

 

Als ich mit dem Schuhanziehen fertig war, trank ich noch schnell einen Schluck Whisky, den ich jetzt gut brauchen konnte.

 

Was ist? Auch einen?“ fragte ich den erstaunten Sergeanten.

 

Harry zögerte etwas, leckte sich mit der Zunge über die Lippen. Man konnte es ihm ansehen, dass er mit seinem Pflichtgefühl kämpfte. Zum Schluss unterlag er.

 

Nun, ich bin zwar im Dienst, aber ein Gläschen von dem guten Zeug kann nicht schaden. – Gießen Sie schon ein!“

 

Ich holte ein neues Glas aus dem Wandregal und goss es voll. Die Menge hätte ausgereicht, um ein ausgewachsenes Pferd umzuhauen. Harry schluckte den Whisky runter, als ob es Wasser wäre.

 

Dann sagte er prustend mit aufgeblasenen Backen: „Also dann, gehen wir! Ich hab’ den Inspektor schon viel zu lang warten lassen.“

 

Zusammen fuhren wir mit dem Fahrstuhl hinunter. Als wir durch die Halle des Hotels gingen, starrte mich der Empfangschef mit weit aufgerissenen Augen an. Offenbar dachte er, man hätte mich verhaftet oder so was.

 

Ein übereifriger Hausdienerandroide eilte herbei.

 

Kann ich Ihnen irgendwie zu Diensten sein, Mr. Random?“

 

Soweit ist alles in Ordnung, außer, dass ich vergessen habe, meine Zimmertür abzuschließen. Wenn du…“

 

Als wenn der Androide Gedanken lesen konnte, schnitt er mir das Wort plötzlich ab.

 

Selbstverständlich Mr. Random. Ich gehe sofort nach oben und kümmere mich darum, dass die Tür Ihres Zimmer abgeschlossen wird. Ich werde den Schlüssel persönlich beim Empfangschef abgeben.“

 

Danke!“ sagte ich im Vorbeigehen.

 

Sergeant Harry und ich gingen gelassen die hellen Steinstufen zu einem wartenden Polizeigleiter hinunter. Ein paar neugierige Hotelgäste blickten uns kopfschüttelnd an und heuchelten Entsetzen vor.

 

Der Sergeant setzte sich hinter den Steuerknüppel des radlosen Schwebefahrzeuges, und ich stieg neben ihm ein. Er schaltete das kraftvolle Triebwerk hoch und legte den verchromten Geschwindigkeitshebel nach vorn. Der Bordcomputer regelte die Geschwindigkeit je nach Voreinstellung. Wir fuhren schnell, hielten uns auf den Nebenstraßen und mieden die Hauptstraßen wegen des hohen Verkehrsaufkommens.

 

Wo wurde mein Partner Shannon gefunden?“ fragte ich während der Fahrt, weil ich die sprachlose Stille nicht aushalten konnte.

 

Unten am Strand“, gab Harry zur Antwort, während er schmatzend auf dem Kaugummi herumkaute.

 

Ein Strandaufseher fand ihn in einer der Badehütten.“

 

Die ganze Zeit quälte mich nur die eine Frage, woran Mark gestorben ist.

 

War es ein Herzanfall, ein Unfall oder etwas anderes?“

 

Der Sergeant drückte plötzlich auf seine Sirene und schaltete zusätzlich noch das Blaulicht ein, als ein schnittiger Sportgleiter versuchte, sich vor ihn zu drängen. Der Fahrer wich sofort zur Seite und verlangsamte beim Ton der Sirene sein Tempo. Als der Polizeigleiter mit dem anderen Fahrzeug fast auf gleicher Höhe war, warf Harry dem jung aussehenden Fahrer eine drohenden Blick zu.

 

Noch während er an dem Sportgleiter vorbeizog sagte er zu mir: „Ihr Bekannter wurde ermordet.“

 

Mir fiel im Augenblick nichts mehr ein. Still und fast bewegungslos saß ich da und presste meine zitternden Hände zwischen die Knie, während ich versuchte, den aufkommenden Schock unter Kontrolle zu bringen. Draußen huschten die Fassaden der schönen Häuser vorbei wie flüchtige Schatten. Ich beachtete sie nicht und starrte geradeaus durch die getönte Frontscheibe des Pol-Gleiters. Es dauerte nicht mehr lange, als Harry über eine breite Straße fuhr, die parallel zur Küste verlief. Schließlich erreichten wir eine Reihe bunt bemalter Strandhütten und einen kleinen Parkplatz.

 

Die bunten Hütten standen im kühlen Schatten von hohen Palmen. Weiter unten am Strand konnte man mehrere Sonnenschirme erkennen unter denen einige Badegäste dösten. Sie ließen sich offenbar von dem Trubel nicht stören, der hier herrschte.

 

Vier Polizeigleiter waren bereits da, die von einer kleinen Menschenmenge gesäumt wurden, die meisten standen in Badekostümen herum. Ich entdeckte auf der Straße zum Parkplatz auch den zweisitzigen, offenen Sportgleiter, den Mark und ich aus zweiter Hand gekauft hatten, der aber noch nicht ganz bezahlt war.

 

Wir drängten uns durch die herumstehenden Gaffer, die den Sergeanten Harry und mich wie zwei Wesen von einem anderen Stern anglotzten. Als wir uns den Hütten näherten sagte er: „Sehen Sie den kleinen Typen da vorn? Das ist Inspektor Blanking.“

 

Als wenn der Inspektor nach hinten sehen konnte, drehte sich dieser plötzlich auf der Stelle um und kam uns entgegen.

 

Er war über einen Kopf kleiner als Harry, trug einen leichten Sommeranzug und einen weichen Hut, den er lässig nach hinten in den Nacken geschoben hatte. Sein Gesicht sah hart aus und die eisgrauen Augen blinzelten verwegen aus einem schmalen Schlitz. Sein Haar, grau an den Schläfen, lugte kurz geschnitten unter der sommerlichen Kopfbedeckung hervor.

 

Das ist Lester Random, Herr Inspektor“, sagte Harry.

 

Blanking sah mich an und grüßte mich kurz. Seine kühlen Augen waren so durchdringend wie ein Röntgenstrahl. Er griff in die rechte Tasche seines Anzugs und kramte ein zerknittertes Papier hervor, das er mir sofort unter die Nase hielt.

 

Ist das von Ihnen? Haben Sie das geschickt?“ fragte er forsch.

 

Ich sah auf das Papier. Es war offensichtlich der Ausdruck einer elektronischen Kurznachricht, unter anderem mit genauen Zeitangaben, in dem ich Mark mitteilte, wann ich auf Terrania Bay City ankommen würde. Man hatte sogar mein Kennwort entschlüsselt.

 

Die Mitteilung stammt von mir. Ich habe sie geschrieben.“

 

War dieser Shannon ein Freund von Ihnen, Mr. Random?“

 

Wie soll ich sagen…, wir hatten geschäftlich miteinander zu tun. Er war mein Partner.“

 

Der Inspektor starrte mich weiterhin an. Einen Augenblick fixierte er mich, rieb sich das markante Kinn und dann sagte er auffordernd: „Sehen Sie ihn sich erst einmal an! Dann reden wir weiter.“

 

Ich riss mich zusammen, folgte dem Inspektor über den heißen Sand hinein in eines der Strandhütten.

 

Drinnen stäubten ein paar Männer in weißen Kitteln, auf der Suche nach Fingerabdrücken, Pulver auf jeden einzelnen Gegenstand. Vor einem wackeligen Tisch saß ein älterer Beamter und tippte auf einem Laptop herum. Ein angeschlossener Printer druckte gerade ein gelbliches Formular aus.

 

Meine Augen richteten sich auf die Stelle, wo Mark neben einer Art Ruhebett auf dem Holzfußboden lag. Er war zusammengekauert, als ob er versucht hätte, von jemanden fortzukommen, als er starb.

 

Von einer Badehose abgesehen, war er nackt. In der Höhlung zwischen seinem Hals und der linken Schulter war ein blaurotes Loch, aus dem ein langer Streifen Blut gesickert war. Die Haut hing an einigen Stellen zerfetzt herunter. Auf seinem sonnengebräunten, toten Gesicht lag ein erschrockener Ausdruck.

 

Ist er das? Erkennen Sie Ihren Partner wieder?“ fragte mich Inspektor Blanking. Seine eisgrauen Augen musterten mein Gesicht.

 

Ja, das ist Mark.“

 

Gut.“

 

Blanking sah zu dem alten Mann am Laptop hinüber. „Was ist Doc? Sind Sie fertig mit Ihrer Arbeit?“

 

Fast. Der Fall ist eindeutig“, sagte der Alte und fuhr schildernd fort:

 

Sieht beinahe wie eine professionelle Arbeit aus. Meiner Meinung nach muss das Mordwerkzeug ein langer, sehr spitzer Gegenstand gewesen sein. Vielleicht ein Metalldorn oder ähnliches. Jedenfalls kannte der Mörder die richtige Stelle. Traf ihn gerade am entscheidenden Punkt. Der Stich wurde mit erheblicher Kraft geführt. Demnach muss der Tod offenbar sofort eingetreten sein. Ich würde mal sagen, er starb innerhalb von ein oder zwei Sekunden.“

 

Der Inspektor knurrte wie ein Hund.

 

Lassen Sie ihn fortbringen, wenn Sie fertig sind Doc.“ Der nickte nur und schrieb emsig weiter.

 

Dann wandte sich Blanking wieder mir zu.

 

Gehen wir hinaus. Hier drinnen ist es ja nicht zum Aushalten.“

 

Wir traten hinaus vor die Hütte, wo uns die heiße Sonne empfing. Blanking winkte den Sergeanten Harry zu sich heran.

 

Ich gehe in Mr. Randoms Hotel“, sagte er. „Machen Sie hier weiter! Vielleicht finden Sie ja noch etwas. Durchsuchen Sie jeden Winkel der Hütte und jeden Quadratmeter der näheren Umgebung. Der Arzt meint, dass der Mord mit einem spitzen Gegenstand geschah. Es könnte ein Stiel mit einem lange Metalldorn sein. Kollege Madson kommt mit noch ein paar Leuten. Lassen Sie sie nach der Tatwaffe suchen. Es besteht die Möglichkeit, dass der Mörder sie weggeworfen hat, was ich persönlich allerdings bezweifle.“

 

Der Inspektor sah auf seine goldene Armbanduhr, die er an der Innenseite seines linken Armes trug. „Und Sie, Mr. Random, halten sich stets in Bereitschaft, dass ich Sie überall erreichen kann“, sagte er mit angedeuteter Befehlsstimme zu mir. Dann gingen wir beide zurück zum Parkplatz.

 

Als wir dort ankamen, sagte ich: „Der zweisitzige Sportgleiter da gehört Shannon und mir, Inspektor. Er ist damit hierher gekommen.“

 

Blanking blieb stehen, sah sich das imposante Fahrzeug an und winkte nach einem seiner Leute. Ein etwas korpulenter Ermittlungsbeamte prustete im Laufschritt herbei und blieb direkt vor seinem Chef stehen. Er deutete eine kurze Salutierung an.

 

Sie wünschen, Herr Inspektor?“

 

Sagen Sie Sergeant Harry, dass das der Sportgleiter ist, in dem Shannon herkam. Er soll ihn auf Fingerabdrücke überprüfen und gründlich untersuchen. Wenn ihr damit fertig seid, soll jemand den Gleiter zum Delphi-Hotel bringen und ihn dort auf dem Hotelparkplatz abstellen.“

 

Wird gemacht, Sir“, gab der Mann zur Antwort und machte sich wieder an die Arbeit.

 

Der Inspektor sah mich an. „Na, in Ordnung?“

 

Ja, danke!“ gab ich erleichtert zur Antwort.

 

Blanking ging zu einem der wartenden Polizeigleiter und stieg auf der Beifahrerseite ein. Ich nahm auf dem Rücksitz platz.

 

Dann befahl er dem wartenden Beamten mit knappen Worten: „Zum Delphi-Hotel. Fahren sie ein wenig langsamer, und machen sie ein paar Umwege! Ich brauche Zeit, um mich zu unterhalten.“

 

Der Fahrer, ein ziemlich menschenähnlich aussehender Androide, legte die Hand an die Mütze, schaltete das Triebwerk ein und fingerte am Gashebel herum, den er behutsam auf Langsamfahrt stellte. Dann steuerte er mit dem Joystick den schweren Polizeigleiter in den Verkehr, wobei er sich auf der Fahrbahn ganz rechts hielt, um die vorbei sausenden Fahrzeuge nicht zu behindern.

 

Der Inspektor lehnte sich bequem in den weichen Beifahrersitz zurück, holte eine Zigarre aus einem silbrig farbigen Metallbehälter, durchbohrte die Spitze und nahm sie zwischen seine kleinen weißen Zähne. Er zündete sie mit einem nobel aussehenden Gasfeuerzeug an, sog ein paar Mal kräftig an ihr herum, hielt den Rauch ein paar Sekunden zurück und ließ den Qualm dann langsam durch die leicht zusammengekniffenen Nasenlöcher wieder ausströmen.

 

Na dann schießen Sie mal los, Mr. Random“, sagte er behäbig. „Wer sind Sie, und wer ist Shannon, und was hat das Ganze zu bedeuten? Lassen Sie sich ruhig Zeit mit der Antwort. Ich möchte mir ein vollständiges Bild machen.“

 

Ich zündete mir eine Zigarette an, überlegte einen Moment und begann schließlich zu reden.

 

Ich berichtete ihm, dass Shannon und ich in den letzten fünf Jahren auf mehreren Planeten einige recht erfolgreiche Detektivagenturen betrieben hatten. Das Hauptbüro läge allerdings auf Terra in der Megametropole New York.

 

Ich hatte mit einem Auftrag drei Wochen in Mars Central zu tun. Kaum war ich mit meiner Arbeit fertig, erhielt ich von meinem Partner eine verschlüsselte Nachricht, ich solle so schnell wie möglich nach Terrania Bay City kommen. Er teilte mir mit, wir hätten einen großen Auftrag, mit dem wir viel Geld verdienen könnten. Ich flog natürlich mit dem nächsten Raumschiff sofort zurück und kam heute morgen um halb zwölf hier an. Ich ging in das Hotel, stellte fest, dass Shannon mir ein Zimmer reserviert hatte, und hörte davon, dass er nicht im Hause war. Ich duschte gerade, als Sergeant Harry mich abholte. Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.“

 

Und Shannon hat Ihnen nicht mitgeteilt, um was für einen Auftrag es sich handelte?“ fragte Blanking.

 

Ich schüttelte den Kopf.

 

Wissen Sie, Mark ist kein großer Schreiber. Nachrichten verfasst er immer so kurz wie möglich. Ich nehme deshalb mal an, er hielt es für einfacher, mir alles zu erzählen, statt die Mitteilung in aller Ausführlichkeit in einen Telecomputer einzutippen.“

 

Der Inspektor dachte einen Augenblick nach. Dann sagte er: „Haben Sie Ihre Detektivlizenz dabei?“

 

Ich reichte ihm meine Brieftasche rüber. Schnell und fachmännisch untersuchte er ihren Inhalt. Danach bekam ich sie zurück.

 

Haben Sie eine Ahnung, wer der Auftraggeber ist, oder um was es sich bei dem Fall handelt?“ bohrte er nach.

 

Ich zuckte die Schultern. „Keine Ahnung.“

 

Er musterte mich scharf.

 

Würden Sie es mir denn sagen, wenn Sie es wüssten?“

 

Möglicherweise. Aber da ich es nicht weiß, ist diese Frage illusorisch.“

 

Der Inspektor kratzte sich an der rechten Seite seines braungebrannten Gesichtes und zog die buschigen Augenbrauen hoch.

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 1


 


 

***

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 2)

 

Könnte es sein, dass sich Shannon in Bezug auf den zu erwartenden Auftrag irgendwelche Aufzeichnungen gemacht hat? Ich meine so was ähnliches wie Notizen über seine Ergebnisse und so weiter.“

 

Das bezweifle ich. Wie gesagt, Mark hielt nicht viel von schriftlichen Arbeiten. Im allgemeinen arbeiteten wir zusammen, und da mir das geschriebene Wort mehr liegt, als ihm, verfasste ich bisher immer die Berichte.“

 

Blanking rollte seine Zigarre zwischen den Lippen. Dann sagte er forschend zu mir: „Wie kommt es, dass Sie nach Mars Central flogen ohne ihn?“

 

Das war rein zufällig. Ein Klient, für den wir schon früher gearbeitet haben, war nach Mars Central gezogen und wünschte von mir, dass ich den Auftrag übernehme, weil ich mich besonders gut in der betreffenden Angelegenheit auskannte, die nicht dem Üblichen entsprach.

 

Na gut, Mr. Random. Auch Shannon war offenbar nicht in seinem üblichen Arbeitsgebiet tätig geworden. Glauben Sie, dass es möglicherweise auch in diesem Fall ein alter Klient war?“

 

Das könnte sein, aber ich kenne keinen, der nach Terrania Bay City gezogen ist.“

 

Glauben Sie, dass er ermordet wurde, weil er in dieser Sache mehr herausgefunden hat, als er sollte?“

 

Ich zögerte. Mir fiel plötzlich ein, dass der Empfangschef im Hotel gesagt hatte, dass Mark mit einer Frau fortgegangen wäre.

 

Ich weiß es nicht. Allerdings wurde mein Partner im Hotel von einer Frau abgeholt. Beide haben zusammen das Hotel verlassen und sind anscheinend zum Strand gefahren. Das hätte er vielleicht nicht tun sollen. Möglicherweise war es ein Fehler, aber Mark war, was Frauen anging, nicht wählerisch. Er ließ jederzeit die Arbeit sausen, wenn er sich für das weibliche Geschlecht interessierte. Ich vermute mal, dass ihr Kerl was dagegen hatte. Aber wie gesagt, das ist nur eine Vermutung von mir, weil Mark schon immer wegen seiner Weibergeschichten mitunter ziemliche Schwierigkeiten heraufbeschworen hat.“

 

Inspektor Blanking verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.

 

Hat sich ihr Partner Shannon auch mit verheirateten Frauen abgegeben?“

 

Und ob. Wenn sie ihm gefielen, kümmerte er sich nicht darum, ob sie verheiratet waren oder nicht. Das sage ich ganz offen, ohne Mark schlecht machen zu wollen. Es war einfach so. Er war zwar mein bester Freund, aber er hat mich mehr als einmal zur Raserei gebracht, wenn er wieder mal wegen eines daher gelaufenen Flittchens die Arbeit vernachlässigte.“

 

Blanking beobachtete mich skeptisch.

 

Tja, doch es passiert nicht oft, dass ein gehörnter Ehemann sein Missvergnügen mit einem Mord demonstriert. Die Art und Weise, wie also die tödliche Arbeit ausgeführt wurde, lässt aus meiner Sicht der Dinge ganz klar auf einen Fachmann schließen.“

 

Kann ja sein, dass der Ehemann auch gleichzeitig ein Fachmann war, Herr Inspektor“, sagte ich ein wenig naiv.

 

Blanking schüttelte abwehrend den Kopf und winkte mir ab.

 

Wissen Sie, in dieser Stadt gibt es sehr viele reiche Leute. In Terrania Bay City tummeln sich mehr Millionäre und Milliardäre herum, als auf jeden anderen Planeten dieses Sonnensystems. Bei uns sind alle Sorten vertreten, und darunter sind nicht wenige, die äußerst skrupellos vorgehen und hochgefährlich sind. Mit denen ist nicht zu spaßen, mein Guter.“

 

Er klopfte zwischendurch die Asche von seiner Zigarre. Er drehte sich etwas zu mir herum und blickte nach hinten.

 

Können Sie für mich feststellen, worum es bei dem Fall ging, an dem Ihr Partner arbeitete? Das ist der erste Schritt für uns. Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür, denn ich muss wissen, dass sein gewaltsamer Tod nicht damit zusammenhängt.“

 

Ich werde tun, was ich kann. Sollte Mark allerdings keine Aufzeichnungen hinterlassen haben, sehe ich keine Möglichkeit dazu, Ihnen diesbezüglich helfen zu können“, erwiderte ich wahrheitsgemäß.

 

Eigentlich ging mir bei diesem Gespräch der Gedanke durch den Kopf, dass ich mich erst selbst davon überzeugen wollte, dass Marks Auftraggeber nichts damit zu tun hatten, ehe ich Blanking dahinter kommen ließ, dass ich den Namen möglicherweise doch in Erfahrung bringen konnte. Hundertprozentig war ich mir da allerdings auch nicht sicher, aber es bestand durchaus die Chance, dass Stella Brackfort, unsere gemeinsame Sekretärin, die sich zu Hause in unserem Büro in New York befand, sicherlich eine Ahnung hatte, wer der Auftraggeber war.

 

Na gut, Mr. Random. Wir sind zwar kein großes Stück weiter gekommen, aber immerhin gibt es einige Ansatzpunkte. Wir hören wieder voneinander.“

 

Dann beugte er sich vor und befahl dem Fahrer des Gleiters mit harschen Worten: „Erhöhen Sie die Geschwindigkeit und bringen Sie uns zum Delphi-Hotel.“

 

Jawohl Sir!“ gab dieser bestätigend zur Antwort und drückte den Gashebel nach vorne. Der Polizeigleiter wurde schlagartig schneller und setzte schließlich auf die linke Überholspur über, wo sich zur Zeit kein anderes Fahrzeug befand.

 

In weniger als fünf Minuten hielten wir vor dem Delphi-Hotel und stiegen aus.

 

Zusammen mit dem Inspektor durchquerte ich die geräumige Halle, wo der Empfangschef schon wartete, dessen Gesicht blass aussah. Seine Augen quollen aus den Höhlen vor unterdrückter Aufregung. Mehrere Gäste, darunter einige schrullige alte Damen, blieben stehen und reckten ihre Hälse hinter uns her.

 

Gehen wir irgendwohin, wo uns diese alten Krähen nicht hören können“, sagte Blanking mit leicht gehobener Stimme, damit sie ihn auch hören konnten.

 

Selbstverständlich, Herr Inspektor“, antwortete der Empfangschef mit verlegener Stimme. Er führte uns in sein kleines Büro am Ende des Ganges im hinteren Teil des Hotels. „Ist irgendwas vorgefallen?“ fragte er neugierig.

 

Nein, in Ihrem Hotel nicht“, antwortete Blanking und hakte sofort nach: „Wie heißen Sie?“

 

Der Empfangschef wurde noch verlegener.

 

Ron Bristol.“

 

Um welche Zeit ging Mr. Shannon aus dem Hotel, Mr. Bristol?“

 

Ganz genau weiß ich das nicht. Aber es muss so gegen halb elf gewesen sein.“

 

Und er war mit einer Frau zusammen?“

 

Ja. Sie kam direkt zu mir und fragte nach ihm. Während sie mit mir sprach, trat Mr. Shannon aus dem Fahrstuhl und ging sofort zu ihr.

 

Sagte sie zu Ihnen ihren Namen bzw. sagte sie irgend etwas zu Shannon oder sprach sie ihn mit seinem Namen an?“

 

Nein. Ich konnte sie auch nicht rechtzeitig nach ihren Namen fragen, weil Mr. Shannon plötzlich aus dem Fahrstuhl trat.“

 

Ron Bristol fuhr sich mit der Zunge nervös über die Oberlippe. Dann sprach er weiter.

 

Nun, in der Tat hatte ich den Eindruck, dass Mr. Shannon und die Frau sich irgendwie vertraut waren.“

 

In welcher Weise?“

 

Wie soll ich sagen... Er trat hinter sie und sprach sie mit ’hallo, mein Zuckerpüppchen’ an. Dann klopfte er sie mit der Hand…äh…auf den verlängerten Rücken.“

 

Interessant. Und wie reagierte sie darauf, Mr. Bristol?“

 

Sie drehte sich zu ihm herum und lachte darüber. Ich bemerkte jedoch, dass sie es wohl nicht so gern hatte. Ich will mal sagen, dass sie derjenige Typ von Frau ist, bei dem ich mir diese Freiheit nicht herausnehmen würde.“

 

Was war sie denn für ein Typ, wenn ich sie mal so direkt fragen darf?“

 

Hm, sie hatte eine gewisse Vornehmheit. Ich kann das nicht so richtig erklären. Sie war einfach nicht der Typ, zu dem man so kühn ist.“

 

Der Inspektor runzelte nachdenklich die Stirn.

 

Können Sie mir die Frau etwas näher beschreiben?“

 

Der Empfangschef rieb sich nervös die Hände.

 

Nun ja, sie war sehr attraktiv. Ihre Haut war braun gebrannt, ihre Figur wohlgeformt und auffallend sexy. Sie trug eine breite Sonnenbrille und einen großen Hut. Wegen der Sonnenbrille konnte ich von ihrem Gesicht nicht viel sehen. Sie hatte eine marineblaue, eng anliegende Hose an. Unter ihrem weißen, leicht durchsichtigen Hemd konnte ich einen gelben Bikini-BH erkennen.“

 

Wie alt würden Sie die Frau schätzen?“

 

Um die zwanzig oder etwas älter.“

 

Und die Frau würden Sie sofort wieder erkennen?“

 

Ja…, natürlich. Bestimmt…, auf Anhieb. So eine Schönheit prägt man sich schon fast automatisch ein.“

 

Der Inspektor drückte jetzt seine Zigarre in dem vor ihm stehenden Aschenbecher auf Bristols Schreibtisch aus.

 

Sie würden diese Frau unter allen Umständen wieder erkennen? Auch wenn sie anders gekleidet daher käme, Mr. Bristol?“

 

Nun ja, Herr Inspektor. Frauen sind wie Chamäleons. Wenn sie sich entsprechend rausputzen, sind sie oft wie verwandelt.“

 

Also doch nicht!“

 

Bristol überlegte einen Augenblick und machte dann ein ziemlich dummes Gesicht.

 

Nun ja…“

 

Damit ist mir nicht geholfen. – Also gut, reden wir nicht mehr darüber. Was geschah, nachdem Mr. Shannon sie begrüßt hatte?“

 

Ich kann mich nur noch schwach daran erinnern. Aber Mr. Shannon sagte, dass er in zwei Stunden zurück sein müsse, und sie wollte losgehen. Dann gingen sie zusammen aus dem Hotel und stiegen in diesen zweisitzigen Sportgleiter, der direkt unten auf dem Hof vor dem Hotel stand.“

 

Wie ist die Frau hier hingekommen? Kam sie zu Fuß oder mit einem Fahrzeug?“

 

Ich habe keinen Gleiter oder etwas anderes gesehen. Ich denke mal, sie kam zu Fuß. Sicher bin ich mir da allerdings auch nicht. Doch könnte sie ihr Fahrzeug in einer Nebenstraße abgestellt haben.“

 

Hm, na gut. Geben Sie mir den Schlüssel zu Mr. Shannons Zimmer!“

 

Soll ich unseren Hausdetektiven Mr. Treaves rufen, Sir?“

 

Inspektor Blanking schüttelte den Kopf.

 

Bitte nicht! Ich lege keinen Wert darauf. Der Kerl würde mir sowieso nur im Weg herumstehen und möglicherweise vorhandene Spuren verwischen.“

 

Mr. Bristol machte eine saure Miene, verließ jetzt schleunigst das Büro und ging hinüber an das Schlüsselbrett. Der Inspektor und ich folgten ihm.

 

Na so was. Der Schlüssel ist nicht da. Mr. Shannon muss ihn mitgenommen haben. Ich gebe Ihnen einen Ersatzschlüssel mit“, sagte Bristol und tat erstaunt.

 

Als der Empfangschef dem Inspektor den Zweitschlüssel überreichte, fragte er beiläufig: „Ist mit Mr. Shannon irgend etwas geschehen?“

 

Das werden Sie noch früh genug erfahren. Für lange Erklärungen habe ich jetzt keine Zeit“, sagte Blanking zu dem verdutzt da stehenden Bristol. Dann schaute er mich an. „Gehen wir, Mr. Random.“

 

Inspektor Blanking ging mit mir zum Fahrstuhl. Als er den Knopf drückte, der uns in den zweiten Stock befördern sollte, räusperte er sich ein wenig. Dann sagte er missmutig: „Ich hasse Leute, die in Hotels leben. Dieser Bristol ist ein mieser Schnüffler.“

 

Während der Aufzug nach oben fuhr, fragte ich Blanking, ob er von dem Strandaufseher etwas über die Frau in Erfahrung bringen konnte.

 

Ja, die gleiche Beschreibung. In der Strandhütte gibt es zwei Umkleideräume. Shannon und die Frau benutzten jeweils ihre eigene Kabine. Wir fanden ihre Hose, ihr Hemd, ihren auffallenden Hut und ihre Sonnenbrille. Seine Kleider waren in der anderen.“

 

Komisch. Sie hat ihre Kleider in dem Umkleideraum gelassen?“

 

Das sagte ich doch gerade, Mr. Random. – Das kann zweierlei bedeuten. Entweder sie wollte spurlos verschwinden und entschloss sich, das in ihrem Badeanzug zu tun, denn in dieser verdammten Stadt läuft fast jede Frau in einem Badeanzug herum. Oder sie ging im Meer schwimmen, und jemand hat sie auch umgebracht, nach dem Mord an Mr. Shannon. Meine Männer suchen derzeit den Strand ab. Ich persönlich glaube aber nicht daran, dass sie sich aus dem Staube gemacht hat.“

 

Vielleicht hat irgend jemand gesehen, wie sie die Hütte verlassen hat.“

 

Bisher Fehlanzeige. Aber unsere Nachforschungen laufen noch.“

 

Die Frau ist clever. Ein Badeanzug ist immer eine gute Verkleidung“, fuhr der Inspektor fort, als er den sich öffnenden Aufzug verließ, durch den Gang zu Marks Zimmer mit der Nummer 247 rüber ging und den Schlüssel in das Schloss schob. „Die Menschen in Terrania Bay City sehen nicht nach den Gesichtern, sondern sie schauen auf die Figur.“ Er drehte den Schlüssel um und schloss die Tür auf.

 

Ja zum Teufel noch mal! Was ist hier denn passiert? Heiliger Strohsack!“ zischte es durch Blankings zusammengepresste Lippen.

 

Wir standen unter der Tür und sahen uns in dem Zimmer um. Es war ungefähr so groß wie meins, vielleicht etwas größer, aber ebenso heiß und stickig. In dem Raum sah es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte. Jede Schublade war herausgerissen worden. Marks Sachen lagen auf dem gesamten Boden verstreut überall herum. Seine Koffer waren aufgeschlitzt, die Matratze des Bettes ebenfalls. Die Füllung lag auf beiden Seiten daneben. Gleiches war mit den Kissen geschehen. Die Federn waren durchs ganze Zimmer gewirbelt worden.

 

Die Leute, die ihren Partner besucht haben, hatten es offenbar sehr eilig“, sagte Blanking. „Wenn es hier etwas zu finden gab, finden wir es bestimmt nicht mehr. Ich werde meine Jungs sicherheitshalber hier rauf schicken. Vielleicht sind ein paar Fingerabdrücke da, obwohl ich denke, dass meine Männer nichts finden werden. Die Kerle haben zwar fix gearbeitet, müssen aber dennoch Profis gewesen sein, und die erledigen ihre Arbeit nicht ohne Handschuhe.“

 

Er schob mich aus dem Zimmer, zog die Tür wieder zu und verschloss sie sorgfältig.

 

Fortsetzung folgt irgendwann

Ende Teil 2


 


 

***

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 3)

 

Ich war mittlerweile zurück auf mein Zimmer gegangen und lag ausgestreckt auf meinem Bett. Im Nebenzimmer konnte man die polternden Geräusche der Ermittlungsbeamten hören, die nach verdächtigen Spuren suchten. Zwischendurch vernahm ich immer wieder die grollende Stimme des Inspektors.

 

Irgendwie fühlte ich mich auf einmal schlecht, deprimiert und verlassen. Ich dachte an Mark. Er hatte natürlich in seinem Beruf Fehler gemacht, aber er war in meinen Augen trotz allem ein Mann gewesen, mit dem man gut zusammen arbeiten konnte. Früher arbeitete er mal als Polizeireporter bei einem großen Fernsehsender. Seine Tätigkeit ließen ihn weit herum kommen. Viele Planeten hatte er schon besucht und irgendwann war ich ihm dann durch Zufall begegnet. Wir verstanden uns gleich auf Anhieb gut, denn Mark war von seinem Charakter her insgesamt gesehen ein sympathischer Mensch gewesen.

 

Eines Nachts waren wir in einer kleinen Bar über einer Flasche Scotch schließlich zu dem Ergebnis gekommen, dass wir es beide satt hatten, uns von zwei vollgefressenen Typen herum hetzen zu lassen, bis uns die Zunge aus dem Hals hing, und diese Kerle aber selbst nur hinter ihrem Schreibtisch saßen und kein anderes Vergnügen zu kennen schienen, besserwisserische Instruktionen von sich zu geben, um uns damit zu schikanieren.

 

Irgendwann wollten wir damit Schluss machen.

 

Eines Tages saßen wir wieder einmal zusammen und sprachen über ein gemeinsames Projekt, das wir verwirklichen wollten. Obwohl wir etwas angetrunken waren, fühlten wir uns beide gegenüber dem Risiko, die Sicherheit eines regelmäßigen Gehaltes gegen ein eigenes selbständiges Unternehmen einzutauschen, doch etwas unbehaglich. Wir besaßen eigentlich nicht viel Kapital, dafür aber umso mehr eine ganze Menge an Erfahrungen und glaubten deshalb, wir könnten es schaffen.

 

In der Megastadt New York gab es eine ganze Reihe von Ermittlungsagenturen, die wir gut kannten. Vielen von ihnen ging es nicht gut, wie uns bekannt war.

 

Trotzdem: Nachdem wir uns wieder einmal gemeinsam durch eine ganze Flasche Scotch hindurchgearbeitet hatten, entschlossen wir uns letztendlich dazu, die Brücken hinter uns abzureißen und beruflich ganz neu anzufangen.

 

Und wir hatten Glück.

 

Nach nur einem Jahr waren wir so weit, dass wir tatsächlich genug Geld verdienten, um damit erträglich auszukommen. Auch sonst fanden wir nie mehr einen Grund, unser unternehmerisches Wagnis zu bereuen.

 

So hatte alles mal begonnen. Es war schon eine ziemlich lange Zeit her.

 

Ich drehte mich auf die Seite und sah plötzlich aus dem schummrigen Fenster. Draußen schien immer noch die Sonne. Hier und da zogen ein paar Wölkchen vorbei.

 

Meine traurigen Gedanken wanderten wieder zu Mark. Ich fragte mich, wie die Arbeit ohne einen Partner wohl weitergehen würde. Ich fragte mich auch, ob ich mich nach einem anderen umsehen sollte. Auf der Bank lag jetzt genug Geld, um Marks Familie damit abzufinden. Seine Frau war es nämlich gewesen, die Mark damals für die Betriebseinlage einen Batzen Geld geliehen hatte. Ich war davon überzeugt, dass sie mehr als nur bereitwillig die Möglichkeit ergreifen würde, das Geld jetzt wieder zurückzubekommen.

 

Ich wandte mich von diesem Problem ab und Marks schlimmen Ende zu. Mir konnte es einfach nicht verständlich in den Sinn kommen, dass sein Tod mit dem Fall in Verbindung stand, an dem er gerade arbeitete. Viel wahrscheinlicher erschien mir die Möglichkeit, dass er sich mit dem Mädchen irgendeines üblen, möglicherweise sogar kriminellen Ehemannes eingelassen hatte, der sich dafür rächte, dass Mark mit seiner Frau ein Verhältnis pflegte.

 

Der Inspektor sprach von einem spitzen Gegenstand, einem langen Metalldorn oder ähnliches und davon, dass es eine Waffe war, wie sie von Professionellen verwendet wird und ebenso angewendet worden ist. Nichtsdestotrotz musste ich ausfindig machen, wer Marks Auftraggeber gewesen war. Mir gegenüber hatte er gesagt, dass der Auftrag einen hübschen Gewinn abwerfen würde. Das musste stimmen, sonst hätte er nicht die weite Reise von New York nach Terrania Bay City gemacht. Das bedeutete für mich wiederum, dass der Auftraggeber ein vermögender Mann sein musste, was mich allerdings im Moment auch nicht viel weiter half. Die meisten Männer, die in Terrania Bay City lebten, waren reich und mussten, soweit ich das beurteilen konnte, ein erhebliches Vermögen besitzen.

 

Ich wollte mir sicher sein, dass der Auftraggeber in keiner Weise mit dem Mord an meinem Partner in Verbindung stand, ehe ich Blanking seinen Namen preisgeben konnte. In unserer Branche kann dem Ruf einer Ermittlungsagentur nichts mehr Schaden zufügen, als einen ahnungslosen Klienten der Polizei in die Hände zu spielen. Käme das raus, würde sich das schneller als ein Lauffeuer herumsprechen, und ich könnte meinen Laden zumachen.

 

Ich wollte deshalb so schnell wie möglich unsere Sekretären Stella Brackfort anrufen, sobald der Inspektor und seine Leute wieder verschwunden waren. Aber nicht vom Hotel aus, dessen Informationsanschlüsse sicherlich schon längst abgehört werden. Der Inspektor war ein schlaues Kerlchen, wie ich wusste.

 

Ich blickte auf meine Uhr. Es war jetzt kurz vor ein Uhr mittags. Langsam stieg in mir der Hunger hoch. Seit meiner Ankunft in Terrania Bay City hatte ich nichts Ordentliches mehr gegessen. Ich dachte, es würde Zeit sparen, wenn ich jetzt aß, während die Männer Blankings nebenan beschäftigt waren. Ich schwang meine müden Beine vom Bett und stand auf.

 

Gerade hatte ich mich ein wenig hergerichtet, da öffnete sich die Tür und Blanking sah herein.

 

Mein Gott, Random, Sie wohnen ja in einem Backofen. Wie halten Sie das nur aus. Ist die Klimaanlage defekt oder nur ausgeschaltet?“

 

Daran habe ich bisher noch gar nicht gedacht. Ich werde mich später darum kümmern. Gerade wollte ich essen gehen. Wollten Sie mich sprechen, Herr Inspektor?“

 

Er lehnte sich gegen den Türrahmen und kaute auf seiner ausgegangenen Zigarre herum.

 

Ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir nichts gefunden haben.“ Er deutete dabei mit dem Daumen auf das Nebenzimmer. „Es gibt zwar eine Menge Fingerabdrücke, die aber vermutlich belanglos sind. Wahrscheinlich haben wir Fingerabdrücke von mindestens zwanzig oder sogar dreißig früheren Gästen. Ich dachte auch, dass wir irgendwelche Aufzeichnungen Ihres Partners Shannon finden würden. Pustekuchen! Aber das hatte ich irgendwie erwartet. Es war nichts da, was darauf schließen ließ, wer Shannons Auftraggeber ist.“

 

Ich will dafür wetten, dass bisher niemand in Marks Zimmer etwas gefunden hat, auch derjenige oder diejenigen nicht, der oder die es durchwühlt haben“, sagte ich zu ihm.

 

Und Sie wissen immer noch nicht, wer der Klient ihres Partners ist?“ fragte Blanking plötzlich mit skeptischen Gesichtsausdruck und sah mich dabei mit konzentriertem Blick an.

 

Nein! Immer noch keine Ahnung. Es tut mir leid, Inspektor.“

 

Ach was, Mr. Random. Erzählen Sie mir keinen Blödsinn. Ich kenne mich mindestens genauso gut aus wie Sie. Sie wollen doch nur den Namen des Klienten schützen. So ein Quatsch! Das zählt bei Mord nicht. Sorgen Sie also dafür, dass Sie den Namen herauskriegen. Erzählen Sie mir jetzt nicht, dass Sie das nicht können. Wollen Sie mich bei meiner Arbeit unterstützen oder muss ich die Sache selbst in die Hand nehmen?“

 

Ich würde Ihnen nichts vormachen, Herr Inspektor. Wenn Mark keine Aufzeichnungen hinterlassen hat, bin ich genauso ratlos wie Sie.“

 

Wie auch immer, Mr. Random. Ich will in dieser Sache vorwärtskommen. Geben Sie mir die Adresse Ihres Büros in New York! Sie haben doch sicherlich eine Sekretärin oder sonst jemanden, der die Geschäfte weiterführt, während Sie Ihre Nachforschungen anstellen.“

 

Ich gab ihm die Adresse. „Wir haben eine junge Dame namens Stella Brackfort, die für uns arbeitet. Sie ist ein wenig unerfahren und nimmt es mit der Arbeit nicht immer so genau. Ich hoffe, dass sie irgendwelche Notizen in dieser Angelegenheit gemacht hat.“

 

Blanking sah mich wieder so komisch an.

 

Wenn Sie festgestellt haben, wer der Auftraggeber ist, dann kommen Sie unverzüglich zu mir, Mr. Random. Und wenn ich innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden nichts von Ihnen höre, dann komme ich zu Ihnen und kümmere mich persönlich darum.“

 

Die Sache war damit vorerst beendet. Der Inspektor schloss die Tür hinter sich und im Gang wurde es ruhig. Allerdings war seine Drohung für mich unüberhörbar. Sie hing wie eine dunkle Gewitterwolke in der Luft.

 

Mir knurrte der Magen. Ich beschloss daher, irgendwo ein Mittagessen zu mir zu nehmen. Darüber hinaus hegte ich den Verdacht, dass Blanking die Polizei in New York anrufen und Stella einen Beamten auf den Hals hetzen würde, noch bevor ich mich mit ihr in Verbindung setzen konnte.

 

Ich verließ das Hotel zu Fuß und ging einen Block weiter, wo ich in einem Restaurant eine separate Videotelefonzelle fand. Von dort aus rief ich mein Büro an. Ich hatte den Inspektor wegen Stella Brackfort ein wenig angelogen. Sie war weder eine unerfahrene Mitarbeiterin, noch nahm sie es mit ihrer Arbeit nicht so genau. Das Gegenteil war vielmehr der Fall. Stella war hochintelligent, sehr erfahren und nahm jedes einzelne Detail ihrer Arbeit ernster, als mir manchmal lieb war.

 

Ich schob meine Cashkarte in den Schlitz und wählte eine ganz bestimmte Nummer. Dann hörte ich Stellas wohltuende Stimme.

 

Hier Random & Shannon, Ermittlungsagentur New York. Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?“

 

Hallo Stella, hier ist Lester“, antwortete ich hastig. „Ich rufe aus Terrania Bay City an. Du weißt sicherlich, das Mark mit einem Auftrag hierher kam und mir eine Nachricht zukommen ließ, ich solle ihn hier treffen. Es ist etwas Schreckliches passiert… Mark ist tot. Er wurde in einer Strandhütte ermordet aufgefunden. Jemand hat ihn erstochen.“

 

Das Videobild baute sich plötzlich auf, und ich konnte Stellas Gesicht sehen.

Ich sah, wie sie rasch Luft holte und sich mit der linken Hand an die Stirn langte. Sie sah verzweifelt aus, denn sie hatte Mark sehr gern gehabt. Ihre sanfte Stimme war abrupt verklungen. Dann stürzte es aus Stella heraus. Sie schrie fast.

 

Was…? Mark ist tot? Ist das wahr?“ fragte Sie mit bebender Stimme.

 

Es ist alles so, wie ich sagte. Es klingt unglaublich. Ich wollte es zuerst auch nicht wahrhaben. Aber hör mir jetzt gut zu, Stella. Es ist von allergrößter Wichtigkeit. Die Polizei will wissen, worin Marks Auftrag bestand und wer der Auftraggeber war. Mark hat mir nichts gesagt und auch keine Informationen hinterlegt. Weißt du es?“

 

Es dauerte eine Weile, bis sie antwortete.

 

Nein. Als er bei mir im Büro vorbeikam, sagte er nur, dass er einen Auftrag habe und deswegen nach Terrania Bay City fliegen müsse. Dann sprach er davon, dass er sich noch mit dir in Verbindung setzen müsse. Aber worum es bei diesem Auftrag ging, das verriet er mir nicht.“

 

Ich konnte hören und sehen, wie sie mit den Tränen kämpfte. Sie tat mir leid. Doch im Augenblick hatte ich keine Zeit für Sentimentalitäten.

 

Kannst du mir wenigstens sagen, wie er den Auftrag bekam. Durch eine e-Mail, einen zugestellten Brief oder in irgendeiner anderen Nachrichtenform? Hat ihn vielleicht jemand angerufen in dieser Sache?“

 

Ich fing wieder fürchterlich an zu schwitzen.

 

Ja, stimmt. Jetzt fällt es mir wieder ein. Da hat ein Mann angerufen. Ich fragte nach seinen Namen, den er mir aber nicht sagen wollte. Er sagte nur, dass er einen von ihnen beiden sprechen müsse.“

 

Interessiert hört ich zu. Stella bewegte ständig ihren Kopf nervös auf dem kleinen Bildschirm hin und her. Die Konturen verwischten dabei wegen des weiten Übertragungsweges ein wenig.

 

Trotzdem sah es so aus, als stände ich vor einem toten Punkt. Dann fiel mir plötzlich etwas ein. Ich erinnerte mich daran, dass Mark die sonderbare Gewohnheit hatte, zu kritzeln und alles voll zu malen. Kein leeres Blatt war vor ihm sicher. Wenn er einen Telefonhörer in der Hand hatte oder ein Videogespräch führte, fing er an zu zeichnen. Entweder malte er nackte Mädchen, was er besonders gut konnte, oder er notierte sich Bruchstücke des Gespräches, das er gerade führte. Es war ihm zur zweiten Natur geworden, quasi ein innerer Zwang, der ihn dazu trieb, zu malen und zu kritzeln.

 

Stella, hör gut zu! Geh schnell in sein Büro und sieh dir seine Schreibunterlage an. Es besteht die Möglichkeit, dass er den Namen des Auftraggebers beim Gespräch irgendwo hin gekritzelt hat. Du weißt doch selbst, dass er das immer tat.“

 

Diesmal kam die Antwort prompt.

 

Ja, ich gehe sofort rüber an seinen Schreibtisch und sehe nach.“

 

Die Zeit schien sich auszudehnen. Ich fühlte, wie mir der Schweiß über Gesicht und Rücken lief. Ich drehte mich herum und blickte rüber zur Bar des Restaurants. In diesem Augenblick sah ich meinen Schatten. Er muss mich schon seit Verlassen des Hotels verfolgt haben. Er lehnte an der Bar und starrte die ganze Zeit in seine Kaffeetasse, um nicht aus Versehen in meine Richtung zu schauen.

 

Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich nicht daran gedacht hatte, dass Blanking mir einen Schatten anhängen würde. Irgendwie musste der Kerl an der Bar erraten haben, dass ich in meinem Büro anrief. Vielleicht konnte er Lippenlesen oder so was. Ich drehte mich wieder in Richtung des Videophons und verdeckte dabei absichtlich den Bildschirm. Stellas Stimme fordert augenblicklich meine Aufmerksamkeit auf das Gespräch zurück.

 

Hör zu Lester! Auf der Schreibunterlage ist ein Haufen Zeugs drauf“, sagte sie. „Ich habe sie hier direkt vor mir. Aber es ist nur ein einziger Name zu lesen. Er steht in großen Blockbuchstaben geschrieben am oberen rechten Eck.“

 

Wie heißt der Name?“

 

Lee Breedy. Das ist alles.“

 

Stella, du bist ein richtiger Schatz. Das kann etwas bedeuten, vielleicht aber auch nicht. Jage das Blatt unverzüglich durch den Reißwolf und schmeiß alles in den Abfallschacht. Jeden Augenblick kann ein Beamter der New Yorker Citypolizei kommen, und sie dürfen dieses Blatt unter gar keinen Umständen finden.“

 

Ich wartete etwa zwei oder drei Minuten, dann meldete sich Stella wieder.

 

Ich hab alles verschwinden lassen, Lester.“

 

Du bist ein braves Kind, Stella. Da ist noch etwas, was du wissen solltest. Ich habe dem Inspektor hier in Terrania Bay City absichtlich gesagt, dass du ein wenig unerfahren bist und deine Arbeit nicht immer so genau nimmst. Stell dich genauso an. Sage den Leuten von der Polizei, dass Mark einen Telefonanruf bekam und dir darauf hin nur mitteilte, er fahre nach Terrania Bay City, aber dass du nicht wüsstest, warum er angerufen wurde oder wer am Telefon war. Hast du mich verstanden, Stella?“

 

Aber klar doch, Lester. Ich hab dich verstanden.“

 

Gut, Stella. Noch etwas. Lass dich auf gar keinen Fall von diesen Polizeitypen einschüchtern. Die können auch zu jungen Damen sehr grob werden. Mach dir aber keine Sorgen. Beharre einfach nur stur auf deine Aussage. Sie können nicht das geringste gegen dich unternehmen und bekommen es bald satt, dich auszufragen.“

 

Geht schon in Ordnung, Lester. Mach dir keine Gedanken um mich. Ich werde es schon hinkriegen.“

 

Ich unterbrach sie.

 

Ich hab da was auf dem Herzen, Stella. Ich bitte dich nicht gern darum, aber ich kann von hier aus nichts tun. Geh zu Marks Frau und überbringe ihr die Nachricht vom Tod ihres Mannes. Sag ihr auch, dass ich ihr noch schreiben werde. Ich schicke den Brief heute oder morgen ab. Ich kümmere mich auch um das Begräbnis. Wenn sie den ersten Schock überwunden hat, rufe ich sie auf jeden Fall an. Später, wenn hier alles vorbei ist, werde ich sie persönlich konsultieren. Richte ihr das bitte aus.“

 

Du kommst also vorläufig noch nicht zurück?“

 

Nein. Ich muss erst noch heraus bekommen, warum Mark getötet wurde und vor allen Dingen wer das getan hat. – Gehst du zu Marks Frau?“

 

Aber natürlich. Du kannst dich wie immer auf mich verlassen, Lester. Sei bitte vorsichtig und pass’ gut auf dich auf...!“

 

Plötzlich sprach sie leiser. „Da sind soeben zwei Männer gekommen, die aussehen wie Kriminalbeamte…“ Im gleichen Moment wurde das Gespräch unterbrochen, das Videobild verschwand und die Leitung war tot.

 

Ich fingerte nach meinem Taschentuch, wischte mir damit über das Gesicht und zog die eingeschobene Cashkarte aus dem Schlitz. Das Gespräch per Video war teuer gewesen, wie die Leuchtzifferanzeige bewies. Aber es hatte sich möglicherweise gelohnt. Dann stellte ich mich an die Bar direkt neben den wartenden Kriminalbeamten. Er schaute mich mit einer sauren Mine an und drehte mir auf einmal den Rücken zu. Ich bestellte mir in aller Ruhe ein Sandwich und einen großen Kaffee.

 

Mittlerweile war der Beamte verschwunden. Ich sah noch wie er hastig das Restaurant verließ und in einen dunkelblauen Schwebegleiter auf der anderen Straßenseite einstieg und schnell davon rauschte.

 

***

 

Fortsetzung folgt irgendwann!


Ende Teil 3


 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

 


Der Fall T-Bird

(Teil 4)

 

Als ich in mein Hotel kam, war es mittlerweile kurz nach halb zwei. Auf dem Weg zu meinem eigenen kam ich auch an Marks Zimmer vorbei. Die Tür stand seltsamerweise etwas offen, was mich automatisch dazu verleitete, hineinzublicken.

 

Zu meiner Überraschung stand ein kräftig gebauter Mann in einem ziemlich zerknitterten Anzug mit dem Rücken beim Fenster und sah sich um. Als er mich erblickte, starrten mich seine feindseligen Augen böse an.

 

Er muss wohl einer von Blankings zurückgelassenen Beamten sein, dachte ich zuerst. Es könnte sich aber auch um den Hausdetektiven Treaves handeln, fiel mir alternativ ein.

 

Was wollen Sie hier?“ wollte der Mann von mir wissen. Seine Stimme klang tief und abweisend.

 

Ich bin Mr. Random. Mein Zimmer liegt gleich nebenan. Sie müssen Treaves, der Hausdetektiv sein. – Richtig? Oder irre ich mich vielleicht?“

 

Er wurde etwas entgegenkommender und nickte.

 

Sie haben richtig getippt. Ich bin Treaves, der Hausdetektiv. Freut mich Sie kennen zu lernen, Mr. Random.“

 

Wir gaben uns die Hände.

 

Treaves musste dafür gesorgt haben, dass das Zimmer aufgeräumt worden ist. Wenigstens hatte man die Federn zusammengekehrt, wenngleich noch ein paar herumlagen. Die Schubladen waren geschlossen, die Matratzen und Kissen sorgfältig ausgewechselt worden.

 

Marks Besitz hatte man in einer Ecke des Hotelzimmers aufgehäuft. Zwei aufgeschlitzte Koffer, ein leichter Mantel, ein Hut und ein Tennisschläger in einem Rahmen. Der kümmerliche, traurige Rest eines Mannes, der so gut ausgesehen hatte und voller Humor gewesen war.

 

Sind Sie damit durch?“ fragte ich Treaves.

 

Der nickte nur wieder.

 

Ich werde die Sachen seiner Frau schicken müssen. Kann das jemand aus dem Hotel für mich besorgen?“

 

Einer unserer Hausdienerandroiden wird es tun. Ich werde das in die Wege leiten,“ sagte er.

 

Dann lud ich ihn ein. Er war ja schließlich ein Berufskollege von mir.

 

Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben, kommen Sie mit in mein Zimmer. Ich habe da noch einen sehr guten Whisky, der sich etwas vernachlässigt fühlt.“

 

Treaves Gesicht hellte plötzlich sich auf.

 

Ein paar Minuten habe ich schon Zeit“, sagte er schon viel freundlicher.

 

Wir gingen auf mein Zimmer. Der Hausdetektiv nahm auf einem der Sessel platz und machte es sich gemütlich. Ich holte zwei Gläser aus dem Schrank und goss in beiden etwa drei Finger hoch Whisky hinein und reichte das erste volle Glas meinem Gast.

 

Dann schaute ich Treaves Gesicht an und studierte es, während er an dem Whisky schnüffelte. Seine Gesichtszüge waren rund, ein wenig fett aber arglos. Er trug einen kleinen Schnurrbart und seine Augen sahen etwas mürrisch aus. Es konnte offenbar nicht viel Spaß machen, in einem Hotel wie diesem den Hausdetektiven zu spielen.

 

Wissen Sie schon, wer Ihren Partner ermordet hat?“ fragte Treaves mich neugierig, nachdem er einen tiefen Schluck Whisky aus dem Glas genommen hatte.

 

Nein. Aber sollte der Inspektor in dieser Sache schon etwas wissen, wird er es mir bestimmt nicht unter die Nase binden. – Haben Sie das Mädchen gesehen, das mit Shannon zusammen war, als sie weggingen?“

 

Ja, habe ich.“ Treaves zündete sich eine Zigarette an. „Hier in Terrania Bay City arbeitet die Polizei nur mit den Detektiven der ganz großen Hotels zusammen. So was wie mich ignoriert man. Soll mir auch egal sein. Wenn dieser feine Pinkel Blanking mit mir gesprochen hätte, ich hätte ihm einiges erzählen können. Hat er aber nicht. Na gut, sein Pech! Er musste ja unbedingt mit diesem Fettsack Ron Bristol reden. Was will der schon wissen, dieser seidene Krawattenträger?“

 

Und was hätten Sie dem Inspektor denn sagen können?“ fragte ich und trat näher an Treaves heran, um ihn aus der Reserve zu locken.

 

Ich bekam mit, dass Blanking von Bristol eine Beschreibung der jungen Frau haben wollte. Das hat mir wieder einmal gezeigt, was für ein Polizist er ist. Dieser Bristol sah nicht mehr von ihr als ihre eng anliegenden Kleider. Da ich unbemerkt in der Nähe war, habe ich sie ausgiebig beobachten können. Mir fielen sofort ihre dunklen Haare auf, die entweder gefärbt oder aber auch eine Perücke gewesen sein könnten.“

 

Weshalb sind Sie so sicher?“

 

Ein Hausdetektiv gebraucht halt seine Augen. Sie trug außerdem kurze Ärmel und die Härchen auf ihren Armen waren blond. Ihre Haut war von der Sonne gleichmäßig gebräunt. Sie sah einfach fabelhaft aus.“

 

Ich war von Treaves Schilderungen nicht sonderlich beeindruckt. Die Härchen auf den Armen konnten von der Sonne gebleicht worden sein und Kopfhaare kann man färben. Aber ich ließ ihn weiter erzählen und sagte nichts. Ich wollte ihn nicht verärgern.

 

Wissen Sie, Mr. Random, ich bin darin geschult worden, auf Kleinigkeiten und Gewohnheiten zu achten. Damit verraten sich die Leute, und sie hatte so eine“, fuhr Treaves fort. „Die Schönheit hielt sich knapp fünf Minuten in der Hotelhalle auf, bevor sie auf Bristol zuging, der sie bis dahin gar nicht beachtet hatte und offenbar mit anderen Dingen beschäftigt war. Und was tat sie? Sie ging weder hin und her, noch setzte sie sich hin. Sie stand einfach nur so da und spielte auf ihrem Oberschenkel Klavier.“

 

Er hievte sich aus dem Sessel, um es mir vorzumachen.

 

Schauen Sie her, so machte sie das.“

 

Er schlug auf seinem Oberschenkel eine imaginäre Tonleiter an.

 

Sehen Sie? Das tat sie die ganze Zeit, und ich sage Ihnen, dass das eine tief sitzende Gewohnheit ist, die man unbewusst tut.“

 

Ich trank einen Schluck Whisky und dachte über diese Information nach.

 

Der Polizei würde es schwer fallen, ein Mädchen zu finden, das diese Gewohnheit hat oder was meinen Sie, Treaves?“

 

Der Hausdetektiv schlürfte am Whisky herum und schaute mich aus engen Augenschlitzen an.

 

Natürlich müsste man zuerst einen Verdacht haben. Aber wenn man glaubte, man hätte sie, und man wäre nicht ganz sicher, dann wäre das der letzte Beweis.“

 

Ich tat ihm den Gefallen und nickte.

 

Mag sein, dass Sie recht haben, Treaves. Aber wofür halten Sie das Mädchen, nach all dem, was Sie von ihr gesehen haben?“

 

Hm…, schwer zu sagen. Vielleicht ist sie eine Schauspielerin, ein Modell oder auch eine Sängerin. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie sehr selbstbewusst auftrat.“

 

Und das werden Sie dem Inspektor auch alles erzählen…, oder?“

 

Treaves drückte jetzt seine Zigarette aus, schüttelte heftig den Kopf und wischte sich über die verschwitze Stirn.

 

Ach was. Ich bin nur ein kleiner Fisch, Mr. Random. Inspektor Blanking würde mich nicht einmal anhören wollen, selbst dann nicht, wenn ich persönlich zu ihm ins Büro gehen würde. Er hat keine Zeit für Typen wie mich, die in einem Mittelklassenhotel wie diesem hier als Hausdetektiv ihr Geld verdienen müssen. Ich hasse diesen Kerl für seine verdammte Hochnäsigkeit.“

 

Irgendwie tat mir Treaves plötzlich leid.

 

Haben Sie irgendeine Ahnung, wie die Person, die Mr. Shannons Zimmer durchwühlte, da hinein gekommen ist?“

 

Ich vermute mal, dass sie irgendwie an Shannons Schlüssel gekommen sein muss. Mr. Shannon vergaß ihn abzugeben. Die Person, die ihn umgebracht hat, fand den Schlüssel, kam sofort hierher, schlich die Treppe rauf und durchwühlte das Zimmer ihres Partners. Das verlangt Nerven, aber das Risiko war nicht allzu groß. Unser Personal besteht überwiegend aus Androiden, weil die im Unterhalt billiger sind und keinen Lohn beanspruchen. In der Anschaffung kosten sie zwar einiges, machen sich aber wegen ihrer äußerst langen, wartungsfreien Lebensdauer schnell bezahlt. Viele Gäste mögen diese Androiden leider nicht, die deshalb darauf programmiert wurden, so schnell wie möglich nach erledigter Arbeit in ihren Bereitstellungsraum zurückzukehren, bis sie einen neuen Auftrag erhalten. Deshalb ist es im Hotel manchmal sehr ruhig. Trotzdem muss es die unbekannte Person irgendwie geschafft haben, unbemerkt am Empfang vorbeizukommen. Sie hat nicht den Aufzug benutzt, sondern die mit Tritt gedämpften Teppichen überzogene Treppe gleich daneben. Am Vormittag ist außerdem so gut wie niemand hier oben. Die meisten Gäste sind entweder unten am Strand oder vergnügen sich in der Stadt. Sie wollen alle etwas erleben und liegen nicht auf ihren Zimmern herum.“

 

Ich leerte mein Glas und wischte mir mit dem Taschentuch übers verschwitzte Gesicht. Die Temperatur im Zimmer lag bei fast fünfunddreißig Grad.

 

Auch Treaves schwitzte. Dann gab er mir ganz unerwartet einen Tip.

 

Wissen Sie, der Inspektor ist nicht so übel. Auch wenn ich ihn manchmal zum Teufel wünschen möchte. Er ist trotzdem ein anständiger Polizist. Aber dieser Captain Fletcher ist eine ganz schlimme Sorte für sich. Wenn’s etwa gibt, was ihm verhasster ist als ein Hoteldetektiv, dann ist es ein Schnüffler. Und ganz besonders hasst er jene, die von außerhalb nach Terrania Bay City gekommen sind, um hier ihre Nachforschungen anzustellen. Wenn er nur die blasseste Ahnung davon hat, dass Sie Ihre Nase in sein Revier stecken, bekommen Sie mit Sicherheit Ärger…, sehr großen sogar.“

 

Ich goss etwas Whisky nach und legte meine Stirn in Falten.

 

Welche Art von Ärger meinen Sie?“

 

Da war mal ein Privatdetektiv. Er kam hier hin, um einem Selbstmord nachzugehen. Die Witwe war davon überzeugt, man hätte ihren Mann ermordet. Sie beauftragte also diesen Mann, um Nachforschungen anzustellen. Dieser Fletcher bekam Wind davon und warnte ihn, aber der Kerl versuchte es trotzdem. Eines schönen Tages steuerte er sein schickes Schwebefahrzeug auf einer einsamen Nebenstraße in Richtung Landesinnere, wo er Ermittlungen anstellen wollte, als er plötzlich von einem Polizeigleiter absichtlich gerammt wurde und gegen eine Straßenbeleuchtung knallte. Sein schönes Gleitercabriolet wurde dabei arg demoliert, und er selbst kam mit einem Armbruch ins Krankenhaus. Nach seiner Genesung wurde ihm der Prozess wegen Trunkenheit am Steuer gemacht. Obwohl er schwor, die Polizeibeamten hätten absichtlich eine halbe Flasche Whisky über ihn ausgeschüttet, wurde er verurteilt, erhielt eine ziemlich hohe Geldstrafe und seine Fahrlizenz wurde ihm für drei Monate entzogen. Was das für einen Privatdetektiven bedeutet, der von heute auf morgen ausschließlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, muss ich jemanden wie Sie, der selbst in dieser Branche arbeitet, wohl nicht ausführlich erklären.“

 

Das klingt aber gar nicht freundlich. Trotzdem, danke für den Tipp, Treaves. Ich werde ihm aus den Weg gehen, diesem – wie heißt der noch mal? – ach ja, Captain Fletcher.“

 

Der Hausdetektiv leerte mit sichtlichem Bedauern sein Glas und stellte es auf den Tisch zurück.

 

Das sollten Sie tun. Ich muss jetzt aber wieder an die Arbeit, Mr. Random. Um diese Zeit soll ich eigentlich schon unten in der Halle sein und aufpassen, dass sich keiner der alten Herren ein Flittchen auf sein Zimmer schmuggelt. Der Hoteldirektor ist davon überzeugt, dass es von diesen geilen Altböcken eines Tages trotzdem einer schafft. So lange ich aber hier arbeite, wird das bestimmt nicht passieren. – Danke für den Drink. Falls Sie mal Hilfe benötigen, ich werde ihnen zur Verfügen stehen und tun, was ich kann.“

 

Ich werde daran denken“, sagte ich zu Treaves.

 

Gerade, als er das Zimmer verlassen wollte, drehte er sich um und fragte mich beiläufig: „Haben Sie schon mal den Namen Lee Breedy gehört oder sagt der Name Ihnen irgendwas?“

 

Nein, wieso?“ fragte ich ihn mit gespielter Überraschung.

 

Treaves lehnte sich jetzt an den Türrahmen.

 

Dachte ich mir. Er ist der wichtigste Mann in Terrania Bay City.

 

Ich konnte meine innere Aufregung nur schwer unterdrücken. Den Namen Lee Breedy hatte Stella auf Marks Schreibunterlage gefunden.

 

Wie wichtig ist er denn?“ fragte ich Treaves so ruhig wie möglich.

 

Wollen Sie das wirklich wissen? Es wird Sie umhauen! Lee Breedy besitzt runde Hundert Milliarden Planetendollar. Das ist ein gigantisches Vermögen. Ihm gehört unter anderem die intergalaktische Star-Flotte. Sie fliegt mehr als zweitausend Planeten in der Milchstraße an. Er besitzt die Cyborg Corporation und ist Eigentümer der drei auflagenstärksten Zeitungen im Planetensystem. Er stellt Elektrozubehör für die Antigravitationsgleiter her. Er hält große Anteile an Kasinos, Anteile im Filmgeschäft der IQ-Enterprise Pictures und betreibt unzählige Hotels und Nachtlokale auf fast allen von Menschen besiedelten Planeten. Man muss mindestens ein sechsstelliges Einkommen haben und vielleicht sogar einen Ahnennachweis liefern, ehe man da reinkommt. Jetzt verstehen Sie, wie wichtig er ist. Vielleicht ist sein Vermögen noch größer, und möglicherweise besitzt er auch noch verschiedenes andere Dinge, von denen die Leute nichts wissen, aber es genügt wohl, um eine allgemeine Vorstellung von diesem Mann zu bekommen, der sogar nicht einmal vor Mord zurückschrecken soll, wie ich gehört habe. Vielleicht sind das aber alles nur Gerüchte, um den alten Breedy schlecht zu machen. Der hat genug Feinde – überall.“

 

Lebt er hier in Terrania Bay City?“

 

Ja und Nein. Er hat aber ein riesiges Anwesen draußen an der Neptun Bay auf einer großen Landzunge. Etwa fünf Meilen entfernt an der Küste. Ein Grundstück von über 30 Morgen oder mehr, mit einem Schloss ähnlichen Gebäude mit rund fünfundsechzig Zimmern, einem Schwimmbassin, das Platz für einen Flugzeugträger hat, zwölf Tennisplätze, einem eigenen Privatzoo mit Löwen, Tigern und Eisbären, hundertvierzig Mann Personal, die alle über ihre eigenen Füße fallen, um ihn bedienen zu können, und einem eigenen Jachthafen, der für seine zahlreichen Großjachten gerade groß genug ist.“

 

Ist er verheiratet?“

 

Ja.“ Treaves rümpfte die Nase.

 

Erinnern Sie sich an Elisabeth Brand, die berühmte Filmschauspielerin? Das ist seine Frau.“

 

Ich dachte nach.

 

Ich erinnerte mich dunkel, sie einmal in einem Film gesehen zu haben. Aber lange hat sie im Filmgeschäft nicht durchgehalten, bis sie irgendwann in der Versenkung verschwunden war. Wenn ich sie nicht mit einer anderen aus der Filmwelt verwechsle, dann stand sie in dem Ruf, nicht nur unbezähmbar, sondern auch unerträglich zu seien.“

 

Mehr fiel mir dazu nicht ein.

 

Der Hausdetektiv nickte mehrmals hintereinander mit dem Kopf.

 

Genau das ist sie. Sie interessieren sich für Mr. Breedy und seine Familie?“ fragte mich Treaves plötzlich.

 

Eigentlich im Moment nicht besonders“, antwortete ich ihm. „Sein Name fiel mal irgendwo. Irgend jemand nannte ihn. Ich wollte eigentlich nur wissen, wer er ist.“

 

Treaves blickte mich mit forschendem Gesichtausdruck an. Seine Augen sahen förmlich wie Fragezeichen aus. Dann nickte er nachdenklich, öffnete die Tür und ging.

 

Ich kramte nach meiner Schachtel Zigaretten, fand sie schließlich in der rechten Hosentasche, fingerte eine heraus, zündete sie an und legte mich ausgestreckt aufs Bett.

 

Ich musste wieder an Mark denken. Hatte er nicht gesagt, dass in dem Auftrag viel Geld stecke? Wenn sein Auftraggeber etwa dieser Lee Breedy gewesen war, würde das sicherlich stimmen. Aber warum sollte so ein steinreicher Mann wie dieser vielfache Multimilliardär Breedy einen völlig unbekannten Agenten namens Mark Shannon aus New York engagieren? Mit seinem immensen Reichtum im Hintergrund konnte er sich locker weitaus bekanntere und bessere Agenturen leisten, als ausgerechnet unsere.

 

Ich strich mir mit meinen Fingern durchs feuchte Haar und dachte darüber nach, wie ich an Mr. Breedy herankommen könnte.

 

Ein reicher Mann wie er musste von Sekretärinnen, Rausschmeißern, Bodyguards und schleimigen Jasagern nur so umgeben sein, deren einzige Aufgabe darin bestand, Leute wie mich von ihm fernzuhalten. Es würde bestimmt nicht leicht sein, ihn zu fragen, ob er meinen Partner Mark engagiert hatte und warum.

 

Ich trank einen Schluck Whisky. Langsam kam ich in Stimmung. Dann griff ich nach dem Telefonhörer und nahm ihn auf.

 

Eine freundliche Mädchenstimme aus der Telefonzentrale des Hotels fragte mich danach, was sie für mich tun könne.

 

Verbinden Sie mich bitte mit ihrem Hausdetektiven“, sagte ich zu ihr.

 

Es gab eine kleine Pause, dann war Treaves am Apparat.

 

Ich muss ein Telefongespräch führen“, sagte ich. „Wie sauber ist eure Zentrale?“

 

Er verstand sofort, was ich meinte.

 

Kein Grund zur Sorge. Vor ein paar Minuten war noch ein Beamter der Mordkommission aus Inspektor Blankings Team da. Jetzt ist er weg.“

 

Ich bedankte mich beim Hausdetektiven und ließ mich dann wieder mit der Zentrale verbinden. Das Mädchen war wieder dran.

 

Verbinden Sie mich bitte mit Lee Breedys Büro“, sagte ich knapp.

 

Sie bat mich zu warten, und nach einer kleinen Pause meldete sich am anderen Ende der Leitung eine männliche Stimme.

 

Sie sind mit dem Büro von Mr. Lee Breedy verbunden.“

 

Ich hätte gern Mr. Breedy gesprochen.“

 

Bitte nennen Sie mir Ihren Namen, Sir.“

 

Meine Name ist Lester Random.“

 

Bitte bleiben Sie am Apparat! Ich verbinde Sie mit Mr. Breedys Sekretär.“

 

Ich wartete geduldig.

 

Es knackte ein paar Mal, dann meldete sich eine knappe Stimme, scharf genug, um damit Brot zu schneiden: „ Hier Hammersmith. Wer spricht?“

 

Hier Lester Random. Ich möchte Mr. Breedy persönlich sprechen.“

 

Augenblick bitte.“

 

Ich lauschte angestrengt in den Hörer und konnte sein schweres Atmen förmlich wahrnehmen und hören, wie er offensichtlich in einem Buch blätterte, vermutlich in einem Adressbuch. Der Kerl schien vorsichtig zu sein. Er wurde nicht grob, bevor er nicht genau wusste, mit wem er sprach.

 

Mr. Random?“ fragte er jetzt schon viel aggressiver. „Was wünschen Sie denn von Mr. Breedy?“

 

Das wird Ihnen Mr. Breedy sagen, falls er will, dass Sie es erfahren. Verbinden Sie mich jetzt mit ihm und vergeuden Sie meine Zeit nicht weiter.“

 

Ich legte einen drohenden Unterton in meine Stimme, ließ sie absichtlich etwas hart klingen. Es half zwar nicht viel, aber es dämpfte ihn etwas.

 

Sir, es ist nicht möglich, dass Sie mit Mr. Breedy sprechen“, antwortete er schon etwas zurückhaltender. „Wenn Sie mir wenigstens eine Andeutung machen können, worum es sich handelt, kann ich es ihm mitteilen, und vielleicht ruft er Sie zurück.“

 

Ich merkte, dass ich in einer Sackgasse steckte. Wenn ich zu grob wurde, würde er erkennen, dass ich ihn düpieren wollte, darum spielte ich meine letzte und nicht zu starke Karte.

 

Sagen Sie Mr. Breedy, ich sei Teilhaber der Random & Shannon Ermittlungsagentur in New York.“

 

Wirklich?“ Die Stimme klang etwas überrascht und weniger sicher als vorher.

 

Also gut, Mr. Random, ich werde mit ihm sprechen, und wir rufen Sie zurück. Geben Sie mir bitte Ihre Nummer.“

 

Ich gab ihm die Nummer des Hotels und hängte ein. Dann drückte ich meine Zigarette aus, trank den Whisky in meinem Glas und schloss die Augen. Der Rückruf würde bestimmt auf sich warten lassen, dachte ich und schlief wenige Minuten später ein.

 

Ganz plötzlich wurde ich von dem scharfen alles durchdringenden Ton des Zimmertelefons geweckt. Ich zuckte so heftig zusammen, dass ich fast vom Bett rollte. Ich sah auf die Uhr und griff nach dem flachen Hörer. Mein Schlaf hatte nicht lange gedauert, etwa zwanzig Minuten oder etwas mehr.

 

Mr. Random?“

 

Ich erkannte Hammersmiths Stimme.

 

Ja, am Hörer.“

 

Hier Hammersmith. Ich rufe wie versprochen zurück und möchte Ihnen nur mitteilen, dass Mr. Breedy Sie heute um drei Uhr Nachmittag erwartet.“

 

Um drei Uhr?“

 

Ja, Mr. Random. Bitte seien Sie pünktlich. Mr. Breedy hat noch eine Menge anderer Termine für den heutigen Nachmittag und kann Ihnen daher nur wenige Minuten widmen.“

 

Das wird mir genügen“, sagte ich, bedankte mich und legte auf.

 

Ich blieb auf dem Bett liegen, starrte an die Decke und wartete etwas. Dann schwang ich meine Beine auf den Boden. Mr. Breedy musste Marks Auftraggeber gewesen sein. Es gab sonst keinen anderen Grund, dass sich ein Mann in seiner Stellung die Mühe machte, mich zu empfangen.

 

 

Flüchtig sah ich auf meine Uhr. Etwas mehr als eine halbe Stunde blieb mir noch, um zu seinem Anwesen zu kommen. Ich beeilte mich, öffnete den Kleiderschrank, wo ich die Sachen aus meinem Koffer verstaut hatte und suchte mir den besten Anzug aus. Keine zehn Minuten später saß ich in meinem Cabrio-Gleiter und war auf dem Weg zu Breedys Wohnsitz.

 

***


Fortsetzung folgt irgendwann!


Ende Teil 4


 


 

***
 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 5)



Mr. Lee Breedys riesiger Besitz befand sich außerhalb von Terrania Bay City auf einer breiten Landzunge mit einem eigenen Landeplatz für senkrecht startende Flugzeuge und einem gewaltigen Jachthafen. Schon vom leicht abfallenden Boulevard hatte man mit einem normalen Fernglas einen guten Blick darauf, obwohl das Anwesen weit weg lag.

 

Ehe ich mit meinem Schwebegleiter, den die Polizei dankenswerter Weise auf dem Hotelparkplatz abgestellt hatte, in die Privatstraße einschwenkte, die direkt zu dem Besitz führte, nahm ich den Gashebel zurück, um mir alles gut anzusehen.

 

Etwa eine Viertelstunde später erreichte ich eine der rot-weiß gestrichenen Schranken, die mich am Weiterfahren hinderten. Daneben stand ein kleines, weißes Wachhäuschen. Die Wachen waren keine Androiden, sondern Menschen.

 

Zwei Männer in weißen Hemden, eng anliegenden schwarzen Hosen, ebenso schwarzen Lederstiefeln und breiter Schirmmütze beobachteten mein Näherkommen. Beide sahen wie ehemalige Polizeibeamte aus, beide trugen eine moderne Laserpistole an ihrer Hüfte.

 

Ich habe eine Verabredung mit Mr. Breedy“, sagte ich zum Fenster meines Gleiters heraus.

 

Einer der Wachleute kam zu mir heran. Seine Augen musterten mich argwöhnisch, und an seinem kurzen Nicken erkannte ich, dass weder mein eleganter Schwebegleiter noch ich bei ihm Zustimmung fanden.

 

Name?“

 

Mr. Random von Random & Shannon, Ermittlungsagentur New York“, sagte ich.

 

Er sah auf einer Liste nach, die er in der Hand hielt, winkte dann dem anderen Wächter zu, der die Schranke mit einem Knopfdruck nach oben fahren ließ.

 

Fahren Sie geradeaus, biegen Sie an der Kreuzung links ab und parken Sie ihren Gleiter auf Platz Nr. 6, wo er automatisch angedockt und verriegelt wird.“

 

Ich nickte wortlos, legte vorsichtig den Gashebel nach vorne und schwebte langsam weiter. Die beiden Wachmänner starrten mich an, als wollten sie sich vergewissern, mich das nächste Mal wiederzuerkennen.

 

Nach einer halben Meile kam ich an ein massives Stahltor. Es war etwa fünf bis sechs Meter hoch, mit schweren Eisennieten beschlagen. Es bewegte sich auf einer Schiene surrend nach rechts. Dann erreichte ich eine sandbedeckte Privatstraße, fuhr an einen Hain und dann an kunstvollen, prächtig gestalteten, mit weiten Flächen kurzgeschorenen Rasens, Blumenbeeten, versenkten Rosengärten, reich verzierten Brunnen und spritzenden Wasserfontänen vorüber.

 

An der Kreuzung bog ich wie angewiesen nach links. Ich erreichte einen großen asphaltierten Platz, der durch weiße Linien in Parkstellen mit automatischen Andockvorrichtungen für Schwebegleiter ausgestattet war. An manchen Plätzen standen polierte Metallschilder mit Goldbuchstaben drauf.

 

Ich steuerte den Gleiter auf Platz Nr. 6, wo er automatisch angedockt und in einer geraden Parkstellung unverrückbar festgehalten wurde. Ich stieg aus und sah mir schnell ein paar Schilder an. Schild eins hieß: Mr. Breedy, Nummer zwei: Mrs. Breedy/Brand, Nummer drei: Mr. Hammersmith. Es waren noch viele andere Namen da, die mir allerdings nicht viel sagten.

 

Sie sind beeindruckt, was?“ räusperte sich eine Stimme hinter mir. „Bedeutende Leute. Die nehmen sich so wichtig, dass sie noch daran krepieren werden.“

 

Ich drehte mich um.

 

Ein untersetzter Mann in einer weißen Wachuniform, die Mütze in den Nacken geschoben, grinste mich freundlich an. Sein Gesicht war von der Sonne braungebrannt und verschwitzt, und als er näher kam, roch er nach Alkohol.

 

Die Welt ist voll von dieser Sorte Mensch.“

 

Da haben Sie schon recht, aber der ganze aufgeblähte Quatsch hier ist doch nur vergeudetes Geld.“ Er deutete mit der rechten Hand auf die Schilder. „Als ob es ihnen etwas ausmachen würde, wo sie ihre sündhaft teuren Nobelkarossen parken.“ Seine kleinen, wachsamen Augen glitten über mich. „Suchen Sie jemand bestimmten?“

 

Schon…, Mr. Breedy“, antwortete ich.

 

Wirklich? Den lass ich Ihnen gern. Ich persönlich habe genug von diesem Kerl. Heute ist nämlich mein letzter Arbeitstag hier, und ich bin froh darüber.“

 

Der alte Wachmann beugte sich vor und klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter.

 

Ich habe es früher nicht verstanden und verstehe es heute immer noch nicht, warum alles Geld immer bei den größten Lumpenpack landet. Dieser verrückte Breedy ist nie mit was zufrieden. Seine Schuhe glänzen ihm nicht genug, seine protzigen Schwebekarossen müssen mehr poliert sein als die anderen, seine Rosen sind ihm zu klein, sein Essen ist ihm entweder nicht heiß oder nicht kalt genug. Dieser Mann ist irgendwie krank im Kopf. Der kann nicht glücklich sein. Hätte ich nur einen Bruchteil seines Vermögens, wäre ich glücklich wie ein Schneekönig, aber diesem Breedy ist nie was recht.“

 

Ich warf einen raschen Blick auf meine Uhr. Es war kurz vor drei. Ich musste mich beeilen.

 

So ist die Welt nun mal, mein Guter. Wir beide werden sie nicht ändern können“, antwortete ich.

 

Mit Ihrer Feststellung liegen Sie bestimmt richtig. Die Welt bleibt wie sie ist. Da kann man nichts machen. Ich würde mich gern weiter mit Ihnen darüber unterhalten.“ –


 

Wann müssen Sie bei Breedy sein?“ fragte der Wachmann mich plötzlich.

 

Ich soll um drei Uhr bei ihm sein, und man hat mir gesagt, er nimmt es einem übel, wenn man zu spät kommt und ihn warten lässt.“

 

Das stimmt schon, aber bilden Sie sich nicht ein, dass Sie ihn auch um die vereinbarte Zeit zu Gesicht bekommen. Ganz so sicher ist das nicht. Ich habe Leute gesehen, die mussten viele Stunden warten, ehe sie zu ihm kamen. – Ich heiße Sie trotzdem willkommen. Für meine Person kann ich aber nur sagen, dass ich lieber einen Aussätzigen treffen würde, als den steinreichen Mr. Breedy.“

 

Ich wollte schon gehen, als mir plötzlich etwas einfiel.

 

Was machen Sie heute Abend? Haben Sie schon etwas vor? Könnten wir uns um sechs Uhr treffen?“

 

Der Wachmann lächelte fröhlich.

 

Ich habe schon etwas zu tun. Heute Abend um sechs wird gefeiert. Hab’s jedenfalls vor. Wenngleich auch nur im allerkleinsten Kreis. Zwei Jahre habe ich bei dem alten Schuft gearbeitet. Ich muss eine Menge trinken, um alles zu vergessen, was ich in dieser Zeit an Negativem erlebt habe. Warum fragen Sie?“

 

Tja, ich habe selten einen Grund zum Feiern“, gab ich ihm zur Antwort. „Es wäre einfach schön, wenn wir es zusammen machen würden, wenn Sie nicht schon fest verabredet sind.“

 

Der Alte starrte mich an. „Nun ja. Fest ist bei mir nichts. – Trinken Sie denn richtig?“

 

Was glauben Sie denn? Bei besonderen Gelegenheiten schon. Dies könnte in der Tat eine sein.“

 

Nun, warum eigentlich nicht? Meine Frau schätzt es sowieso nicht, wenn ich Zuhause einen trinke. Draußen bin ich meistens allein, aber mit Ihnen zusammen soll es mir recht sein. Ich muss nur wissen, wo und wann wir uns treffen sollen.“

 

Sagen wir mal so um sieben? Kennen Sie eine gute Kneipe?“

 

Ja. Sie heißt Jimmys Club. Die ist sehr bekannt. Jeder kann Ihnen sagen, wo sie ist. Ich heiße übrigens Fuller, mein Vorname ist Ralph. Und wie heißen Sie?“

 

Lester Random. Also dann, bis heute Abend, Mr. Fuller.“

 

Darauf können Sie sich verlassen.“

 

Ich verließ den alten Wachmann, ging schnellen Schrittes die Stufen hoch, wandte mich nach links und marschierte rüber zum Haupteingang.

 

Das weitläufige Gebäude war sehr massiv und über drei Stockwerke hoch. Es hatte große Fenster, ein weinrotes Ziegeldach und die Wände waren mit weißer Farbe gestrichen. Im hinteren Teil, direkt an den Klippen, befand sich die Terrasse, die ringsherum von blühenden Schlingpflanzen gesäumt wurde. Von dort aus musste man einen prachtvollen Ausblick aufs Meer haben.

 

Ich hatte noch genau eine Minute Zeit, als ich auf den messingfarbenen Knopf an der Marmorwand für die Glocke drückte. Ein hagerer Zwei-Meter-Mann, im traditionellen Butler Anzug öffnete mir die Tür.

 

Mr. Random?“

 

Jawohl!“ sagte ich.

 

Wenn Sie mir bitte folgen würden.“

 

Ich wurde durch die Halle in den Sonnenschein hinausgeführte, dann durch französische Türen und einen Gang zu einem Zimmer gebracht, das mit mindestens fünfzehn oder zwanzig tiefe Polstersessel und einem langen Edelholztisch ausgestattet war. An den Wänden hingen Gemälde weltberühmter Maler.

 

Sechs erschöpft aussehende Geschäftsleute mit flachen Aktentaschen in den Händen starrten mich mit benommener Gleichgültigkeit an. Sie mussten hier wohl schon lange warten, sodass sie offenbar das Gefühl für die Zeit schon gänzlich verloren hatten.

 

Mr. Breedy wird Sie baldmöglichst empfangen“, sagte der Butler und verschwand so leise und glatt davon, als rollte er auf Rädern.

 

Ich nahm auf einen der Sessel platz und schaute mich interessiert im Zimmer um.

 

Keine fünf Minuten später wurde plötzlich die Tür aufgestoßen, und ein jugendlich wirkender, ziemlich schlanker, recht hagerer Mann, mit einem dieser Kinne, wie sie hochgestellte Wirtschaftsführer haben, kurz geschnittenem Haar und einer schwarzen Lederjacke, betrat den Raum.

 

Das muss Hammersmith sein“, dachte ich halblaut vor mich hin

 

Die sechs Geschäftsleute standen stramm wie Zinnsoldaten, packten ihre Aktenkoffer noch energischer und reckten die Nase vor, wie Windhunde ihre Schnauze, wenn sie das Wild stellen.

 

Seine kalten, unfreundlichen Augen liefen über sie hinweg und blieben schließlich an mir hängen.

 

Mr. Breedy ist bereit, Sie zu empfangen, Mr. Random.“

 

Als ich aufstand, sagte einer der wartenden Geschäftsleute: „Mr. Hammersmith, Sie werden entschuldigen, aber ich warte jetzt schon seit mehr als drei Stunden. Sie sagten vorhin, ich sei der nächste, den Mr. Breedy empfängt.“

 

Hammersmith schaute den Mann mit finsterem Blick an. „So, sagte ich das? Mr. Breedy bestimmt die Reihenfolge, nicht ich. – Hier bitte entlang, Mr. Random“, fuhr er zu mir gewandt fort. Er führte mich durch einen Gang in einen kleineren Vorraum, durch zwei Türen, die beide gepolstert waren, zu einer anderen, sehr massiven, aus solidem Eichenholz.

 

Hammersmith klopfte an, öffnete sie vorsichtig und sah hinein und sagte mit gedämpfter Stimme: „Mr. Random ist hier, Sir.“

 

Dann trat er einen Schritt zur Seite und winkte mir mit der rechten Hand zu und bat mich einzutreten.

 

Ich setzte mich in Bewegung und fand mich wenige Augenblicke später in einem Raum wieder, der mich an irgendwie an ein Museum erinnerte. Er war bestimmt an die zwanzig Meter lang, wenn nicht noch länger. Die hohe Decke war mit Stuckornamenten überzogen. Überall hingen sündteure Ölgemälde herum, vor denen Büsten berühmter Männer und Frauen auf kleinen Säulenfragmenten thronten. Am anderen Ende stand zwischen zwei großen Fenstern, die einen schönen Ausblick auf die Neptun Bay boten, ein altertümlicher Schreibtisch, der bestimmt so groß wie drei Billardtische war. Davor standen zwei tiefe Sessel. Links und rechts in den Ecken neben den Fenstern befanden sich jeweils zwei mittelalterliche Rüstungen mit geschlossenem Visier. Jeder Blechritter umklammerte mit seiner matt glänzenden Eisenfaust einen langen Speer.

 

Hinter dem mächtigen Schreibtisch saß ein kleiner, gebrechlich wirkender Mann, die klobige Brille, die wie ein nachgemachter Uhu aussah, nach oben auf die Stirn geschoben. Seine Haare waren schütter und grau. Sein Gesicht war schmal und sah knochig aus. Das kantige Kinn passte nicht ganz dazu. Die Gesichtszüge waren fein, der Mund wirkte zusammengepresst. Erst als ich der vollen Kraft begegnete, die in seinem Blick lag, erkannte ich, dass ich wirklich vor einem großen Mann stand.

 

Er fixierte mich mit einem eiskalten Röntgenblick, ließ mich durch den ganzen Raum kommen und hielt den Scheinwerfer seines durchdringenden Blickes auf mich gerichtet. Auf meiner Stirn bildete sich feiner Schweiß, als ich endlich seinen riesenhaften Schreibtisch erreichte.

 

Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und schaute mich in jener Weise an, wie man eine Schmeißfliege betrachtet, die einem in die Suppe geraten ist.

 

Er sagte nichts und zog die Pause absichtlich in die Länge. Dann sagte er in einer seltsam weichen, fast fraulich anmutenden Stimme: „Was wollen Sie von mir, Mr. Random?“

 

Inzwischen musste ich seinen Überlegungen zufolge völlig unterwürfig und Knie beugend geworden sein, dass ich vor ihm auf Händen und Füßen kriechen würde. Na ja, ich gebe zu, ich hatte ein flaues Gefühl im Magen, aber lange nicht so, wie er sich das wohl wünschte.

 

Mr. Breedy, wie Sie bereits wissen bin ich von der Random & Shannon Ermittlungsagentur in New York. Vor weniger als einer Woche haben Sie meinen Partner Mark Shannon engagiert.“

 

Das schmale, knochige Gesicht vor mir blieb nichtssagend und kühl.

 

Was bringt Sie auf die Idee, dass ich das getan hätte?“ fragte er.

 

Ich erkannte an seiner Frage, dass er sich nicht sicher war und dass er erst das Gelände erkunden wollte, ehe er seine schweren Geschütze auffährt.

 

Wir führen eine Liste all unserer Auftraggeber, Mr. Breedy“, entgegnete ich ihm wahrheitswidrig. „Ehe mein Partner Shannon unser Büro verließ, hat er in einer Aktennotiz festgehalten, dass Sie ihn engagiert haben.“

 

Er legte seine Ellenbogen auf seinen Schreibtisch und seine Fingerspitzen gegeneinander. Auf diesen Bogen stützte er sein kantiges Kinn.

 

Wissen Sie Mr. Random, ich muss jede Woche ein Menge Leute engagieren, um wichtige Arbeiten für mich verrichten zu lassen“, sagte er. „Ich erinnere mich nicht an einen Mark Shannon. Was soll das alles?“

 

Mr. Shannon wurde kurz nach meiner Ankunft in Terrania Bay City ermordet aufgefunden“, antwortete ich und hielt seinem harten, durchdringenden Blick stand. „Ich nehme mal an, Sie wünschen, dass ich die Arbeit beende, die er für Sie übernommen hat.“

 

Er fasste sich mit der rechten Hand ans Kinn und klopfte mit dem Zeigefinger darauf.

 

Und was denken Sie, was das für eine Arbeit sein soll?“

 

Ich ärgerte mich. Da war sie wieder, die verdammte Sackgasse. Ich wusste, dass ich früher oder später in sie hineingeraten würde. Aber ich hatte gehofft, ich könnte ihn durch einen Bluff aus seiner Deckung herauslocken. Hatte anscheinend nicht geklappt. Ich behielt trotzdem die Ruhe.

 

Darüber wissen Sie mehr als ich.“

 

Er lehnte sich wieder in seinen Sessel zurück. Sein Gesicht war nach wie vor ausdruckslos, aber ich konnte sehen, dass seine Gedanken arbeiteten. Dann streckte er einen knochigen Finger aus und drückte auf einen Knopf.

 

Schlagartig ging rechts von seinem Schreibtisch eine Tür auf, und Hammersmith erschien so schnell, als habe er darauf gewartet, herbeigerufen zu werden.

 

Holen Sie mir T-Bird!“ befahl Breedy, ohne seinen Blick zu heben.

 

Natürlich. Sofort, Sir“, antwortete Hammersmith und verschwand.

 

Ohne ein Wort zu sagen warteten wir vielleicht dreißig Sekunden, dann klopfte jemand an die Tür. Sie öffnete sich und ein schlanker Androide kam herein. Ich erkannte diese Dinger sofort an ihrem seltsam fließenden Gang. Seine Augen waren klein, und in ihnen lag das wilde Glimmen, das man vielleicht in den Augen eines gereizten und bösartigen Orang-Utans finden kann. Seine künstlichen schwarzen Haare ragten über seinen Kragen hinaus. Er trug einen eng anliegenden Lederanzug, der an den Armgelenken eine wulstige Verdickung aufwies.

 

Sehen Sie sich diesen Mann genau an, T-Bird“, sagte er. „Ich wünsche, dass Sie ihn nicht vergessen. Es kann ganz gut sein, dass Sie sich seiner irgendwann annehmen müssen. Es ist unwahrscheinlich, aber vielleicht ist er dümmer, als er aussieht. Speichern Sie seine Physiognomie ab, damit Sie ihn zweifelsfrei wiedererkennen.“

 

Der Androide T-Bird drehte sich mir zu und starrte mich an. Seine grausamen kleinen Augen glitten über mein Gesicht.

 

Den kenne ich jederzeit wieder, Chef“, sagte der Maschinenmensch leise und rau. Breedy winkte ihn danach fort. T-Bird verließ unverzüglich den Raum.

 

Es folgte wieder eine kleine Pause, dann fragte ich: „Und was soll er mit mir tun? Soll er Hackfleisch aus mir machen?“

 

Breedy nahm seine klobig Brille von der Stirn und legte sie auf den Schreibtisch. Dabei schaute er mich durchdringend an.

 

Um ganz ehrlich zu sein, Mr. Random, habe ich für Ermittlungsagenten nicht das Geringste übrig“, sagte er. „In meinen Augen sind Sie nur ein kleiner schäbiger Versager, der eine Neigung dazu hat, Erpresser zu werden. Ich habe Ihren Mr. Mark Shannon nicht engagiert, und es wäre mir auch nie in den Sinn gekommen. Ich würde Ihnen raten, sofort aus dieser Stadt zu verschwinden. Ein reicher Mann wie ich wird häufig von Typen ihrer Art belästigt. Es spart Zeit und Missverständnisse, Sie mit T-Bird noch näher bekannt zu machen. Er ist ein bemerkenswerter Androide. Eine Sonderanfertigung aus meiner neuesten Produktion…, sozusagen ein Einzelstück. Absolut treu ergeben und zuverlässig auf mich programmiert. Wenn ich zu ihm sage, dass mir ein Mann lästig wird, dann macht er es zu seiner Aufgabe, den Mann zu überreden, mir nicht lästig zu fallen. Ich habe nie nachgeforscht, wie er es tut, aber mir ist kein Fall bekannt, dass es ihm bisher misslungen wäre. So ist die Lage, Mr. Random. Ich hege auch nicht die Absicht, mit Ihnen etwas zu tun zu haben. Wenn Sie nicht glauben, dass Sie mir noch etwas von Bedeutung zu sagen hätten, können Sie jetzt gehen.“

 

Ich lächelte ein wenig über seine aufgeblasenen Worte. Sein durchdringender Röntgenblick, die Größe des Raumes mit all den Kostbarkeiten darin und die Respekt bietende Atmosphäre machten jetzt keinen Eindruck mehr auf mich. Wut kochte in mir hoch. Und das bedeutete eine ganze Menge, wenn ich mal so weit war.

 

Doch, ich habe noch etwas zu sagen, Mr. Breedy“, antwortete ich ihm. Ich stützte meine Hände auf seinen Schreibtisch und starrt ihn ebenfalls ins Gesicht.

 

Erstens hielt ich Sie zunächst für klüger, als Sie sind. Anfangs war ich mir nicht sicher, dass Sie meinen Partner Shannon engagiert hatten. Jetzt bin ich sogar davon überzeugt. Zufällig kritzelte Shannon Ihren Namen auf seine Schreibunterlage. Das war für mich der einzige Hinweis, den ich besaß. Ich hatte es für möglich gehalten, dass jemand ihm gegenüber Ihren Namen erwähnte und dass er während dieser Unterhaltung den Namen hinkritzelte. Ich kenne meinen Partner sehr gut. Es war so eine Art alte Marotte von ihm. Er tat es schon fast zwanghaft. Als ich Sie heute Mittag anrief, war ich fest davon überzeugt, dass Sie mich nicht empfangen würden. Ein Mann mit Ihrem Vermögen empfängt nicht irgendeinen kleinen Ermittlungsagenten, es sei denn, dass seine Absichten andere waren. Vielleicht wollten Sie mich mit einem Auftrag betrauen oder Ihnen geht was im Kopf herum, dass Sie nachts nicht schlafen lässt. Als Sie mir vor sechs bedeutend aussehenden Geschäftsleuten, von denen manche schon Stunden vor mir warteten, den Vorzug gaben, verriet das mir, dass in Ihrem Kopf Dinge herumgehen, die Sie nachts nicht nur wach halten, sondern Sie im höchsten Maße beunruhigen. Offenbar konnten Sie nicht länger warten. Sie wollten hören, wie viel ich wirklich wusste. Als Sie allerdings feststellten, wie wenig das war, riefen Sie Ihren Gorilla-Androiden und hielten ihn mir ein wenig unter die Nase. Sie dachten wohl, mich damit so einzuschüchtern, dass ich in mein Hotel zurückrasen, meine Koffer packen und wie ein geölter Blitz aus Terrania Bay City verschwinden würde. Tja, Mr. Breedy, das war nicht geschickt. Sie sollten doch inzwischen gelernt haben, dass manche Leute nicht leicht einzuschüchtern sind. Rein zufällig gehöre ich auch dazu.“

 

Sonst noch was, Mr. Random?“ fragte Breedy trocken.

 

Ja. Da ist noch was. Ich bin sicher, dass Sie Mark Shannon engagierten. Während er für Sie arbeitete, fand er offensichtlich etwas heraus, was irgend jemand nicht gefiel. Darum wurde er umgebracht. Meiner Überzeugung nach besitzen Sie den Schlüssel, der die Polizei zu seinem Mörder führen könnte. Ihrer Stellung entsprechend wünschen Sie aber nicht, in einen schäbigen Mordfall verwickelt zu werden. Denn wenn Sie darin verwickelt würden, müsste auch der Grund bekannt werden, weshalb Sie meinen Partner holten. Ich habe die Erfahrung gemacht; wenn ein reicher Mann, und Sie sind vielfacher Multimilliardär, sich soweit herablässt, jemanden wie Shannon zu engagieren, der extra aus dem weit entfernten New York anreisen muss, dass dieser Mann wohl eine ziemlich stinkige Geschichte anfassen sollte, von der niemand, der in Ihrer Stadt lebt, was erfahren soll. Nun, Shannon ist tot. Er war nicht nur mein Partner, sondern auch ein sehr guter Freund, trotz mancher Schwächen. Er hat eine Frau mit Familie, Mr. Breedy. Wenn die Polizei seinen Mörder nicht finden kann, dann kann ich es vielleicht. Niemand wird mich aufhalten, weder Sie noch Ihr Gorilla-Androide T-Bird.“

 

Ich stand auf und stieß mich vom Schreibtisch zurück.

 

Das ist alles. Sie brauchen Ihren Lakai nicht zu bemühen, ich finde hier allein raus.“

 

Noch während der Butler versuchte, mich zum Ausgang zu führen, den ich selbst energisch anstrebte, sagte mir Breedy mit seiner weichen, weiblichen Stimme hinterher: „Behaupten Sie nicht, dass ich Sie nicht gewarnt hätte, Mr. Random.“

 

Seine letzten Worte klangen wie schwach klappernde Pingpongbälle, die auf der Tennisplatte an Schwung verloren.

 

***

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 5


 


 

***

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 6)


Die Fahrt ins Hotel dauerte etwas mehr als eine dreiviertel Stunde. Ich hatte mir Zeit gelassen. Ich stand ja nicht unter Zeitdruck, wie bei der Hinfahrt. Zusätzlich war der späte Nachmittagsverkehr schon sehr stark geworden.

 

Während ich in meinem Schwebegleiter dahin rauschte, machte ich mir so meine Gedanken. Ich war überzeugt, dass Breedy meinen Partner Shannon engagiert hatte. Aber ich wusste immer noch nicht, ob Mark ermordet worden war, weil er bei seiner Arbeit für Breedy etwas aufgedeckt hatte, oder weil ihn, wegen des Mädchens, irgendein Schlägertyp aufs Korn genommen hatte. Im Stillen verfluchte ich Marks Schwäche für Weiber. Die Aufgabe, seinen Mörder zu finden, wurde dadurch zusätzlich erschwert.

 

Dann erinnerte ich mich an meine Verabredung mit Ralph Fuller. Ich war froh darüber gewesen, diesen Mann kennen gelernt zu haben. Unzufriedene Angestellte waren häufig die Quelle für nützliche Informationen, und die brauchte ich jetzt dringender als je zuvor.

 

Als ich vor dem Hotel anhielt, sah ich einen Polizeigleiter, der nur wenige Meter vor mir parkte.

 

Ich schaltete die Antriebsturbinen meines Schwebemobils auf null und stieg aus.

 

Plötzlich wurde die Tür des Streifengleiters aufgestoßen und mein alter Freund Sergeant Harry tauchte auf.

 

Captain Fletcher will Sie sprechen“, sagte er, als er einen Meter vor mir stand. „Kommen Sie, Random! Beeilen Sie sich!“

 

Und was, wenn ich keine Lust habe, mit ihm zu sprechen?“ erwiderte ich lächelnd.

 

Nun machen Sie schon. Kommen Sie!“ wiederholte er. „Wenn nicht freiwillig, dann unfreiwillig, ganz wie Sie wollen.“

 

Hat er gesagt, was er von mir will?“ fragte ich, während ich neben dem Sergeanten zu dem Polizeigleiter ging.

 

Nein“, sagte Harry.

 

Hinter dem Steuerknüppel des Pol-Gleiters saß ein uniformierter Polizist, der allerdings kein Androide war. Er drehte sich um, als er mich sah und grinste etwas schräg.

 

Ich setzte mich neben Harry auf den weichen Rücksitz und der Gleiter schoss los, als sei Alarmstufe rot ausgerufen worden. Er zündete sich plötzlich eine Zigarette an, anstatt, wie ich dachte, ein Kaugummi zu kauen.

 

Habt Ihr den Mörder schon gefunden?“ fragte ich .

 

Noch nicht, aber den kriegen wir. In den letzten zwei Jahren hatten wir sechs Mordfälle in unserer Stadt und haben noch nicht einen Mörder erwischt. Das muss sich zur Abwechselung mal ändern, und das ist gerade der richtige Fall dafür.“

 

Er schaute den Fahrer vielsagend an und fragte ihn: „Was meinst du, Joe?“

 

Wie man’s nimmt“, sagte Joe vorsichtig. „Es liegt nicht daran, dass uns die richtigen Männer fehlen. Im Gegenteil. Die haben wir. Es sind alle gute, helle und schlaue Detektive, die eine Spur erkennen, wenn sie eine vor sich haben, aber irgendwie werden wir von einer Pechsträhne verfolgt. Ich würde nicht mein Gehalt darauf wetten, dass wir den Mörder finden, aber es könnte immerhin sein.“

 

Da haben Sie’s“, sagte Harry und verzog den Mund zu einem unnatürlichen Lächeln. Seine Augen schienen nicht mitzumachen.

 

Wie der gute Joe schon ganz richtig sagte, er würde nicht sein Gehalt darauf wetten, aber finden könnten wir ihn.“

 

Denkt Captain Fletcher das auch?“

 

Es hat eigentlich noch nie jemand gefragt, was Captain Fletcher denkt oder nicht denkt. Er ist da ziemlich eigen und hält sich gerne zurück. An Ihrer Stelle würde ich ihn auch nicht danach fragen. Der Mann ist unberechenbar. Seien Sie also vorsichtig, was Sie sagen, Random.“

 

Wir brausten durch die Gegend. Der Fahrtwind heulte an der Karosserie des Pol-Gleiters vorbei. Sergeant Harry saß rauchend neben mir.

 

Wieder stellte ich eine Frage.

 

Habt ihr das Mordwerkzeug schon gefunden?“

 

Sergeant Harry schüttelte genervt den Kopf.

 

Fehlanzeige bisher. Der Inspektor glaubt, dass der Mörder es mitnahm. Wahrscheinlich hat er sogar recht, aber auch darauf würde ich nicht Joes Gehalt wetten. Der Täter kann die Tatwaffe auch irgendwo vergraben haben. Da unten am Strand gibt es eine Menge Sand. Das Ding könnte überall liegen.“

 

Ihr habt auch die Leiche des Mädchens nicht gefunden?“

 

Harry schüttelte wieder den Kopf. „Keine Spur von ihr. Der Inspektor meint, sie ist nicht umgebracht worden, sondern hat sich nur aus dem Staub gemacht.“

 

Vielleicht hat sie meinen Partner getötet.“

 

Harry prustete auf einmal und blies seine Backen auf. Nebenbei tippte er die Asche seiner Zigarette einfach auf den Boden des Gleiters.

 

Der Stoß mit dem Mordwerkzeug wurde mit großer Kraft geführt. Ich glaube nicht, ob eine Frau dazu imstande wäre“, sagte er missmutig.

 

Frauen sind nicht unbedingt schwächlich. Wenn der Dorn scharf und sie wütend genug war, kann es nicht so schwer gewesen sein“, antwortete ich ihm.

 

Harry drückt nervös geworden die Zigarette im eingebauten Türaschenbecher aus und sah nach draußen.

 

Wir sind da“, stieß er hervor.

 

Der Pol-Gleiter schwebte an den Straßenrand und hielt vor dem Headquarters der Polizei an. Die Türen des Vehikels öffneten sich surrend und wir stiegen aus. Ein paar Minuten später befand ich mich im Polizeigebäude und schritt durch einen Fliesen belegten Gang.

 

Seien Sie vorsichtig“, warnte mich Harry noch einmal. „Ich sage Ihnen das mehr in meinem eigenen Interesse als in Ihrem. Der Captain gerät ziemlich leicht in Rage, und das ist dann für uns alle nicht sehr erfreulich.“

 

Dann blieb er plötzlich vor einer Tür stehen, klopfte vorsichtig an und wartete. Ein melodische Männerstimme dröhnte: „Was ist los?“

 

Lester Random ist hier, Sir.“

 

Rein mit ihm!“

 

Harry zeigte mir ein schwaches Lächeln, hob die Schultern und öffnete die Bürotür. Ich ging in den Raum hinein. Der Sergeant hinter mir her.

 

Ein Berg von einem Mann saß hinter einem ziemlich altmodisch aussehenden Schreibtisch, der an einigen Stellen abgewetzt war. Sein Gesicht war massiv, ledern und machte auf mich einen brutalen Eindruck. Sein schütteres, graues Haar lag in einer säuberlichen Welle über seine niedrige Stirn geklebt. Vor ihm auf dem Schreibtisch ruhten zwei riesige beharrte Hände, die man ruhig als Pranken bezeichnen durfte. Harry schloss behutsam die Tür, als sei sie aus Eierschalen. Dann lehnte er sich mit verschränkten Armen gegen die Wand.

 

Random? Lester Random?“ fragte Fletcher, und streckte seine rechte Hand drohend nach mir aus. „Sieh einer an, der Schnüffler aus New York. Sieh einer an.“

 

Er rieb sich durchs Gesicht, während er mich ansah und tief Luft holte.

 

Dass sich solches Ungeziefer auch bei uns breit machen muss.“

 

Fletcher beugte sich vor und kniff die Augen zu einem schmalen Schlitz zusammen.

 

Na, wann fahren wir denn wieder ab, Mr. Random?“

 

Kann ich jetzt noch nicht sagen“, erwiderte ich sanft. „Möglicherweise in einer Woche oder später?“

 

Vielleicht? Möglicherweise auch später? Und was zum Teufel wollen Sie hier die ganze Zeit treiben, Schnüffler?“

 

Mir die Stadt ansehen, am Strand spazieren gehen, nach hübschen Mädchen Ausschau halten, mich ganz allgemein erholen. Was sonst?“

 

Diese Art von Antwort hatte Fletcher offenbar nicht erwartet.

 

So. Sie beabsichtigen also nicht, Ihre dreckige Nase in einen Mordfall zu stecken? Oder irre ich mich da?“

 

Ich werde Inspektor Blankings Fortschritte in dieser Angelegenheit mit großem Interesse verfolgen“, sagte ich. „Ich bin überzeugt, dass er auch ohne meine Hilfe ausgezeichnet weiterkommen wird.“

 

Fletcher warf sich in den Bürosessel zurück, dass die Konstruktion nur so knarrte.

 

Das ist sehr vernünftig von Ihnen, Schnüffler.“

 

Seine Augen blieben an mir hängen.

 

Dann fuhr er fort: „Ich muss Ihnen nicht sagen, dass ich hier Ungeziefer nicht gerne sehe. Wenn ich welches erwische, trete ich mit dem Fuß drauf.“

 

Das kann ich mir gut vorstellen, Captain.“

 

Wirklich? Bilden Sie sich nichts ein. Mir können Sie nichts vormachen, Schnüffler. Wenn Sie anfangen, sich in den Fall zu mischen, werden Sie Ihr blaues Wunder erleben.“

 

Fletcher hob seine Stimme an und brüllte: „Haben wir uns verdammt noch mal verstanden?“

 

Seine kleinen Augen funkelten. Dann sah er zu Harry rüber.

 

Schaffen Sie mir dieses Ungeziefer hinaus“, knurrte er. „Mir wird schlecht, wenn ich diesen Kerl sehe.“

 

Harry stieß sich von der Wand ab und öffnete schnell die Tür.

 

Fletcher zeigte jetzt mit seinem riesigen Zeigefinger auf mich.

 

Halten Sie sich aus diesem Fall raus, Random, oder…“

 

Ich machte einen Schritt zur Tür, blieb stehen, drehte mich halb herum und fragte: „Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Captain?“

 

Fletcher strich sich mit der Zungenspitze über seine dicken Lippen. Überrascht schaute er mich an.

 

Was für eine Frage?“

 

Ich konzentrierte meinen Blick auf seinen.

 

Hat Mr. Breedy Sie angerufen und aufgefordert, mit mir zu sprechen?“

 

Der Captain beugte sich auf einmal mit wutverzerrtem Gesicht vor.

 

Was soll das heißen?“

 

Ach wissen Sie. Mr. Breedy erteilte meinem Partner Shannon einen Auftrag. Während Shannon daran arbeitete, wurde er ermordet. Mr. Breedy legt großen Wert darauf, dass diese Tatsache nicht bekannt wird. Er vermutet, dass er als Zeuge aufgerufen werden würde und vor Gericht aussagen müsste, weshalb er Mark Shannon engagiert hat. Er führte mir einen seiner Gorilla-Androiden vor und versuchte mich mit ihm einzuschüchtern. Nun bin ich neugierig, ob Mr. Breedy das Vertrauen in seinen künstlichen Totschläger verloren hat und Sie aufforderte, seine Drohungen gegen mich zu unterstützen, um ganz sicher zu sein, dass sie auch wirken.“

 

Ich hörte, wie Fletcher tief Luft holte, dessen Gesicht rot anlief. Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor, bewegte sich schwerfällig auf mich zu und starrt mich an.

 

Ich wartete regungslos und hielt seinem Blick stand.

 

Sieh an. Steckt also doch etwas Leben in dem Schnüffler“, sagte er, und seine Worte schienen mehr eine Drohung zu sein, als alles andere. „Dann wollen wir mal so weitermachen.“

 

Seine offene Hand fuhr hoch und knallte seitlich gegen mein Gesicht. Ich hatte sie kommen sehen und war mit dem Schlag mitgegangen, nahm ihm dadurch einen Teil seiner Wucht, aber er war hart genug, dass mir der Kopf schwirrte und ich taumelte.

 

Fletcher wartete, bis ich mich wieder aufgerichtet hatte, dann schob er sein dunkles, Blut unterlaufendes Gesicht vor meines.

 

Nur zu, Schnüffler“, zischte er leise und bösartig, „schlag zurück, du Feigling!“

 

Ich rührte mich nicht von der Stelle. Die Seite meines Gesichtes, wo er mich getroffen hatte, brannte wie eine heiße Ofenplatte.


 

Wir starrten und gegenseitig einen Augenblick lang an. Dann trat er zurück und schrie zu Harry hinüber: „Schaff den Lumpen hier raus, bevor ich ihn umbringe!“

 

Harry packte mich sofort am Arm und riss mich aus dem Zimmer. Schnell schloss er die Tür hinter sich. Erst draußen im Flur ließ er mich wieder los.

 

Er war sehr beunruhigt.

 

Ich habe es Ihnen doch gesagt, Sie Narr“, fauchte er mich an. „Jetzt ist er erst wirklich in Fahrt. Machen Sie bloß, dass Sie fortkommen.“

 

Ich betastete mein Gesicht.

 

Dem Affen würde ich gern mal alleine im Dunkeln begegnen. Also dann, Sergeant. Ich brauche wenigstens nicht unter ihm zu arbeiten.“

 

Als ich draußen vor dem Polizeigebäude stand, sah ich die Sonne tiefer am blauen Himmel. Sie schien mir angenehm warm ins Gesicht. Dann sah ich die vielen Männer und Frauen, die vom Strand zurückkamen, die immer noch wie menschliche Wesen aussahen und sich auch so benahmen. Ich freute mich darüber. Es tat gut sie zu sehen.

 

***

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 6


 

***

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 7)


 


Jimmys Club befand sich an dem weniger eleganten Ende der Promenade von Terrania Bay City. Es war ein ziemlich heruntergekommener Betonbau, der auf eisernen Füßen in den flachen Sandstrand über das Wasser hinaus gebaut war. Direkt davor lag ein ziemlich großer Parkplatz, der, obwohl die Uhr erst zehn vor sieben zeigte, schon total mit Gleitern aller Art vollgestopft war. Manche dieser bulligen Vehikel ohne Räder sahen schon ziemlich mitgenommen aus und man merkte gleich, dass hier überwiegend wohl weniger betuchte Leute verkehrten.

 

Der Parkwächter kam näher. Es war ein dicker, älterer Mann, der übers ganze Gesicht gut gelaunt grinste. „Hier ist das Parken gebührenfrei,“ rief er mir zu und wies mir eine Parknische für meinen Sportgleiter zu, dessen langer Bug wenige Augenblicke später von der freien Arretiervorrichtung gepackt und unverrückbar festgehalten wurde, wie das überall so üblich war.

 

Ich stieg aus und ging über den schmalen Landungssteg zu dem Lokal und trat sofort an die Bar. Die Theke lief auf der einen Seite der ganzen Länge nach durch den Raum. An den Wänden hingen, was ich hier nicht erwartet hätte, nämlich moderne Plasma-Bildschirmgemälde, die von Zeit zu Zeit das dargestellte Thema wechselten. Es war auch eine kleine Grill-Braterei vorhanden, hinter der gerade auf mehreren elektrischen Spießen fette Hähnchen brutzelten.

 

Das Lokal war mehr als gut besucht. An der Bar lehnten elf oder zwölf Männer, tranken verschiedenfarbig aussehende alkoholische Getränke und griffen hin und wieder in vor ihnen stehenden Schalen mit exotischen Gewürzen.

 

Durch den leicht flimmernden, transparenten Energievorhang am anderen Ende des Raumes konnte ich auf eine von einem wuchtigen, reich verzierten Sandsteingeländer umgebende Veranda sehen, von der ein sandfarbenes Großsegel die strahlende Sonne abhielt. Auf drei Viertel der großzügig angelegten Verandafläche standen runde Tische in unterschiedlicher Größe mit vier oder sechs bequemen Stühlen davor. Auf einem leicht erhöhten Holzpodest, umgeben von schmalen, mit schönen Kletterrosen bewachsenen Marmorsäulen, tanzten mehrere Paare verliebt zu einer dezent im Hintergrund spielenden Vier-Mann-Kappelle.

 

Ich war von der angenehmen Atmosphäre dieses abseits gelegenen Lokals überrascht, das von draußen nicht den allerbesten Eindruck auf mich gemacht hatte. So kann man sich täuschen, dachte ich für mich.

 

Da ich hoffte, mit Fuller in ein ernstes Gespräch zu kommen, entschloss ich mich dazu, drinnen zu bleiben und mich von der Menge auf der Tanzveranda fernzuhalten. Ich warf vorsorglich einen flüchtigen Blick auf die Gäste, um mich zu überzeugen, dass er noch nicht da war. Meinen verabredeten Gesprächspartner konnte ich allerdings nirgends sehen. Ich wollte weiterhin auf ihn warten und wählte einen Ecktisch im Barraum neben einem großen, offenen Fenster, setzte mich und machte es mir in einem der Korbsessel bequem.

 

Ein Kellnerandroide eilte fast geräuschlos herbei, wischte mit einem weißen Tuch über den Tisch, nickte mir freundlich zu und fragte mich nach meiner Bestellung. Ich schaute erst gar nicht in die Getränkeliste, sondern bestellte mir gleich eine Flasche vom besten Whisky mit Eis und zwei Gläser. Ein paar Minuten später stand alles auf dem Tisch.

 

Kurz danach kam Ralph Fuller plötzlich um die Ecke und schaute sich im Barraum um. Als er mich sah, kam er fröhlich grinsend auf mich zu. Er trug eine ausgebeulte Flanellhose und ein am Hals offenstehendes Hemd. Seine dünne Sommerjacke hing ihm lässig über die Schulter. Als er die Flasche Whisky sah grinste er noch breiter.

 

Hallo, mein Guter“, sagte er entspannt und gelassen, „Sie haben ja schon die Flagge gehisst. Konnten Sie nicht auf mich warten?“

 

Die Flasche ist ja noch nicht offen“, antwortete ich. „Setzen Sie sich zu mir! Sie sind doch jetzt ein freier Mann. Wie fühlt man sich da?“

 

Ralph Fuller blähte seine Backen auf und winkte ab.

 

Ach wissen Sie Mr. Random, Sie haben ja keine Ahnung, wenn Sie nicht das gleiche durchgemacht haben wie ich. Ich muss ein Dummkopf gewesen sein, weil ich so lange dageblieben bin.“ Dann sah er die Flasche an, die vor uns auf dem Tisch stand. Er tippte mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf den Verschluss.

 

Haben Sie die Absicht, die heute noch aufzumachen oder ist die nur zum Anschauen da?“

 

Nein natürlich ist sie das nicht. Bitte entschuldigen Sie meine Unaufmerksamkeit“, sagte ich, öffnete schnell die Flasche, warf jeweils einen Klumpen Eis in unsere Gläser und goss ein. Wir stießen an und nickten einander zu. Der gekühlte Whisky war für mich die reinste Wohltat, besonders nach dem üblen Vorfall in Captain Fletchers Büro.

 

Fuller und ich zündeten uns Zigaretten an, ließen uns noch tiefer in die Korbsessel fallen und genossen die gemütliche Runde.

 

So kann man leben“, sagte Fuller. „Wenn es etwas gibt, was mir besser gefällt als alles andere, dann ist es, irgendwo herumzusitzen, wo man das Rauschen des Meeres im Hintergrund hören und einen guten Whisky dazu trinken kann. Na ja, ich gebe zu, es gibt Zeiten, da verdrängt eine Frau alles andere im Leben. Aber wenn ich mich einmal richtig ausruhen und entspannen möchte, dann will ich keine dabei haben. Ich sage Ihnen auch warum, Mr. Random. Weiber reden und schnattern oft wie die Gänse, der Whisky tut das nicht. Ich muss schon sagen, das war eine großartige Idee von Ihnen.“

 

Ich nickte bejahend mit dem Kopf und drückte ihm so meine Zustimmung aus. Dann griff ich wieder zur Whiskyflasche.

 

Hier ist noch einer für Sie“, fuhr ich fort. „Wenn wir ein paar Gläser von dem guten Zeug getrunken haben, könnten wir uns zum Beispiel an den Brathähnchen versuchen. – Was meinen Sie, Fuller?“

 

Ja. Da haben Sie absolut Recht. Die Freilandhühner in diesem Teil der Küste sind die besten ihrer Art“, sagte er. „In anderen Lokalitäten gibt’s zwar auch Hähnchen. Sie bekommen sie allerdings mit drei Kellnern, einem silbernen Besteck und schönen Orchideen. Wenn Sie nach dem Essen die Rechnung kriegen, fallen Ihnen die Augen aus dem Kopf. Hier wird einem zwar alles einfach und ohne großen Aufwand vorgesetzt, aber dafür sind die Hähnchen schmackhaft, gut und billig. Ich bin mindestens zweimal die Woche hier. Manchmal mit einem Mädchen, manchmal allein. Selten mit meiner Frau.“

 

Ich musste über Fuller lachen. Der wusste wenigstens, wie man’s macht. Wenn ich an all die Dummköpfe denke, die sich in den vornehmen Nepplokalen ausnehmen lassen und das Vier- bis Fünffache für etwas bezahlen, das sie anderswo besser und billiger haben könnten, fiel mir dazu einfach nichts mehr ein. Prestige und Selbstdarstellung ist eben alles. Das Komische ist, keiner von ihnen würde es wagen, sich hier sehen zu lassen, weil die reichen Freunde sonst denken könnten, man müsste sparen, und in Terrania Bay City, die Stadt der Millionäre und Milliardäre, ist Sparen eine unverzeihliche Sünde.“

 

Ich goss Fuller erneut ein und fügte meinem Glas ebenfalls einen Schluck hinzu, um bei ihm die Vorstellung zu wecken, ich tränke eben soviel wie er. Ich schaute ihn dabei an.

 

Dann wollte ich etwas loswerden, das mir am Herzen lag.

 

Haben Sie vielleicht von dem Mann gelesen, der unten am Strand ermordet aufgefunden wurde?“ fragte ich beiläufig, während ich die Flasche Whisky auf den Tisch vor uns zurückstellte.

 

Ja, in der Zeitung“, antwortete Fuller. „Warum fragen Sie?“

 

Die Sache ist, dass er mein Partner war. Ich habe nämlich da so eine Vermutung, dass er irgendwann in den letzten Tagen Ihren Ex-Chef Breedy aufgesucht hat. Sie haben ihn nicht zufällig gesehen? Übrigens hieß er Shannon, Mark Shannon, um genauer zu sein.“

 

Fuller zeigte auf einmal Interesse.

 

Das war Ihr Partner? Und der soll beim Alten gewesen sein? Ob ich ihn gesehen haben könnte? Das ist immerhin möglich, da ich den größten Teil der Woche am Tor gestanden bin. Wie sah denn der Mann aus?“

 

Ich beschrieb Mark mit größter Sorgfalt. Vor allen Dingen wies ich auf seine Haarfarbe hin, das flammendrot gewesen war. Ich dachte daran, dass dieses Merkmal jedem Wachmann aufgefallen sein muss, der draußen am Tor stand und Shannon eventuell gesehen hat. Einen Mann mit roten Haaren vergisst man so schnell nicht.

 

Natürlich“, sagte er plötzlich, „ich kann mich an ihn erinnern. Ein ziemlich großer Mann mit auffallend rotem Haar. Stimmt haargenau. Mein Kumpel Corney ließ ihn durch. Ich stand gerade an der Schranke und verstand seinen Namen nicht. – Ja, genauso war es und nicht anders.“

 

Sind Sie sich ganz sicher? Haben Sie den Mann wirklich gesehen? Das ist für mich ganz wichtig. Es kann möglich sein, dass Sie es vor Gericht beschwören müssen.“

 

Fuller leerte genüsslich sein Glas und sagte dann mit aller Bestimmtheit: „Und ob ich das beschwören kann. Ihr Partner kam vergangenen Dienstag. Ein großer, rothaariger Mann mit kurzem Haarschnitt. Er trug einen hellgrauen Sommeranzug und steuerte einen dieser schnittigen zweisitzigen Sportgleiter. Den gleichen Typ übrigens, den Sie fahren. – Mann, so was vergesse ich nicht.“

 

Das genügte mir völlig. Die Schilderung über das Fahrzeug beseitigte meine letzten Zweifel. Ich hatte also doch recht gehabt. Mark war bei Breedy gewesen. Das war jetzt klar. Die nächste Frage, die mich beschäftigte, lautete ganz einfach: „Weshalb?“

 

Fuller sah mich an und verlangte schon wieder ein volles Glas. Ich kam seiner Aufforderung nach. Der Whisky war für mich nur noch Nebensache.

 

Dann sagte er: „Sie sagen, dass Ihr Partner ermordet wurde?“

 

Ja. Die Polizei ist der Ansicht, dass er sich mit dem falschen Mädchen eingelassen hat und von irgendeinem kriminellen Kerl daraufhin fertig gemacht worden ist. Gar nicht mal so unwahrscheinlich, denn Mark hatte eine große Schwäche für Frauen. Er war kein Kostverächter.“

 

Sieh mal einer an. Was soll man dazu sagen? Mussten Sie deswegen zur Polizei?“

 

Klar doch. Zuletzt war ich bei einem gewissen Captain Fletcher. Kennen Sie den?“ fragte ich Fuller.

 

Der ist mir bestens bekannt. Er kam mehrmals auch zu Breedy hinaus. Mindestens fünf bis sechs Mal im Jahr. Wahrscheinlich, um seinen Anteil zu kassieren. Sie würden sich wundern, wie viele Nachtclubs und Hurenhäuser hier existieren, nur weil dieser Fletcher die Augen zudrückt.“

 

Da frage ich mich, was Nachtclubs und Hurenhäuser mit Breedy zu tun haben?“

 

Sie wissen einfach zu wenig über Lee Breedy, Mr. Random. Er besitzt den größten Teil der Stadt. Sein Reichtum ist gigantisch. Überall scheint er seine Finger drin zu haben. Vielleicht kassiert Mr. Breedy nicht unmittelbar bei den Ratten, aber er bekommt Mieten, und Fletcher kriegt seinen Anteil.“

 

Breedy ist doch verheiratet, oder nicht?“

 

Soviel ich weiß, hat der Kerl mindestens schon vier Ehen hinter sich. Seine jetzige Frau ist eine gewisse Elisabeth Brand, eine ehemalige Schauspielerin. Haben Sie sie schon mal gesehen oder von ihr gehört?“

 

Mir ist einiges über sie zu Ohren gekommen. Könnte sein, dass ich sie auch schon mal in irgendeiner Boulevardzeitung auf einem Foto gesehen habe. Wenn ich mich recht erinnere, war sie früher mal eine echte Schönheit.“

 

Das ist sie auch heute noch. Aber ihrer Stieftochter kann sie nicht das Wasser reichen. Die sollten sie erst mal sehen. Das Aufregendste, was mir je unter die Augen gekommen ist…, und was Frauen anbelangt, da kenne ich mich aus.“

 

Stieftochter? Wohnt sie bei ihrem Vater?“

 

Fuller schüttelte mit dem Kopf.

 

So viel ich weiß nicht mehr. Seit wann, kann ich nicht genau sagen. Aber jedes Mal, wenn der Alte eine Party gab, stand seine hübsche Tochter, sie heißt übrigens Violetta, im Rampenlicht, und kein Mensch kümmerte sich um die andere. Das mochte Breedys Frau nicht. Die beiden stritten sich wohl deshalb auch so häufig, und irgendwann packte Violetta die Koffer und zog von zu Hause aus. Sie hat jetzt irgend so ein Appartement weit oberhalb von Terrania Bay City, wo nur die Reichen und die Superreichen wohnen. Wir nennen diese Gegend ‚Schwalbennest’, weil es sich um ein abgesperrtes Wohngebiet handelt, hoch droben auf dem Plateau mit herrlichem Ausblick über die ganze Stadt bis weit hinaus aufs offene Meer. Aber das ist nicht ihre einzige Adresse. Die Reichen und Superreichen besitzen überall Immobilien, wo sie gelegentlich auch wohnen. Trotzdem, ich habe mitgekriegt, dass der Alte sie ganz schlimm vermisst. Ehrlich gesagt, ich auch. Violetta war der einzige Lichtblick in der riesigen Villa. Ihre Stiefmutter Elisabeth dagegen war mir zuwider, genau wie der alte Nörgler Breedy. Nie konnte man die beiden zufrieden stellen, immer nur am Maulen.“

 

Je länger wir uns unterhielten, umso mehr erfuhr ich von Ralph Fuller. Er wusste viel über Mr. Breedy und seiner Familie. Da der ganze Abend noch vor uns lag, hatte ich überhaupt keinen Grund dazu, ihn zu drängeln. Wir redeten viel und kamen vom Boxen, über Fußball, Wasserski und Segeln schließlich wieder beim altbekannten Thema an: Die Frauen.

 

Die große Flasche Whisky leerte sich langsam. Mittlerweile war die Sonne schon untergegangen und es wurde draußen langsam dunkel.

 

Ich winkte nach dem Kellner, und wenige Augenblicke später kam er zu uns.

 

Ich möchte noch zwei Hähnchen mit allen Zutaten bestellen“, sagte ich.

 

Jawohl Sir“, bestätigte er, „kommt sofort!“ Er dreht sich um und ging wieder.

 

Sowohl Fuller als auch ich waren inzwischen ziemlich angeheitert und in bester Stimmung.

 

Ich schaute durch offene Fenster auf die Lichter von Terrania Bay City. Von hier aus sah die Stadt beeindruckend aus. Ein riesiges Lichtermeer, leuchtend in allen Farben.

 

Dann wandte ich mich wieder an Fuller, der mit glasigen Augen auf sein Essen wartete.

 

Kommt der alte Breedy denn mit seiner jetzigen Frau gut aus?“ fragte ich. Fuller zuckte mit den Schulter.

 

Ehrlich gesagt, mit dem kann niemand richtig auskommen“, antwortete er. „Der hat mit der Geldmacherei soviel um die Ohren, dass er sich um Frauen nicht kümmert. Sie findet ihren Spaß sicherlich woanders.“

 

Hat sie einen ganz bestimmten Liebhaber?“

 

Nun, ihr gegenwärtiger Favorit ist ein ziemlich athletischer, lockenköpfiger Fleischkloß, der sich Ron Sommer nennt. Keine Ahnung, was das für ein Landsmann ist.“

 

Während Fuller sprach, bemerkte ich plötzlich einen Mann, der an unseren Tisch getreten war. Im ersten Moment dachte ich, es sei der Kellner, der uns das Essen bringen wollte. Der Whisky hatte meine Sinne etwas benebelt und so reagierte ich etwas zu spät, als ich Fuller vor Schreck keuchen sah. Ich schaute genauer hin.

 

Direkt vor unserem Tisch stand der Androide T-Bird und sah mich böse an. Hinter ihm befanden sich noch zwei weitere Typen, die sehr kräftig aussahen und uns offenbar den Weg versperren sollten. Sie waren groß, schwer, dunkel und standen breitbeinig und drohend hinter ihm. Der Ausdruck seiner wilden, kleinen Augen jagten mir einen Schauer über den Rücken.

 

Die Gäste verstummten nacheinander in dem großen Raum. Die Köpfe wurden herumgedreht und alle blickten in unsere Richtung.

 

Ich befand mich in einer schlechten Position. Der Tisch stand zwischen mir und T-Bird, und es war kein sehr großer Tisch. Hinter mir war eine Wand. Fuller dagegen hatte einen günstigeren Platz. Er saß rechts von mir und hatte keine Wand hinter sich.

 

Einige der anwesenden Leute in dem Lokal verließen jetzt ihre Plätze. Sie spürten offenbar, dass es gefährlich werden würde.

 

Dann sagte der Androide mit rauer Stimme: „Sie kennen mich noch…, oder? Ich kann Typen wie Sie nicht leiden. Und wenn er dazu noch ein Lump aus Fleisch und Blut ist, schon gar nicht.“

 

Ich blickte rüber zur Bar, wo ich einen großen Farbigen stehen sah, der uns beobachtete. Er war gebaut wie ein Boxer, und sein großes, zerschlagenes Gesicht zeigte ein vages, etwas verlegenes Lächeln.


 

Er kam hinter der Theke hervor, durchschritt den ganzen Raum, umging die zwei Männer und stand schneller neben T-Bird, als ich mit Worten schildern kann.

 

Freundlich sagte der kräftige Barkeeper zum Androiden: „Wir wollen hier keinen Ärger, Mann. Wenn Sie und Ihre Freunde was Geschäftliches miteinander zu besprechen haben, dann tun Sie das bitte draußen vor dem Lokal.“

 

T-Bird drehte sich herum, um den Farbigen anzusehen. In seinen Augen glühten rote Punkte, die ihm einen leicht wahnsinnigen Ausdruck verliehen.

 

Ich sah noch, wie seine Schulter etwas abfiel, dann sauste seine Faust hoch und schoss voll ins Gesicht des völlig überraschten Mannes. Der taumelte zurück und stürzte ächzend auf Hände und Knie. Blut tropfte aus Mund und Nase.

 

Alles geschah jetzt sehr schnell. Ich legte mein Gewicht gegen den Tisch und stieß ihn mit aller Kraft gegen den Androiden, der von dem Schlag, den er gerade geführt hatte, etwas aus dem Gleichgewicht geraten war.

 

Die harte Tischkante traf ihn am Oberschenkel, und er fiel nach hinten gegen die beiden Männer, die ihn begleiteten.

 

Dadurch hatte ich mehr Bewegungsspielraum. Ich sprang auf, packte noch im gleichem Moment meinen Korbsessel, hob ihn hoch und schwang ihn in Schulterhöhe wie eine Sense hin und her, wodurch ich ein noch größeres Aktionsfeld bekam.

 

Auch Fuller war mittlerweile auf den Beinen und hatte ebenfalls seine Sitzgelegenheit weit hochgerissen. Er ließ den Korbsessel überraschend auf den Kopf des ihm nächststehenden Schlägers niedersausen und schlug ihn damit zu Boden.

 

Zur gleichen Zeit schmetterte ich den meinigen gegen den Kopf des Androiden. Der Korbrücken krachte plötzlich auseinander, und ich hatte auf einmal nichts als ein abgesplittertes Stück Holzbein in der Hand, das gegenüber einer Bestie wie T-Bird nichts mehr wert war als ein kleiner Zahnstocher.

 

Der Cyborg taumelte etwas, stürzte dann knurrig auf mich los. Seine rechte Faust fuhr hoch. Wenn ich zurückgetreten wäre, hätte er mich erwischt. Aber ich sprang vor und traf ihn mit meiner Faust mitten ins künstliche Gesicht. Es war ein guter, harter Schlag, der ihm den Kopf nach hinten riss. Ich wich von ihm seitlich zurück und stieß dabei ungewollt gegen den zweiten Rausschmeißer, der mich mit der flachen Hand von sich weg schob, sodass ich T-Bird wieder entgegen stolperte, der mich abermals angriff. Es gelang mir, sein Handgelenk mit beiden Händen zu erfassen. Durch eine schnelle, halbe Drehung bekam ich seinen Arm über meine Schulter, riss ihn nach unten und schnellte Sekundenbruchteile später wieder hoch. Mit der Geschwindigkeit einer Rakete schoss der Androide über meinen Kopf hinweg und landete mit einem lauten Krachen auf dem harten Fußboden, dass der ganze Raum dröhnte. Ich wunderte mich darüber, wie leicht diese Kunstmenschen waren.

 

 

Dann blickte ich herum und hielt nach Fuller Ausschau. Er lehnte an der Wand, seine Nase blutete. Es hatte ihn übel erwischt. Ich trat zu ihm, packte ihn am Arm und schrie: „Kommen Sie, wir müssen hier raus!“

 

Einer von T-Birds Schläger war mir dicht auf den Fersen. Mit Fuller zusammen war ich aber einfach zu langsam. Der Kerl erreicht mich. Im letzten Moment konnte ich dem Schlag mit dem Totschläger, den er gegen meinen Kopf führte, ausweichen. Ich nutzte die Gelegenheit, rammte ihm meine Rechte gegen seine Rippen und trat ihm dann die Füße unter dem Körper weg. Ich ließ mir nicht die Zeit hinzusehen, wohin er fiel, sondern packte Fuller und zog ihn quer durch das Lokal zum Ausgang.

 

Draußen waren wir nicht viel besser dran. Vor uns lag der hell erleuchtete Parkplatz, der jetzt nicht mehr so voll war. Fuller hatte ganz schön was abbekommen und schien kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen.

 

Verdammt noch mal Random, hauen Sie ab! Den Androiden können Sie nicht ohne Waffe besiegen. Er wird bald hier sein und Sie erwischen.“

 

Ich packte Fuller noch fester am Arm und zog ihn über meine Schulter. Dann schleppte ich ihn halb tragend im Laufschritt zu meinem Gleiter. Hinter mir hörte ich plötzlich schnelle Schritte. Sie verrieten mir, dass ich nicht sehr weit kommen würde. Ich ließ Fuller deshalb los und dreht mich um.

 

Und tatsächlich. Der Androide T-Bird stand draußen vor dem Lokal, hielt kurz Ausschau und kam dann mit großen Schritten auf mich zu.

 

Los, laufen Sie zu meinem Fahrzeug Fuller! Es ist der Sportgleiter da drüben“, rief ich ihm zu, „ich übernehme das schon.“

 

Ich gab ihm einen schnellen Stoß, und er taumelte weiter, während ich den Cyborg beobachtete. Er bewegte sich mit der Geschwindigkeit und der Leichtfüßigkeit eines Berufsboxers. Es dauerte nicht lange, und er war bei mir. Ich machte schnell einige Schritte nach hinten, wich ihm dadurch aus und schlug einen Kreis, damit das Licht von der Lampe über uns ihm in die empfindlichen Augensensoren fiel. Sein Gesicht war seltsam verzerrt. Ich wusste, dass diese Kunstmenschen gefährlich waren, aber man konnte ihnen Schaden zufügen und sie vorübergehend außer Kraft setzen. Ich tauchte unter einer Rechten von T-Bird weg, die mir bestimmt den Kopf abgerissen hätte. Sie verfehlte zum Glück ihr Ziel. Das machte ihn nur noch wütender. Wie ein schnaubender Bulle kam er auf mich zu, rannte dabei direkt in meine Faust, dass es ihm den Kopf ein zweites Mal nach hinten riss. Sofort rammte ich ihm die rechte Handkante gegen den Hals, wo seine empfindlichen Sprachsensoren untergebracht waren. Auch das steckte der Androide weg, der nicht nachgab und sofort wieder zuschlug. Ich entkam abermals seinen vernichtenden Schlag, den er aus dem Stand ansetzte. Ich sprang zurück und warf einen schnellen Blick nach Fuller, der aber verschwunden war. Ich entschied, es sei an der Zeit, mich zurückzuziehen.

 

Das war ein Fehler. Ich hätte den Androiden T-Bird nicht aus den Augen lassen sollen. Wenn er seine Schläge auch vorher mehr oder weniger signalisierte, so besaß er doch die Schnelligkeit eines Fliegengewichtlers. Er erwischte mich mit einem Kinnhaken, den ich für einen Sekundenbruchteil zu spät kommen sah. Trotzdem schwächte ich die Wucht des Schlages durch Mitgehen zu einem Teil ab, aber er war immer noch hart genug, um mir den Kopf zu vernebeln. Als er sich auf mich stürzte, ließ ich mich ihm entgegen fallen, packte ihn um seine schlanken Oberschenkel, stand auf und hob ihn hoch. Er rutschte über meinen Rücken und glitt auf seinem kunstfleischigem Gesicht über die schmutzige Teerdecke des Parkplatzes.

 

Ich war auf den Füßen und rannte, ehe sich der T-Bird wieder so richtig aufrichten konnte, über den Parkplatz in Richtung meines Gleiters, wo ich eine Stimme hörte: „Hey, Random, hierher!“ Fuller saß bereits auf dem Beifahrersitz.

 

Ich sprang hinter den Steuerknüppel und drückte den Startknopf der Turbine, die im gleichen Augenblick laut aufheulte, da ich den Gashebel ganz nach hinten gedrückt hatte.

 

Der Androide T-Bird war inzwischen bis auf etwa zwanzig Schritte näher gekommen, sein völlig zerschundenes Gesicht aus übel zugerichtetem Kunstfleisch drückte ohnmächtige Wut aus. An seiner rechten Backe hing das Material in hässlichen Fetzen herunter.

 

Der Bug des Sportgleiters löste sich aus der Parkarretierung und das schwere Fahrzeug schoss sofort nach hinten direkt auf T-Bird zu, der mit einem gewaltigen Hechtsprung zur Seite einer direkten Kollision mit der stabilen Heckpartie des Gleiters zuvor kam. Ich schaltete die Turbine auf vorwärts und raste nur wenige Zentimeter schwebend über dem Boden raus aus dem Parkplatz hinaus auf den breiten Boulevard. Die Antigravitationsspulen konnten nach so kurzer Zeit ihre volle Leistung nicht schnell genug aufbauen. Der Gleiter berührte mehrmals hintereinander den harten Fahrbahnbelag. Funken sprühten, als ich meinen Sportgleiter mit gefährlicher Neigung in die nächste Seitenstraße steuerte, die nur von einigen Straßenlampen trübe ausgeleuchtet wurden. Ich verringerte das Tempo ein wenig, um mich Fuller zuzuwenden.

 

Wie stark sind Sie verletzt?“ fragte ich ihn.

 

Ich werde es überstehen“, antwortete er mir.

 

Wo ist hier das nächste Krankenhaus? Ich bringe Sie dorthin.“

 

Fahren Sie die Straße runter bis zur nächsten Kreuzung, wo Sie nach links abbiegen. Dann immer geradeaus, bis Sie direkt auf ein helles Glasgebäude zufahren. Das ist das Krankenhaus“.

 

Ich beschleunigte das Tempo. Fünf Minuten später fuhr ich vor dem Zentralkrankenhaus von Terrania Bay City vor.

 

Ich half Fuller beim Aussteigen.

 

Jetzt kann ich mir alleine helfen, Random. Es war dämlich von mir, dass ich mich da eingemischt habe. Ich hätte mich nicht mit Ihnen einlassen sollen.“

 

Es tut mir wirklich leid, Fuller. In diese dumme Geschichte wollte ich Sie nicht reinziehen. Sie können Breedy anzeigen. Zeugen waren genug anwesend.“

 

Ach was, Random. Das würde mir nicht viel nützen. Ich bekäme nur noch mehr Ärger. Ich packe mein Zeug zusammen und verlasse mit meiner Frau die Stadt. Wir haben ein kleines Sommerhäuschen auf der anderen Seite der Bay. Hier habe ich die Schnauze voll.“

 

Mit unsicheren Schritten ging er davon.

 

Ich beobachtete ihn, bis er durch den Eingang verschwunden war, dann wendete ich meinen Gleiter und schwebte mit Höchstgeschwindigkeit davon. Unterwegs schaltete ich den Sat-Navigator ein, der mir die kürzeste Strecke zu meinem Hotel anzeigte.

 

Erst als ich in der Stille meines Zimmers war und meine Verletzungen kühlte, fiel mir ein, dass ich mein Abendessen verpasst hatte. Ich spürte meinen Hunger. Ich bestellte mir ein paar Truthahn-Sandwiches mit Roggenbrot und ein gekühltes Bier. Während ich darauf wartete, streckte ich mich auf meinem Bett aus und überlegte, was ich nun an diesem Tag erreichte hatte.

 

Ich dachte nach und war mir nach wenigen Gedanken im klaren darüber, dass ich in ein Wespennest herumgestochert hatte. Ich fragte mich voller Zweifel, wie lange ich noch leben würde, wenn ich mit meinen Nachforschungen so weitermache wie bisher.

 

Früher oder später würde ich diesem Schlägerandroiden T-Bird wieder über den Weg laufen, und dann käme ich bestimmt nicht wieder so leicht davon. Ich musste dabei auch an Ralph Fuller denken und zog unwillkürlich eine Grimasse.

 

Selbst wenn es mir gelang, Breedys T-Bird und seine Gorillas aus dem Weg zu gehen, blieb immer noch dieser Captain Fletcher.

 

Wenn er den geringsten Verdacht schöpfte, dass ich meine Ermittlungen fortsetzte, würde er irgendeine Beschuldigung gegen mich frisieren, und damit könnte er mich festnageln und einlochen. Ich machte mir deshalb keine Illusionen, dass ich dann in großen Schwierigkeiten wäre und so schnell nicht aus den Knast kommen würde.

 

Wie es also aussah, musste ich irgendeine Art Schutz finden, wenn ich einigermaßen sicher weitermachen wollte, aber wie und wo ich den bekommen sollte, war mir schlichtweg ein Rätsel. Gab es überhaupt jemanden in Terrania Bay City, der mächtiger als Breedy war und Fletcher dazu zwingen konnte, mich in Ruhe zu lassen? Mir schien das momentan sehr unwahrscheinlich. Wenn es diese Person irgendwo gab und ich auf meine Seite bringen konnte, waren alle meine Probleme gelöst.

 

Letztendlich ließ ich diese Frage jedoch fallen und richtete meine Gedanken auf das, was ich bisher entdeckt hatte. Mit hundertprozentiger Sicherheit wusste ich, dass Mr. Breedy meinen Partner Mark Shannon engagierte, und das der Multimilliardär Breedy tatsächlich hinter einem Teil der dunklen Machenschaften in dieser Stadt stand. Er war verheiratet mit einer Schauspielerin namens Elisabeth Brand, die sich mit einem gewissen Ron Sommer außerehelich herumtrieb. Außerdem gab es da noch Violetta, die Tochter Breedys. Er liebte sie offenbar über alles. Von ihr wusste ich sogar, wo sie wohnte. Ich griff deshalb nach dem Telefonbuch und musste feststellen, dass ihre Wohnung in einem der vornehmsten Viertel von Terrania Bay City lag. Ich legte das Telefonbuch wieder weg, als es an der Tür klopfte. Der Kellner brachte mir meine Bestellung, Truthahn-Sandwiches mit Roggenbrot und Bier. Er starrte etwas verwundert in mein malträtiertes Gesicht, sagte aber nichts, was sein Glück war, denn meine Stimmung erreichte einen absoluten Tiefpunkt. Der Kellner bemerkte das und verschwand so schnell er konnte.

 

Als er fort war, stand ich vom Bett auf, setzte mich an den Tisch, aß meine Sandwiches und trank mein Bier dazu.

 

Erst jetzt bemerkte ich, dass jemand aus dem Nebenzimmer Marks Besitz herüber gebracht und alles in einem sauberen Stoß in einer Ecke aufgebaut hatte. Sein Anblick erinnerte mich daran, dass ich seiner Frau schreiben musste. Nachdem ich fertig gegessen und mir eine Zigarette angezündet hatte, ließ ich den Informationsandroiden kommen und diktierte ihm eine elektronische Nachricht vor. Ich bot darin Marks Frau eine angemessene Summe als Entschädigung für den Verlust ihres Mannes. Vorsorglich hatte ich einen niedrigeren Betrag genannt, weil ich wusste, dass sie lange und erbittert feilschen würde, um mehr aus mir herauszuholen. Sie hatte mich nie leiden können, und ich wusste, wie viel ich ihr auch gab, sie würde nie zufrieden sein.

 

Nachdem die Nachricht an Marks Ehefrau fertig war, bat ich den Informationsandroiden darum, sie so schnell wie möglich zu übermitteln.

 

Der nickte und sagte: „Sir, die Information wurde soeben an den zentralen Informations- und Nachrichtenserver weiter geleitet. Hat Ihre e-Mail diesen Datenknotenpunkt und die entsprechenden Sicherheitsstufen passiert, erscheint sie schon wenige Sekunden später in druckfertiger Version auf dem Hauptmonitor des Empfängers. – Haben Sie sonst noch einen Wunsch?“

 

Nein, im Moment nicht. Sie dürfen jetzt wieder gehen“, antwortete ich dem steif dastehenden Androiden, der sich sofort auf der Stelle umdrehte und das Zimmer verließ.

 

Ich setzte mich schließlich vor Marks Koffer, drückte solange mit den beiden Daumen an den verchromten Kofferschlössern herum, bis sich eines nach dem anderen öffnete. Ich durchsuchte seine Sachen so sorgfältig wie möglich, um mich davon zu überzeugen, dass sich nichts dazwischen befand, was seine Frau möglicherweise empören könnte. Tatsächlich entdeckte ich einige klassisch angefertigte Fotos und mehrere Kopien elektronisch abgespeicherter Briefe, die bewiesen, dass Mark sie schon seit mehr als einem Jahr betrog. Ich legte die Dinge zusammen und warf alles in den kleinen Müllbehälter, der neben mir auf dem Boden stand. Sein Inhalt würde früher oder später in einer Verbrennungsanlage landen.

 

Als ich den Koffer selbst durchsuchte, fand ich durch Zufall unter der stabilen Stoffverkleidung verborgen eine flache Schachtel aus hartem Spezialkunststoff mit drei würfelartig aussehenden Mikrochips darin, die eigentlich meines Wissens nach noch als streng geheime Neuentwicklungen galten, da ich solche Dinger schon mal auf einem Foto in irgendeiner Fachzeitschrift für Roboterelektronik gesehen hatte und angeblich in der militärischen Nutzung von Androiden eingesetzt werden. Zudem war diese Schachtel etwas ganz Besonderes. Sie war auf der Unterseite dunkelrot und trug auf dem durchsichtigen Deckel in Gold die Aufschrift „Robot Master Club (RMC)“. Direkt darunter stand eine Rufnummer.

 

Ich drehte die flache Kunststoffschachtel mit den Händen nach allen Seiten und dachte daran, wie ausgerechnet Mark in den Besitz dieser seltsam aussehenden Chips gelangen konnte, dann richtete ich mich auf, verließ mein Zimmer und fuhr mit dem Fahrstuhl runter in die Hotelhalle.

 

Unten angekommen ging ich auf den Empfangschef Ron Bristol zu und fragte ihn nach dem Hausdetektiv Treaves.

 

Ich denke mal, er wird sich jetzt um diese Zeit in seinem Büro aufhalten“, sagte er und starrte mich von Kopf bis Fuß an. „Gehen Sie eine Treppe tiefer und dann rechts. – Ist Ihnen etwas zugestoßen, Mr. Random?“

 

Wegen meiner blauen Flecken und Hautabschürfungen im Gesicht? Ach was, das hat nichts auf sich. Irgend jemand muss wohl etwas dagegen haben, dass ich mich in dieser Stadt aufhalte“, sagte ich ihm, ließ ihn mit offenem Mund stehen, ging die Treppe zu Treaves Büro hinunter, das ehr einem kleinen Abstellraum glich.

 

Ich fand Treaves sitzend hinter einem kleinen Tisch vor, wie er gerade Patience legte. Er blickte auf, als ich unter der Tür stehen blieb.

 

Mr. Random? Was führt Sie zu mir?“ fragte mich der Hausdetektiv, der mich im gleichen Augenblick aus ungläubigen Augen anstarrte.

 

Ein kleine Pause trat ein.

 

Wie schauen Sie denn aus? Jemand hat wohl Ihr Gesicht nicht gefallen, was?“ meinte er, ohne dabei jedoch sonderliches Mitgefühl zu zeigen.

 

Da könnten Sie sogar Recht haben, Treaves“, beugte mich vor und ließ die schmale Kunststoffschachtel vor ihn auf den Tisch fallen.

 

Er hob sie auf, betrachte sie von allen Seiten, runzelte die Stirn und zog seine Augenbrauen nach oben.

 

Woher kommt das?“

 

Ich fand diese Schachtel mit den drei Würfel ähnlichen Chips darin, versteckt im Koffer meines ermordeten Partners Shannon“, klärte ich Treaves auf und fuhr fort: „Ich will dafür wetten, dass er niemals auch nur einen Fußbreit von „Robot Master Club“ betreten hat und trotzdem im Besitz dieser Dinger war. Können Sie mir das irgendwie erklären?“

 

Ehrlich gesagt…, kann ich nicht. Aber vielleicht hat ihn jemand mitgenommen, was ja immerhin möglich sein kann, Mr. Random. Eine andere Version wäre die, dass ihr Kollege die Schachtel quasi hat mitgehen lassen, sozusagen als Beweis dafür, dass er doch da drinnen war.“

 

Wo befindet sich dieser so genannte „Robot Master Club“ eigentlich?“ fragte ich ihn.

 

Irgendwo am Rande von Terrania Bay City in Richtung Landesinnere, also weg vom Meer, soviel ich weiß. Sie müssen immer auf der breiten Ausfallstraße bleiben, bis Sie an eine Abzweigung kommen, die Franklin Allee heißt. Dort sollten sich entweder der Club oder zumindest das Büro befinden. Sicher bin ich mir allerdings nicht. Das müssen Sie schon selbst rauskriegen, Random.“

 

Ich bedankte mich bei Treaves für seine Hinweise, wünschte ihm noch eine gute Nacht, nahm die schmale Kunststoffschachtel samt wertvollen Inhalt wieder an mich und begab mich nach oben direkt auf mein Zimmer. Der Tag war anstrengend gewesen und jetzt war es Zeit, schlafen zu gehen. Bevor ich mich ins Bett legte, verstaute ich die Schachtel wieder im Koffer.

 

***


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 7

 

 

***

 

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK
 

 

Der Fall T-Bird

(Teil 8)


 


 

Am nächsten Morgen.

 

Die Franklin Allee erwies sich als eine vornehme Gegend im Grünen mit diesen überaus anspruchsvollen, hochgestochenen Appartementbauten, die den Angehörigen der obersten Gesellschaftsschichten mit einem mehr als sechsstelligen Einkommen vorbehalten sind. Ich hätte hier nie ein Büro oder eine Clubadresse vermutet.

 

Wie auch immer, ich wollte mich auf jeden Fall überraschen lassen.

 

Die genau Adresse ausfindig zu machen, war für mich keine große Schwierigkeit. Erstaunt war ich allerdings darüber, als ich den Name derjenigen Person raus bekam, die sich hinter der eingravierten Telefonnummer auf dem Deckel verbarg, nämlich einer gewissen Miss Violetta Breedy, ausgerechnet die Tochter des vielfachen Multimilliardärs Lee Breedy.

 

Die Hausnummer lag ungefähr in der Mitte der Franklin Allee, wo ich ein archetektonisch herrlich aussehendes Gebäude mit vier Stockwerken vorfand, das mit einer sorgfältig gepflegten Rasenfläche, einem großzügig angelegten Brunnen mit Fontäne und einem breiten Zufahrtsweg zu einem weiträumigen Parkplatz ausgestattet war.

 

Ich steuerte meinen Schwebegleiter auf einen freien Stellplatz gleich neben dem schönen Gebäude und ließ ihn dort stehen. Dann bahnte ich mir ein paar Minute später den Weg durch die Eingangsdrehtür in eine eichengetäfelte Halle. Sie war mit in verchromten Kästen an den Wänden befestigten blühenden Blumen geschmückt und in der Mitte befand sich ein ansehnlicher Springbrunnen, in dessen bunt beleuchtetem Wasserbecken ein halbes Dutzend gut genährter Goldfische herumschwammen.

 

Hinter zwei kleinen Marmorsäulen stand ein Empfangspult mit einem blonden Androiden in einem makellosen Smoking, dessen feine Gesichtszüge schon fast feminin aussahen. Der Blick seiner Augen schien gelangweilt und verächtlich zu wirken, was nicht gerade einen einladenden Eindruck auf mich machte.

 

Ich ging zu ihm hin und zeigte ihm eins meiner freundlichen Lächeln.

 

Anscheinend war das ein Fehler gewesen, denn er wich zurück, als hätte ich ihm ranziges Öl unter die Nase gehalten.

 

Ich möchte zu Miss Violetta Breedy, bitte“, sagte ich forsch zu ihm.

 

Der Androide fingerte an seiner tadellosen Krawatte herum, während der stechende Blick seiner künstlichen Augen über mich glitten und mich intensiv musterten. Das Ergebnis schien ihm nicht zu imponieren.

 

Werden Sie von Miss Breedy erwartet?“

 

Nein, aber ich habe mit ihrem Vater gesprochen und wäre ihr sehr dankbar dafür, wenn sie mir in einer bestimmten Angelegenheit ein paar Minuten opfern wollte. Mein Name ist Lester Random von Random & Shannon, Ermittlungsagentur New York.

 

Der Androide sah mich wieder mit diesem komischen Blick an, überlegte etwas und sagte dann: „Es wäre in diesem Falle vielleicht besser, wenn Sie Miss Violetta Breedy zuerst schreiben würden. Für einen Besuch ist es außerdem zu früh.“

 

Ich wurde etwas ungehalten.

 

Hören Sie zu, Sie aufgeblasener Elektronen Heini“, sagte ich zu ihm und gab meinem Ton plötzlich Härte. „Sie mögen sich für schön und überlegen halten, aber euch geschlechts- und seelenlosen Blechkästen sollte man ganz schnell eine andere Programmierung verpassen, damit ihr Hohlköpfe uns Menschen etwas mehr Respekt entgegenbringt. Und jetzt rufen Sie ganz schnell Miss Breedy an, und überlassen Sie die Entscheidung ihr, mein Guter.“

 

Einen kurzen Augenblick starrte mich der Androide überrascht und alarmiert an, ging dann schnurstracks in das Zimmer hinter dem Empfangspult und schloss die Tür hinter sich.

 

Ich zündete mir derweil eine Zigarette an und rauchte sie gemütlich Zug um Zug runter und fragte mich dabei, ob der elektronische Wunderknabe dabei war, die Hüter von Ruhe und Ordnung zu rufen. Es würde mir allerdings auch nicht gut bekommen, falls er die Polizei ruft, die mich unter der Beschuldigung, der Elite von Terrania Bay City lästig gefallen zu sein, ins Headquarters schleifen würde.

 

Aber dann, keine zwei Minuten später, erschien er wieder auf der Bildfläche, deutet freundlich lächelnd auf einen Fahrstuhl auf der anderen Seite der Halle und sagte: „ Zweite Etage, Büroappartement sieben, Sir.“ Dann fuhr er sich durch die blonden Haare und drehte mir demonstrativ den Rücken zu.

 

Ich ging los, stieg in den Aufzug und ließ mich in den zweiten Stock hieven. Leise Surrend blieb er stehen. Als sich die Fahrstuhltür fast geräuschlos öffnete, trat ich in einen langen eichengetäfelten Korridor und erreichte bald eine Tür mit der Nr. 7. Ich konnte hören, dass dahinter im Radio etwas von Mozart gespielt wurde. Zaghaft drückte ich auf den goldfarbenen Klingelknopf, und bald darauf wurde die Tür von einer älteren, freundlich aussehenden Frau, in einem hellen Seidenkleid und schwarzer Tändelschürze, geöffnet.

 

Sie müssen Mr. Random sein, nicht wahr?“

 

Ja.“

 

Sie bat mich herein.

 

Ich trat in einen kleinen, hallenähnlichen Vorraum, der mit einem ovalen Tisch möbliert war, auf dem eine silberne Schale mit weißen Orchideen stand.

 

Die alte Hausdame öffnete eine weitere Tür und sagte: „Mr. Random“ und trat zur Seite, damit ich eintreten konnte.

 

Ich kam in einen großen, weiß und aprikosenfarben gehaltenen Wohnraum. Wände Vorhänge und die lederbezogenen Sessel waren in Apricot, der Teppich und Miss Breedy waren in weiß.

 

Sie stand neben einem ultraflachen Empfangsgerät an der Wand, sah mir entgegen, schlank und ziemlich groß, mit aschblondem Haar, wie gesponnene Seide. Sie war in klassischer Weise auffallend schön, und ihre Augen waren von der Farbe, wie jene riesigen, blauschwarzen Vergissmeinnicht, die man manchmal auf den besseren Blumenschauen findet.

 

Sie war hochbrüstig und langbeinig, mit Hüften, die Linie und den richtigen Umfang hatten. Sie trug ein weißes, tief ausgeschnittenes Abendkleid und um den Hals ein Brillantkollier, das sie wahrscheinlich zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag bekommen hatte. Es muss ein Vermögen gekostet haben. Sie trug darüber hinaus ellbogenlange Handschuhe und an einem Handgelenk eine brillantbesetzte Platinuhr. An ihrem kleinen Finger trug sie über dem Handschuh einen langen, flachen Rubin an einem dünnen Goldreifen.

 

Sie sah in der Tat nach dem aus, was sie war. Jeder Zoll die Tochter eines Multimilliardärs. Alles in allem konnte ich verstehen, warum es Mrs. Elisabeth Breedy/Brand schwergefallen war, ihr gegenüber zur Geltung zu kommen. Für sie musste es eine Erlösung gewesen sein, als dieses wunderschöne Mädchen ihre Koffer packte und das Haus ihres Vaters verließ.

 

Dann fing ich vorsichtig an zu reden.

 

Ich möchte Sie sehr um Entschuldigung bitten, dass ich Ihnen mit meinem unangemeldeten Besuch lästig falle, Miss Breedy. Aber ich täte es nicht, wenn der Anlass nicht sehr dringlich wäre.“

 

Sie antwortete mir mit einem kleinen, flüchtigen Lächeln. Es war weder freundlich noch feindselig. Die Herrin des Hauses empfing einen Fremden in ihrem Domizil. Sie zeigte gute Manieren, nicht mehr und nicht weniger.

 

Ich denke mal, es hat etwas mit meinem Vater zu tun, oder?

 

Ja und nein, entfernt vielleicht. Aber ich will zu Ihnen ehrlich sein. Ich fürchtete nämlich, Sie würden mich nicht empfangen, wenn ich mich nicht auf Ihren Vater berief.“

 

Ich lächelte jetzt so gut ich nur konnte, aber es machte offenbar keinen Eindruck auf Miss Breedy.

 

Sie sah mich jetzt plötzlich mit festem Blick an, und ihre dunklen Augen waren von einer verwirrenden Festigkeit und Schönheit. Schnell redete ich weiter.

 

Ich bin der Leiter einer Ermittlungsagentur“, fuhr ich fort. „Ich komme in der Hoffnung, dass Sie vielleicht dazu bereit sind, mir zu helfen.“

 

Miss Breedy wirkte auf einmal etwas steif und ihre zarten Augenbraue hoben sich etwas an.

 

Ich schließe daraus Mr. Random, dass Sie ein Privatdetektiv sind. Stimmt das?“

 

Ja, ganz richtig. Ich arbeite zur Zeit an einem Fall, und Sie können mir vielleicht weiterhelfen, Miss Breedy.“

 

Ich Ihnen helfen? Das sagen Sie mit einer Leichtigkeit, die mich verblüfft. Allerdings verstehe ich nicht, was Sie damit meinen. Warum soll ausgerechnet ich Ihnen helfen?“ antwortete sie mir mit etwas kälter gewordener Stimme.

 

Nun ja, aus keinem anderen Grunde, als aus dem, dass manche gute Menschen nichts dagegen haben, anderen hier und da zu helfen.“

 

Ich lächelte wieder und hoffte insgeheim, dass es ein wenig jungenhaft wirkte. Doch meine Bemühungen waren vergeblich und so setzte ich meine Rede fort.

 

Ich gehe mal davon aus, dass Sie die Angelegenheit interessieren könnte. Dazu müssten Sie mir allerdings zuerst erlauben, dass ich Ihnen meine Angelegenheit schildere.“

 

Miss Breedy zögerte einen Augenblick. Dann schien Sie sich plötzlich einen inneren Ruck gegeben zu haben und deutete auf einen Sessel im Raum.

 

Also gut, Mr. Random“, sagte sie, „nehmen Sie doch Platz.“

 

Miss Breedy ging hinüber zum Sofa und ließ sich dort nieder. Danach nahm ich gegenüber auf dem Sessel Platz, auf den sie vorher gezeigt hatte.

 

Ich wartete einen kleinen Moment und begann schließlich mit meinen Schilderungen.

 

Vor einiger Zeit, Miss Breedy, kam mein Partner Mark Shannon aufgrund eines telefonischen Auftrages, den er in unserem Büro in New York empfangen hatte, hier nach Terrania Bay City. Unsere Büroassistentin nahm den Anruf entgegen, aber der Auftraggeber nannte ihr nicht seinen Namen. Sie stellte das Gespräch zu meinem Partner durch, der sich den Namen Ihres Vaters während der telefonischen Unterhaltung auf seiner Schreibunterlage notierte. Dummerweise war ich verreist und befand mich auf dem Mars wegen eines anderen Falles.“

 

Während ich sprach, beobachtete ich Miss Breedy und konnte sehen, dass sie mir aufmerksame zuhörte. Sie schien langsam aufzutauen.

 

Shannon schickte mir eine Nachricht, in dem er mich dazu aufforderte, ebenfalls nach Terrania Bay City zu kommen, um ihn bei der Arbeit zu unterstützen. Als ich hier im Raumflughafen eintraf, ließ ich mich sofort mit einem Taxis zu jenem Hotel bringen, in dem mein Partner wohnte. Aber dort traf ich ihn nicht an. Er hatte das Haus bereits verlassen. Kaum war ich auf meinem Zimmer, holte mich auch schon die Polizei ab, um ihn zu identifizieren. Er lag ermordet in einer Badekabine draußen am Strand.“

 

Miss Breedy zuckte zusammen und ihre Augen weiteten sich ein wenig.

 

Ich habe in der Zeitung davon gelesen. Mir war allerdings nicht bekannt, dass der Ermordete Ihr Partner war.“

 

Ja, es war mein Partner Mark Shannon“, gab ich ihr bestätigend zur Antwort.

 

Sie sagten, dass er den Namen meines Vaters auf seine Schreibtischunterlage notierte. Warum hat er das getan?“ fragte sie mich mit nachdenklich forschendem Gesicht.

 

Das weiß ich selbst nicht, es sei denn, Ihr Vater war der Auftraggeber, der Mark Shannon anrief und mit ihm gesprochen hat.“

 

Miss Breedy schien dieser Gedanke Unbehagen zu bereiten. Sie wendete ihren Blick von mir ab und begann den Rubinring um ihren Finger zu drehen.

 

Ich bin mir sicher, dass mein Vater mit der ganzen Geschichte nichts zu tun hat. Wenn er einen Privatagenten engagieren würde, überträgt er diese Angelegenheit für gewöhnlich seinem Sekretär…“

 

„…Es sei denn“, setzte ich die Unterhaltung fort, „wenn es sich nicht gerade um eine Frage von ungewöhnlich vertraulichem Charakter handelte.“

 

Miss Breedy sah immer noch zur Seite.

 

Trotzdem verstehe ich nicht, was die ganze Angelegenheit mit mir zu tun hat“, sagte sie.“ Dann folgte ein Hinweis, dass sie bald gehen wolle. Ich beeilte mich mit meiner Schilderung der Ereignisse.

 

Ich war bei Ihrem Vater“, begann ich und bemerkte gleichzeitig, wie sie plötzlich etwas zusammenzuckte. „Ich stellte ihm die Frage, ob er meinen Partner Shannon engagiert hätte, doch Ihr Vater verneinte dies mit allem Nachdruck. Kurz darauf rief er seinen Aufpasser- und Schlägerandroiden namens T-Bird und befahl ihm, mich genau anzusehen. Er deutete an, falls ich mich nicht um meine eigenen Angelegenheiten kümmere, würde mich T-Bird schon dazu bringen…“

 

Ein leichte Gesichtsröte stieg in ihr Gesicht, als sie davon hörte.

 

Nun, wie auch immer, ich verstehe trotzdem noch nicht, was das mit mir zu tun haben soll“, bemerkte sie dazu. Dann fuhr sie fort: „Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen, Mr. Random.“

 

Miss Breedy stand auf.

 

Ich versuche eigentlich nur, die Schritte meines Partners nachzuforschen”, sagte ich und erhob mich gleichfalls. Noch während ich vor ihr stand, sprach ich weiter. „Wie ich herausgefunden habe, ging mein Partner Mark Shannon anscheinend in den ‚Robot Master Club’ und ich möchte gerne feststellen, mit wem er dort war. Soviel wie ich weiß, sind Sie ein hohes Mitglied des Clubs. Ich wollte Sie deshalb darum bitten, mich dort einzuführen, damit ich ein paar Erkundigungen einziehen kann.“

 

Miss Breedy starrte mich auf einmal an, als hätte ich ihr eine Reise zum Mond vorgeschlagen.

 

Um Gottes Willen, das ist ganz unmöglich“, antwortete sie, und es klang, als ob sie es auch so meinte.

 

Selbst dann, wenn ich Sie in den Club mitnähme, Mr. Random – was ich auf keinen Fall tun werde – würde man nicht erlauben, dass Sie dort irgend jemand Fragen stellen.“

 

Sie starrte mich noch immer an und sprach weiter.

 

Das ist einfach nicht zu machen. Es tut mir leid, Mr. Random, aber ich muss Sie jetzt bitten zu gehen.“

 

Ich bin nicht einfach so aus leichtfertigen Gründen zu Ihnen gekommen, Miss Violetta Breedy“, sagte ich mit leichtem Nachdruck in der Stimme.

 

Ein Mann wurde ermordet. Darüber hinaus habe ich Grund zu vermuten, dass die hiesige Polizei sich nicht gerade mit allen Kräften darum bemüht, seinen Mörder zu finden. Ich bin mir bewusst, dass das eine sehr bedenkliche Äußerung von mir ist, aber ich habe mit Captain Fletcher von der Mordkommission gesprochen, und er hat mir mehr oder minder klar erklärt, er würde dafür sorgen, dass es mir leid täte, falls ich mich aus der ganzen Geschichte nicht draußen hielte. Ich gebe mich nicht der Täuschung hin, dass seine Worte keine leeren Drohungen waren. Dieser Fletcher meinte es wirklich ernst. Dann wurde ich in eine Schlägerei verwickelt, weil ich Fragen stellte. Anscheinend gibt es hier jemand in der Stadt, der alles darauf anlegt, dass Shannons Tod vertuscht werden soll. Mark Shannon war mein Freund und Partner. Ich habe nicht die Absicht, zuzulassen, dass der Mord an ihm ungesühnt bleibt. Ich bitte Sie, mir zu helfen. Alles, was ich möchte…“

 

Miss Breedy streckte die Hand aus und drückte auf einen kleinen versteckten Knopf neben sich an der Wand.

 

Mit mir hat das alles nichts zu tun“, sagte sie. „Es tut mir wirklich leid, aber ich bin nicht in der Lage, Ihnen auch nur Ansatzweise zu helfen.“

Eine Tür öffnete sich, und die alte Hausdame kam herein.

 

Mr. Random will jetzt gehen. Führen sie Ihn bitte zum Ausgang, Maria!“

 

Ich lächelte Miss Breedy an.

 

Ich möchte mich auf jeden Fall bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie mir nicht gedroht haben, wie dieser Captain Fletcher, noch dass Sie mir einen Totschläger auf den Hals geschickt haben, wie ihr Vater, Miss Breedy.“

 

Ich ging in die Halle, nahm meinen Hut und als die Alte die Tür des Appartements öffnete, trat ich in den Korridor hinaus.

 

Es war ein Schuss ins Dunkle gewesen, und er hatte nicht gesessen. Aber wenigstens hatte ich meine Zeit nicht vergeudet. Ich vermutete allerdings, dass Violetta Breedy genau wusste, warum ihr Vater Shannon engagiert hatte. Wenn das der Fall war, bedeutete es, das Mark sich mit einer Familienangelegenheit befassen sollte.


 

Mir kam plötzlich die Idee, mich ein wenig näher mit Elisabeth Breedy-Brands Zeitvertreib, diesem Ron Summer, zu beschäftigen. Vielleicht wollte mein Partner ja nur feststellen, wie eng diese beiden miteinander befreundet waren. Das wäre eine Erklärung. Es war nur natürlich, dass Mr. Breedy in diesem Fall schwieg und brutal wurde, wenn er daran dachte, vor Gericht aussagen zu müssen, er habe einen Privatdetektiv engagiert, um seine Frau beobachten zu lassen. Jedenfalls war das etwas, was kein Mann gern bekannt werden ließ.


 

Draußen war es mittlerweile schon helllichter Tag geworden. Die Sonne schien und es zeigten sich nur ein paar kleine Wölkchen am blauen Himmel.

 

Ich ging zurück zum Parkplatz und stieg in meinen dort abgestellten Sportgleiter. Ich saß noch lange nachdenklich so da, ohne ihn laufen zu lassen. Irgendwann drückte ich dann doch auf den Startknopf. Die Turbine fing an zu laufen. Der Gleiter hob sich leicht an, stabilisierte seine Lage, und ich brauste in Richtung Terrania Bay City davon.

 

Den Rest des Tages verbrachte ich im Hotel, aß, schlief oder führte hier und da Gespräche mit einigen älteren Hotelgästen. Die Entspannung tat mir gut. Nebenbei erledigte ich auf meinem Zimmer noch einige wichtige Schreibarbeiten. Mittlerweile hatte man während meiner Abwesenheit wohl die Klimaanlage repariert, die vollautomatisch dafür sorgte, dass ein angenehmes Raumklima vorherrschte. Die Kühle tat mir gut und es machte mir sogar Spaß, auf dem Zimmer zu bleiben. Erst als es draußen schon dunkel geworden war, verließ ich das Hotel wieder und fuhr mit meinem Gleiter runter zum Strand. Irgendwas trieb mich dazu, den gruseligen Todesort meines Partners Mark Shannon zu besuchen.

 

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 8

 

 

***

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 9)

 


Etwas später, als ich die Promenade entlang fuhr, sah ich zu meinem Erstaunen, dass immer noch einige Leute in der Brandung badeten. Im hellen Licht des weißen Mondes schimmerte das Meerwasser jetzt wie altes Silber.

 

Nach etwa fünfzehn Minuten erreichte ich einen Ort namens Bay Beach, der abseits des hektischen Badebetriebes lag, der sich hier tagsüber abspielte. Leider musste ich feststellen, dass sowohl die Badeanstalt als auch das Strandgelände geschlossen worden waren. Die Reihen der Strandkörbe unter den sanft hin und her wogenden Palmen lagen im Dunkeln. Gleiches galt für die bunten Badekabinen.

 

Ich stellte meinen Gleiter in eine stille Nebenstraße ab, gleich hinter der hohen Schwimmbadmauer, und ging zum nah gelegenen Strand hinunter. Von ein paar wenigen Fahrzeugen abgesehen, die ziellos und ohne Eile über die Strandstraße schwebten, war dieser Teil der Promenade still und verlassen wie ein Bahnhofswartesaal an einer wenig befahrenen Nebenstrecke.

 

Der schmale Weg zum Badestrand führte zu einem hohen Zaun mit Tor, das verschlossen war. Kurzerhand griff ich an die Oberstange und schwang mich hinüber. Ohne auch nur einen Laut zu verursachen, landete ich auf der anderen Seite im weichen Sand. Schnell huschte ich in der Dunkelheit im Schutz der hohen Palmen weiter und blieb dann stehen.

 

Eigentlich wusste ich nicht so recht, was ich hier eigentlich zu suchen hatte. War es Neugier oder pure Verzweiflung? Vielleicht wollte ich auch nur instinktiv jene Stelle besuchen, an der mein Partner Shannon so elendig gestorben war.

 

Dann, unter einer Palme stehend, spähte ich zu den Badekabinen hinüber. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass Inspektor Blanking seit dem Mord an meinem Partner Wachen zurückgelassen hatte, die den Strand rund um die Uhr beobachten würden. Ich wünschte mir im Augenblick nicht unbedingt, einem der hiesigen Gesetzeshüter in die Arme zu laufen. Das war das bestimmt das letzte, was ich jetzt brauchen könnte. Ich schaute vorsichtig in alle Richtungen, konnte jedoch außer dem Rauschen des Meeres und einigen vorbeikommenden, späten Spaziergängern, die sich oben auf der Straße lautstark unterhielten, nichts Besonderes und Auffälliges wahrnehmen.

 

Als ich mich davon überzeugt hatte, dass mich niemand stören würde, ging ich runter zu den Badehütten, bis ich die vorletzte erreichte. Es war die, in der mein Partner Mark Shannon gestorben war.

 

Vorsichtig drückte ich gegen die Tür. Nach ein paar Versuchen gab ich mein Bemühen auf, sie auf diese Art und Weise zu öffnen. Offenbar hatte man sie vorsorglich abgeschlossen. Aus meiner Hüfttasche holte ich eine Taschenlampe und ein kleines Stemmeisen. Mit Kennerblick untersuchte das Schloss und den Türpfosten, dann schob ich die abgeflachte Seite des Stahls zwischen den schmalen Spalt, drückte mit aller Kraft gegen die Füllung und im nächsten Moment schwang die Tür mit einem leisen Knirschen auf.

 

Ich machte einen Schritt nach vorne und blieb unter der offenen Tür stehen. Ich spürte, wie mir die aufgestaute Tageswärme aus dem kleinen Raum entgegenschlug. Dann trat ich hinein und ließ den Strahl meiner Taschenlampe langsam abwechselnd mal auf dem Boden und wieder an den Wänden entlang gleiten.

 

Am Inventar war offenbar nichts verändert worden. In der Ecke, wo Shannon gelegen hatte, befand sich ein großer, dunkler Fleck auf dem Boden, bei dessen Anblick ich im Schein meiner Lampe erschauderte.

 

Mir gegenüber waren zwei Türen, die in die Umkleidekammer führten. Die eine hatte wohl mein Partner benutzt, die andere das Mädchen, das ihn bis hier hin begleitet hatte.

 

Mir gingen ein paar Gedanken durch den Kopf. Wer mochte sie gewesen sein? War sie die Mörderin oder hatte sie nur als Köder fungiert, um Shannon hier in die Badehütte zu locken? Shannon war, wenn es um das weibliche Geschlecht ging, zu allem bereit. War er wild genug auf das Mädchen gewesen, um ohne die geringsten Bedenken in eine Falle zu gehen, die ihn zum Verhängnis wurde? Vielleicht hatte er sich aber auch nur mit dem Mädchen eines Schlägers eingelassen, der sich dann gerächt hatte? Vielleicht wurde Shannon von dem Mann beim Liebesspiel mit ihr überrascht, der dann auf ihn losging und ihn schließlich tötete, während sie in Panik einfach hinausgelaufen und geflohen war. Möglich war alles und nichts konnte ich beim jetzigen Stand der Dinge ganz ausschließen. Andererseits hatte das Mädchen all ihre Kleider in der Hütte zurückgelassen. Die Frage drängte sich mir auch auf, warum sie keine Hilfe geholt hat, um den Mörder daran zu hindern Shannon zu töten. Oder hatte sich einfach alles so schnell abgespielt, dass mein Partner schon tot war, ehe sie aus der Umkleidekabine herauskam, und sie deshalb floh, als sie sah, dass er tot war? Die Gedanken kreisten immer schneller in meinem Kopf und ich beschloss daher, vorerst nicht weiter darüber zu spekulieren.

 

Ich schob meinen Hut in den Nacken und strich mir mit dem Taschentuch über meine verschwitzte Stirn. Ich ging noch einmal zurück zur Eingangstür und machte sie zu. Ich wollte nicht, dass mir irgendein nächtlicher Strandbesucher oder jemand in einem zufällig vorbeikommenden Boot meine Lampe durch den offenstehenden Eingang bemerkte.

 

Dann ging ich wieder hinüber zur jene Tür, die in die erste Umkleidekammer führte, öffnete sie und blickte hinein. Der Raum war winzig und bot gerade mal für eine Person ausreichend Platz. Er war mit einer Bank, vier Kleiderhaken und einem kleinen Spiegel ausgestattet. Während ich den hellen Strahl meiner Taschenlampe in die Runde kreisen ließ, fragte ich mich, ob Shannon diesen Raum benutzt hatte. Ich rechnete eigentlich nicht damit, hier noch irgendwas zu finden, da Blankings Beamte sicherlich alles genau unter die Lupe genommen hatten. Ich fand auch nichts. Irgendwie kam mir deswegen plötzlich in den Sinn, dass ich meine Zeit nur vergeuden würde. Für mich gab es hier nichts, nicht einmal Atmosphäre. Das war’s dann, dachte ich und wollte schon gehen.

 

Vielleicht hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, in die andere kleine Kammer hineinzusehen, aber plötzlich überkam mich das komische Gefühl, in der dunklen Hütte nicht länger allein zu sein. Regungslos blieb ich stehen. Meine Sinne schärften sich. Ich lauschte angestrengt und hörte meine eigenes Herz pochen, wie es von Innen gegen die Brust schlug. Meine Finger glitt im gleichen Moment auf den Knopf der Taschenlampe. Mit einem sanften Druck schaltete ich das Licht aus und dichte Finsternis umgab mich von einer Sekunde auf die andere.

 

Ich stand für einige Zeit nur so da und hörte nichts. Dann, als ich schon glaubte, dass mir meine Phantasie einen Trick spiele, nahm ich einen schwachen Laut wahr, der mir allerdings ganz nah schien. Es war eines dieser Geräusche, die einer macht, wenn er langsam durch den offenen Mund ein- und ausatmet, als bekäme er immer weniger Luft. Ich fühlte, wie sich die Haare in meinem Nacken sträubten. In dieser Situation wünschte ich mir, ich hätte meine Waffe dabei. Zwei leise Schritte brachten mich an die Tür der kleinen Kammer. Schnell hob ich die Taschenlampe und schaltete sie ein. Der weiße Lichtstrahl warf einen nichtssagenden Kreis auf den Bretterboden zu meinen Füßen. Ich ließ ihn mehrmals hin und her wandern, konnte aber nichts genaues erkennen. Dann lauschte ich wieder.

 

Oben auf der Strandstraße sauste gerade ein Turbinengleiter vorbei, mit jemand, der es offenbar sehr eilig hatte.

 

Ich richtete den Lichtstrahl diesmal direkt auf die Tür der zweiten Umkleidekammer, griff nach der Klinke und schob die Tür langsam auf. Dann leuchtete ich in den engen Raum hinein.

 

Ich erschrak und machte instinktiv einen Schritt nach hinten. Sie saß auf dem Boden und sah mich an. Sie trug einen hellblauen Badeanzug, ihre blonden Haare hingen Schweiß gebadet in Strähnen herunter. Der Blick ihrer Augen war leer. Von ihrer linken Schulter zog sich ein langer Streifen geronnenes Blut herunter, der sich im Stoff des Badeanzugs zu einem großen, hässlich aussehenden Fleck sammelte.

 

Es war ein hübsches Mädchen mit braun gebrannter Haut. Vielleicht mochte sie um die vier- oder fünfundzwanzig Jahre alt sein und ihre Figur war die eine Modells. Ich hatte Mitleid mit ihr und dachte, dass sie viel zu jung sei, um zu sterben.

 

Blicklos starrte sie in den hellen Lichtkegel meiner Taschenlampe. Ich stand fast wie gelähmt da. Eiskalter Schweiß bedeckte meine Stirn, der Puls fing an zu rasen und mein Mund war so trocken, als hätte ich seit Tagen nichts mehr getrunken. Erst als das Mädchen in einer entsetzlich anmutenden gespenstischen Stille langsam seitlich auf den Boden kippte, beugte ich mich vor, um sie aufzufangen. Aber inzwischen war es zu spät. Ich konnte nichts mehr für sie tun. Ihr Lebenslicht erlosch zusehends.

 

Das Mädchen lag jetzt ganz auf der Seite, ihr schönes helles Haar bedeckte ihr blasses Gesicht. Auf dem Boden entdeckte ich zu meiner großen Überraschung auf einmal einen Eispicker mit einem weißen Kunststoffgriff. Offenbar hatte der Mörder sein neues Opfer auf die gleiche Weise umgebracht wie Shannon. Das war der Beweis, obwohl die Hand des Mörders dieses Mal nicht so sicher zugestoßen hatte, denn mein Partner war nach wenigen Sekunden tot gewesen.

 

Ich beugte mich jetzt direkt über sie. Schweißperlen liefen mir über mein Gesicht und tropften von meinem Kinn. Als sich ihr Körper im Krampf auf dem Boden ein letztes Mal ausstreckte, verriet mir das eindeutig den Augenblick, in dem sie ihr Leben ganz ausgehaucht hatte. Ich brauchte nicht mehr nach ihrem Puls zu fühlen oder ihre Augenlider zu heben, um zu erkennen, dass es bei ihr für jede Hilfe zu spät geworden war. Ich ließ den Lichtkegel meiner Taschenlampe über ihren leblosen Körper gleiten. Es war nicht der geringste Anhaltspunkt vorhanden, der darauf hinwies, wer sie war. Sie hatte nur diesen Badeanzug an und sah sehr gepflegt aus. Sie konnte in der Tat ein Modell gewesen sein, aber genauso gut hätte sie eine der Tausende berufstätiger jungen Frauen von Terrania Bay City gewesen sein können. Eigentlich konnte sie alles gewesen sein. Aber von einem war ich sicher. Sie war das Mädchen, das Mark Shannon im Hotel Delphi abgeholt hatte und von dem Treaves überzeugt war, es sei dunkel gewesen. Als mir einfiel, dass er vermutete, sie hätte entweder eine Perücke getragen oder ihr Haar gefärbt, hielt ich die Lampe näher, um mich davon zu überzeugen, dass er sich wohl möglich geirrt hatte. Ich ließ mir mit dem Betrachten sehr viel Zeit und stellte schließlich fest, dass ich für Treaves Vermutungen keinen Beweis fand. Sie trug weder eine Perücke, noch hatte sie ihr Haar gefärbt. Daran gab es jetzt keinen Zweifel mehr, der Hausdetektiv lag mit seiner Annahme voll daneben.

 

Ich ließ nach einer Weile den Lichtkegel auf ihre Arme fallen. In dem hellen Schein schimmerten die weichen Härchen tatsächlich blond. Alles andere wäre unnatürlich gewesen. Ihrer Bräune nach zu urteilen, hatte sie seit Monaten die Sonne genossen, deshalb mussten die Härchen auf ihren Armen gebleicht sein.

 

Ich lehnte mich wieder zurück. Erst jetzt bemerkte ich die furchtbare Hitze in dem kleinen Raum. Auch meine Hände und mein Hemd waren total durchgeschwitzt. Ich stand auf und ging in den größeren Raum zurück.

 

Erst jetzt bemerkte ich eine weitere Tür, die offenbar eine Verbindung zur benachbarten Kabine bildete. An der Tür war ein Riegel, der aber nicht zugeschoben war, wie es eigentlich hätte sein müssen.

 

Schlagartig ließ mich das auffahren.

 

Ich erkannte nämlich sofort, dass der Mörder des jungen Mädchens durch diese Tür gekommen und wieder gegangen sein musste. Wahrscheinlich befand er sich sogar noch in der Nachbarhütte, wartete wohl möglich darauf, dass ich endlich wieder verschwinden würde. Mehr denn je wünschte ich mir, eine Waffe bei mir zu haben.

 

Geräuschlos schlich ich vorsichtig durch den Raum, schaltete meine Taschenlampe wieder aus und legte mein Ohr so sachte wie möglich gegen die Füllung der Tür. Ich atmete ganz langsam kontrolliert ein und aus, lauschte in die Dunkelheit hinein, vernahm aber nichts.

 

Ich tastete nach der Klinke, fand sie auch sofort, packte sei sogleich fest und drückte sie herunter. Als ich sie ganz unten hatte, presste ich leicht dagegen in der Hoffnung, dass sie sich öffnen ließ. Aber sie gab partout nicht nach. Irgend jemand war durch diese Tür in die Nachbarkabine gegangen und hatte sie hinter sich abgeschlossen, aber den Riegel freigelassen.

 

Befand sich vielleicht der Unbekannte noch in dem dahinter liegenden Raum?

 

Genauso behutsam und geräuschlos trat ich zurück, mein Mund war unerträglich trocken und meine Zunge klebte am Gaumen. Ich dachte daran, dass der Betreffende wahrscheinlich einen weiteren Eispicker bei sich hatte und, was mir noch mehr Angst einjagte, vielleicht sogar eine Schusswaffe bei sich trug.

 

Im nächsten Moment vernahm ich ein Geräusch, das mich zu Eis erstarren ließ und an meine strapazierten Nerven zerrte.

 

Plötzlich hörte ich aus der Ferne das Jaulen einer Polizeisirene, ein Heulen, das ständig lauter wurde und mir irgendwie verriet, dass ein Pol-Gleiter mit hoher Geschwindigkeit über die Promenade raste.

 

Erschreckt schaute ich mich um. Zwischen mir und dem Einsatzgleiter mussten vielleicht noch knappe tausend Meter liegen. Ich bildete mir nicht ein, dass mich die Polizeibeamten nicht bemerken würden. Gegen den weißen Sand und in dem hellen Mondlicht musste ich weithin gut sichtbar sein. Das war mir klar. Ich musste deshalb schnell handeln.

 

Ich verließ die Badekabine so schnell ich konnte und rannte los und machte die Tür hinter mir zu. Ich hatte ungefähr fünfhundert Meter zurückgelegt, als die Sirene des Pol-Gleiters verstummte. Jetzt war die Zeit zum Endspurt, aber das Laufen durch den weichen, nachgiebigen Sand war anstrengender, als ich geglaubt hatte. Obwohl ich eigentlich eine sportliche Figur besaß und trotz des täglichen Zigarettenkonsums relativ fit war, fing ich an zu keuchen, und meine Beine schmerzten. Ich spurtete trotzdem los, aber eine besondere Leistung war es nicht.

 

Dann bemerkte ich, dass der Strand scharf zum Meer abfiel und durch eine ziemlich langgezogene Düne einen Abhang bildete.

 

In ein paar Sekunden mussten die Polizisten aus ihrem Wagen heraus und unten am Strand sein. Dann würde der Spaß erst richtig losgehen. Als ich die Höhe erreichte, schoss ich im Hechtsprung den Abhang hinunter und landete in einer hohen Sandfontäne dicht vor der Wasserlinie.

 

Ich blieb einen kurzen Moment keuchend nach Luft schnappend erschöpft liegen. Hinter mir war kein Ruf zu hören, der mir verriet, ob ich bemerkt worden war. Schließlich richtete ich mich auf, kletterte gebückt den Abhang wieder hinauf, so dass ich gerade über den Rand der Düne schauen konnte.

 

Ich spähte vorsichtig nach den einsam daliegenden Badehütten.

 

Im Mondlicht stand ein Polizist, den Rücken zu mir gewendet. Die Tür der Hütte, in der ich mich noch vor wenigen Minuten aufgehalten hatte, stand jetzt weit offen. Und während ich hinsah, kam ein weiterer Polizist aus ihr heraus. Er sprach ein paar Sätze mit seinem Kollegen, der draußen auf ihn wartete und auf einmal zur Promenade zurücklief.

 

Keiner brauchte mir zu sagen, was jetzt kommen würde. Es wäre nur ein Frage von wenigen Minuten, bis der Strand von Gesetzeshütern nur so wimmeln würde. Wenn man mich hier finden würde, wäre der Ofen für mich aus in Terranie Bay City und Captain Fletcher wüsste, was er mit so einem Fang wie mich anzufangen hatte. Seine üblen Drohungen gegen mich waren sicherlich keine leeren Worte gewesen. Er hatte es ja schon angedeutet, was mir dann blühen würde. Auf jeden Fall wollte ich es vermeiden, dass er mich möglicherweise wochen- oder sogar monatelang hier festnagelt, bis über die ‚Mordsache Shannon’ Gras gewachsen wäre.

 

Im Schutz der hohen Sanddüne spurtete ich wieder los. Nach etwa einem Kilometer blieb ich ziemlich erschöpft stehen. Ich war am Ende meiner Kräfte. Trotzdem beruhigte mich der Gedanke, dass ich jetzt weit genug von den Badehütten entfernt war, um mich wieder landeinwärts zu bewegen. Ich hielt es für unwahrscheinlich, dass ich noch von den Polizisten gesehen werden konnte.

 

Etwas später erreichte ich über einen kleinen befestigten Plattenweg die Promenade. Ich überquerte die Straße und machte mich auf der anderen Seite auf den Weg zu meinem Gleiter zurück. Es dauerte eine geschlagene viertel Stunde bis ich meinen schnittigen Sportgleiter in der still da liegenden Nebenstraße gleich hinter der Schwimmbadmauer endlich erreichte und erleichtert einstieg. Ohne das Licht einzuschalten setzte ich die Turbine in Gang und schwebte mit halber Kraft auf die Promenadenstraße zu, auf der gerade zwei Pol-Gleiter mit eingeschaltetem Blaulicht in Richtung der Strandhütten vorbei rasten. Allerdings war das nur der Anfang. Denn vier weitere kamen gleich hinterher. In einem der Fahrzeuge saß Inspektor Blanking, der qualmend auf dem Beifahrersitz saß und mit der rechten Hand auf jenen Teil des Strandes deutete, genau dahin, wo das ermordete Mädchen lag.

 

Nachdem die Kette der Pol-Gleiter mit einem imponierenden Blaulichtgewitter endlich alle an mir vorbei gedüst waren, bog ich in die Promenadenstraße ein, verließ diese wieder nach etwa zweihundert Metern und schlich in gemäßigtem Tempo mit eingeschalteten Licht durch Seitenstraßen zurück in das Hotel „Delphi“.

 

Es war schon kurz nach Mitternacht, als ich dort ankam. Ein Nachtportier-Androide mit programmiertem Dauerlächeln fragte nach meiner Zimmernummer. Ich grunzte nur etwas, sagte meine Zimmernummer, nahm den Schlüssel an mich und ging hinüber zum altertümlich aussehenden Fahrstuhl. Während ich noch auf das Kommen der Fahrkabine wartete, hörte ich das Videotelefon auf dem Empfangstisch läuten. Der Androidenportier drückte ein paar Knöpfe und wartete geduldig auf das Gespräch. Die Kabine des Fahrstuhls glitt von oben geräuschlos herunter, die beiden Sicherheitstüren öffneten sich und als ich gerade im Begriff war, einzusteigen, rief er meinen Namen: „Mr. Random, hier ist ein Gespräch für Sie. Wollen Sie es auf Ihrem Zimmer oder lieber dort drüben in der Videotelefonzelle entgegennehmen? Ich entschied mich für die Zelle.


 

Mit metallisch plärrender Stimme wünschte der Androide mir eine schöne Nacht und wies mich darauf hin, wie schön der Mond über das weite Meer leuchtete. Seine programmierte Freundlichkeit stieß bei mir nicht auf Gegenliebe. Wie gerne hätte ich einen Portier aus Fleisch und Blut hinter dem Empfangstisch gesehen. Sie gab es nur noch in den teuren Hotel von Terrania Bay City.

 

Während ich den kleinen Kommunikationsraum betrat und extra langsam ein paar verschiedene Knöpfe drückte, fragte ich mich danach, wer mich um diese Zeit noch anrief.

 

Als die Verbindung stand, was durch ein grünes Licht angezeigt wurde, fing ich an zu sprechen.

 

Hallo, ja?“

 

Ist dort Mr. Random von Random & Shannon?“

 

Eine Frauenstimme war zu hören, klar, leicht gedämpft, aber dennoch sehr vertraut. Die Mattscheibe allerdings blieb schwarz. Es baute sich kein Bild auf.

 

Ja“, gab ich zur Antwort.

 

Hier ist Violetta Breedy.“

 

Ich war etwas verdutzt und blähte meine Backen auf. Woher wusste sie, in welchem Hotel ich wohnte? Dieser Gedanke schoss mir zuerst durch den Kopf, bevor ich weiterredete.

 

Oh Miss Breedy, sehr freundlich von Ihnen, dass Sie mich anrufen.“

 

Mr. Random“, sagte sie, „ich dachte zuerst schon, ich würde Sie nicht erreichen können. Aber ich habe eine wichtige Mitteilung für Sie, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ich habe mir die Gästeliste angesehen. Ihr Partner Mr. Shannon ist nicht darin zu finden.“

 

Ich war natürlich überrascht, aber nicht zu sehr, um trotzdem sicher zu antworten: „Nun könnte es ja auch sein, dass er sich unter einem falschen Namen eingeschrieben hat.“

 

Ja, die Möglichkeit habe ich auch schon in Betracht gezogen. Der Pförtner sagte mir allerdings, dass in der zurück liegenden Zeit kein rothaariger Mann in dem Club gekommen ist. Der Pförtner ist in diesen Dingen sehr zuverlässig. Falls Ihr Partner Shannon tatsächlich da gewesen wäre, hätte er sich mit Sicherheit darin erinnert. Ich frage mich daher, warum Sie glauben, dass er hier gewesen ist?“

 

Ich versuchte innerlich Ruhe zu bewahren.

 

"Ich fand in seinem Koffer eine flache Schachtel aus einem harten Spezialkunststoff mit drei eigenartig aussehenden Mikrochips darin, auf der die Adresse des Clubs stand.“

 

Nun, Mr. Random, die kleine Schachtel mag aus dem Club sein. Sie ist ein reiner Werbegag, aber für gewöhnlich findet sie für andere Dinge Verwendung, als ausgerechnet Mikrochips darin zu verstecken. Jemand kann sie ihrem Partner auch geschenkt haben, als noch etwas ganz anderes in der Schachtel war.“

 

Gewiss, Miss Breedy. Auch diese Möglichkeit muss ich in Erwägung ziehen. Jedenfalls vielen Dank für Ihre freundliche Unterstützung. Ich bin Ihnen wirklich sehr verbunden...“

 

Plötzlich summte das Videotelefon und die Verbindung wurde unterbrochen. Ich blieb noch eine ganze Weile wie angewurzelt stehen, starrte auf den schwarzen Monitor und fragte mich, weshalb Miss Violetta Breedy plötzlich ihre Ansicht geändert hatte und mir doch half. Ich stieß die Tür auf und ging zum Fahrstuhl.

 

Mark war offenbar doch nicht im „Robot Master Club“ gewesen. Ich konnte auch keinen Grund erkennen, weshalb ich an Miss Breedys Worten zweifeln sollte. Ich hatte Marks Koffer durchwühlt und wusste, dass er keinen Smoking oder ähnliches mitgebrachte hatte. Ohne Smoking allerdings wäre er bestimmt nicht an dem Pförtner vorbeigekommen, wenn es zutraf, was Treaves über die Exklusivität des Clubs gesagt hatte.

 

Wo kam aber dann die Schachtel mit dem Mikrochips her? Warum hatte Mark sie aufbewahrt. Er verwahrt nichts, es sei denn, es hatte irgendeinen Nutzen. Doch welchen?

 

Ich verließ den auf altmodisch getrimmten Fahrstuhl, ging durch den Korridor, öffnete meine Tür und trat in das Zimmer. Dann schloss ich hinter mir ab und trat an Marks Koffer. Ich suchte die Schachtel mit den Mikrochips heraus, setzte mich in den Sessel und sah sie mir näher an.

 

Die Innenseite des Klappdeckels war mit einem dünnen Stoffpolster ausgestattet, der Boden der Schachtel ebenfalls. Ich fummelte daran herum und zog beide heraus. Dabei fiel mir eine mehrfach zusammen gefaltete Anzeigenreklame entgegen, die aus irgendeiner Zeitung herausgeschnitten worden war. Interessiert klappte ich das Papier auseinander und las den Text.

 

Liebe Kundin, lieber Kunde,


bevor Sie Terrania Bay City verlassen, versäumen Sie nicht

Marcel Blanks Institut für keramische Kunst einen Besuch abzustatten. In der Töpferei und im angeschlossenen Geschäft werden Sie auf eine Fundgrube origineller Plastiken und vieles mehr stoßen. Lassen Sie sich von unserem Angebot überraschen!

Wo Sie uns finden?

Am Promenaden Point gleich gegenüber

des legendären Hotels „Intergalaktica“.

Wir sind nicht zu übersehen!

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

 

Es folgte die genaue Adresse mit Straßennummer, den üblichen Verbindungen inkl. der einzelnen Ruf- und Verbindungsnummern, wie Telefon, Internet und sogar ein interplanetarischer Satelliten-Anschluß war mit aufgeführt. Die Geschäfte liefen offenbar gut. Sicherlich kein Wunder, denn das Institut für keramische Kunst samt Verkaufsladen befanden sich in bevorzugter Lage. Den ganzen Tag über tummelten sich auf dem Promenaden Point eine große Menge Touristen, die scharf auf alle möglichen Souvenirs waren.

 

Gleichzeitig fragte ich mich natürlich auch, weshalb eine Anzeigenreklame, die doch offensichtlich auf Touristen abzielte, in ausgerechnet diese Schachtel des exklusiven „Robot Master Club“ gekommen war, der bestimmt nicht irgendeinen dahergelaufenen Allerweltstypen in seinen hohen Hallen dulden würde. Ich fragte mich außerdem, ob ich hier vielleicht auf etwas Weiterführendes im Mordfall Shannon gestoßen war, oder ob es sich als Seifenblase oder eben doch als eine dieser unerklärlichen Geschichten erweisen würde.

 

Ich drehte das gefaltete Blatt auf die andere Seite und betrachtete sie ausgiebig. Als ich genauer hinschaute, fand ich zu meiner Überraschung einige fortlaufende sechsstellige Nummern, die dort mit einem feinen Stift in schwarzer Farbe hingeschrieben worden waren. Vor den Nummer stand jeweils ein Buchstabe:

A 577 333, B 577 334 und so weiter und so fort.

 

Ich steckte das Papier wieder zurück in die Kunststoffschachtel und zerbrach mir den Kopf darüber, was die Nummern wohl zu bedeuten hatten. Ich kam aber zu keinem Ergebnis.

 

Mittlerweile war es fast zwei Uhr geworden. Ich hatte in der Tat einen bewegten Tag hinter mir. Offensichtlich konnte ich nichts mehr tun, als auf den nächsten Morgen zu warten. Auf jeden Fall wollte ich mir zum Frühstück eine Zeitung kaufen und hoffte, etwas dahingehend erfahren zu können, wer das Mädchen im Badeanzug gewesen war. Nach dem Duschen und einer ausgiebigen Toilette legte ich mich zum Schlafen hin und war froh darüber, dass das Zimmer jetzt endlich angenehm klimatisiert war. Schon bald schlief ich tief und fest.

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 9


 

 

***

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 10)

 

 

Es war schon spät am Morgen, als ich wieder wach wurde. Gut ausgeschlafen verließ ich das Bett und wollte gerade in die Dusche, als jemand mit den Füßen polternd gegen die Tür trat.

 

Machen Sie schon auf, Random. Wir wissen, dass Sie da sind.“

 

Die Stimme kam mir bekannt vor. Ich zögerte noch etwas.

 

Diesmal wurde mit der Faust gegen die Tür geschlagen. Ich stand wie gebannt da, meine Gedanken überschlugen sich. Vielleicht hatte man mich gesehen, als ich aus der Seitenstraße mit meinem Schwebegleiter herausgefahren bin? Hatte ich gar Fingerabdrücke in der Strandhütte zurückgelassen?

 

Schnell holte ich die Schachtel aus dem Koffer, entnahm die Reklameanzeige und schob sie unter die Kante des Teppichs. Alles andere verstaute ich wieder an der gleichen Stelle in Marks Koffer.

 

Danach beeilte ich mich, die Tür zu öffnen. Ich setzte absichtlich eine verschlafene Miene auf.

 

Kaum hatte ich den Schlüssel herumgedreht, wurde die Tür auch schon brutal aufgedrückt und Sergeant Harry stand vor mir. Seine Kiefer mahlten, seine Augen funkelten mir feindselig entgegen. Hinter ihm standen zwei große Kriminalbeamte in Zivil mit versteinerten Gesichtern und versperrten den Ausgang.

 

Random, Sie kommen sofort mit!“ sagte Harry mit ausdruckslosem und schon fast gelangweiltem Gesicht. „Captain Fletcher will Sie sehen.“

 

Können Sie mir sagen, um was es geht, Sergeant?“

 

Ich darf Ihnen nichts sagen. Das wissen Sie doch! Wenn Sie sich etwas beeilen, wird es Ihnen das der Captain noch früh genug sagen. Was ist, kommen Sie also freiwillig mit?“

 

Ich zögerte etwas und überlegte einen Augenblick. Dann erkannte ich, dass meine Situation relativ aussichtslos war. Schließlich zog ich mich an und während ich noch damit beschäftigt war, schaute ich zum Sergeanten Harry rüber und sagte ihm, ich käme freiwillig mit.

 

***

 

Fünf Minuten später gingen wir durch die Empfangshalle und die Stufen zu dem wartenden Pol-Gleiter hinunter. Die beiden Kriminalbeamte in Zivil waren immer dicht hinter mir. Sie stiegen vorne ein und Sergeant Harry und ich hinten.

 

Der radlose Wagen düste in der üblichen wilden Weise ab. Sogar das Blaulicht war eingeschaltet, was ich für ziemlich übertrieben hielt. Ich kam mir vor wie ein Schwerverbrecher, den man endlich dingfest gemacht hatte.

 

Sergeant Harry saß neben mir wie ein Felsbrocken, der zu viel Sonne abbekommen hatte. Ich konnte die Hitze seines massigen Körpers förmlich spüren.

 

Was ist denn dem Captain diesmal über die Leber gelaufen“, fragte ich mit gespielter Zurückhaltung.

 

Ich dachte, das wissen Sie besser als ich, Random“, antwortete Harry. Danach sagte er kein Wort mehr. Offenbar wollte er sich mit mir nicht weiter unterhalten.

 

Ich starrte aus dem Fenster. Ich fühlte mich irgendwie nicht wohl bei der ganzen Sache. Es bestand ja immerhin die Möglichkeit, dass mich jemand am Strand oder in meinem Sportgleiter gesehen und meine Personenbeschreibung durchgegeben hat. Wenn Captain Fletcher davon wusste, dann konnte ich mich auf einiges gefasst machen.

 

Als der Pol-Gleiter vor dem Headquarters vorschwebte und sanft schaukelnd anhielt, sagte keiner ein Wort. Als wir alle ausgestiegen waren, griff der Sergeant in seine Hüfte und zog ein Paar Handschellen heraus.

 

Die muss ich Ihnen leider anlegen, Mr. Random“, sagte er mit fast entschuldigendem Ton in seiner Stimme. „Der Captain will es so. Er sieht es gern, wenn immer alles tipptopp ist.“

 

Was, werde ich jetzt etwa verhaftet?“ fragte ich und hielt ihm spontan meine Handgelenke hin. Als sich der kalte Stahl um meine Haut schloss, steigerte sich mein Unwohlsein ins uferlose. Mir wurde richtig übel.

 

Ich tue gar nichts“, sagte Harry und ließ die Handschellen zuklicken. „Der Captain will sich mit Ihnen unterhalten. Weiter nichts.“

 

Wir gingen über den Bürgersteig und die Stufen zum Anmelderaum hinauf. Die beiden bulligen Kriminalbeamte blieben im Pol-Gleiter zurück und hatten offenbar Anweisungen erhalten, vorerst zu warten.

 

Ein Sergeant vom Dienst schaute mit prüfendem Blick erst mich und dann Harry an, der sogleich den Kopf schüttelte und, ohne ein Wort zu sagen, schnurstracks weiterging. Der Uniformierte winkte uns daraufhin teilnahmslos zu, als wüsste er über alles Bescheid. Wahrscheinlich hatte man sich vorher schon abgesprochen.

 

Es ging durch einen langen Gang, dann wieder eine Treppe hinauf durch einen weiteren, den wir bis zum Ende durchschritten, bis wir schließlich vor einer Tür stehen blieben. Sergeant Harry klopfte einmal dagegen, drückte die Klinke hinunter und stieß sie weit auf. Dann legte er seine Hand auf meine Schulter und schob mich in einen großen, hell erleuchteten Raum, in dem sich ein Schreibtisch, ein Aktenschrank und ein ovaler Tisch mit sechs Stühlen befand.


 

Captain Fletcher, Inspektor Blanking und ein großer, dünner Mann so um die Vierzig, mit strohigem Haarkranz, einer randlosen Brille und dem Gesicht einer hungrigen Ratte, warteten offenbar schon seit geraumer Zeit auf mich.

 

Hier ist Random“, sagte Harry, trat zurück und verließ den Raum. Ich stand da wie ein begossener Pudel mitten im Rampenlicht einer Zirkusmanege und machte schließlich zwei Schritte nach vorne, sodass ich hinter einem der Stühle zum Stehen kam und meine gefesselten Hände, für alle gut sichtbar, auf die Rückenlehne legen konnte.

 

Captain Fletcher stand beim Fenster, sein massiges Gesicht war rot angelaufen von aufgestautem Blut. Er drehte sich langsam um und sah mich wie ein Tiger an, dem ein fettes Lamm vor seinem Käfig vorbeigeführt wird.

 

Inspektor Blanking saß auf einem der Stühle, mir direkt gegenüber. Den Hut hatte er sich tief über die Augen gezogen, eine qualmende Zigarre zwischen den Zähnen. Er schaute mich nicht einmal an.

 

Der Mann mit dem strohigen Haarkranz betrachtete mich allerdings mit ziemlichen Interesse, ja schon fast mit der beruflichen Hingabe eines Bakteriologen, dem ein unbekannter Bazillus vorgelegt wird, der ein überaus gefährlicher, todbringender Krankheitserreger sein konnte.

 

Plötzlich stellte er Fletcher eine Frage.

 

Warum ist der Mann gefesselt?“

 

Dem Captain schien auf einmal das Atmen schwer zu fallen.

 

Gereizt gab er zur Antwort: „Wenn Ihnen die Art und Weise meiner Arbeit nicht passt, in der ich Verhaftungen vornehmen lasse, dann wenden Sie sich an den Commissioner.“

 

Ist denn dieser Mann verhaftet?“ fragte der Dürre mit höflicher Stimme.

 

Obwohl er das spitze Gesicht einer bösartigen Ratte besaß, war sein Verhalten und seine Sprechweise überaus kultiviert. Anscheinend hatte ich mich in ihm geirrt. Schnell wurde er mein Favorit in dem sich vor mir befindlichen Trio.

 

Fletcher wendete sein hochrotes Gesicht zur Tür hinüber und rief lautstark nach Sergeant Harry, der sofort reinkam. Offenbar stand er die ganze Zeit im Flur und hatte das Gespräch hinter der Tür aus nächster Nähe belauscht.

 

Sie können dem Kerl die verdammten Handschellen abnehmen“, sagte er zum Sergeanten und schien vor Wut zu platzen.

 

Harry trat auf mich zu, hantierte an den Handschellen herum und schob den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um und im nächsten Moment war ich frei. Captain Fletcher war mittlerweile wieder ans Fenster getreten und hatte uns schnaufend den Rücken zugewandt. Diesen günstigen Augenblick nutzte Harry aus und riskierte, mir langsam und vorsichtig von der Seite zuzublinzeln. Während er schließlich von mir zurücktrat, spielte ich Pantomime, sah mir dabei die Handgelenke an, rieb an ihnen mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck herum und schaute gekränkt in die Runde. Mein Verhalten zeigte Wirkung.

 

Mr. Random, wenn Sie sich setzen wollen hätte ich nichts dagegen“, sagte der Dürre mit den Strohhaaren auf einmal. „Ich bin übrigens Richard Curtis, vom Amt des District Attorneys. Als ich hörte, dass Captain Fletcher Sie sprechen wollte, da dachte ich mir, ich könnte mich bei dieser Gelegenheit auch gleich selbst mit Ihnen unterhalten.“

 

Der Mann wurde mir immer sympathischer. Die ganze Zeit fühlte ich mich ziemlich Unwohl in meiner Haut, doch jetzt keimte etwas Hoffnung im mir, weil es mir langsam besser ging.

 

Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Curtis. Ich hatte schon einmal das zweifelhafte Vergnügen, mit Captain Fletcher zu sprechen und bin der Meinung, dass ich einen gewissen Schutz nötig habe. Wie gesagt, ich freue mich, Sie zu sehen.“

 

Mr. Curtis nahm seine Brille ab, schaute angestrengt auf die Gläser, als suche er nach einer blinden Stelle auf ihnen und setzte sie schließlich wieder auf.

 

Nun Mr. Random, ich versteh sehr gut, was Sie meinen. Aber ich gehe einmal davon aus, dass Captain Fletcher, was seine Befugnisse anbelangt, diese zweifellos nicht überschreitet“, sagte er in einer Tonlage, die nicht so klang, als ob er selbst daran glaube.

Ein Lächeln huschte mir übers Gesicht. Doch Curtis setzte noch einen drauf.

 

Unser Captain Fletcher hatte schon immer Sinn für Humor. Ich persönlich nahm ihn stets ernst, aber vielleicht haben Sie recht, Mr. Random. Aber man braucht sich ja bloß nur die tiefliegende Freundlichkeit auf seinem Gesicht anzusehen, um erkennen zu können, dass er ein großer Spaßvogel ist.“

 

Fletcher drehte sich um und kam knurrend vom Fenster auf mich zu. Er sah aus wie ein wütender Gorilla, den man während der Fütterungszeit die Nahrung streitig macht.

 

Wollen Sie die Fragen stellen, Captain, oder soll ich das tun?“ fragte Curtis; seine Stimme hatte plötzlich einen stählernen Klang. Diese eiskalte Beherrschung hätte ich ihm nicht zugetraut.

 

Captain Fletcher blieb abrupt stehen. Seine vor unterdrücktem Zorn rot gefleckten Augen wanderten von mir zu Curtis hin und her, der allerdings eher einen gelangweilten Eindruck an den Tag legte, als würde er sich gerade einen harten Gangsterfilm ansehen, ihn aber für total verlogen findet.

 

Machen Sie nur weiter, Mr. Curtis. Nachdem Sie sich schon eingemischt haben...“, quetschte Fletcher jedes einzelne Wort mühsam aus sich heraus. „Ich werde mich zu gegebener Zeit an den Commissioner wenden. Ich hatte schon immer den Eindruck, dass sich Ihre Dienststelle viel zu oft einmischt. Es wird Zeit, dass dagegen jemand etwas unternimmt.“

 

Während er den Satz noch nicht einmal ganz ausgesprochen hatte, ging der Captain an mir zur Tür hinaus und warf sie hinter sich mit einem lauten Krachen ins Schloss. Draußen im Flur hörte man ihn fluchen und wie er auf Sergeant Harry einschrie, als hätte dieser etwas falsch gemacht.

 

Wenige Augenblicke später öffnete sich die Tür wieder und Sergeant Harry blickte vorsichtig herein. Seine Worte klangen irgendwie schüchtern, aber erleichtert.

 

Werde ich noch gebraucht, Mr. Curtis?“

 

Nein, danke, Sergeant. Sie können Feierabend machen. Den haben Sie sich ganz bestimmt verdient für heute. Melden Sie sich morgen wieder zum Dienst.“

 

Harry blickte sicherheitshalber noch einmal zu Inspektor Blanking hinüber, der die ganze Zeit nur schweigsam dagesessen hatte und alles mit nachdenklicher Miene beobachtet hatte. Er schob den Hut jetzt weit nach hinten, und sein Blick wanderte zum Sergeanten, dann nickte er fast unauffällig mit dem Kopf.

 

Harry verabschiedete sich. Danach verschwand er augenblicklich. Im Gegensatz zu Captain Fletchers Abgang machte der Sergeant die Tür hinter sich so leise und vorsichtig zu, als wäre sie aus dünnem Papier, das bei der kleinsten Bewegung zerreißen könnte.

 

Nun, Mr. Random, bitte nehmen Sie doch Platz“, sagte Curtis und deutete auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch. Ich nahm sein Angebot freundlich an. Er selbst setzte sich in einen weichen Sessel.

 

Als ich so da saß und in die Runde schaute, begegnete ich Inspektor Blankings ausdruckslosem Blick. Er verriet mir nichts. Er war weder freundlich noch feindselig.

 

Mr. Curtis nahm einen Kugelschreiber von der Papierunterlage, legte ihn behutsam zurück in die Ablage, warf mir durch den Schutz seiner schimmernden Brillengläser einen scharfen Blick und fing schließlich an zu reden.

 

Wissen Sie, Mr. Random, Captain Fletcher geht Ende des Monats in den wohlverdienten Ruhestand. An seine Stelle tritt Inspektor Blanking.“

 

Oh, da kann ich nur noch gratulieren“, antwortete ich ihm und sah dabei hinüber zum Inspektor, der ruhelos an seiner Krawatte herumfingerte. Er sagte kein Sterbenswörtchen.

 

In diesem Falle liegen alle Ermittlungen in den Händen des Inspektors“, fuhr Curtis fort. „Ich beziehe mich natürlich dabei auch auf die beiden Morde am Bay Beach“, fuhr er fort.

 

Ich erkannte sofort die Falle, die darin lag.

 

Würde ich ableugnen, dass ich unten am Strand in der Badehütte gewesen war, als das Mädchen starb, wäre es jetzt wohl an der Zeit, Überraschung zu zeigen und zu fragen, welcher zweite Mord begangen worden war. Aber ich kam diesem Gedanken schnell einen Schritt voraus. Nach Lage der Dinge hatten sie wohl einen Fingerabdruck von mir in der Hütte gefunden oder jemand hat mich dort gesehen, der mich jetzt identifizieren konnte. Möglich wäre es aber auch, dass sie meinen ganz in der Nähe abgestellten Sportgleiter entdeckt hatten. Ich musste jedenfalls alles in Betracht ziehen.

Ich entschloss mich daher, etwas zu riskieren und Offenheit zu zeigen. Ich musste ihnen die Wahrheit sagen.

 

Mr. Curtis“, fing ich an, „da ich jetzt weiß, dass Inspektor Blanking die Ermittlungen leitet, bin ich dazu bereit, eine Aussage zu machen. Ich hätte das schon viel früher machen sollen, aber Captain Fletchers Drohungen haben mich daran gehindert. Als man mich ihm vorführte, drohte er mir massiv, ich solle mich aus der Sache raus halten. Ich habe das nicht getan und ließ mich nicht von ihm einschüchtern. Als ich das Mädchen dort in der Standhütte fand, erkannte ich natürlich sofort, dass mir Fletcher den Mord an ihr anhängen konnte, wenn er das nur wollte.“

 

Der District Attorney schien sich etwas zu entspannen.

 

Tja, dann waren Sie also der Mann, der gesehen wurde, wie er in die Hütte am Strand eindrang.“

 

Davon weiß ich nichts, aber ich drang dort ein und fand das Mädchen sterbend vor.“

 

Und, sagte sie noch etwas zu ihnen?“

 

Nein. Sie starb wenige Sekunden später, als ich sie in der Kabine entdeckte.“

 

Blanking räusperte sich plötzlich. Er beugte sich zu mir vor und sagte mit ruhiger Stimme: „Wollen Sie es nicht von Anfang an schildern, Random? Warum gingen Sie überhaupt dorthin?“

 

Ich hatte eigentlich keinen besonderen Grund dazu, außer dass ich nichts anderes zu tun hatte und mir den Ort noch einmal ansehen wollte, wo mein Partner ermordet worden ist. Das ist alles.“

 

Der Inspektor schien von dieser Erklärung nicht gerade restlos überzeugt zu sein, aber er ging nicht weiter darauf ein und ließ sie durchgehen. Er stocherte weiter.

 

Wissen Sie denn noch, um welche Zeit Sie dorthin kamen?“ hakte er nach.

 

Ich schilderte ihm die Ereignisse und beantwortete ihm alle Fragen. Meine Darstellungen gaben genau das wieder, was dort unten am Strand in der Hütte geschehen war. Ich beschrieb ferner, wie ich entkommen war und um welche Zeit ich in meinem Hotel zurückkam.

 

Blanking sah zu Curtis hinüber, und dann verzog sich sein hartes, strenges Gesicht plötzlich zu einem Lächeln, das auf einmal ganz menschlich aussah.

 

Kann ich Ihnen nicht übel nehmen, wie Sie reagiert haben“, sagte er bedächtig. „Wahrscheinlich hätte ich in Ihrer Situation das gleiche getan. Aber ich würde Ihnen nicht empfehlen, es noch einmal zu riskieren.“

 

Ich nickte mit dem Kopf.

 

Wissen Sie Random, wie viel Glück Sie eigentlich gehabt haben?“ fragte mich der Inspektor mit nachdenklich Stimme. „Sie hätten wegen Mordes festgenagelt werden können. Es ist jedoch anders gekommen. Unser Doktor hat nämlich erklärt, dass das arme Mädchen mindestens zwei Stunden vorher, bevor Sie die Kabine betraten, verletzt worden war. So lange hat es gedauert, bis sie starb. Das Blut an ihrem Körper und auf dem Boden war bereits schon geronnen. Damit sind Sie aus dem Schneider.“

 

Ich atmete tief durch.

 

Woher wussten Ihre Leute, dass sie dort war?“ fragte ich Blanking.

 

Von ihr wussten wir nichts. Jemand sah Sie in die Kabine gehen. Er behauptete, er hätte sich ebenfalls den Schauplatz des Mordes angesehen, dabei entdeckte er Sie und rief das Headquarters an.

 

Eine Person mit typisch verantwortungsbewusstem Bürgersinn. Wo kämen wir ohne solche Leute hin?“ meinte ich bewundernd. „Von dem Mörder allerdings immer noch keine Spur – oder?“

 

Der Inspektor schüttelte den Kopf.

 

Haben Sie denn schon wenigstens eine Ahnung, wer es war?“ fragte ich neugierig.

 

Blanking drückte seinen Zigarrenstumpen aus, lehnte sich dann mit einem Seufzer zurück und wechselte mit Curtis einen Blick.

 

Der hob nur die Schultern.

 

Ganz offensichtlich ist sie die Frau, die ihr Kollege im Hotel Delphi abholte. Was sie allerdings in der Zeit zwischen etwa elf Uhr, also am Tag Ihrer Ankunft in Terrania Bay City, bis zur Zeit ihres Todes getan hat, ist uns schleierhaft. Sie trug noch den Badeanzug, den sie anhatte, als sie Mark Shannon verließ.

 

Haben Sie wenigsten die Tote schon identifizieren können?“ fragte ich den Inspektor.

 

Ja. Das Mädchen wurde von ihrer Wirtin als vermisst gemeldet. Die Wirtin sagte uns, sie sei zur Arbeit gegangen und dann nicht mehr zurückkehrt. Wir haben ihr die Leiche gezeigt. Sie behauptet, es sei Virginia Shriver. Wir holen noch einen zweiten Zeugen; der Mann, für den sie arbeitete. Er befindet sich gerade auf dem Wege hierher.“

 

Wer ist das?“ fragte ich so ganz nebenbei.

Der Inspektor gab mir bereitwillig die Information. Als ich den Namen des Mannes hörte, richtete ich mich innerlich auf wie ein plötzliches Wild witternder Wolf.

 

Er heißt Marcel Blank“, sagte er. „Ein ziemlich undurchsichtiger Charakter, der ein Institut für keramische Kunst und eine Töpferei mit angeschlossenem Geschäft am Promenaden Point gleich gegenüber dem Hotel Intergalaktica betreibt. Das Mädchen arbeitete in den Ausstellungsräumen seines Instituts.

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 10

 

***

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 11)

 

Ich dachte darüber nach, ob ich Inspektor Blanking etwas von den drei Mikrochips und der Anzeige mit den seltsamen Zahlen darauf erzählen sollte, die ich in Mark Shannons Gepäck gefunden hatte und dass es offenbar eine seltsame Verbindung zwischen der von mir gefundenen Annonce und dieser Schule für Keramik gab.

 

Ich sagte mir, es sei vielleicht doch noch nicht der richtige Zeitpunkt, mich ihm hinsichtlich dieser Tatsachen vollständig anzuvertrauen. Ich musste mich erst vergewissern, das Blanking Shannons Mörder auch wirklich finden wollte, dass es ihm also Ernst damit war.

 

Der Inspektor sagte: „Wir wollen feststellen, was zwischen Shannon und diesem Mädchen hier war. Ich will dafür wetten, sie hatte einen Freund, der sie beide erledigt hat.“

 

Ich sah Mr. Curtis an. Sein Gesicht verriet nichts, und er hatte angefangen, mit einigen Gegenständen auf Schreibtisch herumzuspielen.

 

Eigentlich kann es nicht allzu schwer sein, diesen Kerl ausfindig zu machen, sofern sie tatsächlich einen Freund hatte“, warf ich ein.

 

Nun ja, vielleicht weiß dieser Marcel Blank etwas." Blanking sah auf seine Uhr. „Wir gehen am besten jetzt wohl in die Leichenkammer. Er müsste jeden Moment kommen.“

 

Der Inspektor blickte zu Richard Curtis, dem District Attorney, hinüber. „Sind Sie einverstanden?“

 

Ja, gewiss doch“, antwortete dieser.

 

Ich machte ebenfalls Anstalten aufzustehen, aber Curtis hob seine Hand.

 

Bleiben Sie bitte sitzen! Ich möchte doch noch einmal Ihre Aussage durchgehen, Mr. Random. Sie können übrigens schon gehen, Inspektor.“

 

Blanking erhob sich, nickte mir zu und verließ den Raum.

 

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, folgte eine lange Pause, dann zog Mr. Curtis eine altmodisch aussehende Pfeife aus der Tasche und begann sie zu stopfen.

 

Ich sah darin ein Zeichen, dass es jetzt wohl vertraulich werden würde, nahm meine Zigaretten aus der Tasche und zündete mir eine an.

 

Mr. Random. Sie hatten heute morgen eine Unterhaltung mit Captain Fletcher, wenn ich richtig informiert bin?“ sagte Curtis, ohne mich dabei anzusehen.

 

Ja, so könnte man es auch nennen. Sie war etwas einseitig, aber zum Schluss gelang es mir doch noch, zu Worte zu kommen. Ich kassierte allerdings für meine Mühe einen Schlag ins Gesicht, aber ich will mich nicht beschweren“, antwortete ich.

 

Hm..., nun ja“, meinte Mr. Curtis und sah mich dabei an, „es wurde über Lee Breedy gesprochen...“

 

Ja“, bestätigte ich ihm, „es wurde über diesen Mann was gesagt.“

 

Die Augen des Distrikt Attorneys verengten sich zu schmalen Schlitzen und erforschten mein Gesicht.

 

Erwähnten Sie Fletcher gegenüber seinen Namen?“ fragte Curtis.

 

Ja, das tat ich.“


Curtis zündete seine Pfeife an, runzelte die Stirn, veränderte ein wenig seine Stellung und blies den Rauch in die Luft.

 

Haben Sie den Eindruck, dass Mr. Breedy ihren Partner Shannon für einen Auftrag engagiert hat?“

 

Ja, den habe ich.“

 

Aber Sie haben keinen Beweis für diese Annahme, oder Mr. Random?“

 

Nun, Shannon hatte so eine komische Angewohnheit, auf seiner Schreibunterlage herum zu kritzeln. Er schrieb Breedys Namen darauf, während er mit jemand telefonierte. Ich weiß, dass der Mann, mit dem er bei dieser Gelegenheit sprach, ihn auch engagierte, hier her nach Terrania Bay City zu kommen. Mir leuchtet nicht ein, weshalb er Breedys Namen aufgeschrieben haben soll, wenn nicht Breedy der Mann gewesen ist, der mit ihm am Telefon gesprochen hat und meinen Partner schließlich engagierte.“

 

Curtis sah mich immer noch an.

 

Haben Sie schon mal an die Möglichkeit gedacht, dass jemand Shannon einen Auftrag gab, der mit Lee Breedy möglicherweise in Zusammenhang stand. Ich meine, Shannons Auftraggeber konnte ihn aufgeforderte haben, Informationen über Breedy zu beschaffen.“

 

Daran habe ich natürlich schon gedacht. Aber es passt trotzdem nicht ganz ins Bild.“

 

Ich berichtete Curtis davon, wie ich Breedys Büro angerufen habe und um einen Termin gebeten hatte, wie ich über die Köpfe von sechs Geschäftsleuten hinweg zu Breedy geführt worden war, wie man mich bedroht und wie ich später zusammen mit einem seiner Ex-Wachmänner, einem gewissen Ralph Fuller, von Breedys üblen Schlägern in Jimmys Club regelrecht überfallen wurde. Es kam zu einer Schlägerei, die von einem äußerst gefährlichen Androiden Breedys, der sich T-Bird nennt, angeführt worden ist.

 

Curtis hörte sich meine Schilderungen mit ausdrucklosem Gesicht an. Zwischendurch paffte er immer wieder an seiner krummen Pfeife.

 

Mir scheint, dass Breedy Shannon engagierte. Und nachdem mein Partner ermordet wurde, gibt Lee Breedy sich jetzt die größte Mühe, das zu vertuschen,“ schloss ich.

 

Der District Attorney überlegte einen Augenblick und sagte dann: „Ich nehme einmal an, dass Sie großen Wert darauf legen, dass man den Mörder Ihres Partner Shannon findet, ihn verhaftet und hinter Gitter bringt.“

 

Ich tat überrascht und starrte Curtis an.

 

Als ich hörte, dass Sie hierher gekommen waren und mit Captain Fletcher gesprochen hatten“, sagte Curtis, „rief ich das Büro des zuständigen District Attorneys in New York an und stellte ein paar Fragen nach ihnen. Es scheint, dass Ihre Agentur immer sehr gut mit den Behörden zusammengearbeitet hat und man Sie in New York sehr schätzt. Das will schon einiges heißen. Sie haben ja selbst ein paar Jahre im Büro des Staatsanwaltes gearbeitet und sehr gute Arbeit geleistet.“

 

Ich setzte ein Grinsen auf.

 

Ich möchte wetten, dass Ihnen das nicht der District Attorney selber gesagt hat.“

 

Curtis ließ sich zu einem leichten Lächeln herab. Es half nicht viel, um seinen rattenartigen Gesichtausdruck zu mildern.

 

Ich sprach mit meinem Kollegen in dem Büro. Er sagte, Sie wären wegen Ihres Hangs zur Insubordination bekannt gewesen, aber wenn man Ihnen freie Hand ließ, hätten Sie als Ermittler stets überaus gute Dienste geleistet.“

 

Das hat er Ihnen nur gesagt, weil er mir noch einen ziemlich hohen Betrag schuldet, den ich ihm mal geliehen habe“, antwortete ich Curtis und fragte mich, wohin das alle noch führen solle.

 

Wie würden Sie sich dazu stellen, selbst zur Aufklärung des Mordes an Shannon beizutragen?“

 

Daran arbeite ich schon die ganze Zeit. Mit oder gegen die Erlaubnis.“

 

Curtis nickte.

 

Aber ohne einen gewissen Schutz werden Sie nicht sehr weit kommen.“

 

Das weiß ich. Schutz ist etwas, was ich jetzt gut brauchen könnte“, sagte ich.

 

Curtis rieb sich das scharfe Kinn.

 

Das könnte arrangiert werden. Das heißt, bis zu einem gewissen Grad. Absolut garantieren kann ich nichts“, sagte er mit unveränderte Mine.

 

Es würde mir schon reichen, wenn man mir Fletcher vom Hals hielte. Mit diesem brutalen Androiden T-Bird werde ich schon irgendwie fertig. Ich kenne seine Schwachstellen.“

 

Der District Attorney schaute etwas nachdenklich.

 

Für Captain Fletcher kann gesorgt werden. Sie dürfen aber den Androiden nicht unterschätzen. Diese spezialisierten Menschmaschinen vom Schlage T-Birds sind äußerst gefährlich und auf totale Rücksichtslosigkeit programmiert. Eigentlich setzt man diese gefährlichen Dinger als Soldaten ein.“

 

Ich werde bestimmt vorsichtig sein.“

 

Curtis überlegte wieder und sagte dann: „Na gut, das ist wohl alles, Mr. Random. Es ist schon spät geworden, Zeit für mich, den Tag ausklingen zu lassen und mich schlafen zu legen.“

 

Ich schüttelte mit dem Kopf.

 

Warum auf einmal die freie Hand? Welche Kastanien hole ich für Sie aus dem Feuer, Curtis?“

 

Ich bemerkte, wie sein Adamsapfel stieg und wieder fiel. Ansonsten blieb sein Gesichtsausdruck wie immer regungslos.

 

Darum geht es eigentlich nicht“, sagte Curtis vorsichtig. „Mir scheint, dass Sie den Wunsch haben, für sich privat Ermittlungen anzustellen. Da Ihr Partner ermordet wurde und Sie in gewisser Weise ein Kollege sind...“

 

Ach was. Sie müssen mir Besseres bieten, wenn ich mitspielen soll“, sagte ich und legte einige Schärfe in meine Stimme.

 

Curtis begann wieder mit den Utensilien auf dem Schreibtisch herumzuspielen. Er ließ sich sichtliche Zeit damit, die richtigen Worte zu finden. Er paffte ein paar Mal an seiner Pfeife und blies den Rauch in den Raum.

 

Ich bin nicht völlig davon überzeugt, dass es sich hier um eine Aufgabe für die Polizei handelt. Es könnte natürlich sein. Klar, wenn dieses Mädchen ein Verhältnis mit einem Schläger gehabt hat und falls der feststellte, dass Shannon hinter ihr her war, und er sie darauf beide tötete, dann ist es selbstverständlich ein Fall, den die Polizei bearbeiten kann und das auch muss. Keine Frage. Aber wenn die Hintergründe tiefer liegen, wenn der Multimilliardär Lee Breedy darin verwickelt ist, dann werden wir nicht sehr weit kommen.“

 

Und das macht Ihnen Sorgen?“

 

Mr. Curtis sah mich auf einmal scharf an.

 

Also gut, ich werde die Karten auf den Tisch legen. Es wird für Sie schwer sein, die Situation zu verstehen, wenn ich das nicht tue.“

 

Dann decken Sie Ihre Karten doch auf“, sagte ich, „einschließlich der, die Sie in Ihrem Ärmel haben.“

 

Der District Attorney ließ das hingehen.

 

Also gut, hören Sie zu. Innerhalb der nächsten Wochen muss sich die Stadtverwaltung wieder zur Wahl stellen“, sagte Curtis und wählte seine Worte, als wären sie so zerbrechlich wie Eierschalen.


„Die Opposition sucht natürlich nach einer Gelegenheit, den Griff, mit dem Breedy die Stadt umklammert hält, zu lockern. Falls Breedy in irgendeiner Weise in die Ermordung Shannons verwickelt ist, kann das der Opposition die Gelegenheit geben, nach der sie sucht. Die gegenwärtige Verwaltung ist nicht sonderlich beliebt, aber sie ist ungeheuer mächtig. Im Augenblick befindet sich alles auf des Messers Schneide. Ein Skandal, den die oppositionelle Zeitung groß ausschlachten kann, vermag die Entscheidung bringen.“

 

Ich vermute demnach mal, Mr. Curtis, dass Sie ein Anhänger der Opposition sind? Habe ich Recht?“

 

Ich glaube an Gerechtigkeit und Freiheit“, sagt er, nahm die alte Pfeife aus seinem Mund und sah sie an, als wäre er überrascht darüber, sie noch brennend zu finden.

 

Sehr lobenswert, Mr. Curtis“, sagte ich, „und wenn die Opposition an die Macht kommt, werden Sie vermutlich davon profitieren und auf der Karriereleiter weiter nach oben steigen.“

 

Curtis sah mir jetzt offen ins Gesicht. Er kratzte sein rechtes Ohrläppchen, zögerte, ob er wohl empört aussehen sollte, und ließ sich dann zu einem breiten, jungenhaften Lächeln herbei, das so falsch war wie die Wimpern eines Revuegirls.

 

Ich nehme an, das wird der Fall sein, aber das hat natürlich nichts mit der vorliegenden Frage zu tun, nicht das geringste.“

 

Wer schießt denn auf Breedy.“

 

So würde ich das nicht nennen. Es ist ein offener Kampf zwischen der korrupten Breedy-Verwaltung und Richter Georg Birmingham, der die Opposition bei den Wahlen anführt.“

 

Und in dieser Stadt der Millionäre und Milliardäre wären ein paar Reformen vonnöten, wie ich das verstehe.“

 

Das kann man wohl sagen, Mr. Random. Die Probleme sind sehr heikel“, gab Curtis ehrlich zur Antwort.

 

Und wo steht Inspektor Blanking bei allem?“

 

Blanking kann nicht sehr viel unternehmen, wenn sich dieser Fall auf einer Linie entwickelt, die den Interessen der gegenwärtigen Verwaltung zuwiderläuft“, sagte Curtis. „Der Commissioner wird keine Ermittlungen ermutigen, die Breedy in Verlegenheit bringen. Er und Breedy sind gute Freunde.“

 

Tja und Blanking hofft natürlich, dass er Captain wird, und muss seine Finger sauber halten.“

 

Als Curtis auf diese Bemerkung von mir nichts erwiderte, fuhr ich fort: „Es riskiert also keiner seinen Kopf – außer mir natürlich, stimmt’s?“

 

Richter Birmingham hat erheblichen Einfluss. Wir besitzen eine Zeitung mit großer Auflage. Natürlich müssen Sie vorsichtig sein, aber vorausgesetzt, dass Sie sich bei Ihren Ermittlungen im üblichen Rahmen halten, wird sich niemand einmischen.“

 

Außer Breedy und seine Schlägertruppe, inklusive T-Bird.“

 

Curtis stopfte seine Pfeife nach.

 

Sie sagten doch, mit T-Bird könnten Sie fertig werden?“

 

Ja, das glaube ich schon. Aber ich behaupte nicht, dass meine Methoden im Rahmen des Üblichen liegen werden.“

 

Das ist vielleicht der Punkt, über den ich besser nichts weiß, Mr. Random.“

 

Ich überlegte einen Augenblick und sagte dann: „Also gut, ich will sehen, was ich tun kann. Ich sehe die Lage folgendermaßen: ich führe meine Ermittlungen fort, lege Ihnen meine Ergebnisse vor, und Sie überreden den Commissioner, eine Verhaftung zu veranlassen. Richtig?“

 

Mr. Curtis wandte sich wieder den Schreibtischutensilien zu. Er schien viel Trost darin zu finden, sie vor sich hin- und herzuschieben.

 

Na ja, nicht ganz. Ich glaube nämlich, dass es wohl der bessere Plan wäre, wenn Sie Ihre Ermittlungen abschließen und die Fakten dem Chefredakteur des Terrania Bay City Kuriers übergeben würden. Er ist ein echter Höllenhund, steht auf unserer Seite und ist willens, alles zu veröffentlichen, was die Breedy-Verwaltung trifft. Wenn es dann veröffentlicht ist, muss der Commissioner handeln.“

 

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

 

Klar. Sie und Inspektor Blanking halten sich heraus? Wenn also etwas schief geht bei der Sache, bleiben Sie unbehelligt, sind glücklich und zufrieden.“

 

Das Gesagte gefiel dem District Attorney nicht. Er sah mich durchdringend an.

 

Solange die Verwaltung...“ begann er, aber ich fiel ihm ins Wort.

 

Schon gut, schon gut“, sagte ich und stand auf. „Ich mache es. Aber nicht, weil ich Ihnen Ihre Kastanien aus dem Feuer holen will, oder weil ich unbedingt möchte, dass Richter Birmingham seine Wahl gewinnt. Nein, ich mache es, weil mein Partner ermordet wurde, und weil so etwas in unserem Beruf schlecht ist.“

 

Curtis nickte mit weisem Gesichtsausdruck.

 

Das kann ich verstehen, Mr. Random“, sagte er.

 

Da wäre noch etwas“, fuhr ich fort. „Obwohl ich allen Anlass dazu habe, Shannons Mörder zu finden, kann ich nicht ewig nur von Luft leben. Wenn Ihre Partei die Wahl auf Grund dessen, was ich ausfindig mache, gewinnt, dann erwarte ich zumindest die Erstattung meiner Unkosten.“

 

Curtis sah aus, als hätte er plötzlich in einen sauren Apfel gebissen. Er wartete eine Weile, sah mich durchdringend an und nickte dann mit dem Kopf.

 

Ich habe vollstes Verständnis für Ihr Anliegen, Mr. Random. Das dürfte sich machen lassen, aber es müsste zunächst bewiesen werden, dass der alte Lee Breedy in den Fall verwickelt ist“, sagte er mit einer Bestimmtheit, die den Ernst der Lage verdeutlichen sollte.

 

Das versteht sich von selbst. – Erhalte ich inzwischen von irgendeiner Seite Hilfe?“ fragte ich jetzt selbstsicher nach.

 

Blanking weiß von unserer Vereinbarung. Ich habe mit ihm vorher alles besprochen. Wenn Sie ihn von Zeit zu Zeit zu Hause anrufen oder ihn dort direkt besuchen, wird er Sie über seine Fortschritte unterrichten.“

 

Wie heißt der Redakteur, von dem Sie sprachen? Ich meine diesen Höllenhund, der alles veröffentlich würde, wenn es nur Breedy und die korrupte Stadtverwaltung trifft.“

 

Pit Loder. Sie können sich auf ihn verlassen. Geben Sie ihm die Fakten, und er wird sie drucken. Er wartet nur auf eine Gelegenheit, endlich loszuschlagen.“

 

Ok. Aber erst muss ich die Fakten ausgraben.“

 

Ich sah Curtis an. Ich hatte den komischen Eindruck, als wollte er das Gespräch beenden.

 

Nun“, sagte ich noch schnell, „ich mach’ mich jetzt wieder an die Arbeit und will sehen, was ich finde. Dann auf Wiedersehen, Mr. Curtis! Es hat mich gefreut, Sie kennen gelernt zu haben.“

 

Er nickte mit dem Kopf und reichte mir eine schlaffe Hand hin.

 

Ich wünsche Ihnen viel Glück, Mr. Random. Und seien Sie vorsichtig!“

 

Niemand kann behaupten, dass Curtis das reine Glück war. Ich wusste aber, dass ich Glück brauchen würde und vorsichtig...? – Na ja, das war ich eigentlich von Natur aus...

 

Ich ließ Curtis allein im Zimmer zurück, der immer noch mit den Schreibtischutensilien spielte und mir nur kurz hinterher schaute.

 



Fortsetzung folgt irgendwann

Ende Teil 11

 

 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

 

Der Fall T-Bird

(Teil 12)


 


 

Die Dämmerung brach schon langsam herein.


 

Als ich draußen auf dem hell erleuchteten Flur stand fragte ich mich, ob es schon zu spät wäre, noch einen Blick auf Marcel Blank zu werfen. Ich war davon regelrecht besessen, mir diesen Kerl unbedingt anzusehen, ohne allerdings von ihm selbst gesehen zu werden.


 

Ich kam am Ausgang des Gebäudes wieder an dem Sergeanten vom Dienst vorbei und fragte ihn, wo die Leichenkammer liege. Als er mich skeptisch musterte, erklärte ich ihm sofort, dass ich noch kurz mit Inspektor Blanking sprechen wolle, falls er noch dort sei.


 

Der Uniformierte gab sich mit dieser Bemerkung zufrieden, wies mich an, nicht den Ausgang zu nehmen, sondern den etwas weiter rechts daneben liegenden Korridor. Ich solle bis zur letzten Tür vorgehen, dann nach links auf den Hof hinaus, und die besagte Leichenkammer läge schon fast vor mir.


 

Ich bedankte mich freundlich bei ihm und tat, was er mir an Anweisungen mitgeben hatte.


 

Der Eingang zur Leichenkammer lag jenseits des Hofes. Eine trüb leuchtende Lampe über der Tür spendete nur wenig Licht. Irgendwie kam mir die Umgebung gespenstisch vor. Zwei Fenster des niedrigen Gebäudes waren erleuchtet, und leise überquerte ich den mittlerweile dunkel gewordenen Hof. Dann, an eines der Fenster angekommen, schaute ich vorsichtig in den dahinter liegenden Raum.


 

Inspektor Blanking stand etwas abseits des Tisches, auf dem Virginia Shrivers Leiche lag, die bis zum Hals von einem weißen Laken bedeckt war. Ihm gegenüber stand eine schlanker Mann mit vollen, strohblonden Haaren und einem ebensolchen Kinnbart. Er trug einen hellen, modernen Anzug mit engem Zuschnitt, darunter ein weißes Hemd und die beigefarbenen Schuhe hatten hohe Absätze, die ihn größer machten, als er in Wirklichkeit war.


 

Wenn man sich mit den langen Haar und dem Bart abfand, konnte man ihn eigentlich als gut aussehend bezeichnen. Er hatte eine gut geformte Nase, tiefliegende, kluge Augen und eine hohe, gewölbte Stirn.


 

Während er Blanking zuhörte, klatschte er mit einer dünnen Reitgerte gegen seine eng anliegende Hose.


 

Er hätte damit auf einem Pferd vielleicht ein imposantes Bild abgegeben, aber ohne sah er auch nicht anders aus wie viele der Angeber, die hier in Terrania Bay City in Massen herumliefen.


 

Der Inspektor schien offenbar den größten Teil der Unterhaltung zu bestreiten. Blank nickte nur und äußerte nur hier und da ein Wort.


 

An Blankings Ausdruck konnte ich erkennen, dass er nichts herausbekam. Schließlich zog er zum Zeichen, dass die Unterredung vorüber war, das Laken über das Gesicht des toten Mädchens, und Blank ging quer durch den Raum zur Tür.


 

Ich trat schnell in den Schatten hinter der nächsten Mauerecke zurück.


 

Marcel Blank kam heraus, überquerte mit langen Schritten den Hof, klopfte dabei mit seiner Reitpeitsche immer wieder gegen sein Bein. Er verschwand durch die Tür, die zum Hauptausgang führte.


 

Ich ging sofort zum Eingang der Leichenkammer, stieß die Tür auf und trat ein.


 

Inspektor Blanking war gerade im Begriff, das Licht zu löschen, als er mich sah. Sein hartes, gespanntes Gesicht verriet Überraschung.


 

Mr. Random! Was wollen Sie denn hier?“

War das dieser Marcel Blank?“


 

Ja. In meinen Augen ein Schwindler und Betrüger wie aus dem Lehrbuch, aber mit seinem Keramikladen und der Töpferei scheint es ihm recht gut zu gehen. Mit diesem Schwindelunternehmen muss er ein kleines Vermögen verdienen.“


 

Blanking unterdrückte ein Gähnen.


 

Wissen Sie, was mir dieser Kerl gesagt hat? Sie werden es nicht glauben.“


 

Er berührte den Arm des toten Mädchens.


 

Sie war nicht nur fromm, sondern gab sich auch nie mit Männern ab. Sie hatte nicht einmal einen Freund, wenn man ihren Beichtvater nicht als ihren Freund bezeichnen will. Er war der einzige, in dessen Gesellschaft sie sich sehen ließ. Und dann auch nur, um ihm dabei zu helfen, für die Armen dieser Stadt zu sammeln. Der Arzt sagt, sie sei noch unschuldig. Ich spreche morgen mit dem Geistlichen. Aber ich nehme an, dass man diesem Marcel Blank glauben kann.“


 

Und trotzdem gab sie sich mit Shannon ab? Ein seltsames Verhalten“, sagte ich.


 

Blanking verzog das Gesicht.

War er wirklich so gut? Konnte er ein Mädchen wie sie für sich gewinnen?“ fragte er missgelaunt.


 

Ich würde es ihm nicht absprechen. Wissen Sie, mein Partner hatte da so seine eigene Technik, mir gefiel sie zwar nicht besonders, aber für den frommen Typ hatte er nicht viel übrig. Vielleicht war es nichts zwischen ihnen beiden. Vielleicht hat sie ihm dabei geholfen, ihm Informationen zu beschaffen.“


 

Tja“, raunte Blanking, „wären sie dann zusammen schwimmen gegangen? Und hätten sie die gleiche Kabine genommen, wenn es nur das war?“


 

Ich hob die Schultern. „Ich weiß nicht“, gab ich zur Antwort.


 

Nun, wenigstens sieht es so aus, als ob wir nicht nach einem Freund zu suchen brauchten.“


 

Blanking ging zum Lichtschalter und drehte ihn herum.


 

Sind Sie mit Mr. Curtis klargekommen?“


 

Seine Stimme kam aus dem Halbdunkel. Das trübe Licht der Außenlampe warf einen silbernen Schein auf den Boden der Leichenkammer.


 

Ich würde mal sagen, ja. Er sagte mir, ich kann Sie entweder zu Hause anrufen oder dort selbst besuchen, wenn ich Informationen wünsche.“


 

Er hat Ihnen aber nicht gesagt, dass Sie ihn zu Hause besuchen können, wenn Sie was von ihm wissen wollen, oder doch?“


 

Nein.“


 

Blanking trat jetzt neben mich.


 

Das habe ich mir gedacht. Das war zu erwarten. Er riskiert nie etwas.“


 

Er legte seine Hand auf meinen Arm.


 

Passen Sie auf ihn auf. Sie sind nicht der erste, den er hintergeht und falsche Tatsachen vorspielt. Er ist jetzt vier Jahre im Amt, und dort ist er ohne eine Menge Hilfe weder hingekommen noch geblieben. Er hat ein hübsches, gut entwickeltes Talent, andere sein Boot rudern zu lassen. Er ist der einzige Lump, den ich je gekannt habe, der mit der Verwaltung jagt und mit der Opposition bellt. Also, wie ich schon sagte, passen Sie auf ihn gut auf. Beherzigen Sie meinen Ratschlag, Random.“


 

Ich nickte mit dem Kopf. Selbst wenn er mir das nicht gesagt hätte, hätte ich Mr. Curtis nie und nimmer mein absolutes Vertrauen geschenkt. Jeder hier in Terrania Bay City war offenbar mit seinem eigenen Spielchen beschäftigt und jeder spielte es auf seine verschlungene Art und Weise. Tja, in meinem Beruf waren Skepsis und Vorsicht sowieso von größter Wichtigkeit, dachte ich so für mich und verließ mit Blanking zusammen die Leichenhalle. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, gingen wir schnell durch den Gang auf die Straße hinaus und ich verabschiedete mich von ihm.


 

Draußen war es mittlerweile richtig dunkel geworden. Müde rief ich nach einem Taxi, das ein paar Minuten später mit aufheulenden Triebwerken direkt auf mich zuschwebte und mit schaukelnden Bewegungen keinen Meter vor mir seitlich zum Stehen kam. Die breiten Flügeltüren öffneten sich surrend nach oben und ich stieg ein. Es tat mir richtig gut, mich in den weichen Polstersitz sinken zu lassen. Der Robotfahrer nahm mein Ziel stumm entgegen. Dann rauschte er mit seinem Taxi davon.


 

Als ich endlich in meinem Hotel zurückkam, war Mitternacht schon längst vorbei.


 

Der Nachtportier-Androide sah mich mit vorwurfsvollem Gesicht an, als ich mit schleppenden Schritten durch die Halle kam. Ich sah ihn nur kurz an und wunderte mich darüber, wie eine Kunstvisage aus Latex derart menschliche Züge annehmen konnte. Ich war einfach zu müde, mich mit ihm abzugeben, ging deshalb sofort weiter zum Aufzug, wartete bis er aufging und stieg ein. In der zweiten Etage verließ ich den Fahrstuhl wieder, schloss die Tür auf und öffnete sie. Ich fingerte nach dem Lichtschalter, den ich nach ein paar suchenden Bewegungen fand und schaltete das Licht ein.

Mir hätte es beinahe den Atem verschlagen, als ich den Raum sah. Dann begann ich mit unterdrückter Stimme zu fluchen. Das Zimmer war in der gleichen Weise behandelt worden wie das von meinem Partner Shannon. Sämtliche Schubladen hingen heraus, die Bettmatratze war aufgeschlitzt worden, meine Sachen lagen überall im Zimmer verstreut herum, der Koffer lag aufgeschlitzt auf dem Boden. Sogar Shannons Sachen hatte man durcheinander geworfen. Ein heilloses Durcheinander wohin ich auch schaute.


 

Dann durchzuckte mich ein kurzer Schreck. Ich ging schnell an die Stelle, wo ich die Schachtel mit den Mikrochips versteckt hatte. Ich schob meine Hand zwischen Teppichkante und Wand und fingerte suchend dahinter herum. Ich atmete auf. Die flache Schachtel war noch da. Ich zog sie hervor und grinste ein wenig.


 

Schließlich hockte ich mich nieder und öffnete den Deckel der Kunststoffschachtel. Einer der losen Chips fiel heraus, und ich musste ihn zwischen den zerstreuten Federn der aufgeschlitzten Kissen mühsam suchen. Zu meiner Erleichterung fand ich ihn gleich neben mir vor dem umgekippten Sessel.


 

Wenn jemand nach diesen Mikrochips gesucht hatte, grübelte ich nach, dann ist er auf jeden Fall ohne sie gegangen. Anscheinend hatte er was anderes gesucht, etwas, was ihm einfach wichtiger gewesen war.


 

Plötzlich fiel mir die kleine Anzeigenreklame mit den sechsstelligen Nummern auf der Rückseite des fein säuberlich gefalteten Papierblattes wieder ein. Ein schneller Blick auf den Boden hinter dem Stoffpolster der Schachtel belehrte mich, dass es nicht mehr da war.


 

Wie von der Tarantel gestochen richtete ich mich auf.


 

Jemand hatte die Mikrochips bewusst zurückgelassen und ganz gezielt nur das kleine Anzeigenblättchen mit den eingetragenen Nummern mitgenommen, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass ich es noch nicht bemerkt haben würde.

 

Frustriert ging ich zum zerfetzten Bett hinüber und ließ mich darauf nieder. Ich war einfach zu müde, um über „das Warum“ nachzudenken.

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 12

 

 

 

***

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

Der Fall T-Bird

(Teil 13)

 

 

Am nächsten Morgen stand ich erst gegen elf Uhr auf.


 

Nachdem ich den Nachtportier angerufen hatte, um ihn davon zu unterrichten, weshalb ich nicht mehr in meinem Zimmer schlafen könne, rief dieser gleich bei der Polizei an, und so bekam ich noch einmal Besuch von meinem alten Freund Sergeant Harry.


 

Von der Schachtel mit den Mikrochips sagte ich ihm nichts. Ich ließ ihn sich ansonsten alles selbst ansehen, was passiert war. Nach einer geraumen Zeit fragte er mich, ob ich etwas vermisse. Ich antwortete ihm, soweit ich feststellen könne, nichts.


 

Mittlerweile hatte mir der Nachtportier ein neues Zimmer besorgt, das ich umgehend bezog. Ich überließ das Chaos nur zu gern dem Sergeanten Harry und seinen Fingerabdruckfachmännern, um sie nach Spuren suchen zu lassen. Ich war fest davon überzeugt, sie würden bestimmt keine finden.


 

Ich legte mich sofort aufs Bett und döste träge in Gedanken vor mich hin. Es waren die heißen Strahlen der Sonne, die durch die offenen Spalten der Jalousie fielen, die nicht nur das Zimmer aufheizten, sondern auch mich.


 

Irgendwie gefiel mir das Ganze nicht. Ich hatte das komische Gefühl, träge zu verblöden. Irgendeine Erfrischung musste also her. Telefonisch bestellte ich mir Kaffee und Toast, ging ins Badezimmer unter die Dusche, rasierte mich und zog mir frische Sachen an. Dann legte ich mich wieder aufs Bett zurück und wartete auf den Kaffee.


 

Ich starrte rauf zur Decke. Es gab einiges, worüber ich nachdenken musste. Bei den Ermittlungen hatten sich eine ganze Reihe loser Enden ergeben, denen noch nachgegangen werden musste.


 

Gab es ein Bindeglied zwischen dem Robot Master Club und dem Institut für keramische Kunst? War dieses Bindeglied eines der Dinge, auf die Shannon gestoßen war? Spielte Marcel Blank eine Rolle in der ganzen Geschichte, die diesen Fall betraf? Hatte Breedy Shannon engagiert, um seine Frau zu beobachten, und war mein Partner dabei auf etwas gestoßen, was mit seinem Auftrag vielleicht nichts zu tun hatte? Auch die Frage, was er mit einem Mädchen wie Virginia Shriver in der Badehütte zu suchen hatte, drängte sich auf.


 

Draußen klopfte jemand an der Tür. Der Kaffee kam, ehe ich auch nur versuchsweise eine Antwort auf eine dieser Fragen fand. Der Boyandroide stellte mir das silberfarbene Tablett ans Bett und verließ sofort wieder das Zimmer. Als ich die Tasse gerade an die Lippen setzen wollte, klingelte das Telefon.


 

Es war Inspektor Blanking.


 

Sind Sie es Mr. Random?“


 

Ja“, gab ich zur Antwort.


 

Ich habe gehört, Sie hatten gestern Nacht Besuch?“


 

Stimmt! Jemand scheint mich nicht besonders zu mögen“, raunte ich in den Telefonhörer.


 

Haben Sie schon eine Vermutung, wer es gewesen sein könnte?“ bohrte Blanking weiter.


 

Ich blickte Gedanken verloren hinüber zum Fenster und machte eine kleine Pause.


 

Ich hätte es dem Sergeanten schon gesagt. – Das Zimmer meines Partners Shannon wurde in ähnlicher Weise durchwühlt“, sagte ich nach einer Weile etwas gelangweilt zum Inspektor.


 

Na dann passen Sie gut auf, dass Ihnen niemand mit einem Eispicker zu nahe kommt, Random...“


 

Diese Möglichkeit wäre immerhin drin“, sagte ich und erschauderte dabei ein wenig.


 

Nichts für ungut. Ich wollte Sie nur noch mal selbst fragen. Harry fand nicht das geringste. Haben Sie selbst denn gar keinen Verdacht, wer bei Ihnen eingedrungen sein könnte, Random?“


 

Nein, im Augenblick nicht, Ich zerbreche mir aber gerade den Kopf darüber. Wenn mir etwas neues zu dem Fall einfällt, rufe ich Sie natürlich sofort an, Herr Inspektor.“


 

Inspektor Blanking schien ein paar Sekunden nachzudenken.


 

Nach einem kurzen Räuspern sprach er weiter.


 

Übrigens habe ich mit dem Geistlichen gesprochen. Blanks Aussagen zu der jungen Frau stimmen tatsächlich. Sie war genauso, wie er es in Gegenwart ihrer Leiche schilderte. Sie ging nicht mit Männern aus, und der Pater behauptete, mit einem fremden Mann hätte sie sich nie eingelassen. Davon war er jedenfalls fest überzeugt.“


 

Na ja, wie auch immer. Trotzdem hatte sie sich aber mit Mark Shannon verabredet“, erwiderte ich mit einem argwöhnischem Unterton in der Stimme.


 

Das ist richtig. Ich werde auf jeden Fall der Sache nachgehen. Ich werde auch versuchen, dem Eispicker auf die Spur zu kommen“, antwortete Inspektor Blanking.


 

Gut das Sie die Sache mit dem Eispicker ansprechen. Waren keine Fingerabdrücke daran?“

Nein. Meine Leute haben alles akribisch untersucht. Einen Eispicker von der Sorte kann man in jedem Haushaltsgeschäft kaufen. Zur Zeit klappern meine Ermittlungsbeamte jedes infrage kommende Geschäft in Terrania Bay City ab. Wenn sie auf etwas stoßen und mir Mitteilung darüber machen, werde ich Sie umgehend davon in Kenntnis setzen, Random.“


 

Ich bedankte mich artig dafür. Wenigstens zeigte er sich bereitwilliger zur Mitarbeit, als ich erwartet hatte. So kann man sich eben täuschen, sinnierte ich.


 

Blanking erinnerte mich noch daran, dass ich zu dem Inquest über den Tod seines Partners Shannon am späten Nachmittag erscheinen müsse, und hängte dann abrupt ein.

 

Ich trank meinen Kaffee aus, schaltete die Leitung frei und rief dann meine Sekretärin Stella Brackfort im New Yorker Büro an. Leider hatte mein Gerät kein Monitor. Als die Verbindung stand, fragte ich sie, wie Shannons Frau die Nachricht vom Tod ihres Mannes aufgenommen habe. Sie sagte mir, dass das die peinlichste Stunde in ihrem Leben gewesen sei, sie glaube aber, dass Shannons Frau inzwischen den ersten Schock überwunden habe.


 

Ich habe ihr einen elektronischen Brief geschrieben, Stella. Ich will dafür wetten, dass sie sehr bald bei dir auftauchen und Geld verlangen wird. Sage ihr einfach, dass ich ihr so schnell wie möglich vorab einen entsprechenden finanziellen Betrag zukommen lassen werde und du keine Verfügungsmacht über das Geschäftskonto hast, um die Summe auszahlen zu können.“


 

Stella hatte sehr wohl eine gewisse Verfügungsmacht über das gemeinsame Konto meines ermordeten Partners und mir, jedenfalls bis zu einer gewissen Grenze. Der gewährte Verfügungsrahmen betraf nur den laufenden Unterhalt für die Büros und einige andere Dinge, die während meiner Abwesenheit erledigt werden mussten. Wir sprachen deshalb noch ein paar Minuten über einige geschäftliche Angelegenheiten und auch darüber, dass sich zwei weitere Klienten gemeldet hätten. Beide Aufträge klangen lukrativ und schienen interessant zu sein, aber ich fühlte mich im Moment nicht einmal versucht, sie zu übernehmen.


 

Rede mal mit Stanhill darüber, ob er die beiden Aufträge auf der Basis von fifty-fifty übernehmen will. Ich bleibe hier in Terrania Bay City, bis diese Geschichte geklärt ist. Wirst du damit fertig, Stella?“ fragte ich sie schon fast entschuldigend.


 

Was denkst du denn, Lester? Ich habe den Laden hier voll im Griff. Mach dir also keine Sorgen und geh’ deinen Ermittlungen nach. Ich werde mit der Sache schon allein fertig...“


 

Und ich wusste, sie würde fertig werden. Stella war sehr klug und äußerst geschickt, wie ich es mir von einem Mädchen, das mein Büro in meiner Abwesenheit betreute, nur wünschen konnte.


 

Wir wechselten noch ein paar Worte, dann versprach ich ihr, morgen oder übermorgen wieder bei ihr anzurufen, und legte den Hörer auf.


 

Im neuen Zimmer war es mittlerweile unerträglich heiß geworden. Ich entschloss mich darum, an den Strand zu gehen und zu schwimmen, anschließend eine Weile in der Sonne zu liegen, um mich von ihr zu einem Plan inspirieren zu lassen.


 

Ich erhob mich vom Bett, schlüpfte in die leichten Strandschuhe, kramte in einem der beiden Koffer nach meiner Badehose und stopfte sie zusammen mit den anderen Badeutensilien in die Sporttasche. Dann fuhr ich mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss hinunter.


 

Ron Bristol, der fette Empfangschef, nahm meinen Schlüssel entgegen.


 

Äh…, Mr. Random”, begann er verlegen, “ich fürchte, dass...“


 

Ich weiß, ich weiß, Sie brauchen mir nichts zu sagen. Ich verstehe Sie schon, Mr. Bristol. Sie benötigen mein Zimmer, weil die Nachfrage plötzlich gestiegen ist.“


 

Ich setzte ein gespielt blödes Grinsen auf.


 

Ich mache Ihnen ja gar keinen Vorwurf daraus. Also gut, ich werde mir was anderes suchen. Lassen Sie mir nur bis heute Abend Zeit, Mr. Bristol. – Ausgemacht?“


 

Es tut mir außerordentlich leid, Mr. Random, aber wir haben eine ganze Reihe Beschwerden erhalten.“


 

Er sah tatsächlich so aus, als ob es ihm leid täte.


 

Seit Ihrer Ankunft in unserem Hotel haben wir die Polizei mehrmals bei uns gehabt. Das verträgt sich nicht mit den Gepflogenheiten unseres Hauses. Es ist daher...“


 

Ja, ich kann mir vorstellen, was Sie dabei empfinden. Ihre Hotelgäste haben natürlich ein Recht darauf, dass die Hotelordnung eingehalten wird. Ich werde noch heute ausziehen und mir ein anderes Hotel suchen“, sagte ich zu Bristol.


 

Oh, das ist sehr entgegenkommend, Mr. Random. Ich...“


 

Schon gut. Das Problem ist damit erledigt“, unterbrach ich ihn und verschwand.


 

Ich ging zu meinem Sportgleiter, setzte mich hinter den Steuerknüppel und startete die Turbine. Dann schwebte ich langsam vom Parkplatz hinüber zur Hauptstraße und brauste zum Strand hinunter. Als ich dort ankam, war es bereits Mittag, und die Menschen begannen sich zu drängeln. Es gelang mir nach kurzer Zeit, für meinen Schwebegleiter eine Parkbox zu finden. Ich stieg aus und wühlte mich zu einer der Badeplätze durch.


 

Überall waren Sonnenschirme aufgespannt. Es war ein buntes Treiben hier unten am Strand, aber die meisten Badegäste lagen einfach nur herum und ließen sich von der Sonne braten.


 

Ich zog mich in einem der zahlreich vorhandenen Badekabinen um, stieg danach in der Badehose über muskulöse, gebräunte Körper hinweg, suchte mir zwischen Blondinen, Brünetten und Rothaarigen, die in knappen Badekostümen in großer Zahl überall den Stand bevölkerten, meinen Weg, um ans Wasser zu kommen. Endlich war ich da.


 

In meinem schnellsten Tempo schwamm ich mehrere hundert Meter hinaus aufs Meer, das an dieser Stelle nur mäßig tief und sehr ruhig war. Ich fühlte das Bedürfnis, mich körperlich auszutoben. Dann drehte ich um und schwamm in gelassenerem Tempo zurück zu der Stelle, von wo aus ich ins Wasser gestiegen war.


 

Am Strand angekommen war nur noch wenig Platz zu finden. Es wimmelte nur so von Badegästen. Die Sonne brannte heiß vom Himmel herunter, was mich aber nicht davon abhielt, um mich in aller Ruhe nach einem Plätzchen umzusehen. Plötzlich erblickte ich in unmittelbarer Nähe ein Mädchen, das unter einem weiß blauen Sonnenschirm saß und mir heftig zuwinkte.


 

Sie trug einen weißen Badeanzug und hatte eine übergroße Sonnenbrille auf. Ich erkannte ihr seidiges, blondes Haar und ihre betörende Figur, ehe ich das, was von ihrem Gesicht zu sehen war, ebenfalls wiedererkannte.


 

Violetta Breedy, die Tochter Lee Breedys, dem Multimilliardär. Sie hatte sich unauffällig unter die Masse der Badegäste gemischt. Für mich eine kleine Sensation.


 

Sie forderte mich offenbar auf, ihr Gesellschaft zu leisten.


 

Ich suchte mir einen Weg über die zahllosen sonnengebräunten Körper hinweg zu ihr. Als ich näher kam, sah sie mit einem etwas vorsichtigen Ausdruck auf ihrem schönen Gesicht zu mir auf und zeigte das gleiche Lächeln, mit dem sie mich bei unserer ersten Begegnung begrüßt hatte.


 

Ja ist das die Möglichkeit? Das ist doch Mr. Random, nicht wahr“, sagte sie, und es klang etwas atemlos. „Oder sind Sie nicht Mr. Random?“


 

Sie liegen völlig richtig. Wenn ich es nicht bin, hat sich jemand meine Haut gestohlen“, antwortete ich, und das hinter dem riesigen Sonnenschirm dürfte Miss Breedy sein“, fuhr ich spielerisch fragend fort.


 

Sie lachte und nahm die Sonnenbrille ab. Kein Zweifel, sie war eine ungewöhnliche Schönheit. An ihrer Figur, die in dem Badeanzug geradezu hinreißend war, konnte ich keinen Mangel entdecken.


 

Mr. Random, wollen Sie sich nicht zu mir setzen, oder sind Sie in Gesellschaft?“


 

Nichts dergleichen..., Miss Breedy. Ich nehme ihr freundliches Angebot gerne an. Im Moment habe keinerlei besondere Verpflichtungen und in Gesellschaft bin ich auch nicht“, sagte ich zu ihr.


 

Ich ließ mich direkt neben ihr in den heißen Sand fallen. Ich hatte nicht erwartet, dass Sie das für mich tun würde. Sie fing an zu reden.


 

Zufällig kam ich noch in den Club.“ Sie umschlang ihre Knie und blickte darüber hinweg aufs offene Meer hinaus. „Außerdem war ich neugierig. An einem Mordfall ist immer nicht nur etwas Entsetzliches, sondern auch etwas Faszinierendes dran, finden Sie nicht auch, Mr. Random?“


 

Ich verhielt mich ruhig, sagte nichts.


 

Sie setzte ihre Sonnenbrille wieder auf. Dann sprach sie weiter.


 

Ich war fest überzeugt, dass Ihr Freund nicht in dem Club gewesen war, als Sie mich danach fragten. Ich wollte mir nur bestätigen, dass ich recht hatte. Es ist für Nichtmitglieder sehr schwierig, in den Robot Master Club hineinzukommen.“


 

Haben Sie heute morgen die Zeitung gelesen, Miss Breedy?“ fragte ich und streckte mich auf dem Sand aus. Ich legte den Kopf etwas zur Seite und betrachte genussvoll ihre körperliche Wohlgeformtheit. Es war ein bewundernswerter Anblick.


 

Meinen Sie vielleicht damit den zweiten Mord? Wissen Sie denn schon, wer das Mädchen war. War sie diejenige, mit der sich ihr Freund getroffen hatte und mit der er in der Badehütte gewesen war?“


 

Genau das war sie“, gab ich zur Antwort.


 

Nun ja, alles sprach von diesem Mädchen. Das arme Ding tut mir sehr leid.“


 

Violetta Breedy griff nach ihrer großen Strandtasche und kramte darin herum in einer Art und Weise, wie Frauen das eben immer tun, wenn sie nach etwas suchen.


 

Es ist alles höchst mysteriös, nicht war?“


 

Solange die Sache nicht aufgeklärt ist, wird es das sein. Aber wahrscheinlich gibt es dafür eine ganz einfache Erklärung“, antwortete ich.


 

Die Sonnenhitze wurde langsam unangenehm. Sie störte mich auf einmal. Darum rückte ich etwas mehr in den Schatten des weit aufgespannten Schirms. Aus der neuen Stellung heraus konnte ich ihr direkt ins Gesicht sehen. Sie war wirklich überaus bezaubernd, wahrscheinlich das hübscheste Mädchen, das ich je in meinem Leben gesehen hatte.

Glauben Sie, dass sie vielleicht Selbstmord begangen hat, Mr. Random?“


 

Schwer zu sagen. Aus meiner Sicht der Dinge eher unwahrscheinlich. Warum sollte sich jemand mit einem Eispicker erstechen?“


 

Nehmen wir nur mal an, sie tötete ihren Freund. Wer weiß warum. Vielleicht fand sie danach keine Ruhe mehr und hielt es für notwendig, für diese schreckliche Tat zu büßen. In den Zeitungen steht, sie sei sehr fromm gewesen. Möglicherweise glaubte sie, die einzige Buße liege darin, in der gleichen Weise zu sterben wie er. Was meinen Sie?“


 

Mich verblüfften ihre Ausführungen zu dem Mordfall.


 

Gütiger Himmel, haben Sie sich das gerade selbst ausgedacht?“ fragte ich sie und setzte ein gequältes Lächeln auf.


 

Nein. Ich habe mit vielen Leuten darüber gesprochen. Einer meiner Gesprächspartner hielt diese These für möglich.“


 

An Ihrer Stelle würde ich mir nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie dieses Mädchen starb“, sagte ich. „Die Sache ist verzwickt genug. Auch für die Polizei. – Ach übrigens hat sie in diesem Institut für keramische Kunst am Promenaden Point gegenüber vom Hotel Intergalaktica gearbeitet. Kennen Sie diesen Laden, Miss Breedy?“


 

Gewiss doch. Ich gehe sogar sehr häufig dorthin. Viele meiner reichen Bekannten ebenfalls. Ich bin persönlich von einigen Plastiken Blanks sehr begeistert. Er ist wirklich großartig und versteht sein Geschäft. Vergangene Woche kaufte ich beispielsweise eine Statue von einem kleinen Jungen von ihm. Sie ist hinreißend schön und dermaßen filigran verarbeitet, dass ich sie einfach kaufen musste.“


 

Haben Sie das Mädchen dort je gesehen, wenn Sie bei Marcel Blank eingekauft haben?“


 

Ehrlich gesagt nein. Ich kann mich an sie nicht mehr erinnern. Es arbeiten dort so viele Mädchen.“


 

Aus allem, was ich bisher so hörte, habe ich den Eindruck gewonnen, es sei ein Andenkenladen für Touristen. Da muss ich mich wohl getäuscht haben.“


 

In gewisser Weise ist das vielleicht richtig. Aber Mr. Blank hat einen Extraraum, in dem ausschließlich seine neuesten und besten Arbeiten stehen. Dort kommen nur ausgesuchte Besucher hinein“, sagte Miss Breedy zu mir.


 

Finanziell scheint es ihm mehr als gut zu gehen“, warf ich ein.


 

Natürlich; und völlig zu Recht. Marcel Blank ist ein großer Künstler. Ich bewundere ihn und seine Kunst.“


 

Ich sah ihr an, dass sie es ehrlich meinte. Ihr Gesicht leuchtete vor Begeisterung, wenn sie von diesem Mann und seiner Kunst sprach.


 

Ich muss auch einmal hinausgehen und es mir ansehen. Würden Sie nicht mit mir kommen, Miss Breedy? Ich würde mir seine guten Sachen gerne einmal ansehen. Natürlich komme ich nicht als Käufer in Frage, aber eine gute Plastik interessiert mich.“


 

Ich merkte ihr an, wie sie zögerte und intensiv nachdachte.


 

Ja, warum eigentlich nicht?“ schoss es plötzlich aus ihr heraus. „Wenn ich das nächste Mal hinfahre, gebe ich Ihnen Bescheid. Wohnen Sie immer noch im Hotel Delphi, Mr. Random?“


 

Mit Ihrer Frage erinnern Sie mich an etwas. Woher wussten Sie eigentlich, als Sie mich anriefen, wo ich wohne?“


 

Sie lachte. Sie hatte in der Tat schöne Zähne. Blendend weiß und regelmäßig geformt. Ihr Mund hätte mich dazu verführen können, sie auf der Stelle einfach zu küssen. Ihr Lachen schickte mir ein Prickeln über den Rücken. Dieses Mädchen begann wirklich, mich zu faszinieren. Etwas Ähnliches hat ich seit meinem ersten ernsthaften Rendezvous, inzwischen über vierzig Jahre her, nicht mehr empfunden.


 

Ganz einfach. Ich fragte Mr. Hammersmith. Sie müssen ihn doch kennen gelernt haben, als Sie meinen Vater besuchten. Er weiß einfach alles. Ich habe ihm nie eine Frage gestellt, die er mir nicht beantworten konnte.“


 

So gesehen wird mir die Sache klar. Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Aber um auf das Hotel Delphi zurück zukommen. – Ich werde dort nicht mehr wohnen. Die Polizei ist schon so oft wegen mir aus und eingegangen, sodass sich die Geschäftsführung dazu gezwungen sah, aus Beschwerdefurcht der übrigen Gästen wegen, dass ich mir ein anderes Unterkommen suchen soll. Sie wissen nicht zufällig ein anderes Hotel, Miss Breedy?“


 

Augenblicklich fiel mir ein, mit wem ich sprach und fing an zu lachen.


 

Aber nein doch, das ist kaum anzunehmen. Das liegt nicht ganz auf Ihrer Linie, oder?“


 

Kommt darauf an, wie lange Sie bleiben wollen“, sagte sie zu mir.


 

Mindestens so lang, bis der Fall aufgeklärt worden ist. Das könnte allerdings Wochen oder Monate dauern. Ich weiß es selbst nicht.“


 

Können Sie auch für sich selbst sorgen? Kochen, aufräumen usw.“, fragte sie mich spontan und sah mich dabei an.


 

Na klar doch. Sie glauben doch nicht, dass ich zu Hause viel Personal habe oder auf meinen Ermittlungsreisen immer nur in Hotels rumliege und mich bedienen lasse? Wissen Sie denn etwas?“


 

Es ist vielleicht nicht das, was Sie suchen, aber ich besitze draußen an der Aloha Bay einen kleinen Bungalow. Ich habe ihn vor zwei Jahren gemietet, komme aber nur sehr selten dorthin. Mein Mietvertrag gilt noch für etwa ein Jahr. Wenn Sie wollen, können Sie ihn haben.“


 

Ich war total verblüfft und starrte sie an.


 

Sie machen kein Scherz, Miss Breedy?“


 

Ich meine immer, was ich sage. Sie können dort wohnen, wenn Sie wollen. Er ist möbliert, und Sie finden dort alles, was Sie brauchen. Ich bin schon lange nicht mehr draußen gewesen, aber bei meinem letzten Besuch war noch alles in Ordnung. Sie müssen nur für die Strom- und Wasserrechnung aufkommen. Für alles andere ist gesorgt.


 

Ich danke Ihnen vielmals für Ihr Entgegenkommen. Ich finde es besonders reizend von Ihnen, Miss Breedy, dass Sie mir dieses Angebot machen. Ich nehme es natürlich unbesehen an“, sagte ich völlig geschlagen zu ihr.


 

Die Sache ist also erledigt. Aber wenn Sie nichts Besseres zu tun haben, können wir heute nach dem Abendessen dort hinfahren. Sagen wir mal so ab 22 Uhr? Ich habe leider vorher noch einige Termine. Außerdem werde ich das Wasser und den Strom wieder einschalten lassen. Den Schlüssel für Sie bringe ich gleich mit.“


 

Ehrlich gesagt, Miss Breedy, Sie bringen mich in große Verlegenheit. Eine derartige Gefälligkeit für einen völlig Fremden – ich möchte Ihnen wirklich keine Schwierigkeiten machen...“


 

Nun, es macht mir bestimmt keine Schwierigkeiten, Mr. Random.“


 

In diesem Moment wünschte ich in ihre Augen hinter der Sonnenbrille sehen zu können. Irgendwie spürte ich plötzlich Neugierde, ihren Ausdruck zu sehen. Und doch verriet mir ihre Stimme, dass mir irgendwas entging. Nur wusste ich nicht was. Der Blick ihrer Augen hätte es mir bestimmt verraten.


 

Sie blickte spontan auf die Uhr.


 

Mr. Random, ich muss jetzt gehen. Ich bin mit meinem Vater zum Essen verabredet, und er hasst es wie die Pest, wenn man ihn warten lässt.“


 

Sagen Sie ihm lieber nicht, dass Sie mit mir zusammen waren und mir eine Unterkunft beschafft haben“, antwortete ich und stand auf. Ich sah ihr dabei zu, wie sie ein kurzärmeliges Kleid über ihren eng anliegenden Badeanzug streifte. „Sie wissen doch, dass ich nicht zu seinen Günstlingen gehöre, Miss Breedy.“


 

Mein Vater muss nicht alles wissen. Ich sage ihm Dinge aus meinem Privatleben sowieso nicht. – Wollen Sie mich also um 22 Uhr vor dem Robot Master Club abholen? Wir treffen uns dort und fahren dann direkt zu dem Bungalow hinaus.“


 

Ich werde natürlich pünktlich da sein.“


 

Dann, Mr. Random, auf Wiedersehen bis dahin.“


 

Wieder zeigte sie mir ihr umwerfendes Lächeln, das mich praktisch elektrisierte. Ich hätte auf der Stelle einen Luftsprung machen können.


 

Miss Violetta Breedy ging über den lockeren Sand davon, und ich stand da und sah ihr die ganze Zeit nach.


 

Ich dachte all die letzten Jahre immer, ich sei längst darüber hinaus, wegen einer jungen Frau den Kopf zu verlieren. Aber als ich ihre wippenden Bewegungen beobachtete, das leichte erotische Hin- und Herwiegen ihrer weiblichen Hüften und die Art, wie sie ihren Kopf hielt: ja, das alles ging mir plötzlich tief unter die Haut und brachte mein männliches Gefühlsleben ganz schön in Fahrt.


 


Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 13

 

 

 

***

 

 

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

Der Fall T-Bird

(Teil 14)





Ich spazierte noch ein letztes Mal zum Strand hinunter, sprang ins smaragdgrüne Wasser, schwamm ein paar Runden hin und her, um mich etwas abzukühlen, und als ich genug davon hatte, kehrte ich pitschnass zurück an meinen Liegeplatz. Ich trocknete mich oberflächlich ab, suchte meine Sachen zusammen und marschierte schnurstracks in das erstbeste Strandrestaurant, die es hier in Hülle und Fülle gab. Draußen auf der Sonnenterrasse, mit einer Cocktailbar unter Palmen, nahm ich ein flüchtiges Mittagessen ein und kehrte anschließend in mein Hotel zurück. Dort angekommen packte ich meine Koffer und veranlasste den Hausdiener, dafür zu sorgen, dass Shannons restlicher Besitz an seine Frau in New York geschickte wurde. Dann schrieb ich ihr noch einen kurzen Brief und fügte einen elektronischen Scheck über fünftausend Planetendollar bei, betonte aber, dass der Betrag von der endgültigen Abfindung wieder abgezogen werden würde.

 

Ich blickte auf die Uhr in meinem Zimmer. Langsam wurde es Zeit, dass ich zu dem Inquest gehe musste. Nachdem ich mein Gepäck in dem Sportgleiter untergebracht und meine Rechnungen bezahlt hatte, machte ich mich auf den Weg.

 

Ron Bristol kreuzte plötzlich in der Empfangshalle auf. Nicht schon wieder der, dachte ich so für mich. Er entschuldigte sich abermals dafür, dass er mein Zimmer benötigte, aber ich tröstete ihn damit, dass ich etwas anderes gefunden habe und er sich meinetwegen keine allzu großen Gedanken zu machen brauche. Ich fragte Bristol spontan nach Mr. Treaves und erfuhr von ihm, dass er sich wohl in seinem Büro befinden müsse. Ich ließ Bristol einfach stehen und ging.

 

Tatsächlich war der Hausdetektiv da. Ich begrüßte Treaves, der sich gerade die Schuhe mit einem Lappen polierte.

 

Was ist, kommen Sie mit zu dem Inquest?“ fragte ich ihn.

 

Ich bin vorgeladen.“

 

Er warf den schmutzigen Lappen in eine seiner Schreibtischschubladen zurück, schob sich die Krawatte gerade und griff nach seinem leichten Sommerhut.

 

Nehmen Sie mich mit in die Stadt, oder muss ich mit dem Citybus fahren, Random?“

 

Keine Frage. Selbstverständlich nehme ich Sie mit, Treaves. Kommen Sie!“

 

Auf der Fahrt zur Dienststelle des Coroners fragte ich ihn, ob er sich die Leiche von Virginia Shriver angesehen habe.

 

Ich wurde bisher nicht dazu aufgefordert“, antwortete er. „Inspektor Blanking hat für mich keine Zeit. Aber Bristol sah sie. Das ist doch zum Lachen, was? Er wäre nicht in der Lage, seine eigene Mutter zu identifizieren, wenn man sie ihm auf dem Tisch der Leichenkammer zeigen würde. Ich will nicht sagen, dass es leicht ist, dieses Mädchen zu identifizieren. Mit dem Hut und der Sonnenbrille sah sie wie jede andere Frau in einer dunklen Perücke aus.“

 

Ich sagte ihm nicht, dass er sich mit der Perücke geirrt hatte. Er war einfach nicht der Typ, dem man sagen konnte, dass er einen Irrtum beging.

 

Endlich waren wird da. Treaves und ich stiegen aus dem Gleiter, den ich in einer der zahlreich vorhandenen Parkbuchten für Antigravitationsvehikel arretierte, und gemeinsam gingen wir hinüber in das Büro des Coroners.

 

Bei der Verhandlung waren nur neun Personen anwesend. Fünf von ihnen waren offensichtlich die Nichtstuer, die man immer bei Inquests findet, aber die vier anderen zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Zu meiner Überraschung war auch Ron Bristol anwesend, der mich aber nicht beachtete. Schweigend saß er da und beobachtete das Geschehen mit einigem Desinteresse.

 

Ich konzentrierte mich auf die übrigen Personen. Eine von ihnen war ein Mädchen mit einer randlosen Brille und dem harten, undurchdringlichen Gesicht der tüchtigen Sekretärinnen. Sie wirkte in einem grauen Leinenkleid mit einem weißen Kragen und Manschetten elegant. Sie saß hinten im Saal und stenographierte den Verlauf der ganzen Verhandlung sicher und gewandt mit.

 

Dann war da noch ein jüngerer Mann in einem weit geschnittenen, perlgrauen Anzug anwesend. Seine blonde Mähne war an verschiedenen Stellen mit einer Brennschere behandelt worden. Eine dunkle Sonnenbrille verdeckte seine Augen völlig. Er saß auf der Seite im Saal und sah sich um, als fühle er sich geistig besonders überlegen. Hin und wieder gähnte er so gewaltig, dass ich schon glaubte, er würde sich den Kiefer ausrenken. Die beiden anderen, die mir auffielen, waren zwei untadelhaft gekleidete, glänzende, glatte, gut genährte Männer. Sie saßen dem Coroner gegenüber. Ich hatte bemerkt, dass er ihnen zunickte, als er den Saal betrat, und ebenso, als er ihn schließlich später wieder verließ.

 

Den Coroner schien das ganze Verfahren ziemlich zu langweilen. Er hetzte mich durch meine Aussage, hörte mit einem abwesenden Blick in den Augen Bristols gestammelte Erklärungen zu, rief Treaves überhaupt nicht auf und fertigte den Wärter des Strandbades ziemlich kurz ab. Erst als Inspektor Blanking vortrat, um auszusagen, dass die Polizei noch Ermittlungen anstelle und er um eine Vertagung von einer Woche bitte, wurde der Coroner annähernd menschlich. Hastig stimmte er dem Vertagungsantrag Blankings zu und verschwand ohne ein weiteres Wort zu sagen durch die Tür unmittelbar hinter seinem Sessel.

 

Da Treaves gleich neben mir saß, fragte ich ihn, ob er wisse, wer die beiden anderen geleckten Fettwänste seien.

 

Die sind von Pauly’s Büro“, erklärte er mir. „Der größte und gerissenste Rechtsanwalt von Terrania Bay City.

 

Bearbeitet er auch Breedys Fälle?“ wollte ich wissen.

 

Ich will es mal so sagen. Außer ihm wäre dazu keiner angesehen genug.“

 

Und wer ist dieser blonde Affe da drüben mit dem Bleistift an der Nase?“

 

Treaves hob die Schultern und schüttelte den Kopf.

 

Kenne ich nicht.“

 

Was ist mit dem Mädchen da hinten?“

 

Keine Ahnung, wer die ist“, antwortete Treaves.

 

Kurz nachdem der Coroner den Saal verlassen hatte, machte sich der Blonde davon. Ich schenkte ihm keine weitere Beachtung und beobachte die beiden Dicken, die plötzlich zu Blanking hinüber gingen und etwa eine Minute mit ihm sprachen, bevor sie gingen. Mittlerweile verschwand das Mädchen in Grau, ohne dass ich es bemerkte.

 

Treaves machte sich bemerkbar. Ich sah ihn an.

 

Ich werde mit dem Citybus zurückfahren, Random.“ Er fügte noch hinzu, er hoffe, ich würde in Verbindung mit ihm bleiben. Wir schüttelten uns die Hände, dann machte er sich davon.

 

Mittlerweile waren auch die beiden Dicken weg. Ich trat auf Blanking zu und stellte ihm eine Frage.

 

Haben Sie was Neues herausgefunden, Herr Inspektor?“

 

Nein.“

 

Blanking sah irgendwie unbehaglich aus. Er schaute mich argwöhnisch an. Dann sprach er weiter.

 

Noch nicht. Ich kann nichts über den Eispicker feststellen. Er zog eine Zigarre aus der Brusttasche und fummelte damit herum.

 

Wir forschen jetzt dem Herkommen und dem Vorleben dieses Mädchen nach. Vielleicht war sie ein stilles Wasser.“

 

Glauben Sie? Wie wäre es, wenn Sie sich um Breedys Hintergründe kümmerten? Das könnte sich lohnen. Waren die beiden hier, um seine Interessen zu wahren?“

 

Ich weiß nicht was Sie wollen, Random. Sie kamen nur her, um sich die Zeit zu vertreiben. Sie haben jetzt einen Termin und waren etwas früher da als nötig.“

 

Ich lachte.

 

Haben sie Ihnen das gesagt? Sie sind doch nicht etwa darauf reingefallen?“

 

Ich habe keine Zeit, mich hier mit Ihnen zu unterhalten, Random. Meine Arbeit wartet“, antworte Inspektor Blanking knapp.

 

Sie haben doch den blonden Jüngling in dem grauen Anzug gesehen. Wissen Sie, wer das ist?“

 

Er arbeitet in der Schule für Keramik“, antwortete der Inspektor, ohne mich dabei anzusehen.

 

Das ist ja interessant. Was sucht der denn hier?“

 

Vielleicht hat Blank ihn geschickt“, sagte Blanking fast nebenbei. „Ich muss jetzt gehen.“

 

Wenn Sie mich brauchen, ich wohne in Aloha Bay. Ich habe mir dort einen kleinen Bungalow beschafft.“

 

Blanking warf mir einen überraschten Blick zu.

 

In Aloha Bay? Da gibt es nur einen Bungalow, und der gehört Miss Violetta Breedy, soviel ich weiß.“

 

Ganz richtig. Tut er auch. Ich habe ihn von ihr gemietet.“

 

Wieder starrte Blanking mich an, setzte an, um etwas zu sagen, überlegte es sich aber, nickte mir zu und ging.

 

Ich wartete noch Weile und wollte dem Inspektor Zeit geben, das Gebäude zu verlassen. Dann machte ich mich ebenfalls auf den Weg und ging hinaus zu meinem Sportgleiter in der Parkbucht.

 

Ganz in der Nähe befand sich zufällig ein Citypolizist, der am Rand des Bürgersteiges stand und den Verkehr beobachtete. Ich fragte ihn danach, wo die Redaktion des Terrania Bay City Kuriers liege. Er erklärte mir kurz den schnellsten Weg dorthin und tat so, als ob er mir damit einen persönlichen Gefallen getan habe.

 

Etwas später erreichte ich den Kurier und trat in eine große Vorhalle mit einer imposanten Anmeldung. Alles war aus feinstem Marmor, der von hellem Licht angestrahlt wurde. Dem dort diensthabenden Fräulein sagte ich, glücklicherweise war sie kein Androide, sondern ein echtes menschliches Wesen, ich wünsche mit Mr. Pit Loder zu sprechen. Gleichzeitig hielt ich ihr meine Geschäftskarte unter die Nase, die sie sofort an sich nahm. Keine fünf Minuten später führte sie mich durch einen Gang in ein kleines Büro, in dem ein Mann mit einer Pfeife im Mund hinter einem überladenen Schreibtisch saß.

 

Er war ein großer Mann mit hellgrauem Haar, einem kräftigen Kinn und lichtgrauen Augen. Er stieß mir über den Schreibtisch seine klobige, feste Hand entgegen. Dann zündete er sich eine Zigarre an.

 

Nehmen Sie doch Platz, Mr. Random. Ich habe von Ihnen gehört. Curtis rief mich an und sagte, Sie würden wahrscheinlich zu einer Unterhaltung zu mir kommen.“

 

Ich setzte mich.

 

Ich Augenblick habe ich nicht viel zu sagen, Mr. Loder, aber ich wollte mich mit Ihnen bekannt machen. Vielleicht habe ich in nächster Zeit etwas für Sie. Man informierte mich, wenn ich Ihnen Tatsachen liefere, würden Sie sie drucken.“

 

Mit einem breiten Lächeln zeigte mir der Redakteur seine großen, kräftigen, weißen Zähne.

 

Deshalb keine Sorge“, antwortete er. „Mein Ziel ist, die Wahrheit zu drucken und nur als die reine Wahrheit, und das ist der einzige Grund, weshalb unsere Zeitung noch erscheint. Ich bin sehr froh darüber, dass Sie kommen. Ich wollte Sie über den Stand der Dinge bei uns informieren. Curtis haben Sie sich angehört, jetzt bin ich an der Reihe.“

 

Pit Loder lehnte sich in seinem Sessel zurück, blies den Rauch der Zigarre gegen die Decke und fuhr dann fort: „In einem Monat wird bei uns die Stadtverwaltung neu gewählt. Die alte Gruppe, die jetzt seit fünf Jahren an der Macht ist, muss entweder wiedergewählt werden, oder sie geht unter. Und mit untergehen meine ich genau das, was das Wort besagt. Die einzige Möglichkeit für diese Burschen, am Leben zu bleiben, besteht darin, ihre Finger weiter im Kuchen zu haben. Wenn man ihnen den Kuchen nimmt, sind sie fertig. Terrania Bay City ist eine Stadt direkt am Meer mit einem großen Raumflughafen. Die meiste Zeit ist es hier sehr sonnig und warm. Eine Menge Touristen kommen zu uns und in keiner anderen Stadt gibt es so viele reiche Männer wie hier. Bei uns gibt es alles, was das Herz begehrt. Aber die Stadt ist in den Händen dunkler Geschäftemacher. Selbst Breedy könnte sie nicht draußen halten, auch wenn er das wollte und die halbe Stadt besitzt. Nun, wie die Dinge liegen, ist es ihm offenbar völlig gleichgültig, solange es sich für ihn lohnt. Breedy selbst ist kein schlechter Mann, Mr. Random. Ich will nicht bestreiten, dass er nicht geldgierig wäre. Er will von seinem Geld einen Profit. Das macht jeder gute Geschäftsmann. Wenn durch die finsteren Ehrenmänner der Wert seines Besitzes erhöht wird, hat er nichts dagegen einzuwenden. Solange seine Geschäfte Gewinn abwerfen, zerbricht er sich nicht den Kopf darüber, dass auch die Dunkelmänner, Betrüger, Vorbestraften, Rauschgifthändler und Zuhälter, ihren Schnitt machen. Ihn kümmert es nicht, und sie sind schlau genug, das zu wissen. Diese Stadt ist von Laster und Korruption durchsetzt. Es gibt kaum einen Beamten in der Verwaltung, der nicht von irgendeiner Seite an einem Gewinn beteiligt ist.“

 

Und Richter Birmingham beabsichtigt, das alles abzuschaffen?“ fragte ich.

 

Der Redakteur hob seine Schultern.

 

Tja, das ist das, was Richter Birmingham versprochen hat für den Fall, dass er gewählt wird. Aber ich denke mal, er wird es selbstverständlich nicht tun. Na ja, ich will nicht bezweifeln, dass dem Schein nach gesäubert wird, damit die Bürgerschaft denkt, alles wird jetzt von Grund auf besser, als vorher. Natürlich werden eine Reihe kleinerer, vielleicht sogar auch größerer, Dunkelmänner der Prozess gemacht und ins Gefängnis wandern. Es wird allenthalben gejubelt und sehr viel darüber geredet werden. Und wenn dann einige Zeit vergangen und Gras über die Säuberungsaktion gewachsen ist, wird alles wieder so sein wie vorher. Der Richter wird feststellen, dass es viel einfacher ist, die Dinge laufen zu lassen, als sich in die Geschäfte derjenigen einzumischen, die ganz oben stehen in der Gesellschaft. Und dann kommt das, was eigentlich immer kommt. Von irgendwoher bekommt er einen neuen Antigravitationsgleiter geschenkt, so einen Superschlitten, der vollautomatisch fährt und auf die persönliche Stimme reagiert oder man steckt ihm sonst was in den Arsch. Erst einmal verstrickt im Korruptionssumpf, kommt auch Richter Birmingham da nicht mehr raus. Es liegt im System, nicht an den Menschen, von dem es korrumpiert wird. Klar, ein Mann kann durchaus ehrlich sein, aber sobald das nötige Geld geboten wird, ist jedermann käuflich, auch ein Richter vom Rang eines Richters wie Birmingham. Glauben Sie mir Mr. Random, das ist so und wird immer so bleiben. Das heißt aber nicht, dass jeder Mensch käuflich ist. Da gibt es bestimmt Ausnahmen. Nun, bei Birmingham bin ich mir sicher, dass er käuflich ist – früher oder später.“

 

Mr. Loder, das waren ehrliche Worte. Ich bin zutiefst beeindruckt. Aber wer, wenn nicht Breedy, ist der Boss von allen dunklen Geschäften in Terrania Bay City? Breedy ist vielfacher Multimilliardär und seine Macht scheint grenzenlos zu sein.“

 

Pit Loder stieß den Rauch seiner Pfeife gen Zimmerdecke und sah mich dann forschend an.

 

Ach was, Mr. Random. Der Mann, der sich Breedys Geld zu nutzte macht und diese Stadt wirklich regiert, ist ein gewisser Mr. Juan Mendoza, der Besitzer des Robot Master Club. Das ist unser Mann, wissen Sie. Dieser Kerl wird bleiben, selbst dann, wenn Breedy im Hintergrund verschwindet und Birmingham an die Spitze kommt. Niemand, auch ich nicht, weiß sehr viel über Mendoza, außer, dass er aus Mittelamerika kommt, von wo er über Nacht erschien, und der ein natürliches Talent dafür besitzt, aus jedem Schwindelgeschäft Geld für sich zu schlagen. Wenn Breedy die ganz große Geschäftswelt darstellt, dann ist Mendoza das ganz große Schwindelgeschäft. Geben Sie sich aber keinem Irrtum hin, Mr. Random. Im Vergleich mit Mendoza ist Breedy arglos wie ein zahmes Schoßhündchen. Wenn irgend jemand Mendoza den Boden unter den Füßen wegziehen könnte, wäre Terrania Bay City die ganz großen und kleinen Schwindelunternehmen, die Gangster und Banditen los. Aber wer soll das tun? Keiner ist groß genug dafür, Mendoza die Stirn zu bieten, geschweige denn, ihn zu beseitigen.“

 

In einem Punkt möchte ich klar sehen, Mr. Loder. Der Robot Master Club ist nicht die einzige Trumpfkarte Mendozas?“

 

Wo denken Sie hin. Natürlich nicht. Er benutzt Breedys Geld, um selbst Geld zu machen. Nehmen Sie z. B. das Casino. Lee Breedy finanzierte den Bau und bekommt die Pacht für das Haus. Aber Mendoza bekommt auch fünfundzwanzig Prozent als Bezahlung für den Schutz. Breedy finanzierte unter anderem auch das Spielschiff. Er rechnet damit, dass es zahlende und spielsüchtige Touristen anziehen würde. Die Rechnung stimmt, aber auch hier kassiert Mendoza seine fünfundzwanzig Prozent. Wenn die Zahlung einmal nicht eingehen würde, explodiert auf dem Schiff möglicherweise eine Bombe oder es passiert einfach etwas anderes, das genauso schlimm sein würde. Da diejenigen, die beispielsweise das Casinoschiff betreiben, das wissen, inklusive Breedy natürlich, bezahlen sie lieber und die Sache hat sich. So einfach kommt man zu Geld in Terrania Bay City, Mr. Random.“

 

Ich saß die ganze Weile nur so da und verdaute, was ich gerade gehört hatte. Eigentlich war ja nichts Neues dran. Das gleiche geschieht in ähnlicher Form im alten New York, in den vielen Städten auf allen übrigen Kontinenten der Erde, in den großen und kleinen Siedlungen auf dem Mars oder dem Mond oder weit draußen auf den unzähligen Planeten, die der Mensch schon besiedelt hat. Glücksspiel, Korruption, Waffenschmuggel, Rauschgifthandel, Zuhälterei und Geldwäsche sind überall anzutreffen, wo der Mensch sich dauerhaft niedergelassen hat. Der Mensch schafft sich seine Hölle selbst.

 

Seit meiner Abreise vom Mars, bis zu meiner Ankunft auf der Erde hier in Terrania Bay City, hatte ich den seltsamen Eindruck, dass ich von Shannons plötzlichem Tod in einer stickigen Badehütte bis zu diesem Punkt einen weiten Weg zurückgelegt hatte. Ich dachte jetzt auch, etwas entdeckt zu haben, das diesen Juan Mendoza eventuell festnageln könnte. Mein Ex-Partner Shannon besaß eine gute Nase, um Dinge dieser Art aufzuspüren. Ich erinnerte mich auch an den Eispicker, dessen Spitze zu Nadelschärfe geschliffen worden war: die Waffe eines skrupellosen Gangsters.

 

Ich wollte Ihnen nur ein richtiges Bild vermitteln, Mr. Random. So ist die Lage. Ja, und noch etwas wollte ich Ihnen sagen. Passen Sie auf diesen Curtis auf. Er ist so vertrauenswürdig wie eine Klappschlange. Nicht mehr und nicht weniger. Solange Sie sein Spiel spielen, ist er Ihr Freund. Aber bei dem geringsten Abweichen von seiner Linie werden Sie sich wundern, was Sie plötzlich trifft. Also seien Sie vorsichtig, mein Freund!“

 

Ich sagte ihm, das würde ich tun, und erzählte ihm dann von der möglichen Verbindung zwischen Breedy und Shannon. Ich informierte ihn über alle Tatsachen und berichtete ihm auch über die mysteriösen Chips, die wie kleine Würfel aussahen.

 

Ich wette darauf, dass Breedy meinen Partner Shannon für einen Auftrag, wie seine Frau beobachten zu lassen oder etwas Derartiges, engagierte. Dann muss Shannon aber auf etwas Wichtiges gestoßen sein, was mit Breedy nichts zu tun hatte“, sagte ich zu Mr. Loder. „Ich kann mich irren, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann wie Breedy jemand ermorden lässt.“

 

Der Redakteur schüttelte den Kopf.

 

Ja, Sie mögen ja Recht haben, Mr. Random. Das würde Breedy sicherlich nicht tun. Er könnte jemanden verprügeln lassen, der ihm möglicherweise in den Weg gerät. Wer so viel Geld hat wie Breedy, hat es nicht nötig, Leute umbringen zu lassen. Der findet auch andere Wege, um seine Probleme zu lösen. Mord scheidet bei Breedy schlichtweg aus.“

 

Pit Loder lehnte sich in seinen Sessel zurück. Dann sprach er weiter.

 

An der Geschichte ist allerhand dran. Aber noch nichts, was wir drucken können. Wenn wir weiter wühlen, finden wir vielleicht etwas wirklich Handfestes, Mr. Random.“

 

Er blickte auf die Uhr.

 

Ich habe heute noch viel zu tun und muss weitermachen. Die Redaktion wartet auf mich. Ich will Ihnen etwas sagen, Mr. Random. Ich werde den jungen Mr. Hoetter darauf ansetzen. Er ist einer meiner besten Leute. Sie können ihn einsetzen, wann und wie Sie wollen. Er hat eine Gabe, Informationen zu beschaffen. Scheuen Sie sich nicht, ihm etwas aufzuladen. Das bekommt ihm gut. Zunächst einmal kann er sich um diesen Marcel Blank kümmern. Mir schien immer so, dass dieser Vogel nicht ganz sauber ist.“

 

Ich werde ihn morgen anrufen und mich mit ihm unterhalten“, erwiderte ich. „Hoetter heißt er, sagten Sie?“

 

Ja, Heinz-Walter Hoetter.“

 

Ich setze mich mit ihm in Verbindung, Mr. Loder.“

 

Ich stand auf.

 

Noch eine kurze Frage. Sie kennen wohl niemand, der Mitglied des Robot Master Club ist, Mr. Loder?“

 

Was ich?“

 

Der Redakteur lachte schallend.

 

Nein, nein. Aussichtsloser Fall.“

 

Ich möchte gern hinein und mich dort einmal umsehen“, sagte ich.

 

Machen Sie sich da mal keine Hoffnungen. Da kommt keiner rein, der nicht Mitglied ist oder von einem Mitglied eingeführt wird.“

 

Also gut. Wie auch immer, wir bleiben in Verbindung. Mit ein bisschen Glück habe ich in ein oder zwei Tagen etwas für Sie.“

 

Wenn es sich dabei um Breedy handelt, müssen es harte Tatsachen sein. Alles andere reicht nicht aus“, erklärte mir Mr. Loder und beugte sich über seinen Schreibtisch, um mich fest anzusehen.

 

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, Mr. Random. Ich kann mir eine Verleumdungsklage von ihm nicht leisten. Dieser Breedy hat die Macht, unser Blatt zu vernichten.“

 

Wenn Sie von mir etwas über Lee Breedy bekommen, sind es solide, stichhaltige Tatsachen. Darauf können Sie sich verlassen, Mr. Loder“, sagte ich.

 

Das glaube ich Ihnen gerne, Mr. Random. Wir beide verstehen uns.“

 

Wir schüttelten uns die Hände, und ich verließ ihn.

 

Endlich hatte ich jemand, auf den ich mich verlassen konnte.

 

Das war ein sehr tröstliches Gefühl.

 


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 14

 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

 

 

Der Fall T-Bird

(Teil 15)


 


 

Nachdem ich den Kurier verlassen hatte, fragte ich einen zufällig vorbei kommenden Androiden für Stadtinformationen, wo sich der Robot Master Club befand. Die Antwort des Androiden überraschte mich. Ich hatte mir vorgestellt, dass der Club sich in einem prunkvollen Palast auf seinem eigenen Grundstück befinde, was aber nicht der Fall war. Er war in den obersten Etagen eines stinknormalen Hotels mit dem Namen Ritz-Plaza untergebracht. Ich bedankte mich bei dem Kunstmenschen für die Information, suchte meinen Gleiter auf und blieb noch hinter dem Steuer eine Weile sitzen, weil mir plötzlich etwas eingefallen war. Ich wollte nämlich Treaves anrufen, der mir bei einer Unterhaltung erzählt hatte, dass er mal früher in diesem Ritz-Plaza Hotel für etwa ein Jahr Hausdetektiv gewesen war. Ich drückte auf die externe Gesprächstaste auf der Steuerkonsole meines Gleiters und ließ mich mit ihm verbinden.

 

Treaves antwortete nicht gleich, doch dann vernahm ich seine Stimme.

 

Hier Treaves, mit wem spreche ich?

 

Ich bin es, Mr. Random. Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben, könnten Sie mir helfen“, sagte ich und hörte seinen schnaufenden Atem durch den Telefonlautsprecher. „Können wir uns irgendwo treffen? Ich gebe Ihnen einen aus, egal was Sie trinken oder essen möchten, Treaves.“

 

Er antwortete mir, er würde mich ein einer halben Stunde in Berrys Bar erwarten, die auf der gleichen Straße wie das Delphi-Hotel liegt, nur genau gegenüber.

 

Ich fuhr nach dem Gespräch sofort los, ließ meinen Gleiter auf einem Parkplatz ganz in der Nähe des Delphi-Hotels stehen und suchte Berrys Bar auf.

 

Es war eins dieser intimen Lokale mit Nischen, und ich setzte mich in die letzte an der Wand, so dass ich den Eingang gut beobachten konnte. Kurz darauf kam ein Barmann, der kein Androide war, sondern ein stinknormaler Mensch mit höflichen Manieren. Ich frage ihn, ob er eine Abendzeitung hätte, in die ich mal hineinsehen könne. Ich bestellte noch ein Bier. Es dauerte nicht lange, da brachte er mir beides.

 

Ich schlug die Zeitung auf, die einen Bericht über den Inquest und ein Bild von Inspektor Blanking enthielt, der wie Sherlock Holmes aussah. Etwas weiter unten fand ich das Bild von dem ermordeten Mädchen in der Badehütte. Ihr Name stand darunter: Virginia Shriver. Während ich das Foto von ihr betrachtete, traf Treaves ein und setze sich auf die Bank mir gegenüber. Nachdem ich ihm ein Bier bestellt hatte, sagte ich ihm, dass ich um jeden Preis beabsichtige mir Einlass in den Robot Master Club zu verschaffen. Ich fragte ihn deshalb, ob er eine Ahnung habe, wie sich das machen ließe.

 

Einen Augenblick sah er mich an, als würde er mich für verrückt halten.

 

Das ist ebenso aussichtsreich wie der Versuch, ins Weiße Haus in Washington einzubrechen“, antwortete er mir.

 

Davon bin ich aber nicht überzeugt. Man kommt überall rein, wenn man nur die richtigen Beziehungen hat. Nun, wie ich erfahren habe, befindet sich der Club in der obersten Etage des Ritz-Plaza. Sie sagten mir einmal, dass Sie in dem Hotel gearbeitet haben. Sie müssten also wissen, wie der Club liegt.“

 

Treaves griff nach dem Glas und schluckte die Hälfte des Biers hinunter. Er stellte es zurück auf den Tisch und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.

 

Das nützt Ihnen gar nichts, Mr. Random. Der Robot Master Club nimmt die ganze oberste Etage ein und hat zwei eigene Fahrstühle. Es gibt allerdings noch einen separaten Eingang, den man über einen eigenen Gang erreicht, wo sich am Ende eine Gittertür befindet, die meistens von zwei Hotelburschen bewacht wird. Ich weiß, dass sie ihren Job mehr als nur gut machen. Wäre es anders, würden sie umgehend gefeuert. Sie öffnen die Gittertür nur dann, wenn sie die Leute kennen, die kommen. Außerdem muss sich jeder Besucher in ein Buch einschreiben. Erst dann wird man reingelassen und zu dem Fahrstuhl gebracht. So und nicht anders ist das. Was dann passiert, weiß ich nicht, weil ich selbst nie oben gewesen bin. Der Bereich war auch für mich tabu.“

 

Gibt es da oben ein Restaurant?“

 

Klar. Was denken Sie denn? Es gilt als eines der besten im ganzen Land. Ich kann das zwar selbst nicht beurteilen, weil ich da nie gegessen habe, aber ich habe es von Leuten gehört, die dort schon mal gewesen sind. Warum fragen Sie mich danach?“

 

Ach Treaves, erzählen Sie mir nicht, dass sie Ochsenviertel und Fischkisten durch die Hotelhalle da hinauf geschafft haben. Das kaufe ich Ihnen einfach nicht ab.“

 

Er rieb sich an der Nase und trank wieder einen tiefen Schluck aus dem Bierglas.

 

Wer hat das behauptet? Alles, was ankommt, wird durch den Lieferanteneingang geschafft. Dieser Eingang liegt auf der Rückseite in einer ruhigen Seitengasse. Das Hotel hat seine Küche ebenfalls ganz oben, weil da auch die Speiseräume des Restaurants liegen. Ich weiß nicht, wie der Club seine Lieferungen erhält, aber ich habe mitbekommen, dass die Waren hinauf geliefert wurden und die Leute, die sie brachten, mit nach oben gefahren sind.“

 

Ich lächelte ihm zu, weil das eine gute Nachricht für mich war.

 

Wenn ich beispielsweise ein Paket hinauf bringen möchte, finde ich vielleicht eine Möglichkeit, mich ein wenig dort oben umzusehen. Kennen Sie zufällig irgendeinen der Angestellten, der sich dazu überreden ließe, mir zu helfen? Wenn es sein muss, würde ich ihn für seine Dienste entsprechend gut bezahlen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

 

Treaves dachte über meinen Vorschlag nach. In der Zwischenzeit bestellte ich noch ein Bier für ihn.

Sie wissen nicht, was Sie riskieren, Random. Mein Nachfolger, ein gewisser Mr. Brennauer könnte Sie verraten. Außerdem haben die im Ritz-Plaza sehr brutale Rausschmeißer, die auch für den Robot Master Club arbeiten. Ich habe gehört, dass die nicht unbedingt mit Samthandschuhen auf ungebetene Gäste losgehen.“

 

Ich kann selbst ganz gut austeilen und habe einen gut durchtrainierten Körper. Los, versuchen Sie es und rufen Sie diesen Brennauer an!“

 

Treaves hob seine massive Schulter, stand auf und ging rüber zu der Reihe Telefonzellen ganz in der Nähe unseres Tisches. Er sprach etwa fünf Minuten lang, kehrte zurück und setzte sich wieder.

 

Ich habe ihn überredet. Er sagte mir, dass er im Moment Geld dringend nötig habe und für fünfzig Planetendollar sogar seine Frau verkaufen würde. Das Geschäft geht also in Ordnung für ihn. Seien Sie trotzdem auf der Hut, Random. Ich würde diesem Brennauer nicht weiter trauen, als man ihn werfen kann. Er könnte z. B. zum Hotelmanager gehen und Sie an ihm für noch mehr Geld verkaufen.“

 

Und wenn schon. Die können mich deswegen nicht umbringen. Alles was mir passieren kann, ist, dass sie mich rausschmeißen. Und das geht so leicht nicht. Haben Sie ihn gefragt, wann ich zu ihm kommen kann?“

 

Er wartet auf Sie am Lieferanteneingang. Seien Sie bloß vorsichtig, Random. Sobald er sein Geld hat, haben Sie die Chance, dass er Ihnen in den Rücken fällt. Sein Chef ist ein gewisser Gomez.“

 

Brennauer bekommt sein Geld erst dann, wenn ich gesehen habe, was ich sehen wollte.“

 

Ich blickte auf meine Uhr. Ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen.

 

Sie wissen nicht, was ich mit hinauf nehmen könnte, falls mir jemand über den Weg läuft“, fragte ich Treaves.

 

Warten Sie hier! Ich habe da eine Idee.“ Er trank sein Bier aus , schob sich aus der Nische und verließ das Lokal.


 

Nach einer halben Stunde war Treaves wieder da. Unter dem Arm trug er ein Paket in braunem Packpapier eingewickelt, setzte sich wieder mir gegenüber und streckte mir seine geöffnete Hand entgegen.

 

Dafür kriege ich dreißig Planetendollar, Mr. Random.“

 

Ich zog meine Geldbörse, trennte mich von sechs Fünfdollarnoten und fragte Treaves, was er dafür liefere.

 

Ich kenne ganz in der Nähe einen neuen Spiritousenhändler, der den Robot Master Club gerne beliefern möchte. Er hat es übrigens schon einmal versucht und wurde abgewiesen. Auch dann, wenn es möglicherweise aussichtslos erscheint, könnte Sie es dennoch versuchen. Ich machte ihm weis, Sie seien ein geschickter und überaus erfolgreicher Vertreter. Der Händler war damit einverstanden. Die Flasche steckt in diesem Paket. Versuchen Sie bloß nicht, davon etwas zu trinken, Random. Das Gesöff kann süchtig machen, wenn Sie es versuchen. Dann griff Treaves in seine Westentasche und legte eine Karte auf den Tisch.

 

Das ist seine Geschäftskarte. Alles Weitere ist Ihre Sache, Mr. Random.“

 

Ich nahm die Karte an mich und schob sie in meine Tasche.

 

Das ist genau das, wonach ich gesucht habe. Vielen Dank, Treaves. Sie haben mir einen großen Gefallen getan. Aber ich sollte jetzt gehen, wenn ich noch was erreichen will.“

 

Tja, wenn ich hinter dem Ritz-Plaza einen Fleischklumpen mit eingeschlagenem Schädel finde, weiß ich, dass Sie es sind“, sagte Treaves grinsend zu mir.

 

Machen Sie sich mal keine Sorge um mich. Ich war schon in vielen Gegenden, wo es hart zugegangen ist“, antwortete ich dem Hausdetektiven Treaves, nahm das Paket an mich und verließ das Lokal.

 

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 15


 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

 

Der Fall T-Bird

(Teil 16)


 

Meinen sportlichen Schwebegleiter parkte ich diesmal in einer selten befahrenen Seitenstraße, etwa fünfhundert Meter von dem Klub entfernt und ging zügig zu Fuß weiter.


 

Der Liefereingang des Hotels Ritz-Plaza wurde von einem älteren Mann bewacht. Als er mich kommen sah, betrachtete er mich argwöhnisch.


 

Ich möchte zum Robot Master Club. Wie komme ich dahin?“ fragte ich ihn und blieb vor ihm stehen.


 

Zum wem möchten Sie denn?“


 

Ich bin mit dem Weinkellner verabredet“, antwortete ich ihm und hielt ihm die Geschäftkarte unter die Nase. Der Alte kniff die Augen etwas zusammen, um alles genau zu entziffern.


 

Dann nickte er mit dem Kopf und deute in eine ganz bestimmte Richtung.


 

Da ist der Fahrstuhl! Sie müssen ganz nach oben fahren, bis ins letzte Stockwerk. Ich hoffe, dass jemand da ist. Ich kann ihnen leider nicht helfen, weil ich hier mit meiner Arbeit weiter machen muss. Schönen Tag noch!“ antwortete er mir kurz angebunden und drehte sich um.


 

Ich ging in die besagte Richtung, stieg in den Fahrstuhl und drückte auf den Knopf mit der daneben angebrachten Beschriftung „Robot Master Club“.


 

Während es nach oben ging, schob ich die rechte Hand unter meine Jacke und berührte den Griff der Achtunddreißiger, dich ich links unter meiner Achsel trug.

Die Berührung mit dem kalten Stahl der Waffe gab mir etwas Sicherheit, aber nicht sehr viel.


 

Endlich kam ich oben an. Die Fahrstuhltür glitt mit einem Klicken zurück und ich trat in einen großen Raum mit aufgestapelten Holzkisten aller Art. Vor einer Palette mit Dosen stand dieser Typ Brennauer, von dem Treaves mir erzählt hatte und wartete offenbar schon auf mich.


 

Ich lächelte ihn an.


 

Kommen Sie mit dem Zaster rüber! Machen Sie schnell!“


 

Ich zog fünfundzwanzig Planetendoller aus der Tasche und reichte sie ihm rüber.


 

Was soll das denn? Treaves sagte zu mir fünfzig.“


 

Treaves hat mir auch gesagt, man könne Ihnen nicht vertrauen, mein Freund. Sie erhalten die Hälfte jetzt und die andere nachher. Ich will mich hier nur ein bisschen umsehen. Wenn ich wieder gehe, kriegen Sie den Rest.“


 

In Ordnung! Aber machen Sie schnell und halten Sie das Paket mit der Weinflasche immer bereit, falls mal der Chef auftauchen sollte.“


 

Ich schaute mich ausgiebig um, auch im Restaurant. Als ich dort fertig war, fragte ich Brennauer, ob ich mal einen Blick in das Büro des Chefs werfen darf.


 

Sind Sie verrückt, Random? Was soll der Quatsch? Wenn man Sie dabei erwischt, verliere ich meine Stellung.“


 

Sie bekommen noch mal fünfzig Planetendollar oben drauf, also einhundert, wenn ich da mal einen Blick reinwerfen darf.“


 

Na gut. Aber beeilen Sie sich!“ sagte Brennauer hastig.


 

Gerade wollte ich gehen, als die Tür zu den Büros aufging.


 

Brennauer verlor nicht völlig den Kopf und sagte: „Da ist ja Mr. Gomez. Es ist unerhört, dass Sie hier einfach so eindringen, ohne sich vorher angemeldet zu haben.“ Dann wandte er sich seinem Chef zu. „Der Mann hier will Sie sprechen.“


 

Ich sah dem fetten Gomez mit einem unterwürfigen Lächeln entgegen.


 

Würden Sie mir einen Augenblick Ihrer wertvollen Zeit opfern, Mr. Gomez? Ich heiße Georg Conner und komme von der kalifornischen Weinkompanie, die Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte für besonders gute Weine“, sagte ich mit gespielter Höflichkeit zu ihm.


 

Während Gomez näher kam zog ich die Geschäftskarte und legte sie auf die Bar gleich vor mir.


 

Nachdem er die Karte gelesen hatte, klopfte er mit ihrer Kante auf die blankpolierte Barfläche und musterte mich argwöhnisch.


 

Sie gehören nicht zu unseren Lieferanten“, sagte er.


 

Aus diesem Grunde bin ich ja hier, Mr. Gomez. Wir möchten mit Ihnen ins Geschäft kommen. Deshalb habe ich Ihnen auch eine Flasche vom besten Wein mitgebracht, quasi als Kostprobe.“


 

Plötzlich wanderten seine Augen zu Brennauer.


 

Wie kam er hier rein?“ fragte er missmutig. Brennauer zuckte mit den Schultern.


 

Ich habe einige Bestellungen überprüft in diesem Raum, als er plötzlich vor mir stand. Ich war selbst überrascht. Dann fragte er nach Ihnen.“


 

Ich übernahm das Wort.


 

Ich kam mit dem Lastenaufzug herauf. Der alte Mann unten an der Tür sagte zu mir, ich solle damit herauffahren“, erklärte ich. „War das falsch? Wenn ja, dann tut mir das leid, Mr. Gomez. Aber vielleicht können Sie mir für morgen einen Termin geben?“


 

Ich stellte das Paket mir der teuren Weinflasche auf eine Tisch vor der Bar und fuhr fort: „Wenn Sie sich das hier in der Zwischenzeit ansehen wollen, könnten wir morgen über das Geschäftliche sprechen.“


 

Das können wir gleich hier“, sagte auf einmal eine Stimme hinter mir.


 

Sowohl Gomez als auch Brennauer erstarrten im gleichen Moment zu Marmorstatuen.


 

Ich sah über meine Schulter und bekam einen leichten Schreck, den ich aber gleich wieder unterdrückte.


 

Ein dunkler Mann in einem tadellosen Smoking stand etwa acht Schritte hinter mir. Er hatte ein schmales Gesicht mit einer großen scharfen Nase. Sein dünner Mund war zusammengepresst und seine schwarzen Augen wanderten ruhelos hin und her.


 

Ich war mir vollkommen sicher, dass der Kerl Juan Mendoza war. Die beiden anderen würden sich nicht so verhalten, wenn er nicht wirklich ein wichtiger Mann wäre, folglich konnte es nur dieser Mendoza sein. Ganz sicher war ich mir allerdings nicht.


 

Er kam zur Bar herüber und nahm Gomez die Karte aus der Hand. Dann starrte er darauf, knickte sie auf einmal zusammen und warf sie hinter die Bar.


 

Was ist das?“ fragte er und deutete auf das Paket.


 

Gomez holte schnell die Weinflasche aus dem Paket und stellte sie so hin, dass man das Etikett lesen konnte.


 

Ich habe schon vor mehr als einen Monat gesagt, dass wir keine Vetreter mehr von Ihrer Firma hier sehen wollen. Wissen Sie nicht, was nein bedeutet?“ fuhr der Mann mich harsch an.


 

Verzeihung, aber ich bin neu in dem Unternehmen und wusste als Vertreter nichts davon“, log ich und spielte den Unwissenden.


 

Nehmen Sie die Flasche wieder mit und verschwinden Sie auf der Stelle. Und jetzt raus hier, aber sofort!“


 

Plötzlich vernahm ich ein höhnisches Grinsen. Eine weitere Person mit einem ramponierten Gesicht betrat den Raum, die meine Knie weich werden ließen.


 

Es war der Androide T-Bird.


 

Fortsetzung folgt irgendwann!


 

Ende Teil 16


 


 

***


 


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 

 

Der Fall T-Bird

(Teil 17)


 


 


 


 

T-Bird und ich starrten uns ein paar lange Sekungen an. Der Androide zuckte auf einmal mit seiner Zunge, als hätte eine Würgeschlange ein Kaninchen entdeckt.


 

Sieh einer an, Schnüffler“, kam es aus ihm heraus, „erinnern Sie sich noch an mich?“


 

Auf die Begegnung mit T-Bird war ich nicht vorbereitet. Jedenfalls nicht hier im Robot Master Club. Ich überlegte schnell und bewegte mich seitlich weg, damit ich Gomez und Mendoza sehen und gleichzeitig T-Bird beobachten konnte.


 

Der Mann, den ich für Mendoza hielt, fragte gelangweil und mit tonloser Stimme: „Was soll das hier eigentlich? Ich will wissen, was los ist, aber sofort.“


 

Dieser Dreckskerl da heißt Random“, sagte T-Bird. „Er ist ein verdammter Schnüffler, der seine Nase überall reinsteckt. Wir sollten ihm eine harte Lektion erteilen, die er nicht so schnell vergisst.“


 

Gomez ging um die Bar zu der Tür, die zu seinem Büro führte. Mendoza, den ich jedenfalls dafür hielt, folgte ihm. Dann drehte sich Gomez um und sagte zu T-Bird: „Schaffen Sie diesen Kerl hier raus, egal wie!“ Sein Begleiter nickte mit dem Kopf und bestätigte die Anordnung Gomez mit einem schrägen Grinsen im Gesicht. Auch Brennauer verschwand unauffällig wie ein Geist, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte.


 

Gewiß doch“, sagte T-Bird und kam mit tänzelnden Schritten auf mich zu.


 

In dieser Situation fasste ich mit meiner rechten Hand unter meine Jacke, griff nach meiner Achtunddreißiger und richtete sie schußbereit auf den Androiden, der verdutzt stehen blieb.


 

Immer mit Ruhe“, zischte ich und zielte weiterhin auf T-Bird.


 

In diesem Moment schaltete jemand das Licht aus.


 

Dann hörte ich Schritte, die schnell auf mich zukamen. Ich drückte ab und die Waffe spuckte eine orangene Flamme aus. Das Geschoß zerspitterte irgendwo einen Spiegel. Plötzlich spürte ich, wie kalte Metallhände nach meiner Kehle griffen. Ich schoß sofort noch einmal, aber im gleichen Augenblick wurde mir die Waffe aus der Hand gerissen. Ich stand blank da. Dann traf mich eine Faust am Kopf, eine Faust, die härter war als Gußeisen.


 

Ich stolperte nach hinten. Wieder spürte ich einen heftig geführten Schlag, der diesmal an meinem Kinn landete. Damit war es aus.


 

Das Licht ging wieder an. Ich lag auf dem Rücken und fasste mich an die Kinnlade, die stark schmerzte. Der Androide T-Bird stand über mir und hielt meine Waffe in der Hand. Er grinste abfällig.


 

Jetzt reicht's! Schaff' diesen Kerl hier sofort raus, T-Bird!“ rief Gomez, der an der Tür stehen geblieben war. „Sorgen Sie dafür, dass er nicht wiederkommt. Ich will dieses Arschloch hier nie wieder sehen!“


 

T-Bird grinste noch breiter.


 

So Jungchen“, sagte er mit brüchiger Stimme. „Jetzt geht es dir an den Kragen.“ Sein Gesicht strahlte förmlich vor sadistischer Lust, als er mit der Waffe nach meinem Kopf schlug.


 

Ich hatte mich mittlerweile etwas hochgerappelt und wartete den richtigen Zeitpunkt ab, um mich zur Seite zu drehen. T-Birds Faust mit der Achtunddreißiger fuhr an meinerm Kopf vorbei und traf nur meine Schulter. Das brachte ihn dichter an mich heran. Ich packte ihn sofort an den Aufschlägen seiner Jacke und riss ihn über mich. Wie ein Akrobat flog T-Bird in hohem Bogen durch die Gegend und schlug mit dem Gesicht krachend auf den harten Boden. Der Androide schien benommen zu sein. Schnell griff ich nach der Waffe, die ihm beim Sturz aus der Hand geglitten war und schlug mit dem harten Knauf mehrmals hintereinander auf seinen Hinterkopf. T-Birds Körper zuckte plötzlich ein paarmal wie eine Forelle am Haken und wurde dann ruhig.


 

Ich trat einige Schritte zurück und betrachtete den Schaden. Ein solches Fest hatte ich schon lange nicht mehr mitgemacht. Es bewies mir zudem, dass ich noch nicht ganz eingerostet war. Gomez und Mendoza waren nicht mehr da, wie ich feststellen musste. Sie dachten offenbar, dass mich der Androide wohl fertigmachen würde und hatten sich aus dem Staub gemacht, um dem Gemetzel an mir zu entgehen als mögliche Zeugen.


 

Ich wollte jetzt nur noch schnell veschwinden. Bis jetzt war ich aber auf nichts gestoßen, was das Risiko rechtfertigte, den Hals gebrochen zu bekommen. Außerdem kam ich zu der Überzeugung, dass es mir vielleicht nicht mehr möglich sein würde, noch einmal in den Klub hereinzugelangen, und entschloß mich dazu, einfach zu bleiben. Doch wo sollte ich mich verstecken?


 

Ich ging raus auf die Terrasse und sah mich um. Rechts von mir waren eine Reihe Fenster. Wenn ich mich nicht irrte, mussten es die Fenster zu den Büroräumen des Klubs sein.


 

Ich warf meinen Blick nach oben und erkannte ein schräges Dach und eine kleine Plattform. Wenn ich dort hinaufkam, würde ich mich in Sicherheit befinden und könnte abwarten, bis der Betrieb im Klub lebhafter wurde. Von da aus könnte ich weiterforschen, ohne aufzufallen, dachte ich.


 

Ich wusste, dass ich Höhe gut vertragen konnte. Ich klettere auf die Balustrade der Terrasse, griff nach oben und fand Halt an einem schmalen Sims, das unter dem Schrägdach entlanglief. Dann zog ich mich mit einem gekonnten Klimmzug hinauf. Ich erreichte die kleine Plattform ohne große Mühe, weil ich einen gut durchtrainierten Körper besaß, den man in meinem Beruf auch braucht, wenn es mal schwierig werden sollte, wie beispielsweise jetzt.


 

Oben auf der Plattform war eine Luke. Käme mir jemand nach, was ich für unwahrscheinlich hielt, könnte ich ihn mit meiner Waffe außer Gefecht setzen. Im Augenblick war meine Stellung damit so gut wie unangreifbar.


 

Etwas später wurde es in dem Klub plötzlich lebendig. Tief unter mir fuhren vor dem Hoteleingang des Ritz-Plaza ziemlich teuere Schwebegleiter aller Art und Bauweise vor. Eine Tanzkapelle begann zu spielen und auf der Terrasse gingen bunte Lichter an. Ich zog mich etwas zurück, um nicht entdeckt zu werden und zündete mir eine Zigarette an. Ich entschloß mich dazu, noch etwa eine Stunden hier oben zu warten. Vielleicht würde ich noch etwas herausfinden.


 

Draußen war es mittlerweile schon dunkel geworden. Der Betrieb im Klub war im vollen Gange. Die zurückhaltende Musik der Kapelle wurde vom Stimmengewirr und Lachen der Gäste übertönt.


 

Für mich wurde es langsam Zeit, in Aktion zu treten.


 

Ich öffnete die Luke und hangelte mich hindurch. Auf der anderen Seite befand sich ein Raum, der leer war. Vorsichtig schlich ich weiter, weil die angrenzenden Räume nur diffus beleuchtet waren. In einem weiteren Raum standen Büroschreibtische, Schreibmaschinen und Schränke voller Akten herum. Ich ging leise weiter. Plötzlich hörte ich Stimmen. Eine Tür wurde geöffnet und jemand schaltete das Licht ein. Ich trat zurück in den Schatten und blickte durch den schmalen Schlitz einer Belüftung. Ich erblickte Gomez, der von einem Mann begleitet wurde. Sein Gesichtsausdruck war kalt und feindselig.


 

Gomez blickte zu ihm hinüber. „Also, Mr. Donghu“, sagte er, „wenn Sie kein Geld haben, gehen Sie wieder. Ich habe langsam genug von Ihnen.“


 

Der Mann langte in seine rechte Jackentasche und zog ein Packen Banknoten daraus hervor. „Ich habe Geld, Mr. Gomez“, sagte er, „und sparen Sie sich Ihre verdammten Unverschämtheiten!“ Dann warf er das Bündel Banknoten auf Gomez Schreibtisch.


 

Hier sind tausend! Zählen Sie nach!“


 

Gomez nahm das Päckchen, strich es glatt und fing an, die Banknoten zu zählen. Als er damit fertig war, legte er das Geld in einen Panzerschrank direkt hinter seinem Schreibtisch und nahm etwas heraus, das ich schon mal gesehen hatte. Es war eine ähnlich Schachtel, wie ich sie in Marks Koffer gefunden hatte. Den Inhalt konnte ich nur erahnen.


 

Donghu nahm die Schachtel hastig an sich, öffnete sie, untersuchte sie sorgfältig und ließ sie in seiner Jackentasche verschwinden. Danach verließ er wortlos den Raum.


 

Gomez setzte sich hinter seinem Schreibtisch und starrte einen Augenblick auf die gegenüber liegende Wand, ehe er wieder seine Arbeit aufnahm.


 

In der nächsten halben Stunde kamen noch zwei weitere Personen herein, eine dicke, ältere Frau und ein junger Bursche, der wie ein Student aussah. Beide trennten sich von jeweils fünfhundert Planetendollar und erhielten dafür eine dieser ominösen Schachteln mit unbekanntem Inhalt. Dann gingen auch sie.


 

Nach dem Besuch der letzten beiden Personen schaltete Gomez das Licht seines Büros aus und ging. Kurz danach hörte ich einen Aufzug, wie er surrend nach unten fuhr. Das war meine Chance hier unerkannt rauszukommen und schlich mich durch einen dunklen Gang bis hin zur Aufzugstür. Dort wartete ich etwa acht bis zehn Minuten, um mir ganz sicher zu sein, dass Gomez weg war. Dann drückte ich den Knopf für die letzte Etage. Als der Fahrstuhl da war, öffnete sich automtisch die Tür und ich stieg ein. Unten angekommen, trat ich hinaus in die Dunkelheit eines mit hohen Sträuchern bewachsenen Seitenweges, der hinaus auf die Straße führte, seitlich etwas abgelegen vom Hoteleingang. Ich schlug den Weg zu meinem Sportgleiter ein, den ich in einer einsamen Seitenstraße, etwa fünfhundert Meter von mir, abgestellt hatte und erreichte ihn etwa zehn Minuten später. Ich stieg ein, schaltete auf Vorwärtsfahrt und düste mit halber Kraft davon.


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 17


 


 


 

***


 

Der Fall T-Bird

(Teil 18)

 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK


 


 

Es war schon kurz nach zweiundzwanzig Uhr, als ich Violetta Breedy an diesem späten Abend durch die Drehtür des Hotels kommen sah. Sie blieb unter dem hellen Vordach stehen. Sie trug ein Kollier aus funkelnden Smaragden um den Hals und ihr Anblick war ziemlich atemberaubend. Auch ihr Kleid passte sehr gut zu ihr und unterstrich ihre schöne und reizvolle weibliche Figur auf das Maximalste.

 

Guten Abend“, begrüßte ich sie und gab ihr höflich die Hand.

 

Dann schmeichelte ich: „Darf ich persönlich werden und Ihnen sagen, dass Sie wunderschön sind? Das kann ich öffentlich aussprechen, meine wirkliche Meinung ist ein wenig zu intim, um sie laut zu äußern.“

 

Sie schenkte mir ein kleines Lächeln. Ihre Augen blicken mich lebhaft an.

 

Ich habe das besonders für Sie angezogen“, antwortete sie. „Ich freue mich, daß es Ihnen gefällt, Mr. Random.“

 

Gefallen ist viel zu wenig. Ehrlich gesagt, bin ich überwältigt. Sind Sie mit dem Wagen gekommen oder muss ich Sie fahren?“

 

Mich hat mein Chauffeur hier hin gebracht. Wir fahren zum dem Bugalow, zeige Ihnen alles und danach fahren Sie mich wieder freundlicherweise zurück.“

 

Selbstverständlich bringe ich Sie wieder zurück, Miss Breedy.“

 

Ich öffnete die Beifahrertür meines Sportgleiters und sie stieg ein. Ich erwischte kurz einen Blick auf ihre schlanken Beine, als sich die Wagentür langsam automtisch schloss. Sie waren ein herrlicher Anblick. Ich ging zügig um den Wagen herum, stieg ebenfalls ein und fuhr ab.

 

Da vorne biegen Sie bitte rechts ab. Fahren Sie bis zu Ende der Promenade und dann immer geradeaus.“

 

Der Mond war mittlerweile aufgegangen. Die Nacht war warm, wobei das Meer und die Palmen einen hübschen Hintergrund bildeten. Ich hatte keine Eile und Violetta Breedy offenbar auch nich. Zwischendurch lächelten wir uns an und genossen die ruhige Fahrt.

 

Die Scheinwerfer tasteten sich durch die Dunkelheit. Wir fuhren noch etwa vier Kilometer schweigend weiter, bis Miss Breedy sagte, ich solle Richtung Meer abbiegen. Dann beleuchteten die Scheinwerfer einen flachen Bungalow, der keine vierzig Meter vom Strand des Meeres stand.

 

Hier sind wir“, sagte sie und zündete sich eine Zigarette an.

 

Ich hielt den Sportgleiter an und ließ ihn auf den Boden sinken.

 

Haben Sie eine Taschenlampe dabei? Wir brauchen sie, um einen Lichtschalter zufinden.“ sagte Miss Breedy zu mir.


 

Hab' ich!“ antwortete ich ihr und zog eine große Taschenlampe aus der Seitentasche meiner Wagentür hervor.

 

Der Mond leuchte hell, und ich konnte einen einsamen weiten Strand erkennen, der völlig leer da lag. Ich schaltete das Licht der Taschenlampe ein und gemeinsam gingen wir zusammen über den Pfad zur Eingangstür des Bungalows. An der Tür angekommen, suchte Violetta Breedy in ihrer Tasche nach dem Schlüssel, den sie auch bald in den Händen hielt. Sie schob ihn ins Schloß und drehte ihn um.

 

Das sind noch ziemlich alte Schlösser“, sagte sie entschuldigend zu mir. „Heute werden die meisten Türen elektronisch geschlossen, geöffnet und verriegelt. Daran können Sie erkennen, dass dieser Bungalow schon sehr alt sein muss und hier nur selten jemand wohnt.

 

Als wir drinnen waren, schaltete Miss Breedy überall das Licht ein, sodass alles hell erleuchtet wurde.

 

Das kann sich sehen lassen“, sagte ich beeindruckt und blieb in der Mitte eine ziemlich großen Raumes stehen, der mit allem eingerichtet war, was man für ein modernes Leben so braucht.

 

Und hier soll ich wirklich einziehen?“ fragte ich sie staunend über den Luxus.

 

Gefällt es Ihnen?“

 

Es ist großartig.“

 

Dann fiel mir die Bar am anderen Ende des Raumes auf. Die Regale waren von vielen Flaschen gefüllt. Es schien jedes Getränk zu geben, das man sich wünschen konnte.

 

Sind diese Flaschen auch das Eigentum ihres Vaters oder gehören sie Ihnen?“

 

Sie gehören meinem Vater. Aber als ich auszog, nahm ich eine ganze Menge davon mit und brachte sie hier unter. Er hat doch alles. Ich sehe nicht ein, warum ich gelegentlich auch was für mich tun soll. Was meinen Sie?“

 

Sie ging auf einmal hinter die Bar, öffnete einen der Kühlschränke und nahm eine Flasche Champagner heraus.

 

Wir beide wollen heute Abend feiern“, sagte sie. „Hier, machen Sie die Flasche auf, ich hole die Gläser.“

 

Miss Breedy verließ den Wohnraum. Ich löste derweil den Draht um den Korken. Als sie zurückkam, zog ich den Korken aus der Flasche und füllte beide Gläser. Dann sehen wir uns in die Augen und stießen dabei an.

 

Was feiern wir denn?“ fragte ich, bevor ich den Champagner trinken wollte.

 

Unsere Begegnung“, antwortete sie, wobei ihre Augen funkelten wie Diamanten. Sie sah mich an und fuhr fort: Sie sind der erste Mann, den ich alleine treffe, dem es gleichgültig ist, ob ich reich oder arm bin. Ich habe dafür ein gutes Gespür. Außerdem sind Sie sehr attraktiv, sind groß und stark und scheinen mit Frauen besonders gut umgehen zu können.“

 

Miss Breedy trank den Champagner und schwenkte das leeren Glas hin und her.

 

Verblüfft fragte ich sie, wie sie denn darauf komme.

 

Ich weiß genau, was ich sage. Nun sehen Sie sich Ihr neues Heim genau an, und sagen Sie mir, was Sie davon halten.“

 

Wo soll ich anfangen?“

 

Das Schlafzimmer ist dort drüben links.“

 

Wir blickten uns an. In ihren Augen lag ein Ausdruck von Sehsucht nach Liebe.

 

Ich ging mit ihr ins Schlafzimmer, um es anzusehen und stellte fest, dass mir der Atem etwas knapp wurde. Es war ein hübsches Schlafzimmer mit Doppelbett, Wandschränken und mit einem weichen Teppichen ausstaffierten Fußboden. Man ging wie auf Wolken.

Wir schauten uns alle anderen Räume ebenfalls an. Schließlich waren wir wieder in dem großen Wohnraum angekommen. Sie nahm Platz auf einem Sessel. Ich setzte mich neben sie.

 

Wir redeten noch über dies und das. Nach einer Weile stand Miss Breede auf, schwang ihre Beine aus dem Sessel und fragte mich: „Ich gehe jetzt schwimmen. Kommen Sie mit?“

 

Aber gewiss doch“, lächelte ich sie an. „Ich hole nur noch meinen Koffer aus dem Wagen. Da liegt meine Badehose drin.

 

Das brauchen Sie nicht. Wir gehen nackt baden. Um diese Zeit ist kein Mensch mehr am Strand, den wir für uns ganz alleine haben. Wir ziehen uns einfach hier aus und gehen runter ans Meer.“

 

Sie entledigte sich ihres Kleides und trug nur noch Büstenhalter und Slip.

 

Langsam drehte sie sich um. In ihren Augen lag ein Blick, den ich schon bei Frauen gesehen habe, wenn sie einem einen Antrag machen.

 

Finden Sie, dass ich schön bin?“

 

Mehr als das. Sie sind wunderschön, Violetta.“

 

Nach dieser Antwort spürte ich ein Verlangen nach ihr. Ich konnte dieses Gefühl nicht mehr aushalten.

 

Violetta. Vielleicht sollte ich Sie nach Hause fahren. Es könnte uns leid tun...“

 

Sie schüttellte den Kopf und sah mich dabei verliebt in die Augen.

 

Sag' das nicht, Lester. Mir tut nie leid, was ich tue. Wir haben noch die ganze Nacht vor uns und können uns so richtig austoben. Ich will dich! Hier und jetzt! Ich bin in dich verliebt, schon als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Schwimmengehen können wir immer noch, Liebster.“

 

Ich konnte und wollte mich nicht mehr ihrer Sehensucht nach Liebe erwehren. Wir gingen hinüber ins Schlafzimmer und liebten uns so lange, bis wir beide vor lauter Erschöpfung genug davon hatten.

 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 18

 


 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

Der Fall T-Bird

(Teil 19)


 

Draußen wurde es bereits hell. Violetta und ich lagen noch zusammengekuschelt im Doppelbett und schauten uns verliebt an.


 

Ich möchte wissen, was du von mir denkst“, sagte sie zu mir leise. „Ich will mich gar nicht entschuldigen. Ich bin durchaus nicht immer so ungehemmt und unbefangen. Aber manchmal geschieht es, und dann ist es einfach ein Zwang. In dem Augenblick, als ich dich sah, fühlte ich etwas in mir, was ich schon lange nicht mehr empfand, die Liebe eines ehrlichen und aufrichtigen Mannes, und das ist das Ergebnis. Du bist ein unheimlich guter Liebhaber, als ich je geträumt hätte.“


 

Ich stützte mich auf meinen Arm, beugte mich über sie und küsste ihre Lippen.


 

Violetta. Du bist einfach wundervoll“, und ließ meine Lippen über ihr Gesicht wandern. „Du bist wirklich einfach wundervoll.


 

Sie streichelte mein Haar und legte sich mit ihrem nackten Körper auf mich. Dann liebten wir uns wieder ausgiebig und sehr lange.


 

Als wir beiden später das Bett verließen, war es schon fast Mittag.


 

Komm, wir gehen jetzt schwimmen“, sagte Violetta, nahm meine Hand und zog mich mit ins Wasser.


 

Wir blieben fast eine Stunde unten am Strand, schwammen und tauchten ausgelassen herum, bis wir endlich genug davon hatten. Hand in Hand gingen wir zurück zum Bugalow.


 

Es war sehr schön mit dir, Lester“, sagte sie unterwegs zu mir. „Wenn du willst, komme ich wieder, oder soll ich nicht?“


 

Was für eine Frage. Wie kannst du nur glauben, dass ich das nicht wollte? Ich würde dich gerne bei mir haben, als dich jetzt wieder nach Terrania Bay City zurück zu fahren.“


 

Sie trat vor mich und streichelte sanft mein Gesicht in der Art, wie es ebend nur eine verliebte Frau kann.


 

Wir müssen jetzt aber gehen. Es ist schon spät geworden. Hier ist der Schlüssel für die Tür, Lester. Wenn wir fertig sind, fahren wir zurück in die Stadt.


 

Unterwegs im Gleiter fragte ich Violetta ganz nebenbei, ob sie wüsste, dass ihr Vater meinen Kollegen Mark Shannon angagiert haben könnte.


 

Sie schwieg eine Weile.


 

Ich weiß es nicht. Aber ich kann mir einen Grund denken. Wenn er deinen Partner engagiert hat, dann deshalb, weil er seine Frau beobachten lassen wollte.“


 

Hat dein Vater denn einen Grund dazu?“


 

Hat er. Gleich mehrere. Es überrascht mich, daß er es nicht schon vorher getan hat. Meine Stiefmutter hat immer irgend einen Gigolo im Schlepptau. Zur Zeit hat sie diesen furchbaren Ron Sommer. Ich wünschte, mein Daddy würde sich scheiden lassen von ihr, dann könnte ich nach Hause zurück.“


 

Würdest du denn gerne zurückgehen?“


 

Niemand lässt sich gern aus seinem eigenen Heim vertreiben. Ich kann mit Elisabeth einfach nicht unter einem Dach leben.“


 

Und was hast du gegen diesen Ron Sommer?“


 

Alles. Er ist ein furchtbarer Mensch.“


 

Ich antwortete nicht darauf, da ich gerade in die Promenadenstraße einbog.


 

Dann sagte ich: „Dein Vater kann doch nicht meinen Kollegen Mark Shannon angagiert haben, um dich überwachen zu lassen.“


 

Violetta hatte sich eine Zigarette angezündet, sog daran und blies den Rauch zum leicht geöffneten Seitenfenster raus.


 

Dazu braucht er keinen Detektiv. Meine Zofe spioniert schon genug hinter mir her. Ich glaube vielmehr, dass mein Vater Shannon angagierte, um meine Stiefmutter überwachen zu lassen. Kann aber auch sein, dass ich falsch liege. Vielleicht handelt es sich um eine Sache, von der ich noch nichts weiß.“


 

Ja, das glaube ich auch.“


 

Wir fuhren noch etwa einen Kilometer schweigend weiter. Violetta schien in Gedanken versunken zu sein. Manchmal sah Sie zu mir rüber und lächelte zufrieden.


 

Würdest du deine Stiefmutter beobachten lassen?“


 

Nein. Das macht auch nicht viel Sinn. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas mit Marks Tod zu tun hatte. Ich vermute mal, dass er auf etwas stieß, was nichts mit ihr zu tun hatte, während er sie überwachte. Es muss etwas Wichtiges gewesen sein, und dein Partner war klug genug, das zu erkennen. Er hatte etwas erfahren. Darum wurde er beseitigt. Terrania Bay City ist eine einzige Gangsterstadt. Nimm nur den Robot Master Club. Shannon kann heraus gefunden haben, dass sich dort etwas tat. Der ganz Klub wird von Verbrechern geführt, denen es nur ums Geld geht, aber auch Geheimnisse mit sich herum tragen, von denen niemand was erfahren soll.“


 

Glaubst du das wirklich?“


 

Es ist nur eine Vermutung. Ich kann mich irren. Lester. Aber solange ich nichts anderes weiß, bleibe ich dabei. Im Übrigen könnte es auch sein, dass dein Partner etwas entdeckte, was Daddy die Möglichkeit gab, sich von Elisabeth scheiden zu lassen. Sie war schon als Schauspielerin pleite und lebt heute nur von Vaters Geld. Sie selbst hat praktisch gar nichts. Würde sich mein Daddy von ihr scheiden lassen, stünde sie auf dem trockenen.“


 

Auf diesen Gedanken war ich noch gar nicht gekommen.


 

Ich würde mir diesen Ron Sommer mal gerne etwas näher ansehen, Violetta. Wo ist dieser Kerl zu finden?“


 

Er hat ein kleines Haus oben auf den Hügeln. Es liegt hinter der Stadt. Das Haus nennt sich großspurig „Weißes Schloß“, ist aber in Wirklichkeit kein Schloß, sondern ein angeberisches, ekalhaftes Liebesnest der beiden.“


 

Die Erbitterung in Violettas Stimme veranlasste mich dazu, ihr einen liebevollen Blick zuzuwerfen. Sie erwiderte meinen Blick und lächelte mich an. Ich liebte diese Frau von ganzem Herzen, was sie auch spürte.


 

Ein paar Minuten später stand ich vor Violettas Appartmentblock. Ich fuhr vor dem Eingang vor und hielt direkt vor der Drehtür an. Ich stieg aus und öffnete die Beifahrertür. Als sie vor mir stand, küssten wir uns liebevoll mit aller Hingabe.


 

Und jetzt muss ich aber gehen, Lester. Ich habe mit dir eine wunderschöne Zeit verbracht. Sie legte auf einmal ihre Hand auf meine. „Sei vorsichtig, mein Geliebter. Ich will dich so schnell wie möglich wiedersehen.“


 

Mach dir keine Sorgen, mein Schatz“, antwortete ich ihr. „Ich werde schon gut auf mich aufpassen. Allein wegen dir. Ich bin glücklich, dich kennen gelernt zu haben, Violetta.“


 

Sie gab mir noch einen Kuss und verschwand dann hinter der Drehtür. Noch einmal sah ich sie mir zuwinken. Ich winkte zurück.


 

Ich setzte mich in den Sportgleiter, zündete die Düsen und fuhr an.


 


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 19


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

Der Fall T-Bird

(Teil 20)


 


 

Als ich die Promenadenstraße erreichte, hielt ich in einer Parkbucht an, um mir eine Zigarette anzuzünden. In Gedanken war ich bei Violetta. Als ich fertig geraucht hatte, schaltete ich die Düsen wieder ein, legte den Vorwärtshebel ein und fuhr zum Bungalow zurück.


 

Während ich so dahin schwebte, musste ich über die Schachtel nachdenken, die ich in Marks Kofferboden gefunden hatte. Aus irgendeinem Grunde muss der Inhalt ziemlich wertvoll sein. Gomez hatte die Schachteln an mehrere Personen verteilt, die ihn mehr als gut dafür bezahlten. Wie mein Partner Mark Shannon an diese Schachtel mit den drei würfelartigen Chips gekommen ist, konnte ich nicht sagen. Auch die Buchstaben mit den Zahlen ergaben für mich keinen Sinn. Vielleicht hat er sie gefunden oder jemanden fortgenommen. Möglicherweise hat diese Person sowohl sein Zimmer als auch meins im Hotel Delphi durchsucht.


 

In meinem Zimmer hat man zwar die Schachtel gefunden, aber die Mikrochips drinnen gelassen und nur den Zettel mitgenommen. Deshalb war es gerechtfertigt, anzunehmen, dass die Zahlen und Buchstaben etwas zu bedeuten hatten. Deshalb konnte es auch sein, dass diese mysteriöse Schachtel samt Inhalt vielleicht was mit Marks Tod zu tun hatten.


 

Aber in Wirklichkeit waren das alles nur Vermutungen. Ob ich mich dabei in die richtige Richtung bewegte, davon hatte ich nicht die geringste Ahnung. Deshalb musste ich mir noch mehr handfeste Informationen besorgen, um über meine derzeitigen Annahmen und Theorien hinaus zu kommen.


 

Endlich erreichte ich den Bungalow. Ich parkte den Gleiter direkt vor dem Weg, stieg aus, ging rauf zur Tür und schloß sie auf. Inzwischen war ich doch sehr müde geworden. Ich wollte allerdings nicht gleich schlafen gehen, sondern mir noch einen guten Whiskey gönnen.


 

Als ich den Wohraum betrat und rüber ging zur Bar, sah ich auf einem kleinen Tisch etwas liegen, was mich stehenbleiben ließ.


 

Es war Violettas Abendtasche. Ein richtig hübsches Ding in Form einer Muschel. Ich sie auf, faßte nach dem goldenen Bügel und öffente sie. Es befand sich eine Puderdose darin, ein seidenes Beutelchen mit einigen Taschentüchern. Darunter entdeckte ich eine Schachtel, wie ich sie von Gomez und mir her kannte. Ich klappte den Deckel auf und fand darin einen Zettel mit Ziffern und Buchstaben. Eine fing mit C541 148 und ging bis C 541 160 weiter.


 

Anhand dieser Ziffern und Nummern erkannte ich, dass diese Schachteln die gleichen waren, die ich in Marks Koffer gefunden hatte. Alle waren mit einem Zettel ausgestattet, die mit verschiedenen Buchstaben und Nummer beschrieben waren.


 

Plötzlich klingelte das Telefon. Ich nahm den Hörer ab.


 

Ja, hallo“, sagte ich und war mir ziemlich sicher, dass es Violetta war.


 

Bist du es Lester?“


 

Es war Violettas Stimme, die etwas atemlos klang.


 

Ja, ich bin es.“


 

Ich vermisse meine Handtasche. Ich muss sie in dem Bungalow irgendwo liegen gelassen haben.“


 

Deine Tasche steht hier auf einem Tisch im Wohnraum. Mach dir also keine Sorgen, mein Schatz.“


 

Oh, da bin ich aber froh. Ich dachte schon, ich hätte sie im Klub oder in deinem Wagen liegen gelassen. Ich bin zur Zeit etwas vergesslich und hole sie morgen ab.“


 

Ich werde dir deine Tasche im Verlauf des Vormittags vorbei bringen, Violetta.“


 

Vielen Dank, Liebster.“


 

Dann trat eine Pause ein. Nach einer Weile sagte sie: „Lester...“


 

Ich bin noch da, Schatz.“


 

Ich denke an dich. Ich kann die Nacht mit dir nicht vergessen. Ich bin ja so glücklich mit dir.“


 

Ich denke auch an dich, Violetta. Die ganze Zeit.“


 

Ich schob die Hand in die Tasche und tastete nach der Schachtel.


 

Gute Nacht, Lester!“


 

Gute Nacht, Violetta!“


 

Ich wartete, bis sie eingehängt hatte, ehe ich den Hörer zurück legte.


 

Am nächsten Morgen wachte ich so gegen acht Uhr auf. Ich verließ das Doppelbett und machte mich frisch. Dann zog ich mich an, stellte mein Frühstück zusammen und trug es samt einer Tasse Kaffee hinaus auf die Terrasse.


 

Von meinem Platz aus konnte ich in der Ferne das Gebäude sehen, in dem die Schule für Keramik auf einer felsigen Anhöhe lag. Man nannte diesen Ort auch Awarow Point. Ich hatte davon erfahren, wollte dort hinfahren und mich unter die Touristen mischen, was es dort zu sehen gab.


 

Nach dem Frühstück verließ ich den Bungalow und schloß ihn ab. Dann fuhr ich mit meinem Sportgleiter zurück auf die Promenadenstraße und erreichte bald eine Seitenstraße mit einem Schild „Zur Schule für Keramik; die Schatzkammer für Original-Entwürfe“.


 

Als ich abbog, sah ich im Rückspiegel hinter mir auch schon einen dieser großen blauweißen Busse mit besichtigungwütigen Touristen. Ich drosselte meine Geschwindigkeit und ließ den Bus vorbei fahren.


 

Als ich bei der Keramikschule ankam, standen auf dem Parkplatz schon einige Busse und andere Personengleiter.


 

Ich fuhr auf einen Parkwächter zu, der mir einen Parzettel gab.


 

Macht einen Planetendollar“, sagte er. Ich gab ihm das Geld und schaute hinüber zu dem blauweißen Bus, der gerade angehalten hatte. Ich wollte mich unter die Fahrgäste mischen und wartete noch etwas. Dann stieg ich aus, ging hinüber zu den Touristen und gesellte mich zu ihnen, als ob ich einer von ihnen wäre.


 

Der Reiseführer leitete uns durch ein Drehkreuz. Bald standen wir an einem Schalter für Tickets. Als ich dran war, zahlte ich für die Eintrittskarte einen Planetendollar und betrat mit der Reisegesellschaft eine große Halle, die mit Töpferwaren aller Formen, Größe, Farben und Arten überschwemmt war. Die Gesamtwirkung macht auf mich den Eindruck eines überladenen Museums. Überall standen hübsche Verkäuferinnen herum, die auf Kundschaft warteten. Ich zählte etwa an die zwanzig Mädchen in weißen Kitteln.


 

Am hinteren Ende der Halle befand sich ein von einem weinroten Vorhang verdeckter Durchgang. Eine Blondine mit strengem Blick saß neben dem Vorhang und passte wohl auf, dass niemand den Raum dahinter betreten würde.


 

Ich behielt den verhängten Durchgang im Auge, in der Vermutung, dass hinter diesem Vorhang die eigentlichen Geschäfte abgeschlossen würden.


 

Gleich daneben entdeckte ich eines der Mädchen hinter einem der langen Verkaufstische. Es war ein hübsches Dingelchen mit einer Stupsnase und einem naiven Gesichtsausdruck.


 

Gibt es hier nichts Besseres als nur diesen Kitsch?“ fragte ich sie und fuhr fort: „Ich suche nämlich nach einem Hochzeitsgeschenk.“


 

Wenn Sie einen Moment warten, hole ich die Leiterin der Abteilung.“


 

Schon bald kam das Mädchen wieder zurück und wies auf die Frau hinter ihr.


 

Miss Maggy wird Sie gerne beraten“. Dann ging sie auf ihren Platz zurück.


 

Die Beraterin war ein dicke Frau, etwa so mitte Vierzig.


 

Sie suchen ein Hochzeitsgeschenk?“ fragt sie mich und zog dabei die Augenbrauen hoch.


 

Wenn Sie nach besonders schönen Stücken suchen, dann kommen Sie bitte mit. Hinter dem Vorhang befindet sich unsere besten und teuersten Arbeiten. Hier geht es lang. Folgen Sie mir!“


 

Ich trabte ihr hinterher. Sie hielt den Vorhang zurück und ich betrat eine kleinen Raum mit echten Kunststücken, die sich sehen lassen konnten. Violetta hatte mir davon erzählt und wie begeistert sie von der Kunst war.


 

Kann ich mich hier etwas näher umsehen? Ich bin nämlich auf der Suche nach einer griechischen Statue“.


 

Lassen Sie sich ruhig Zeit. Wir haben heute bis um 20 Uhr geöffnet“, sagte sie und lächelte gequält mit ihrem schmalen Mund.


 

Dann stand ich vor einer Skulptur und fragte sie nach dem Preis.


 

Die kostet 2000 Planetendollar. Billiger können wir das nicht machen. Es ist ein besonders seltenes Stück.“


 

Plötzlich wurde der Vorhang beiseite geschoben und ein Mann kam herein, den ich schon mal gesehen hatte. Es war Donghu, der Gomez tausend Planetendollar auf den Schreibtisch in seinem Büro geworfen hatte, um an eines dieser Schachteln heran zu kommen. Ich hatte alles genau beobachten können, als ich mich heimlich in dem Gebäude des Robot Master Club aufhielt.


 

Fortsetzung folgt irgendwann.

Ende Teil 20


 


 

***


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

Der Fall T-Bird

(Teil 21)


 

Langsam ging ich um die Skulptur herum, während ich Donghu aus dem Augenwinkel beobachtete, der auf einmal stehen blieb, als er mich erblickte. Offenbar schien er mich zu kennen.


 

Er war so nervös wie ein aufgescheuchtes Huhn, drehte sich plötzlich um und zog sich mit zwei schnellen Schritten auf den Durchgang zurück, durch den er zuvor gekommen war. Schon eine Sekunde später kam er zurück. Ich sah ihm an, dass er sich nicht entschließen konnte, ob er fortlaufen oder bleiben sollte.


 

Ich ging ein paar Schritte weiter und sah mir eine Plastik mit gespieltem Interesse an.


 

Die dicke Beraterin war mir gefolgt und stand jetzt neben mir.


 

Was kostet die denn. Ist die genauso teuer?“


 

Die kostet dreitausend Planetendollar“, antwortete sie, ohne mich eines Blickes zu würdigen.


 

Wieder sah ich Donghu, wie er durch den Raum auf eine Rothaarige zuging, die ihm mit ausdruckslosem Gesicht entgegen sah.


 

Donghu blieb neben der Rothaarigen stehen, fummelte in seiner Tasche herum, zog dann etwas heraus und zeigte es ihr.


 

Ich bemerkte etwas, das wie eine Schachtel aussah. Auch wenn ich kein Detektiv gewesen wäre, hätte ich erkannt, dass es sich um eines dieser Dinger handelte, die ich in Marks Koffer gefunden hatte und allesamt wohl aus dem Robot Master Club stammen mussten.


 

Dann verschwand Donghu wieder, wobei die Rothaarige vorausging und ihm den Vorhang offen hielt. Ich konnte für einen kurzen Moment einen Blick im dahinterliegenden Gang werfen.


 

Langsam ging ich weiter und sah mir noch mehrere schöne Kunstgegenstände an. Schließlich blieb ich vor einem Pudel stehen, der mit der gleichen Eleganz wie die anderen Statuetten geformt war. Ich befand mich jetzt nahe dem verhängten Durchgang, wo das rothaarige Mädchen daneben auf einem Stuhl saß. Ich ließ mir viel Zeit beim Betrachten des Pudels.


 

Was kostet der denn?“ fragte ich Miss Maggy, die mir brav gefolgt war.


 

Siebenhundert Planetendollar.“


 

Was, mehr nicht?“ antwortete ich und lächelte ihr zu. „Er wirkt fast lebendig, wie ein echter Pudel aus Fleisch und Blut. Ich muß es mir überlegen. Während Sie auch mit sechshundert Planetendollar zufrieden oder ist das so gut wie geschenkt?“


 

Im gleichen Moment wurde wieder der Vorhang zur Seite geschoben und Donghu erschien abermals. Im Vorbeigehen starrte er mich mit weit aufgerissenen Augen erschrocken an. Dann ging er schließlich mit schnellen Schritten durch den ganzen Ausstellungsraum und auf der anderen Seite wieder raus.


 

Ich kam zu der Ansicht, dass ich nicht länger wie einer herumlungern könne, der eine günstige Gelegenheit ausbaldowern will. Ich wollte nicht auffallen. Ich dachte an diese Schachteln, die ich auch in Violettas Tasche gefunden hatte. Hoffentlich waren es nicht neue Schwierigkeiten.


 

Als ich mich von dem Pudel abwandte, bemerkte ich, dass mich die rothaarige Schönheit die ganze Zeit anstarrte, als sei ich ein Scheckgespenst. Ich lächelte ihr trotzdem freundlich zu.


 

Sie betrachtete mich argwöhnisch. Ich griff in meine Hosentasche und zeigte ihr die kleine Schachtel, die ich vorsorglich mitgenommen hatte. Sie presste die Lippen zusammen, warf dann Miss Maggy einen vielsagenden Blick zu, während sie zum Vorhang ging, um ihn zur Seite zu ziehen.


 

Die Schachtel kam mir vor wie eine Eintrittskarte.


 

Danke!“ sagte ich freundlich zu dem Mädchen, trat kurz darauf in einen langen Gang, der von Leuchtstoffröhren erhellt wurde und farbig dekoriert war.


 

Vorsichtig bewegte ich mich weiter. Das unbestimmte Etwas, das immer Überstunden macht, wenn ich im Begriff bin, meinen Hals zu riskieren, begann mich zu plagen, und meine Instinkt ließ Alarmglocken aufgellen. Ich wünschte jetzt, ich hätte meine Waffen mitgenommen.


 

Am Ende des Ganges lag eine Tür, daneben stand eine große Tonurne. Auf leisen Sohlen ging ich auf die Tür zu. Als ich vor ihr stand, schaute ich zufällig in die Urne hinein. Auf ihrem Boden lagen mehrere Schachteln und aufgeklappte Zettel, die eine Reihe von Zahlen aufwiesen.


 

Ich war überzeugt davon, eine wichtige Entdeckung gemacht zu haben, falls ich erfuhr, was das alles zu bedeuten hatte. Über der Tonurne entdeckte ich noch einen Schalter, der geschlossen war. Daneben befand sich ein Klingelknopf.


 

Ich hielt es für besser, mein Glück nicht noch weiter zu strapazieren. Ich war versucht, die Klingel zu drücken, um festzustellen, was geschehen würde, aber da ich in diesem Augenblick auf gefährliche Momente nicht vorbereitet war, unterließ ich es lieber.


 

Zum mindesten hatte ich festgestellt, dass es zwischen dem Robot Master Club und der Schule für Keramik oder ihrem Besitzer eine Verbindung gab. Die Leute bezahlten Gomez teilweise hohe Beträge für solche Schachteln, die möglicherweise illegale Chips enthielten, die an sich sehr teuer und eigentlich von militärischer Natur waren, wie ich sie in Marks Schachtel vorgefunden habe. Der genaue Verwendungszweck war mir allerdings noch schleierhaft. Vielleicht bekam ich das später raus.


 

Ich drehte mich um und ging bis zum Vorhang zurück, den ich zur Seite schob, trat hindurch und versuchte eine Unschuldsmiene aufzusetzen. Ich tat außerdem etwas verwirrt, als ob ich in die falsche Richtung gegangen wäre.


 

Das rothaarige Fräulein saß immer noch auf ihrem Platz und polierte sich gerade ihre Fingernägel. Sie sah nicht einmal auf, als ich an ihr vorbeikam.


 

Die Reisegesellschaft hatte inzwischen ihr Geld hier wohl reichlich ausgegeben, weil sie vom Reiseführer zum Ausgang getrieben wurden. Die meisten von ihnen trugen ein fein säuberlich verpacktes Paket und machten einen zufriedenen Eindruck. Die Schule für Keramik musste ein Vermögen an den wohlhabenden Touristen verdienen, die hier mit Bussen hingekarrt wurden.


 

Ich reihte mich hinten in die Gruppe ein und sobald ich das Drehkreuz verlassen hatte, trennte ich mich von ihnen und ging auf meinen Sportgleiter zu. Ich stieg ein, warf die Düsen an und machte mich auf den Weg zu Violetta, um ihr die Tasche zu bringen, wie ich es ihr versprochen habe.


 

Als ich das Apartmenthaus erreicht hatte, verließ ich meinen Sportgleiter, nahm Violettas Tasche mit und meldete mich beim Empfangschef an. Nachdem er bei ihr angerufen hatte sagte er, sie werde in etwa fünf Minuten in die Bar kommen, um mich dort zu treffen. Er zeigte mir, wo die Bar lag, die ich sogleich ansteuerte und mir einen gemütlichen Eckplatz für zwei Personen aussuchte.


 

Als Violetta erschien, drehten sich die meisten Männer in der Bar nach ihr um. Der Anblick war es wert, denn sie machte auch auf mich einen umwerfenden Eindruck. Ich musste in diesem Moment an die Nacht mit ihr denken, die ich nie vergessen würde.


 

Als sie an den Tisch trat, stand ich auf und schob ihr den Stuhl zurecht.


 

Ich kann leider nicht länger als zehn Minuten bleiben, Lester“, sagte sie lächelnd. „Ich bin auf der anderen Seite der Stadt zum Lunch verabredet.“


 

Ich fragte sie, was sie zu trinken haben wollte, und sie antwortete, einen Gin-Fizz. Ich bestellte mir das gleiche.


 

Wir schauten uns in die Augen.


 

Ich würde dir gern sagen, wie wundervoll du aussiehst“, begann ich, „aber ich fürchte, du hast es schon so oft gehört, dass du es nicht mehr hören kannst.“


 

Nun, das hängt davon ab, wer es sagt“, anwortete sie lächelnd und fragte dann nach der Tasche. Ich hatte sie auf die Eckablage gelegt und übereichte sie Violetta.


 

Den Finderlohn beanspruche ich beim nächsten Mal, wenn wir wieder zusammen eine Nacht im Bungalow sind“, sagte ich lächelnd. Ihre Augen funkelten, als würde sie meine Gedanken lesen können.


 

Violette lachte dezent. „Ich bin bereit, den Finderlohn zu bezahlen, Lester. Es ist schrecklich, wie ich mit meinen Sachen umgehe. Ich bin einfach vergesslich geworden.“


 

Sie nahm die Tasche an sich und ich fragte sie bei dieser Gelegenheit, ob sie nicht nachsehen wollte, ob etwas fehlt.


 

Was sollte denn fehlen?“


 

Ihre Augen blickten mich völlig arglos an, und das gefiel mir.


 

Sie öffnete die Tasche und kramte in ihr herum. Plötzlich hatte Violetta diese Schachtel in der Hand. Sie war darüber offenbar überrascht und sagte: „Ich weiß gar nicht, wie dieses Ding hier reingekommen ist.“


 

Ich tat erstaunt, denn ich hatte ja schon vorher in ihre Tasche gesehen, als ich sie im Bungalow fand.


 

Wo kommt diese Schachtel her?“ fragte ich sie.


 

Ich habe keine Ahnung. Ich wusste nicht, dass sie in meiner Tasche war. Warum interessiert es dich, Lester?“


 


 

Ich habe Grund dafür anzunehmen, das es die gleichen Schachteln sind, wie ich sie in Marks Koffer gefunden habe. Darin lag auch ein Zettel mit Buchstaben und Zahlen, die ich mir bis heute nicht erklären kann, wofür die gut sein sollen.“


 

Violetta klappte den Deckel auf und entnahm einen Zetteln, auf denen ebenfalls Buchstaben und Zahlen standen. Sie tat ziemlich erstaunt und runzelte die Stirn, als sie das sah.


 

Das ist aber seltsam. Ich verstehe das nicht. Jemand muss mir das alles in die Tasche geschoben haben, als ich im Robot Master Club aß. Ich war nämlich eingeladen. Ich kann mich noch an die Gäste an meinem Tisch erinnern. Außer mir saßen da noch ein gewisser Bridgett und Ron Sommer, Donghu, Harry Lukas, mit dem ich manchmal Tennis spiele und meine Freundin Doris Klein.“


 

Mir gefällt die ganze Sache nicht, Violetta. Diese Dinger scheinen eine Menge Geld wert zu sein, im Zusammenhang mit den Buchstaben und Zahlen. Deswegen wurde mein Partner möglicherweise ermordet, weil er im Besitz einer dieser Schachtel war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alles nur reiner Zufall gewesen sein soll. Das Beste wird sein, wenn ich die Schachtel Inspektor Blanking gebe.


 

Violettas Augen weiteten sich.


 

Aber Lester, wenn du das tust, ziehst du mich in diese Geschichte hinein“, sagte sie. Ich darf mit der Polizei nichts zu tun bekommen. Daddy würde toben. Auch die Zeitungen dürfen nichts erfahren.“


 

Keine Sorge, mein Liebling. Ich werde das alles allein machen. Ich werde mich hüten, dich da mit rein zu ziehen. Solltest du allerdings heraus bekommen, wie du an die Schachtel kamst, wie auch immer, dann ruf mich einfach an.“


 

Und wenn der Inspektor wissen will, woher du die Schachtel hast? Was wirst du ihm sagen?“


 

Ich überlegte einen Augenblick.


 

Also gut. Ich werde nicht zu Inspektor Blanking gehen, sondern zuerst diesen Ron Sommer aufsuchen, um ihn auszufragen.“

Violetta tat erleichtert und überreichte mir die Schachtel samt Inhalt.


 

Ich streichelte beruhigend über ihre Hand und fragte sie, wo ich diesen Kerl antreffen kann.


 

Du fährst in Richtung Gebirge. Es ist die einzige Straße dorthin. Du kannst sie nicht verfehlen. Es sind von hier aus etwas zehn oder fünfzehn Kilometer. Du wirst ein Schild sehen mit der Aufschrift „Das Wappen“. Das Ziel ist dann nicht mehr weit. Allerdings ist die Straße nach oben sehr steil und kurvig.“


 

Violetta schaute nebenbei auf ihre Uhr. Dann stand sie auf.


 

Ich muss jetzt aber gehen, Lester. Ich habe mich schon verspätet.“


 

Sie gab mir noch einen Kuss und schenkte mir ein kleines Lächeln. Dann flüsterte sie: „Bis bald, Liebling. Wir sehen uns!“


 

Ja, hoffentlich sehr bald“, gab ich zur Antwort.


 

Ich blickte ihr nach, wie sie aus der Bar eilte. Ihre langen, braunen Beine waren der Brennpunkt aller männlichen Augen in der Bar. Wieder dachte ich an die Nacht im Bungalow mit ihr, und das ich genau zwischen diesen, ungemein weiblichen Beinen lag.


 

Als Violette weg war, rief ich den Kellner und ließ mir die Rechnung bringen. Ich bezahlte, verließ die Bar zügig, trat in den Sonnenschein hinaus und ging zu meinem Sportgleiter hinüber, stieg ein und brauste los.


 

Ohne Eile bog ich später in die Gebirgsstraße und kam nach mehreren Kilometern an einem Wegweiser vorbei mit der Aufschrift „Das Wappen“, der einladend nach oben wies. Ich gab den Düsen jetzt vollen Schub, schwenkte auf die steile Straße ein und blieb auf halber Höhe der Strecke stehen, um die schöne Aussicht zu genießen. Weit unter mir lag Terrania Bay City. Ich konnte sogar Breedys Besitz ausmachen. Meine Blicke wanderte zu der sich bergauf schlängelden Straße unter mir, der Straße, über die ich hier raufgekommen war. Sie lag verlassen da. Ich schien der einzige zu sein, der sie um diese Zeit benutzte. Und es gab mir ein Gefühl der Einsamkeit, von der Höhe auf diese reiche, von Gangstern und Verbrechern beherrschte Stadt zu blicken, die sich Terrania Bay City nannte.


 

Ich reckte meine Schultern, setzte mich in meinen Gleiter, gab wieder vollen Schub und setzte meine Fahrt über die kurvenreiche Straße fort.


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 21


 


 


 

***


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 22)


 

 

Das weiße Chateau lag am Ende der Bergstraße, die in einem scharfen Winkel zu einem Parkplatz führte, der gerade mal so große war, dass ein großer Wagen, wie ich ihn hatte, darauf wenden konnte. Ein Schild gab bekannt, dass es der es sich um einen Privatparkplatz handelte und Parken verboten war. Zwei moderne Düsengleiter standen dicht beieinander. Ich stellte meinen Sportgleiter auf den freien Platz daneben ab, stieg aus und sah zu dem Chateau hinüber, der hinter hohen Palmen und grünen Büschen verborgen lag.


 

Ich ging zu einem hölzernen Tor, das nicht abgeschlossen war. Ich öffnete es und ging einen Pfad entlang, der von einer sauber gestutzten Hecke eingefaßt wurde. Der Pfad endete bald und ging in einen Rasen über, den ich betrat, bis ich, von der Seite kommend, vor einer breiten Veranda stand, die von Blumenkästen auf einer weißen Mauer und einem kräftigen Schlingengewächs mit roten und weißen glockenförmigen Bluten umrankt war. Alles machte auf mich einen sehr ordentlichen Eindruck. Dann bemerkte ich, dass die Eingangstür offen stand. Während ich unbemerkt näher kam, hörte ich eine Männerstimme durch die geöffnete Tür.


 

Nun, wenn du nichts trinken willst, dann ist das gut. Aber ich möchte was.“


 

Ich blieb neben der offenen Tür stehen, sodass mich niemand von drinnen aus sehen konnte.


 

Um Himmels willen, fang doch nicht ausgerechnet jetzt an zu trinken, Ron“, sagte eine Frauenstimme. „Ich will mit dir reden, sonst nichts.“


 

Das ist genau der Grund, weshalb ich etwas zu trinken haben muss. Ich soll dir zuhören, wenn ich nichts zu trinken habe? Sei vernünftig, Elisabeth!“


 

Du bist ein richtiges Schwein, Ron.“


 

Der Ton in der Stimme der Frau war häßlich anzuhören.


 

Vermutlich bin ich ein Schwein. Aber dir sollte es doch egal sein“, antwortete der Mann. „Du müsstest doch inzwischen an Schweine gewöhnt sein, Elisabeth.“


 

Ich hörte ein zischendes Geräusch, das mir verriet, dass sich dieser Ron einen Drink mischte. Er stand mit dem Rücken zu mir, als ich mich kurz vorbeugte und in den Raum sah. Eine Frau saß in einem tiefen Sessel. Auch sie konnte mich nicht sehen. Ich brauchte nicht zu raten, wer sie war. Ich hatte sie sofort erkannt. Es war die Frau von Lee Breedy, dem Multimilliardär.


 

Ich trat einen Schritt zurück, um nicht bemerkt zu werden.


 

Ron Sommer war ein stattlicher Kerl, braungebrannt von der Sonne, mit dunklen Haaren und blauen Augen. Er war groß und Muskel bepackt. Er trug ein weißes Trikothemd, dunkelrote Shorts und braune Sandalen. Ein ziemlich sportlicher Typ, wie ich zugeben musste.


 

Elisabeth Breedy fing wieder an zu sprechen.


 

Wo warst du eigentlich gestern nacht, Ron? Ich habe auf dich gewartet und du bist nicht gekommen.“ Sie sah ihn dabei feindlich.


 

Ich weiß, ich weiß. Aber ich habe es dir doch erklärt, dass es mir leid tut. Soll ich mir auch noch Asche aufs Haupt streuen? Unsere Verabredung war nicht endgültig. Das weißt du doch, Elisabeth.“


 

Er trank von seinem Glas, stellte es auf einem Beistelltisch ab und sagte dann: „Müssen wir das alles noch einmal durchkauen, meine Gute? Im übrigen habe ich dich angerufen, aber du bist nicht dran gegangen.“


 

Ich nehme nicht jeden Telefonanruf entgegen. Es passiert sehr oft, dass irgendein Esel einen am Telefon belästigt. Ich habe es klingeln gehört und habe mich deshalb nicht sofort gemeldet.“


 

Im Augenblick wirkst du auf mich sehr langweilig, Elisabeth.“


 

Du hättest noch mal anrufen können, Ron. Dann wäre ich bestimmt ans Telefon gegangen. Hast du aber nicht, weil du gar nicht kommen wolltest. Du warst bestimmt bei einer anderen Frau, weil du kein Interesse mehr an unsere Beziehung hast. Das ist die Wahrheit.“


 

Ich habe jetzt aber genug von deinem Geschwätz, Elisabeth. Wir sollten Schluss machen. Mir hängt das Ganze zum Hals heraus.“


 

Das Gesicht von Ron Sommer wurde hart. Er war nicht länger der hübsche Gigolo. Der glatte, äußere Lack war unvermittelt abgefallen und legte den harten skrupellosen Mann unter der Oberfläche bloß.


 

Elisabeth Breedy setzte ihre Finger mit den Silberspitzen auf ihre nackten Knie und krümmte sie. Ihre langen Finger sahen aus wie die Krallen eines Raubtieres.


 

Plötzlich fragte sie: „Wer war die Frau, Ron?“


 

Er griff nach dem Glas und trank es mit einem Schluck leer.


 

Ich glaube, das genügt für heute“, sagte Ron Sommer. Ich habe noch einige Dinge zu erledigen. Machen wir also Schluss.“


 

War es Violetta. Du hast doch ein Auge auf sie geworfen.“


 

Der Haß in Elisabeths Stimme war unüberhörbar.


 

Nur weil Violetta besser aussieht als du und über zehn Jahre jünger ist, so folgt daraus noch nicht, dass sie mir etwas bedeutet. Ich finde, ehrlich gesagt, gegenwärtig alle Frauen, die Breedy heißen, wie die Pest. Wenn die Wahrheit einmal gesagt werden muss; sie sind beide übertrieben sexuell, zu besitzgierig und unterträglich langweilig auf Dauer. Ich muss leider gehen und bin zum Essen verabredet.“


 

Es war doch Violetta. Sie ist immer noch in dich verliebt, wie? Sie ist entschlossen, dich mir wegzunehmen“, sagte Elisabeth Breedy.


 

Also gut, wenn du es unbedingt wissen musst, es war nicht Violetta, sondern eine kleine Blonde. Sehr hübsch, sehr jung und frisch. Ganz anders wie du. Ich fand sie auf der Promenade, und zufällig war sie allein. Ich liebe einsame Frauen, wie du weißt. Ich kann ihnen nicht widerstehen. Aus Herzensgüte musste ich sie trösten, und die Bereitwilligkeit, mit der sie meinen Trost aufnahm, war eine erfreuliche Überraschung.“


 

Du verfluchtes Schwein, Du lügst! Es war Violetta“, fauchte Elisabeth mit rauher Stimme. Ihr Gesicht erschien auf einmal irgendwie ausgezehrt.


 

Denk doch, was du willst. Ich muss jetzt gehen. Ich will dich nicht aus meinem Haus werfen. Trinke aber nicht so viel von dem Schnaps. Ich hoffe aber, wenn ich zurück komme, dass du nicht mehr da bist. Es ist aus zwischen uns beiden.“


 

Es ist also endgültig vorbei?“ fragte Elisabeth. Sie war verzweifelt. Ihr Gesichtsausdruck versteinerte sich und machte einen fürchterlichen Eindruck.


 

Ja! Es ist aus. Für immer“, antwortete Ron Sommer.


 

Also gut. Wenn wir uns für immer trennen, Ron, dann zahlst du besser deine Schulden gleich“, sagte Mrs. Breedy kalt und tonlos. „Hast du das schon vergessen? Es waren immerhin 15.000 Planetendollar, die ich dir geliehen habe. Die möchte ich wiedersehen.“


 

Ist es so viel? Wusste ich gar nicht.“ Ron Sommer zog die Augenbrauen hoch und nahm einen Schluck.


 

Vermutlich hast du alles in einem ledergebunden Büchlein fein säuberlich aufgeschrieben.“


 

Und ob. Ich habe mir alles genau notiert. Ich will das Geld und zwar jetzt“, sagte Mrs. Breedy.


 

Davon bin ich überzeugt. Dein älterer Herr ist wohl nicht besonders großzügig. Dummerweise habe ich im Augenblick nicht soviel Geld, um dir meine Schulden zurückzuzahlen. Es hat eine Menge gekostet, dich überall herumzuführen, Elisabeth. Du bekommst das Geld zurück, wenn ich es kann. Aber du musst dich auf die betrübliche Tatsache gefasst machen, dass du sehr, sehr lange darauf warten musst.“


 

Ich will es jetzt“, antwortete Mrs. Breedy. Ihre Stimme wurde schriller.


 

Tut mir leid, aber das geht nicht. Wenn du darauf bestehen bleibst, dann musst du mich schon verklagen. Ich bin überzeugt, dein Mann kann dich am besten beraten, wie du das anfängst. Natürlich wird er sich von dir scheiden lassen, weil du mir soviel Geld gegeben hast. Er wird sich an dich rächen und dir keinen Cent mehr lassen. Du landest in der Gosse, mein schönes Kind.“


 

Ron Sommer grinste bei diesen Worten und nahm wieder einen Schluck aus dem Glas, das nicht mehr viel Inhalt hatte.


 

Mrs. Breedy studierte ihn für einen Augenblick. In ihren Augen lag der pure Hass, der mich wahrscheinlich bedenklich gemacht hätte. Ron Sommer schien das aber nicht zu interessieren.


 

Ich muss den Verstand verloren haben, mich mit dir einzulassen, du Schwein. Ich glaube, du hast auf dieser Welt nichts mehr zu suchen“, sagte Elisabeth Breedy und verließ abrupt den bequemen Sessel.


 

Sei vernünftig, Elisabeth. Ich würde das nicht so hart ausdrücken. Du warst doch eine total unbefriedigte Frau, und ich gab dir, was du wolltest, nämlich Sex ohne Ende, den dir dein alter Sack offenbar nicht geben konnte und kann, weil der nur an seine Geschäfte und ans Geld denkt. Außerdem gibt es in Terrania Bay City reichlich andere Männer, die ebenso gut aussehen und so stark sind wie ich. Es wird dir also nicht schwerfallen, einen Ersatz für deine Sexgier zu finden, Elisabeth. Wenn sich einer gefunden hat, wirst du mich schnell vergessen haben“, sagte Ron Sommer.


 

Sie starrte ihn eine Weile regungslos an. Dann ging sie plötzlich zu einem Sidebord rüber, holte aus der Schublade eine Waffe und richtete sie auf den völlig überraschten Ron Sommer.


 

Das Gesicht von Mrs. Breedy war verzerrt und zu einer entsetzlichen Grimasse geworden. Dann sagte sie mit fast erstickter Stimme: „Ich werde dich jetzt erschießen, du Hundesohn. Wenn ich dich nicht mehr haben kann, soll dich keine haben.“


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 22


 


 

***


 


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 23)


 


 

Es wurde auf einmal sehr still in dem großen Wohnraum. Ich konnte sehen, wie Ron Sommer bewegungslos da stand und mit weit aufgerissenen Augen auf die Waffe starrte. Sein Gesicht wurde aschfahl.


 

Mrs. Breedy zielt immer noch auf ihren Ex-Freund Sommer.


 

Ja, Ron“, sagte sie unheimlich ruhig, „ich werde dich töten. Ich habe genug ertragen. Jetzt bist du an der Reihe, etwas von der Hölle zu erfahren, in die du mich gebracht hast. Ich werde jetzt damit Schluss machen. Hier und jetzt.“


 

Lass' den Unsinn“, antwortete Ron Sommer mit gehetzter Stimme. „Steck die Waffe weg, Elisabeth! Es wird dir nichts helfen. Alle Welt weiß doch, dass ich dein Liebhaber bin. Die Polizei wird dich festnehmen. Man wird dich als Mörderin verurteilen. Willst du das?'“


 

Glaubst du wirklich, dass mich das noch berührt? Glaubst du denn, dass ich weiterleben will, wenn ich dich getötet habe, Ron? Oh nein. Wenn ich dich erschossen habe, werde ich mich selbst erschießen. Ich fürchte mich nicht davor, sterben zu müssen, so wie du.“


 

Ron Sommer geriet in Panik.


 

Bitte, leg die Waffe weg, Elisabeth. Sei doch vernünftig. Wir können nochmal über alles reden und über einen Neuanfang reden. Ich habe doch nur gecherzt.“


 

Du elendiger Feigling“, sagte Mrs. Breedy verächtlich, „dass habe ich von dir erwartet, jetzt, wo du dich in die Enge getrieben fühlst, versuchst du dich aus der Schlinge zu ziehen. Aber es ist vorbei, was du ja selbst gesagt hast. Ich habe nicht mehr Mitgefühl für dich, als du für mich hattest. Du hast mich nur benutzt, du Hund.“


 

Ron Sommer begann langsam, fast unmerklich, zurückzuweichen. Seine Augen quollen aus den Höhlen hervor, sein Gesicht hatte sich mit Schweiß bedeckt. Man konnte ihm seine Todesangst ansehen.


 

In diesem Moment trat ich aus meinem Versteck hervor, ging durch die offene Tür ins Haus und sprang vor. Meine Hand packte Mrs. Breedys Handgelenk und drehte die Waffe dem Boden zu. Ein Schuß ging los und die Kugel riß eine sauberes Loch in den Teppich. Mit weit aufgerissenen Augen starrte mich die völlig überraschte Frau an. Dann trat sie plötzlich ruckartig zur Seite, ging an mir vorbei und rannte nach draußen auf die Terrasse.


 

Ron Sommer zitterte vor Angst und ließ sich in einen Sessel fallen. Er verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Er schluchtze wie ein kleins Kind.


 

Ich legte die Waffe auf das Sideboard, zog mein Taschentuch und wischte mir damit übers Gesicht. Ich war total verschwitzt. Plötzlich drang das Dröhnen eines startenden Düsenmotors durch die Stille des Raumes. Mrs. Breedy raste davon und hinterließ eine Staubwolke, die sich über den ganzen Weg verteilte.


 

Schweigend stand ich da, wartete bis Ron Sommer mit mir reden würde. Dann sah er mich an.


 

Wer sind Sie, und wo kommen Sie überhaupt so plötzlich her?“ fragte er mich mit geröteten Augen.


 

Ich zog eine meiner Geschäftskarten und hielt sie ihm hin. Er las sie, ohne in die Hand zu nehmen. Ich war überzeugt, er wollte mir nicht zeigen, wie stark seine Hände zitterten.


 

Verflucht noch mal“, sagte er, nachdem er den Text gelesen hatte. „Random und Shannon aus New York. Das ist doch die Agentur von diesem Burschen, den man...“ Er brach ab, erhob sich aus dem Sessel und trat vor mich.


 

Stimmt“, antwortete ich, Mark Shannon war mein Partner.“


 

Wurden Sie von ihr angagiert, um mich zu beobachten?“ frage mich Ron Sommer, ohne mich anzusehen. Dann holte er sich einen neuen Drink und lies sich abermals in den Sessel fallen.


 

Nachdem er einen Schluck gemacht hatte, fing er an zu reden.


 

Sie wollte mich umbringen. Haben Sie ihren Gesichtsausdruck gesehen? Wenn Sie nicht zuffällig hereingekommen wären...“


 

Ron Sommer trank wieder einen Schluck aus dem Glas und schnitt eine Grimasse.


 

Das glaube ich noch gar nicht. Sie wollte Ihnen nur einen Schreck einjagen“, antwortete ich, obwohl ich genau wusste, dass sie ihn töten wollte.


 

Glauben Sie das wirklich? Ich nicht. Das soll mir auf jeden Fall eine Lehre sein. Neurotikerinnen in mittleren Jahren kommen für mich nicht mehr in Frage. In Zukunft halte ich mich an Jüngere, die nehmen nicht alles so tragisch.


 

Ich wartete einen Moment und fragte ihn dann: „Stimmt es, dass Mrs. Breedy meinen Partner engagiert hat, um Sie zu beobachten?“


 

Ich weiß nicht. Ich traue ihr das aber zu, um auf mich aufzupassen. Sie betrachtete mich als ihr ganz persönliches Privateigentum.“


 

Ein ziemlich kostspieliges, wenn Sie ihr tatsächlich fünfzehntausend Planetendollar schulden.“


 

Ron Sommer hob die Schultern.


 

Ich brauchte das Geld, um mein Leben mit ihr finanzieren zu können. Einen großen Teil habe ich für sie ausgegeben und damit ihre Ansprüche befriedigt.


 

Unvermittelt fragte ich: „Hat Mrs. Breedy meinen Partner Shannon engagiert oder nicht. Ich würde das gerne von Ihnen erfahren, Mr. Sommer.“


 

Er zögerte.


 

Wenn Sie befürchten, es mit der Polizei zu tun zu kriegen, da kann ich Sie beruhigen. Ich führe meinen eigenen Ermittlungen durch. Sagen Sie mir nur, was ich wissen will. Die Polizei wird von mir nichts erfahren“, sagte ich zu ihm.


 

Also gut. Ja, sie war es.“


 

Wissen Sie warum?“


 

Weil sie sich einbildete, ich sei hinter ihrer Stieftochter her.“


 

Und, waren Sie das?“


 

Gütiger Himmel, nein.“


 

Ich goß mir einen Drink ins Glas und machte einen kräftigen Schluck daraus.


 

Wer ist denn dieses Mädchen, für das Sie sich interessieren?“ fragte ich ihn und sah ihm dabei in die Augen.


 

Ron Sommer grinste. Inzwischen hatte er seine Nerven wieder in der Hand, und er begann auch betrunken zu werden.


 

Damit würde ich viel verraten. Eben ein Mädchen.“


 

Hat mein Partner sie ausfindig gemacht?“


 

Ron Sommer nickte. „Ja. Und er sagte es Elisabeth. Sie ging zu der Kleinen und versuchte ihr Angst einzujagen.

Und, hatte sie Erfolg?“ fragte ich.


 

Ganz offensichtlich. Ich bin seither nicht mehr mit ihr zusammengetroffen.“


 

Was geschah dann?“ bohrte ich nach.


 

Wie das so ist. Ich ließ mir von Elisabeth wieder einen Ring durch die Nase ziehen und ließ mich von ihr spazierenführen. Dann hatte ich die Schnauze voll. Das übrige wissen Sie.“


 

Mein Gefühl sagte mir, dass mir dieser Sommer nur die halbe Wahrheit sagte, bestimmt nicht die ganze.


 

Ich möchte Ihnen eine wichtige Frage wegen diesem Mädchen stellen, Mr. Sommer. War es Virginia Shriver? Sagen Sie mir die Wahrheit.“


 

Ich bemerkte, dass er blinzelte, als ob ihm meine Worte einen unerwarteten Stich versetzten.


 

Hören Sie mal her. Ich laß mich nicht gerne in irgendwelche polizeilichen Untersuchungen hineinziehen. Ich habe Ihnen gesagt, es war irgendein Mädchen.“


 

Das genügt mir einfach nicht. Sie haben schon zuviel verraten, Mr. Sommer. War es Virginia Shriver? Ja oder nein?“

Na gut. Sie war es“, antwortete er mir ungeduldig. „Sind Sie jetzt zufrieden?“


 

Ein leise Erregung ergriff mich. Endlich schien ich bei meinen Ermittlungen weiterzukommen.


 

Nach dem, was ich erfahren habe, hat sie sich nie mit Männern eingelassen.“


 

Sommer grinst mich an.


 

Genau die sind am leichtesten zu haben. Wenn sie fallen, fallen sie gründlich. In zwei Tagen fraß sie mir aus der Hand. Es war alles auf die große Nacht vorbereitet, als sich ihr Partner Shannon einmischte.


 

Und wo haben Sie Virginia kennengelernt?“


 

In der Keramikschule. Elisabeth nahm mich mit hin, und dort entdeckte ich die Kleine. Ich merkte gleich, dass ich ihr gefiel, und wenn ich Mädchen gefalle, zeige ich mich gern dankbar.“


 

Ron Sommer wurde mir immer widerlicher. Es kostete mich Mühe, das nicht zu verraten.


 

Hat mein Partner sie beide beobachtet?“


 

Virginia hat es mir gesagt. Sie rief mich an und erzählte mir, dass Shannon in ihrer Wohnung gewesen sei und sie gewarnt hätte, sich mit mir einzulassen. Ich vermute mal, dass Elisabeth ihn mir auf den Hals gehetzt hatte, und darum sagte ich Virginia, es sei besser, wir würden uns trennen. Ich wußte, dass Elisabeth mir große Schwierigkeiten wegen ihr machen würde, wenn ich die Verbindung nicht kappte.“


 

War Mrs. Breedy auch bei Virginia?“


 

Ja. Sie ging zu ihr, nachdem Mr. Shannon bei ihr gewesen war. Das hat sie mir gegenüber jedenfalls behauptet.“


 

Bisher war mir alles einleuchtend erschienen. Aber mein Gefühl sagte mir, dass an dieser Geschichte etwas nicht stimmte. Deshalb stellte ich diesem Sommer eine kurze, aber direkte Frage.


 

Wer hat Virginia Shriver umgebracht, Mr. Sommer?“ fragte ich und fixierte ihn.


 

Ich habe wirklich keine Ahnung, Mr. Random. Ich habe mich selbst gefragt, weshalb sie mit ihrem Partner Shannon in die Badekabine ging. Die einzige Erklärung, die ich fand, war die, dass er sich ihrer annahm, nachdem ich sie fallen ließ.“


 

Das erschien mir plausibel. Shannon konnte bei Frauen viel erreichen. Wenn dieses Mädchen geglaubt hatte, sie würde mit Sommer ihre erste Affäre erleben, und dann enttäuscht worden war, konnte sie sich recht gut bei Shannon Trost gesucht haben.“


 

Haben Sie eine Vermutung, wer sie tötete?“ fragte ich.


 

Auch darüber habe ich schon nachgedacht. Vielleicht hatte es der Mörder gar nicht nicht auf ihren Partner abgesehen, sondern auf das Mädchen. Vielleicht versuchte Shannon, das Mädchen zu schützen und wurde aber an ihrer Stelle ermordet. Sie konnte fliehen, was auch erklären würde, warum man in der Kabine ihre Kleider fand. Der Mörder verfolgte sie jedoch. Ich glaube, sie versteckte sich in den Sanddünen, aber der Mörder fand sie, brachte sie in die Hütte zurück und tötete sie dort. So sehe ich die Sache, aber ich kann mich natürlich auch irren.“


 

Glauben Sie, das Mrs. Breedy das Mädchen ermorden ließ?“


 

Ron Sommer runzelte die Stirn.


 

Weiß ich nicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie Elisabeth mit einem Eispicker ihren Partner und dann das Mädchen erstechen konnte. Sie ist dafür nicht gebaut. Aber vielleicht hat sie jemanden engagiert, der die Drecksarbeit für sie erledigte, wie dieser Androide T-Bird. Das ist ein ganz übler Bandit.“


 

Dann hatte ich plötzlich einen Einfall.


 

Ich nahm eine Zigarette aus meiner Packung, steckte sie zwischen die Lippen und zog so ganz nebenbei aus meiner Hüfttasche die kleine Plastikschachtel, die aus dem Robot Master Club stammte und bei Shannon gefunden hatte. Während ich an ihr herumdrehte, fragte ich Mr. Sommer, was er über T-Bird wisse. Ich klappte die Schachtel auf und ließ den Zettel mit den Buchstaben und Zahlen absichtlich rausfallen. Ron Sommer ließ ich die ganze Zeit nicht aus den Augen. Als sein Blick auf den Zettel mit den Buchstaben und Zahlen fiel, der auf den Tisch vor mir gefallen war, schien er nervös zu werden.


 

Ist irgendwas, Mr. Sommer?“ fragte ich ihn.


 

Was? Äh, nein – ich wusste nicht, dass Sie Mitglied des Robot Master Clubs sind, Mr. Random.“


 

Bin ich aber nicht. Die Schachtel habe ich bei meinem Partner gefunden. Woher er sie hatte, kann ich nicht sagen. Noch nicht“, erwiderte ich.


 

Ach so. Aber ich muss jetzt gehen. Ich habe eine Verabredung zum Essen.“ Damit stand er auf.


 

Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Was wissen Sie über diesen T-Bird?“


 

Ich weiß nur, das Mr. Breedy ihn für die verschiedensten Aufgaben nutzt. Was er sonst noch macht, weiß ich nicht. Mehr kann ich über diesen Androiden nicht sagen. Er ist sehr gefährlich. Vor dem sollte man sich in acht nehmen. Man kann ihm z. B. andere Chips einsetzen und schon tötet er Menschen. Das hab ich jedenfalls mal durch Zufall mitbekommen. Ob das stimmt, kann ich nicht sagen.“


 

Na gut“, sagte ich, „dann kann ich mich nur noch von Ihnen verabschieden, Mr. Sommer.“


 

Das muss ich auch. Ich habe mich schon verspätet. Jedenfalls vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr. Random. Ich muss mich jetzt aber beeilen, sonst verpasse ich das Essen noch.“


 

Ich nickte ihm zu, durchquerte den Wohnraum und trat durch die Fenstertür auf die Veranda. Die Stücke meines Puzzlespiels beginnen sich zusammenzufügen, dachte ich, während ich rüber ging zu meinem Sportgleiter, der unter einem schattigen Baum stand. Ich spürte auch, wie dieser Ron Sommer hinter dem Vorhang stand und mich verborgen beobachtete.


 

Fortsetzung folgt irdendwann!

Ende Teil 23


 


 


 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 24)


 


 


 

Ich fuhr langsam die Bergstraße runter und bog später in Richtung Terrania Bay City ab. Unterwegs dachte ich über alles nach. Die Vermutung schien mir gerechtfertigt, dass ich zwei getrennte Fälle zu untersuchen hatte: den Mord an meinem Partner Shannon und das Geheimnis der Schachteln mit den Buchstaben und Zahlen. Es war möglich, dass eine unmittelbare Verbindung zwischen beiden bestand.


 

Ron Sommers Theorie, das Mark aus Versehen getötet wurde, schien mir sogar logisch und annehmbar zu sein.


 

Nachdem ich den mörderischen, unbeherrschten Ausdruck in Elisabeth Breedys Gesicht gesehen hatte, konnte ich die Möglichkeit nicht mehr ausschließen, dass sie jemand gekauft bzw. engagiert hatte, um das Mädchen ermorden zu lassen, weil sie es nicht an Sommer verlieren wollte. Shannon hatte vielleicht tatsächlich versucht, das Mädchen zu schützen und war an ihrer Stelle erstochen worden.

Unterwegs hielt ich vor einem Fischrestaurant an, ließ den Wagen stehen und ging hinein. Ich bestellte mir ein delikates Gericht und ließ mir Zeit beim Essen, das sehr gut war. Als ich das Restaurant später wieder verließ, ging ich zu einer Telefonzelle am Parkplatz und rief Breedys Haus an.


 

Ein Butler war am Telefon.


 

Ich möchte Mrs. Breedy sprechen“, verlangte ich von ihm.


 

Ich stelle Sie zu Sekretärin durch. Bitte haben Sie ein wenig Geduld“, sagte er. Es knackte mehrmals hintereinander, dann meldete sich eine kühle, präzise Stimme und erklärte, sie sei Mrs. Breedys Sekretärin.


 

Ich stellte mich kurz vor und sagte ihr, dass ich mit Mrs. Breedy sprechen möchte, da ich ihr heute begegnet bin und ihr etwas geben möchte, was ihr gehört.“


 

Bitte warten Sie einen kleinen Moment! Ich bin gleich wieder für Sie da.“ Es folgte eine längere Pause, bis die Sekretärin wieder ans Telefon kam.


 

Mrs. Breedy hat zugesagt und erwartet Sie in etwa einer Stunde“, antwortete sie.


 

Ich werde da sein“, sagte ich und hängte den Hörer ein.


 

Den Rest der Strecke gab ich etwas mehr Schub auf die Düsen, sodass der Sportgleiter ziemlich schnell über die breite Fahrbahn rauschte. Bald war ich in Reichweite von Breedys Anwesen und bog auf die Privatstraße ein, die ich schon mal befahren hatte.


 

Zwei Wachen empfingen mich und hielten mich an.


 

Ich werde von Mrs. Breedy erwartet“, sagte ich zu einem der Wachmänner.


 

Er sah in eine Liste, nickte mit dem Kopf und der andere ließ die Schranke hochfahren und winkte mich durch.


 

Ich fuhr auf den bekannten Parkplatz und parkte neben einem schwarzen Schwebegleiter. Diesmal traf ich keinen Parkwächter an, wie beim ersten Mal. Für Fuller hatten sie offenbar noch keinen Ersatz gefunden. Ich stieg aus und stand bald vor dem Eingang. Nachdem ich geklingelt hatte, öffnete ein Butler die Tür.


 

Sie müssen Mr. Random sein“, sagte er und bat mich rein. Er führte mich durch einen Gang bis zu einem Büro und klopfte an die Tür.


 

Mr. Random ist da“, rief der Butler.


 

Er soll reinkommen“, sagte eine junge Frauenstimme, die vor einem Schreibtisch saß und Papiere ordnete.

Nehmen Sie doch bitte Platz, Mr. Random. Mrs. Breedy wir Sie nicht lange warten lassen.“


 

Sie errötete etwas und sah dadurch noch hübscher aus.


 

Ich setzte mich auf einen steifen Stuhl, der ziemlich unbequem war.


 

Die Sekretärin machte sich an einem Computer zu schaffen und blickte hin und wieder zu mir rüber. Sie lächelte mich dabei an, als wollte sie mir sagen, dass sie noch zu haben sei.


 

Dann klingelte ein Telefon. Sie nahm den Hörer ab und nickte ein paar Mal mit dem Kopf.


 

Mrs. Breedy lässt jetzt bitten“, sagte die junge Frau zu mir und schritt voraus.


 

Langsam, wie sie es wohl in Hollywood gelernt hatte, drehte sich Mrs. Breedy um und musterte mich kalt und zurückhaltend.


 

Sie wollen mich sehen?“ fragte sie und zog die Augenbrauen hoch.


 

Ja, Mrs. Breedy. Ich hatte per Telefon darum gebeten. Ich bringe Ihnen Ihre Waffe zurück, mit der Sie Ron Sommer erschießen wollten. Zum Glück konnte ich das verhindern. Sie sollten mir dafür Dankbar sein.“


 

Sie zögerte kurz, ehe sie die Pistole nahm, die ich ihr hinhielt.


 

Ich nehme an, Sie erwarten jetzt Geld von mir.“


 

Sonst haben Sie doch auch kaum etwas zu bieten, Mrs. Breedy“, antwortete ich ihr.


 

Sie sah mich an, als traue sie ihren Ohren nicht.


 

Mein Mann...“ begann sie, aber ich schnitt mit einer Handbewegung das Wort ab.


 

Lassen Sie mich mit Ihrem Mann in Frieden. Auch wenn er in dieser Stadt die große Nummer spielt, kann er diese Geschichte doch nicht aus dem Courier heraushalten.“


 

Was wollen Sie damit sagen, Mr. Random?“


 

Sie wissen genau, was ich meine. Ich habe einen Mord verhindert, den Sie begehen wollten. Dieser Ron Sommer wäre jetzt tot und Sie im Gefängnis. Ist Ihnen das eigentlich klar? Ein Mord von Lee Breedys Frau ist Stoff für sämtliche Zeitungen in Terrania Bay City. Ein Skandal ohne Ende, Mrs. Breedy.“


 

Also gut, wieviel wollen Sie?“


 

Sie irren sich, Mrs. Breedy. Ich suche nicht nach Geld, wie Ihre Freunde. Ich wünsche Auskünfte von Ihnen. Mehr nicht.“


 

Was für Auskünfte?“ fragte sie neugierig.


 

Ich habe gehört, dass Sie meinen Partner Mark Shannon engagiert haben, um Sommer zu beobachten.


 

Nein, das stimmt nicht. Wer hat Ihnen das denn gesagt?“


 

Ihr Ex-Freund Ron Sommer. Er behauptet es.“


 

Er ist ein verdammter Lügner“, sagte sie wild fuchelnd.


 

Haben Sie Shannon engagiert, um jemand anders zu beobachten?“


 

Nein.“


 

Wussten Sie, das Mr. Sommer hinter einem Mädchen names Virginia Shriver her war?“ fragte ich weiter.


 

Nein.“


 

Gingen Sie zu dem dem Mädchen, um sie zu warnen, sich mit Ron Sommer einzulassen, Mrs. Breedy?“


 

Was soll diese Fragerei. Ich habe noch nie von einer Virginia Shriver gehört.“


 

Ach kommen Sie! Das können Sie mir nicht weismachen. Sie wurde ermordet aufgefunden. Es stand doch in jeder Zeitung.“


 

Ich habe nie etwas von ihr gehört, Mr. Random“, beharrte sie, und sah mich mit wütendem Blick an.


 

Nun gut, Mrs. Breedy. Haben Sie etwas dagegen einzuwenden, wenn ich Inspektor Blanking mitteile, was ich von Ron Sommer erfahren habe?“ fragte ich. „Wenn Sie Shannon nicht engagierten und von dem Mädchen nichts wußten, haben Sie keinen Grund, sich davor zu fürchten.“


 

Ich sah, wie ihre Lider flatterten, und einen Augenblick glaubte ich, sie würde ihre Selbstbeherrschung verlieren.


 

Aber dann fuhr sie mich an: „Sie können diesem Blanking erzählen, was Ihnen passt, aber ich warne Sie. Wenn Sie mir Ärger machen, bringe ich Sie vor Gericht und verklage Sie auf Schadenersatz, bis Sie schwarz werden, Mr. Random. Und glauben Sie ja nicht, das ist eine leere Drohung. Ich will jetzt nichts mehr davon hören. Gehen Sie bitte und zwar sofort!“


 

Ich spielte meine letzte Karte und zog diese Schachtel aus der Tasche.


 

Gehört das Ihnen, Mrs. Breedy? Ich fand sie bei meinem Partner. Den Inhalt werden Sie wohl auch kennen – oder?“


 

Jetzt reichts, Mr. Random. Ich möchte, dass Sie auf der Stelle verschwinden.“ Sie ging zu einem Knopf an der Wand und drückte drauf. Ihre Sekretärin erschien, die mir die Tür aufhielt. Beim Gehen sagte ich zu Mrs. Breedy, dass wir uns bestimmt wiedersehen würden. Sie drehte mir demonstrativ den Rücken zu.


 

Die Sekretärin hielt mir noch immmer die Tür offen. Als ich in ihrem Büro stand und die Tür hinter mir zu machte, sagte sie zu mir, dass der Butler mich noch sprechen wollte. Ich würde an ihm vorbei kommen, ginge ich den Gang runter, wo er auf mich wartet.


 

Ich verabschiedete mich von ihr und zwinkerte ihr zu. Dann fragte ich, ob Sie die Brille tragen müsse.


 

Sie errötete und wich schnell einen Schritt zurück.


 

Eigentlich nicht. Ich brauche sie nur beim Lesen.“


 

Sie sah mich verständnislos an.


 

An Ihrer Stelle würde ich das Ding wegschmeißen. Sie zieht einen Stacheldraht um Ihre Persönlichkeit. Außerdem sehen Sie ohne Brille schöner aus“, sagte ich.“ Dann ließ ich sie einfach stehen und schritt durch den Gang, wo am anderen Ende der Butler schon auf mich wartete.


 

Als ich vor ihm stand, sagte er zu mir freundlich: „Mr. Breedy hat nach Ihnen gefragt. Mr. Random.“


 

Nach mir gefragt“, fragte ich überrascht.


 

Ja, Mr. Random.“


 

Hat er gesagt, was er wünscht?“


 

Nein, Mr. Random. Er befahl mir, Sie zu bitten, wenn Sie mit seiner Frau gesprochen haben. Ich solle Sie zu ihm führen. Das war alles, was er zu mir sagte.“


 

Nun, dann gehen wir gleich los und lassen Mr. Breedy nicht lange warten“, sagte ich.


 

Der Butler führte mich durch mehrere Gänge und verschieden große Räume, die alle prächtig ausgestattet waren. Überall hangen teure Gemälde an den Wänden, doch hatte ich keine Zeit, sie zu bestaunen. Dann stand wir auf einmal vor Lee Breedys Büro.


 

Der Butler klopfte an die massive Tür aus poliertem Mahahoni.


 

Mr. Random, Sir“, verkündete er, als die Tür auf ging und er beiseite trat.


 

Ich marschierte auf Mr. Breedys Schreibtisch zu, der dahinter saß. Sein Gesicht war so nichtssagend wie eine Steinmauer und genauso leblos.


 

Er bat mich darum, doch Platz zu nehmen, während er seine Brille putzte.


 

Ich setzte mich in einen Sessel und wartete.


 

Sie haben meine Frau besucht, nicht wahr? Warum?“


 

Er studierte mich ein paar Sekunden lang und fokussierte mich. Ich hielt seinem Blick stand.


 

Ich möchte Sie nicht beleidigen, Mr. Breedy, aber ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht“, antwortete ich.


 

Nun gut, Mr. Random. Ich habe Nachforschungen nach Ihrer Agentur stellen lassen. Ich habe erfahren, dass Ihr Unternehmen solvent ist, dass es einen angemessenen Gewinn abwirft und Ihr Betriebsvermögen mit dreitausend Planetendollar zu Buch steht.“


 

Das ist nur der Wert auf dem Papier, Mr. Breedy. Persönlichkeit und Goodwill sind für ein Unternehmen meiner Art das Rückrat. Meine Agentur ist viel wertvoller als Sie denken. Wenn Sie kaufen wollen, dann müssen Sie schon mehr hinblättern“, antwortete ich, obwohl ich gar nicht verkaufen wollte.


 

Wie auch immer, Mr. Random. Ich bin daran interessiert, ein gutgehendes Unternehmen zu kaufen. Wollen Sie zehntausend Planetendollar oder mehr? Ich zahle Ihnen jeden Betrag, den Sie mir nennen. Es gibt natürlich Grenzen, aber sagen Sie mir, wieviel Sie haben wollen.“


 

Und was wird aus mir, wenn ich meine Agentur verkauft habe?“ fragte ich.


 

Daran habe ich natürlich auch gedacht. Sie führen den Betrieb auf jeden Fall weiter, selbstverständlich meinen Anweisungen gemäß.“


 

Sie machen es sich ziemlich einfach. Ich bin nicht so leicht anzuweisen, Mr. Breedy. Nicht, wenn nur zehntausend geboten werden.“


 

Ich könnte mich bereit finden den Kaufpreis zu verdoppeln“, antwortete er, wobei er mit einem spitzen Brieföffner Löcher in einen schneeweißen Löschkarton bohrte, der sich bei ihm auf dem Schreibtisch befand. Ich hatte so etwas noch nie gesehen.


 

Ich nehme an, dass ich nicht ermutigt würde, dem Tod meines Partners weiter nachzuforschen.“


 

Das ist Sache der Polizei, Mr. Random. Sie werden nicht dafür bezahlt, den Tod Ihres Partners zu untersuchen. Ich denke, es wäre berechtigt, von Ihnen zu erwarten, dass Sie Ihre Gaben auf Dinge konzentrieren, die einen Gewinn abwerfen, wenn ich Ihr Unternehmen kaufe.“


 

Ja, natürlich. Ich verstehe“, sagte ich und strich mir durch die Haare. „Tut mir leid. Ich danke für ihr Angebot, Mr. Breedy. Ich weiß es wirklich zu schätzen, aber ich werde diesen Fall klären, ob er einen Gewinn abwirft oder nicht.“


 

Jedermann hat seinen Preis. Wir wollen keine Zeit vergeuden. Ich habe heute noch viel zu tun. Wenn Ihnen der angebotene Betrag zu niedrig ist, dann sagen Sie mir einen neuen. Ich zahle Ihnen jeden Preis, Mr. Random“, erwiderte Mr. Breedy.


 

Für mein Unternehmen, oder dafür, dass ich meine Ermittlungen nicht fortsetze?“


 

Für Ihr Unternehmen“, antwortete Mr. Breedy.


 

Das kommt doch auf dasselbe heraus“, sagte ich.


 

Also gut. Wieviel wollen Sie. Sagen Sie schon!“


 

Ich muss Sie enttäuschen. Ich verkaufe nicht, stand auf und sagte: „Ich führe meine Ermittlungen weiter, und niemand wird mich daran hindern. Auch Sie nicht, Mr. Breedy.“


 

Seien Sie nicht voreilig“, gab er zur Antwort. „Ich habe auch Ermittlungen über Ihren Partner anstellen lassen. Man hat mir mitgeteilt, er sei ein völlig wertloser Mensch gewesen. Er hat Ihrer Agentur mehr geschadet als geholfen. Sie trugen die Hauptlast des Unternehmens. Außerdem habe ich erfahren, Shannon sei ein Weiberheld gewesen, wenn ich diesen Ausdruck benutzen darf. Er war auch kein guter Ermittler, wurde mir berichtet.“


 

Ich starrte Breedy an. Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben. Ich war irgendwie schockiert. Meine Wut steigerte sich, die ich aber gekonnt unterdrückte. Dann sagte ich mit allem Nachdruck: „Ich verkaufe nicht, Mr. Breedy. Jetzt erst recht nicht.“


 

Ich gebe Ihnen Hunderdtausend“, sagte er plötzlich mit erregtem Gesicht.


 

Sparen Sie sich die Mühe. Sie können mir eine Million bieten, ich kaufe trotzdem nicht. Jedes Angebot halte ich für zu billig, Mr. Breedy. Aber selbst wenn Sie verdoppeln würden, wäre das zu wenig. Ich führe diese Ermittlungen zu Ende, und weder Sie noch Ihr Geld können mich daran hindern, die Wahrheit ausfindig zu machen. Im Übrigen war Shannon mein Partner. Es ist für mich völlig gleichgültig, ob er ein guter oder schlechter Ermittler war. Niemand kann den Partner eines Detektivs umbringen und erwarten, dass er unbehelligt bleibt. Wir empfinden das gleiche, wie ein Polizist, wenn einer seiner Kollegen umgebracht wird. Versuchen Sie, das endlich einmal in Ihren geldverseuchten Verstand hineinzubekommen. Nun, wenn Ihnen soviel daran liegt, warum hetzen Sie Ihren Lakaien T-Bird nicht auf mich, um mich fertigzumachen?“


 

Bei diesen Wort begannen meine Handflächen an zu schwitzen. Ich stand auf, drehte mich um und machte mich auf den langen Weg zu Tür. Sie Stille, dich ich hinter mir ließ, war fast schmerzlich.


 

Fortzsetzung folgt irgendwann.

Ende Teil 24


 


 

***


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 25)


 


 


 

Als ich zu dem Bungalow zurückfuhr, hatte ich allerhand nachzudenken. Als ich ankam, stellte ich den Wagen in die Garage, arretierte ihn und ging ins Haus. Im Schlafzimmer riß ich mir die Kleider vom Leib, zog meine Badehose an, schnappte mir ein Handtuch und ging zum Meer hinunter.


 

Ich schwamm fast eine halbe Stunde im kühlen Wasser, dann kehrte ich in den Bungalow zurück, ließ mich im Schatten der Veranda auf einen Liegestuhl nieder und überdachte die verschiedenen Punkte, die ich bei meinen Ermittlungen bisher entdeckt hatte.


 

Ich dachte darüber nach, ob Ron Sommer oder Elisabeth Breedy gelogen hatte. Sommers Version klang mir glaubwürdig, und Mrs. Breedy hatte allen Grund zu lügen. Trotzdem war ich mir bei ihr nicht sicher.


 

Worüber ich mir klar werden musste, war: Wurde mir Virginia Shriver nur vor die Nase gehalten, um meine Aufmerksamkeit von etwas anderem abzulenken? Ich war überzeugt davon, dass die Schachtel Mrs. Breedy überhaupt nichts sagten, Ron Sommer dagegen sehr.


 

Vielleicht sollte ich noch einmal Ron Sommers Haus in den Bergen besuchen, wenn er nicht anwesend ist. Ich konnte möglicherweise etwas finden, was mir den Schlüssel zu dem Geheimnis lieferte. Ich war der Ansicht, es sei eine gute Idee sein Anwesen heimlich zu durchsuchen.


 

Ich wollte mir gerade eine Zigarette anzünden, als das Telefon klingelte. Ich stand auf, ging ins Haus, nahm den Hörer ab und meldete mich.

Hallo.“


 

Bist du es, Lester?“


 

Es war die Stimme von Violetta.


 

Wie schön. Ich hatte nicht erwartet, so bald von dir zu hören“, sagte ich. „Wo bist du?“


 

Ich bin in meinem Appartment. Ich habe über die Schachteln nachgedacht, die alle aus dem Robot Master Club stammen.“


 

Ich ließ mich auf die Armlehne eines Sessels nieder, stellte den Telefonapparat auf meine Knie und lauschte den Worten von Violetta.


 

Ich bin fest davon überzeugt, dass sie Ron Sommer gehören.“


 

Wie kommst du darauf?“ fragte ich sie.


 

Er saß mir am Tisch gegenüber, als er eine kleine Schachtel aus der Tasche zog und sie vor sich hinlegte. Er kramte wohl noch nach etwas anderem, als er auf einmal unvermittelt von einer Dame zum Tanzen aufgefordert wurde. Er stand auf und ging weg. Dann kam ein Kellner und räumte das Geschirr ab und nahm wohl die Schachtel ausversehen mit. Er kam anschließend zu mir rüber und sammelte auch hier Gläser und Teller ein. Dabei rutschte ihm diese kleine Schachtel vom Tablett, bevor er sich umdrehte und ging. Meine Tasche stand offen auf einem Stuhl neben mir, wo er sich gerade aufhielt. Sie muss da reingefallen sein, ohne dass er oder ich davon etwas mitbekamen.“


 

Irgendwie passt alles zusammen“, sagte ich. „Als ich heute bei ihm war, ließ ich ihm diese Schachtel sehen. Er reagierte auffällig nervös darauf.“


 

Hast du mit ihm gesprochen?“


 

Ja. Deine Stiefmutter war auch bei ihm. Ich kam gerade noch rechtzeitig, als sie ihn erschießen wollte. Es war alles sehr dramatisch.“


 

Ihn erschießen wollte? Aber Lester, wie kann das sein?“ Violettas Stimme wurde immer schriller. Sie war außer sich.


 

Vielleicht wollte deine Stiefmutter ihn nur einschüchtern, aber Ron Sommer sagte, er habe genug von ihr, wobei sie danach ihre Selbstbeherrschung verlor. Glücklicherweise konnte ich ihr die Waffe aus der Hand reißen.“


 

Sie muss von Sinnen gewesen sein. Was willst du in der Angelegenheit tun, Lester? Du hast doch nicht die Polizei benachrichtigt – oder?“


 

Nein, natürlich nicht. Außerdem würde dieser Sommer bestimmt nicht vor der Polizei zugeben, dass sie ihn erschießen wollte. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Polizei Anzeige gegen sie erstatten würde. Nicht gegen eine Breedy. Wusstest du, dass sie eine Waffe besaß?“


 

Nein, das wusste ich nicht.“


 

Ich glaube, sie hat meinen Partner Shannon engagiert. Mr. Sommer sagte das jedenfalls. Ich war später bei deiner Stiefmutter und übergab ihr die Waffe, aber sie behauptete, das Sommer ein Lügner sei. Er gab mir gegenüber zu, dass er es auf Virginia Shriver abgesehen hätte. Es ist das Mädchen, das ermordet wurde. Mrs. Breedy kam dahinter und beauftragte meinen Partner, ihn zu beobachten. Die Darstellung Mr. Sommers streitet sie aber ab.“


 

Das ist unglaublich. Wenn das die Polizei erfährt, gibt es einen Riesenskandal, erst recht, wenn die Geschichte an die Presse gelangt.“


 

Das könnte sein. Darauf musst du dich gefaßt machen, Violetta, es geht immerhin um einen Mord. - Glaubst du, dass Elisabeth Breedy mit dem Tod meines Partners Shannon etwas zu tun hat?“


 

Ich weiß im Augenblick nicht, was ich denken soll. Was willst du denn jetzt unternehmen. Lester?“


 

Ich konnte die Beunruhigung aus Violettas Stimme heraushören. Ich beruhigte sie und sagte, dass ich es noch einmal bei Mr. Sommer versuchen würde, um heimlich in sein Anwesen zu gehen. Ich fragte sie auch, ob er Personal im Hause hat.


 

Ja, das hat er. Einen Filipino, aber er schläft nicht dort. Er kommt Vormittags und geht so gegen acht Uhr abends wieder. Manchmal bleibt er auch länger. Er kümmert sich um alles, auch um die Gärtnerarbeiten.“


 

Ich werde noch heute abend zu Sommers Besitz fahren und mich im Haus umsehen.“


 

Und was erwartest du dort zu finden, Lester?“


 

Das weiß ich nicht, aber es ist überraschend, was man alles ausgräbt, wenn man sich die Mühe macht, zu suchen. Wann sehe ich die wieder, Violetta?“


 

Willst du mich denn wiedersehen?“


 

Was für eine Frage. Komm zu mir in den Bungalow und warte da auf mich. Ich könnte dir dann erzählen, was ich im Haus von Ron Sommer gefunden habe.“


 

Sie zögerte etwas.


 

Ich werde kommen, Lester. Lass mich bitte nicht zu lange warten. Sei aber vorsichtig. Dieser Sommer ist gefährlich und rücksichtslos, Lester.“


 

Dann erwarte ich dich, Violetta. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde schon gut auf mich aufpassen, Liebste“, sagte ich zu ihr. Dann legten wir die Hörer auf.


 

Ich blieb noch eine Weile sitzen und überlegte. Dann rief ich Inspektor Blanking an, der sich nach kurzer Pause meldete.


 

Was wollen Sie von mir, Random?“ knurrte er am Telefon.“


 

Haben Sie schon herausgefunden, woher der Eispicker stammt.“


 

Wofür halten Sie mich denn? Für einen Zauberer? Diesen Eispicker kann man überall in Terrania Bay City kaufen. Hunderte gibt es von denen.“


 

Das klingt aber nicht so, als würden Sie Fortschritte machen, Herr Inspektor.“


 

Habe ich auch nicht. Der Fall ist eben nicht schnell zu klären. Haben Sie denn schon etwas herausgefunden, Mr. Random?“


 

Nur Dinge, die Ihnen Ärger einbrinden würden“, sagte ich. „Mir scheint es beinahe so, als ob nicht Lee Breedy meinen Partner Shannon engagiert hätte, sondern seine Frau Elisabeth Breedy.“


 

Wie kommen Sie darauf?“


 

Aus dem Gerede, das ich aufgegriffen habe. Wissen Sie, ob Mrs. Breedy einen Waffenschein besitzt?“


 

Ich kann mal in unsere Datenbank schauen. Es dauert nicht lange. Haben Sie etwas Geduld, Mr. Random.“


 

Nach einer längeren Pause meldete sich Blanking zurück.


 

Sie hat eine Lizenz für eine achtundreißiger Pistole mit der Nummer 4557993. Die Lizenz wurde vor drei Jahren erteilt“, sagte er.


 

Ich griff nach meinem Notizblock und kritzelte die Zahl hin.


 

Vielen Dank, Inspektor! Noch etwas anderes. Haben Sie irgend etwas über Virginia Shrivers Lebenswandel feststellen können?“


 

Sie hatte keinen Lebenswandel. Sie ließ sich nicht mit Männern ein. Es ist mir ein Rätsel, wie Shannon an sie herankam.“


 

Könnte ich die Adresse von ihr haben?“


 

Sie lebt in der Maryland Road 379. Die Wirtin ist eine Mrs. Beckham. Von ihr werden Sie nichts erfahren. Sergenant Harry hat sich stundenlang mit ihr abgegeben. Sie konnte ihm einfach nichts berichten.“


 

Danke“, sagte ich. „Wenn sich etwa Neues ergibt, rufe ich Sie an, Herr Inspektor.“ Ich legte den Hörer auf und ging ins Schlafzimmer, wo ich mit frisch anzog. Dann schob ich meine Achtundreißiger in den Schulterhalfter, verließ den Bungalow, schloß die Tür sorgfältig hinter mir ab und holte meinen Schwebegleiter aus der Garage. Dann tippte ich die Adresse von Mrs. Beckham ins Navi ein und für los.


 

Etwas später.


 

Mrs. Beckham war eine dicke, ältere Person mit einem freundlichen Gesicht. Ich stellte mich bei ihr als Reporter vor, der beim Kurier arbeite, und fragte sie, ob sie mir etwas über Virginia Shriver sagen könnne, dem ermordeten Mädchen.


 

Sie bat mich ins Haus und wir setzen uns in einen Raum voller Plüschmöbel. Ich erzählte ihr, ich wollte einen Artikel über Virginia Shriver rausbringen, und möchte gerne wissen, ob sie vielleicht einen Freund gehabt habe.


 

Mrs. Beckhams Gesicht verdunkelte sich.


 

Das hat mich der Polizeibeamte auch schon gefragt. Nein, sie hatte keinen. Ich habe ihr oft geraten, sie solle sich einen netten jungen Mann suchen, aber sie ging so völlig in der Kirche auf, dass...“


 

Glauben Sie nicht, dass sie im geheimen einen Freund hatte?“ unterbrach ich Mrs. Beckham, die nachdrücklich den Kopf schüttelte.


 

Ich kennte Virginia schon mehr als fünf Jahre. Wenn Sie einen Freund gehabt hätte, wüsste ich davon, weil sie mir alles erzählt hätte. Außerdem ging sie nur selten fort. Zweimal in der Woche ging sie noch aus, wenn sie von der Arbeit zurückkam. An diesen Tagen besuchte sie die Kirche, um dort den Pfarrer zu unterstützen.“


 

Vielleicht hat sie Ihnen nur gesagt, sie gehe in die Kirche, und traf sich in Wirklichkeit mit einem Freund. Das ist doch möglich, oder nicht?“


 

Nein“, erklärte mir Mrs. Beckham und sah mich empört an.


 

So war Virginia nicht. Das hätte sie niemals getan.“


 

Und sie hatte auch keine Besucher?“ fragte ich.


 

Hin und wieder kamen Freundinnen. Zwei Mädchen von der Schule für Keramik und ein anderes, mit dem sie zusammen in der Kirche arbeitete.“


 

Keine Männer?“


 

Niemals.“


 

Ist wirklich kein Mann zu ihr gekommen, der sie besuchen wollte?“


 

Nein, Mr. Random. Das hätte ich nicht geduldet. Ich halte es nicht für klug, wenn Mädchen in ihren Zimmern Herrenbesuch empfangen. Virginia hätte das niemals getan.“


 

Ich zog aus meiner Brieftasche ein Foto von Shannon heraus und hielt es ihr hin.


 

Hat dieser Mann hier ja nach Miss Shriver gefragt?“


 

Ich habe diesen Mann noch nie gesehen, Mr. Random.“


 

Kam jemals eine andere Frau zu ihr, eine die sehr reich wirkte?“


 

Die Frage schien Mrs. Beckham zu überraschen.


 

Aber nein. Es kamen, wie ich schon sagte, nur ihre drei Freundinnen und manchmal der Pfarrer zu ihr.“


 

Geschah irgend etwas Ungewöhnliches an dem Tag, als sie starb? Kam jemand hierher oder bekam sie einen Brief oder wurde sie telefonisch angerufen.“


 

Das hat mich der Polizeibeamte auch schon gefragt. Es ist aber nichts Ungewöhnliches passiert an dem Tag.“


 

Inspektor Blanking hatte recht. Es war, als ob man in Beton graben wollte. Ich musste eingestehen, dass ich bei Mrs. Beckham nichts erreicht hatte. Ich bedankte mich bei ihr und entschuldigte mich für die Störung und ging.


 

Allerdings war ich mir jetzt ziemlich sicher, dass Ron Sommer log.


 

Fortsetzung folgt irgendwann

Ende Teil 25


 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 26)


 


 

Die Dämmerung war schon hereingebrochen, als ich die Bergstraße erreichte. Die sinkende Sonne überzog den Himmel und das Meer mit einem wunderschönen Orangenrot. Weit unter mir lag Terrania Bay City. Es war ein prächtiger Anblick.


 

Trotzdem war meine Stimmung nicht sonderlich gut, um die Aussicht zu bewundern. Ich hatte viel im Kopf und konnte nicht verhindern, immer wieder daran zu denken, dass ich noch an diesem Abend mit Violetta zusammen kommen würde, ganz allein in der Einsamkeit des Bungalows. Der Gedanke daran erregte mich.


 

Ich ließ meinen Sportgleiter weiter unten in einem Seitenweg stehen, der mit hohen Büschen zugewachsen war. Etwas später ging ich den Weg zu dem Haus hinauf, das völlig im Dunkeln lag. Ich überquerte den Rasen und schlich leise ums Anwesen herum. Nirgends war ein Licht zu sehen, aber ehe ich versuchte, ins Gebäude einzudringen, ging ich noch zur Garage und versuchte eine der Türen zu öffnen. Sie gab unter meinem Druck nach, und fand darin zu meiner Überraschung einen bulligen Schwebegleiter. Ich fasste die Düsen an und stellte fest, dass sie kalt waren. Ich verließ die Garage wieder und senkte leise die Tür ab. Dann ging ich hinüber zur Terrasse, auf der ich schon einmal gestanden hatte. Alle Fenster und Türen waren verschlossen. Ich nahm ein flaches Stemmeisen aus meiner Hängetasche, schob es zwischen die Tür und drückte. Mit einem plötzlichen Klicken gab sie nach und schwang auf.


 

Vorsichtig schob ich die Tür noch weiter auf und lauschte in die Stille, konnte aber nichts hören. Der Raum vor mir lag im Dunkeln und ich knipste die Taschenlampe an. Ich ließ den Lichtstrahl herum wandern.


 

Mir war etwas unbehaglich, weil sich in der Garage ein Wagen befand. Es konnte ja sein, dass Ron Sommer sich irgendwo im Haus aufhielt. Warum aber war dann alles dunkel?


 

Ich ließ den Lichtstrahl der Taschenlampe durch den Raum wandern und hielt am Schreibtisch inne. Es sah aus, als sei mir jemand zuvor gekommen. Alle Schubladen waren aufgezogen, und ein Haufen Papiere, Briefe und Rechnunge lagen um den Schreibtisch herum verstreut. Auf der anderen Seite stand eine Kommode, auch ihre Schubladen waren aufgezogen, und ringsum lagen überall verstreut Papiere.


 

Ich stieß einen leisen Fluch aus.


 

Während ich so da stand, fragte ich mich, wonach mein Vorgänger gesucht haben mochte und ob er wohl etwas gefunden hatte. Ich fragte mich auch, wie Ron Sommer sich verhalten würde, wenn er zurückkam und die Unordnung vorfand. Es wäre interessant zu wissen ob er die Polizei anrief oder gar nichts unternahm.


 

Schließlich entschied ich mich dazu, einen schnellen Blick in den übrigen Teil des Hauses zu werfen. Danach wollte ich verschwinden.


 

Ich ging leise die Treppe rauf und erreichte einen Gang. Als ich den Lichtkegel der Taschenlampe umherwandern ließ, sah ich in der hinteren Ecke die Gestalt eines zusammengesunkenen Mannes. Ich bekam einen Schreck, dass ich fast hinterrücks die Treppe hinuntergefallen wäre.


 

Dann riß ich mich zusammen. Der Mann bewegte sich nicht und ich ging vorsichtig auf ihn zu. Ich leuchtete ihm ins Gesicht. Es war der Filipino, dessen Gesicht verzerrt aussah. Man hatte ihn offenbar ermordet.


 

Ich stand wie angewurzelt da, versuchte mühsam lautlos zwischen den Zähnen zu atmen, während mein Herz gegen meine Rippen hämmerte. Ich griff nach meiner Pistole, denn ich dachte, dass sich der Mörder wohl noch im Haus oder auf dem Grundstück aufhalten könnte.


 

Leise schlich ich ins nächste Zimmer. Komischerweise stand die Tür weit offen. Ich leuchtete hinein. Alles blieb ruhig und nichts regte sich.


 

Dann erblickte ich einen Körper, der regungslos auf dem Bett lag. Ich richtete meine Waffen auf ihn und sagte mit halblauter Stimme aber bestimmt: „Keine Bewegung oder ich schieße!“


 

Doch es blieb in einer Weise still, die mich erschaudern ließ.


 

Niemand kann so vollkommen still sein, wenn er nicht tot ist. Dann sah ich diesen großen Blutfleck auf der Decke und eine hässliche Blutlache auf dem Teppich.


 

Ich trat vorsichtig ans Bett und im Strahl meiner Taschenlampe konnte ich die entsetzte, starre Maske eines Gesichts erkennen.


 

Es war Ron Sommer, der offenbar erschossen worden ist.


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 26


 


 

***


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 27)


 


 


 

Im Schein der Taschenlampe suchte ich den Lichtschalter und knipste die Beleuchtung an. Dann wandte ich mich wieder dem Bett zu. In dem gedämpften Licht der Deckenlampe wirkte Ron Sommer noch toter als im Strahl der Taschenlampe.


 

Ich sah mich im Zimmer um. Alles befand sich in Unordnung. Die Schranktüren standen offen, Kleidungsstücke lagen verteilt herum. Alle Kommodenschubladen waren aufgezogen. Hemden, Socken, Krawatten, Schals und die verschiedensten Kopfbedeckungen lagen verstreut auf dem Boden herum.


 

Ich streckte die Hand aus und berührte Ron Sommers Arm. Er war hart und kalt. Vermutlich lag er hier schon länger.


 

Als ich mich über ihn beugte, stieß mein Fuß gegen etwas, was vorn unter dem Bett lag. Es war ein harter Gegenstand. Ich bückte mich und sah eine achtunddreißiger Pistole vor mir liegen. Es war die Waffe, die ich Elisabeth Breedy zurückgegeben hatte. Um mich restlos zu versichern, suchte ich nach der Nummer, die ich unter dem Lauf fand: 4557993.


 

Ich zog das Magazin heraus. Vier Schüsse waren abgefeuert worden. Mindestens drei von ihnen waren tödlich gewesen.


 

Einen Augenblick dachte ich nach. Irgendwie kam mir die ganze Sache etwas zu gut vor, um wahr zu sein. Warum lag die Waffe hier vor dem Bett, wo die Polizei sie finden musste? Ich überlegte weiter. Elisabeth Breedy musste wissen, dass bei der Polizei die Nummer der Waffe eingetragen war. Das war zu auffällig. Niemand würde so ein Risiko eingehen, der einen Mord begeht.


 

Dann folgte ich einer plötzlichen Eingebung, steckte die Waffe in meine Hängetasche, ging die Treppe hinunter, durchquerte den Wohnraum zu Bar, wo das Telefon stand und wählte Breedys Nummer.


 

Ich warte einen Augenblick, dann meldete sich Breedys Butler am Apparat.


 

Hier ist Mr. Breedys Butler. In welcher Angelegenheit rufen sie an?“ fragte er.


 

Mr. Random am Telefon. Verbinden Sie mich bitte mir Mrs. Breedy!“


 

Es knackte ein paarmal, und ich wurde mit der Sekretärin verbunden.


 

Wer ist dort bitte?“


 

Hier ist Lester Random. Ist Mrs. Breedy zu Hause?“


 

Ja, ich glaube ab nicht, dass sie für Sie zu sprechen ist, Mr. Random.“


 

Sie wird aber mit mir sprechen müssen“, verlangte ich, „das ist keine Scherz. Verbinden Sie mich mit ihr.“


 

Es tut mir leid, Mr. Random. Aber Mrs. Breedy will mit Ihnen nichts mehr zu tun haben. Das hat sie Ihnen doch selbst gesagt – oder?“


 

Sagen Sie ihr, ein alter Freund von ihr sei gerade gestorben. Jemand hat ihn in den Rücken geschossen. Die Polizei wird sicherlich schon auf dem Weg zu ihr sein, um sich darüber mit ihr zu unterhalten.“


 

Ich hörte, wie die Sekretärin erschreckt nach Luft schnappte.


 

Wie war das bitte?“


 

Holen Sie einfach Mrs. Breedy ans Telefon. Sie kann es sich nicht leisten, nicht mit mir zu sprechen.“


 

Es folgte ein lange Pause, dann knackte die Leitung wieder und jemand ging ans Telefon.


 

Wenn Sie mich noch weiter belästigen, werde ich meinen Mann davon Mitteilung machen. So geht das nicht weiter, Mr. Random.“


 

Ausgezeichnet“, sagte ich, „das wird ihm gefallen. Aber wenn das wirklich Ihre Absicht ist, tun Sie es jetzt gleich, denn es steht Ihnen allerlei Ärger bevor, für den ich nicht verantwortlich bin. Ihr Ex-Freund Ron Sommer liegt nämlich tot auf seinem Bett im eigenen Blut. Er wurde mit mit vier Schüssen aus Ihrer Achtunddreißiger erschossen, und die Pistole liegt neben seinem Bett.“


 

Ich hörte, wie Mrs. Breedy schwer und tief durchatmete.


 

Sie lügen.“


 

Schön, wenn Sie meinen, dass ich lüge, dann warten Sie getrost, bis Ihnen die Polizei auf den Pelz rückt. Mir kann es völlig egal sein. Ich riskiere meinen Hals, dass ich Sie anrufe. Eigentlich sollte ich die Polizei rufen.“


 

Es folgte ein langes Schweigen. Nach einer Weile meldete sich Mrs. Breedy wieder und fragte: „Ist er wirklich tot?“


 

Ja, er ist mausetot und sein Filipino auch. Er lag oben am Ende des Ganges“, antwortete ich. Dann fragte ich: „Waren Sie heute im Haus von Breedy bzw. bei ihm?“


 

Ich war die ganze Zeit hier auf meinem Zimmer.“


 

Hat Sie jemand gesehen?“


 

Nein. Ich war allein.“


 

War Ihre Sekretärin denn nicht da?“


 

Sie war in der Stadt.“


 

Was haben Sie mit der Waffe gemacht, die ich Ihnen zurückbrachte?“


 

Ich legte sie in eine Schublade in meinem Schlafzimmer.“


 

Wer kann an sie herangekommen sein?“


 

Ich weiß nicht. Eigentlich jeder, der wollte. Ich legte sie einfach dort hinein.“


 

Ist jemand zu Ihnen gekommen, der Sie besucht hat?“


 

Nein.“


 

Ich starrte an die Wand und runzelte die Stirn.


 

Ich weiß nicht, warum ich das für Sie tue, Mrs. Breedy, aber ich nehme die Waffe mit. Vielleicht kann die Polizei die Waffe durch die Kugeln identifizieren. Falls ja, werden Sie große Schwierigkeiten haben, aber vielleicht haben Sie auch Glück. Ich vermute mal, dass jemand den Mord an Ron Sommer Ihnen anhängen will, aber ich könnte mich auch irren. Warten Sie ab und beten Sie. Sie haben eine Chance, aus der Geschichte herauszukommen, aber groß ist sie nicht.“


 

Ehe sie antworten konnte, legte ich den Hörer auf. Dann schaltete ich überall das Licht im Haus aus, lief schnell durch den Garten über den Weg hinunter zu meinem Sportgleiter, stieg ein und schaltete auf Leisefahrt. Vorsichtig bugsierte ich ihn aus dem Büschen heraus. Dann fuhr ich die Bergstraße runter und kein anderer Wagen kam mir entgegen.


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 27


 


 


 

***


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 28)


 


 


 

Etwas später kam ich am Bugalow an. Als ich aus meinen Sportgleiter ausstieg, stand der moderne Düsengleiter von Violetta mit ausgeschalteten Lichtern unter einer Palme. Ich starrte den bulligen Gleiter einen Augenblick an, ging dann die Stufen zur Eingangstür hinauf, zog den Schlüssel aus der Tasche, fasste dann aber zuerst auf eine Eingebung hin an die Klinke und drückte sie leise nieder. Die Tür war nicht abgeschlossen. Ohne das Licht einzuschalten, blieb ich stehen. Für eine Weile war alles still. Dann sagte Violetta aus der Dunkelheit heraus: „Bist du es, Lester!“


 

Was machst du hier im Dunkeln?“ fragte ich und trat ins Haus.


 

Es war gerade so hell genug, dass ich ihre Umrisse erkennen konnte. Sie lag auf der Wandbank unter dem Fenster, ihr Kopf hob sich vom monderhellten Himmel ab.


 

Ich kam etwas früher“, sagte sie. „Ich liege gern im Mondlicht. Schalt das Licht nicht ein, Lester.“


 

Ohne das Licht einzuschalten legte ich die meine und die Pistole von Mrs. Breedy vorsichtig in die Schublade vor mir. Dann ging ich zu ihr rüber zu Violetta. Soviel ich erkennen konnte, trug sie nur einen Morgenmantel aus heller Seide. Wo er auseinanderklaffte, erblickte ich ihre gutgeformten Beine. Sie streckte ihre Hand nach mir aus.


 

Komm, setz dich zu mir“, sagte sie lächelnd. „Es ist schön, hier auf das Meer und die Wellen im Mondlicht zu sehen.“


 

Ich nahm ihre Hand und nahm neben ihr platz. Ron Sommers totes Gesicht verfolgte mich noch. Es verdarb mir die Stimmung für Zärtlichkeiten. Das spürte Violetta sofort.


 

Was hast du, Liebling? Ist etwas geschehen?“


 

Violetta...“ Nach einer Pause fuhr ich fort. „Du warst auch mal in Ron Sommer verliebt, nicht wahr?“


 

Ich bemerkt, wie sie erstarrte. Ihre Hand sank an ihrer Seite nieder.


 

Ja“, antwortete sie nach langem Zögern. „Früher einmal. Es war eines dieser unerklärlichen Dinge. Ich glaube, seine Vitalität und seine ungeheure Sicherheit hatten mich verblendet. Gott sei Dank dauerte es nicht lange. Ich werde mir nie vergeben, dass ich so töricht war.“


 

Wir tun alle einmal etwas, was wir nachher bedauern“, sagte ich zu ihr. Ich fingerte nach den Zigaretten in meiner Tasche, nahm eine raus und zündete sie an. Im Schein der kleinen Flamme sah ich, dass Violetta den Kopf angehoben hatte und mich mit großen Augen anschaute.


 

Was ist geschehen, Lester? Du bist doch bei Ron Sommer gewesen. Ist ihm etwas zugestoßen?“


 

Ja. Da oben muss was schreckliches passiert sein. Ich fand ihn tot im Bett. Er wurde erschossen. Sein Mitarbeiter, dieser Filipino, lag ebenfalls tot im Flur.“


 

Oh mein Gott. Das ist ja entsetzlich“, stöhnte Violetta unterdrückt. „Ich weiß, Lester, dieser Ron Sommer hat mich schamlos behandelt, aber so etwas hätte ich ihm nie gewünscht.“


 

Sie lag regungslos da, atmete schnell, während ich aus dem Fenste sah. Das einzige Licht im Raum kam von meiner Zigarette und vom hellen Mond.


 

Plötzlich richtete sich Violetta auf und sagte: „Es war Elisabeth, natürlich war es sie. Sie versuchte schon einmal, ihn umzubringen. Wenn du es nicht verhindert hättest, hätte sie ihn getötet. Das hast du selbst gesagt. Hast du ihr die Waffe zurückgegeben?“


 

Sie schwang ihre Beine von der Wandbank herunter.


 

Bestimmt ist sie wieder bei ihm gewesen und hat ihn ermordet. Diesmal kommt sie nicht davon.“


 

Was willst du den tun?“ fragte ich sie.


 

Ich werde es natürlich meinem Vater sagen. Er wird die Wahrheit aus ihr herausbekommen.“


 

Angenommen, es gelingt ihm..., was dann, Violetta?“


 

Sie wendete mir ihr Gesicht zu. Obwohl ich es nicht klar erkennen konnte in der Dunkelheit, wusste ich dennoch, dass sie mich mit weit geöffneten Augen ansah.


 

Ich bin mir sicher, er wird sie hochkantig rausschmeißen. Dann wird er sich von ihr scheiden lassen.“


 

Ich dachte, du wolltest die Polizei heraushalten“, hielt ich ihr ruhig vor.“


 

Selbstverständlich darf die Polizei nichts erfahren. Daddy wird die Polizei nicht rufen. Er wird sie hinauswerfen und sich scheiden lassen.“


 

Ich sah wieder zum Fenster hinaus. Auf der Strandstraße kamen auf einmal Scheinwerfer mehrerer Polizeigleiter mit eingeschaltetem Blaulicht schnell näher.


 

Vielleicht kannst du die Polizei nicht mehr heraushalten, Violetta“, sagte ich zu ihr und drückte meine Zigarette aus.


 

Da kommt sie schon.“


 

Fortsetzung folgt irgendwann!

Ende Teil 28


 


 

***


 


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 29)


 

Im grellen Mondlicht sah ich Inspektor Blanking, gefolgt von Sergeant Harry, die aus einem der vorderen Polizeiwagen stiegen. Der uniformierte Fahrer blieb hinter dem Steuer sitzen. Der andere Polizeigleiter parkte direkt dahinter. Zwei junge Polizeibeamte stiegen aus und postierten sich neben ihrem Wagen.


 

Inspektor Blanking und Sergeant Harry kamen näher.


 

Ich ging ihnen über die Veranda entgegen und stellte mich ihnen in den Weg, so dass beide zwei Stufen unter mir auf der Treppe stehen bleiben mussten.


 

Ich habe mit ihnen zu sprechen, Mr. Random. Wir kommen hinein“, sagte Inspektor Blanking zu mir.


 

Sehen Sie sich um“, antwortete ich leise, damit Violetta es nicht hören konnte, dann werden Sie sich das überlegen.“


 

Inspektor Blanking und Sergeant Harry drehten fast gleichzeit ihre Köpfe. Dann erblickten Sie den abgestellten Düsengleiter und kurz danach auch meinen Sportgleiter.


 

Hat das was zu bedeuten“, fragte Blanking.


 

Dreimal dürfen Sie raten, wem der Düsengleiter gehört. Sie haben Ihre Beförderung noch nicht in der Tasche, Herr Inspektor. Wenn Sie hier eindringen, gehe ich jede Wette ein, dass nichts daraus wird.“


 

Dann sprechen wir in meinem Wagen. Kommen Sie, Mr. Random! Wir fahren zu Ron Sommers Anwesen in den Bergen und können uns während der Fahrt dahin unterhalten.“


 

Fahren Sie nur, Inspektor, ich habe zu tun“, sagte ich. „Ron Sommer interessiert mich nicht so besonders. Ich habe Besuch von Miss Breedy, um die ich mich kümmern muss.“


 

Kommen Sie freiwillig mit oder muss ich Sie dazu zwingen,“ sagte der Inspektor plötzlich mit scharfem Ton in der Stimme. Dann trat er näher und griff nach seiner Dienstwaffe.


 

Also schön, wenn Sie unbedingt wollen, Herr Inspektor. Was haben Sie denn für Sorgen?“


 

Sparen Sie sich den Unsinn“, entgegnete mir Blanking wütend. „Sie sind doch gerade erst von Ron Sommers Haus gekommen.“


 

Das dürfte sich aber schwer nachweisen lassen“, antwortete ich und stieg hinten in den Polizeigleiter ein. Blanking folgte mir und Harry setzte sich neben den Fahrer.


 

Der Wagen fuhr ab. Die anderen zwei Polizeibeamte blieben da.


 

Geben Sie mir Ihre Waffe“, sagte Blanking plötzlich.


 

Ich habe sie nicht bei mir.“


 

Wo ist sie?“


 

Im Bungalow.


 

Zurück also“, sagte der Inspektor ungeduldig.


 

Der Fahrer wendete und fuhr zum Bungalow zurück.


 

Als wir wieder dort ankamen, befahl Blanking Sergeant Harry mitzugehen.


 

Wir stiegen aus und Harry blieb mir dicht auf den Fersen. Im Bungalow angekommen schaltete ich das Licht ein. Ich versuchte Harry von der Schublade fernzuhalten, aber er stieß mich beiseite, öffente sie und nahm meine Achtunddreißiger an sich.


 

Ist sie das?“ fragte er.


 

Ja.“


 

Ich sah in die Schublade, die jetzt ganz leer war. Ich spürte eine Gänsehaut über meinen Rücken laufen. Die Waffe von Mrs. Breedy war verschwunden.


 

Harry blinzelte in den Lauf der Waffe. Dann schnüffelte er daran, grunzte und versenkte sie in seine Tasche.


 

Gehen wir, Mr. Random.“


 

Was soll das alles bedeuten?“ fragte ich und hätte gerne gewusst, ob Violetta noch zuhörte.


 

Denken Sie vielleicht, Sie können uns was vormachen? Wir sahen, wie Sie in Ron Sommers Haus eindrangen und wir sahen, wie Sie herauskamen.“


 

Wirklich? Warum haben Sie mich dann nicht festgenommen?“


 

Dazu hatten wir keinen Befehl“, antwortete Harry, „aber jetzt haben wir ihn.“


 

Vom wem?“


 

Vom Captain Fletcher.“


 

Harry wälzte den Kaugummi von der einen Seite auf die andere.


 

Von Mr. Curtis brauchen Sie sich nichts mehr zu versprechen. Bei uns ändert sich die Situation von Stunde zu Stunde. Aber jetzt kommen Sie, wir wollen den Captain nicht warten lassen.“


 

Wir gingen zum Wagen zurück.


 

Als wir einstiegen, fragte Blanking: „Haben Sie die Waffe?“


 

Ja.“ Harry reichte Blanking meine Achtunddreißiger.


 

Wurde kürzlich damit geschossen?“


 

Sie versuchen doch nicht, mir anzuhängen, dass ich die beiden erschossen habe?“


 

Ich versuche niemand etwas anzuhängen, Mr. Random. Und jetzt halten Sie den Mund. Ich habe Befehl, Sie zu holen, und ich hole Sie“, sagte der Inspektor mit müder Stimme.


 

Was heißt das mit Curtis?“ fragte ich Blanking.


 

Das werden Sie noch erfahren“, sagte der Inspektor und ließ sich in die Ecke des Sitzes fallen.


 

Unterwegs dachte ich angestrengt nach. Dann erkannte ich plötzlich, dass ich vielleicht den Schlüssel zu dem ganzen Fall besaß. Ich war mir noch nicht ganz sicher, aber auf einmal ergaben die einzelnen Stücke des Puzzlespiels ein Bild, die plötzlich Bedeutung hatten. Es war eine dieser Eingebungen, die man hat, wenn man noch einmal alle Teile und Bruchstücke in Gedanken vor sich ablaufen lässt und dann unerwartet ein Bindeglied sieht, dessen Bedeutung man vorher nicht erkannt hatte. Ich hatte aber keine Zeit, über meine Entdeckung in Aufregung zu geraten, weil wir gerade bei Ron Sommers Anwesen ankamen.


 

Wir stiegen aus.


 

Inspektor Blanking sagte zu Harry: „Fahren Sie mit dem Wagen zurück zu dem Bungalow. Nehmen Sie einen Mann mit und durchsuchen Sie das ganze Haus. Bringen Sie alles, was Sie finden können hierher. Beeilen Sie sich, Sergeant!“


 

Harry sah ihn überrascht an, sagte aber nichts und stieg wortlos ein. Ein Polizeibeamter setzte sich noch hinten ins Auto und dann fuhren sie los.


 

Glauben Sie, dass Miss Breedy jetzt fort ist?“ fragte mich der Inspektor, als er den Polizeigleiter abfahren sah.


 

Ja. - Was ist übrigens mit Curtis passiert?“


 

Sie sitzen auf dem trockenen, Random. Breedy hat Richter Brimingham für sich gekauft und auch District Attorney Richard Curtis steht wieder auf der Seite der Verwaltung. Gegenwärig gibt es keine Opposition mehr in Terrania Bay City.“


 

Das war wirklich ein vernichtender Schlag für mich. Ich war entsetzt über diese Tatsache und fühlte mich plötzlich richtig schlecht bei dem Gedanken, ganz ohne Schutz dazustehen.

Dann hörte ich Inspektor Blanking, wie er sagte: „Kommen Sie, Random! Wir wollen den Captain nicht warten lassen. Machen Sie weiterhin keine Schwierigkeiten. Man hat Ihnen gesagt, Sie sollen die Finger davonlassen. Sie können also nicht behaupten, Sie seien nicht gewarnt worden.“


 

Curtis sagte mir aber, ich solle weitermachen“, antwortete ich.


 

Haben Sie denn nicht gemerkt, was für eine Ratte Curtis ist?“ erwiderte Blanking und blickte mit mitleidsvoll an.


 

Wir stiegen aus und betraten das Haus von Ron Sommer, das hell erleuchtet war. Zwei Männer in weißen Kitteln brachten eine Bahre die Treppe runter, auf der eine von einem weißen Tuch verhüllte Gestalt lag. Der Größe nach, vermutete ich, war es der Filipino.


 

Wo ist Captain Fletcher?“ fragte Blanking einen Polizeibeamten, der Wache stand.


 

Oben, Herr Inspektor“, antwortete er.


 

Weiter“, forderte mich Blanking auf. „Gehen Sie vor!“


 

Ich stieg die Treppe hinauf und ging auf eine Zeichen von Blanking ins Schlafzimmer. Vor dem Fußende des Bettes blieb ich stehen.


 

Ron Sommer lag noch immer auf dem Bett. Vor dem Fenster stand die riesige Gestalt Captain Fletchers und blickte hinaus. Zwei Beamte in Zivil durchsuchten gerade eine Schublade nach der anderen in dem Zimmer.


 

Fletcher drehte sich nicht um. Er sah weiterhin zum Fenster raus. Für zwei lange, ungemütliche Minuten geschah nichts. Dann knurrte Fletcher: „Haben Sie eine Waffe, Random?“


 

Er wendete mir immer noch den Rücken zu. Es war die alte Technik, Nerven unerträglich anzuspannen und die Widerstandskräfte zu zermürben.


 

Ich habe sie dabei. Hier ist sie, Captain.“


 

Inspektor Blanking legte meine Waffe in Fletchers Hand. Die Hand war so groß, dass meine Achtunddreißiger wie ein Spielzeug darin aussah. Er nahm sie, schnüffelte an dem Lauf, hielt sie gegen das Licht und spähte hinein. Dann nahm er das Magazin heraus und zählte die Patronen. Er hob seine massiven Schultern und übergab die Waffe zurück an den Inspektor.


 

Er fragte dabei Blanking, ob ich gefesselt sei.Ich sah, wie sich Blankings Gesichtsmuskel plötzlich anspannten.


 

Nein, Captain.“


 

Warum nicht?“


 

Die Gehässigkeit in seiner Stimme hätte jedem das Blut gerinnen lassen.


 

Ich dachte, es sei nicht notwendig.“


 

Sie werden nicht dafür bezahlt, zu denken. Fesseln Sie den Mann!“


 

Inspektor Blanking zog ein paar Handschellen aus seiner Hüfttasche und trat zu mir. Sein Gesicht war ausdruckslos. Ich hielt ihm meine Handgelenke hin, und er legte mir die Fesseln an.


 

Ist geschehen, Captain“, sagte er und zog sich von mir zurück.


 

Langsam drehte sich Fletcher um. Sein großes, brutales Gesicht war dunkel vor verhaltener Wut. Die Augen wanderten ruhelos hin und her, wie die eines gereizten Elefanten.


 

Sie bildeten sich also ein, Sie kämen damit einfach so durch, Schnüffler“, sagte er und kam langsam auf mich zu.


 

Sie glauben, Ihr Freund Curtis könne mich Ihnen vom Hals halten. Nun, ich will Ihnen zeigen, wie sehr Sie sich geirrt haben. Ich habe schon lange auf diese Unterhaltung mit Ihnen gewartet, elendiger Schnüffler. Aber das ich einen Doppelmörder festnageln könnte, darauf hätte ich nicht gehofft.“


 

Sie können mir nichts anhängen, Fletcher. Die beiden sind schon mindestens seit sechs Stunden tot. Das wissen Sie doch genau.“


 

Plötzlich sah ich seine Linke auf mich zuschießen. Ich zuckte gerade noch rechtzeitig zur Seite, kam aber dadurch ins Wanken und stürzte zu Boden. Dann hörte ich Fletchers Stimme, wie er keuchend sagte: „Richtet diesen Kerl auf!“


 

Ich fand Fletcher vor mir stehen. Er zischte mir jedes Wort ins Gesicht.


 

Sie kommen mit zum Headquarters. Dort werden Sie in eine Zelle gesperrt, aber Sie bekommen Gesellschaft. Da sind ein paar Jungs, die Sie schon weichkriegen werden. Wenn die mit Ihnen fertig sind, werden Sie froh sein, vier Morde gestehen zu dürfen, und nicht nur zwei. Und wenn ich Ihnen die Morde nicht nachweisen kann, sind Sie wegen Einbruchs dran. Zeit genug, dass meine Jungs Sie so richtig fertig machen können. Ich habe Ihnen ja gesagt, Sie sollen Ihre Nase nicht in diesen Fall hineinstecken, und jetzt wird’s Ihnen noch leid tun, dass Sie es doch taten, Mr. Random.“


 

Er drehte sich zu Inspektor Blanking um.


 

Los, bringen Sie diesen Schnüffler ins Headquarters und liefern Sie ihn unter der Anklage des Mordes an Ron Sommer und dem Filipino ein! Das genügt, um ihn festzuhalten, jedenfalls so lange, bis ich die Beweise beisammen habe. Wir sollten in der Lage sein, ihn darauf festzunageln.“


 

Mit ausdruckslosem Gesich trat Blanking auf mich zu.


 

Kommen Sie, Random!“, sagte er mit einigem Bedauern.


 

Ich folgte dem Inspektor, denn, so wie es aussah, hatte ich mich selbst in eine Sackgasse manövriert.


 

Zusammen gingen wir die Treppe hinunter, auf die Terrasse hinaus, über den Rasen bis zum Polizeigleiter, der alleine da stand. Kurz bevor wir einstiegen kam Harry mit seinem Helfer zurück. Er parkte seinen Wagen direkt hinter unserem.


 

Etwas gefunden?“ fragte Blanking sofort.


 

Und ob, Inspektor. Noch eine Waffe. Kürzlich abgeschossen. Vier Patronen fehlen aus dem Magazin und zog Mrs. Breedys Pistole aus der Tasche.


 

Wo haben Sie die gefunden“, fragte ich.


 

Unter dem Bett, wo Random sie wohl versteckt hatte.“


 

Ich schüttelte heftig den Kopf.


 

Ich habe sie dort nicht versteckt. Aber das werden Sie mir doch nicht glauben.“


 

Blanking runzelte die Stirn und schaute mich an.


 

Ich bringe ihn zum Headquarters. Ich lasse die Waffe überprüfen. War sonst noch etwas da?“


 

Nein, nichts. Wir haben nur die Waffe gefunden“, sagte Harry.


 

Gut, dann fahren Sie jetzt nach Hause und machen für heute Feierabend. Nehmen Sie einen anderen Wagen, Sergeant. Captain Fletcher hat genug Männer hier.“


 

Begleiten Sie Random allein?“


 

Ja.“


 

Sie sahen sich an. Mir schien, dass Harry mit dem linken Augen blinzelte, aber ich konnte mich irren. Dann verschwand er.


 

Inspektor Blanking deutete auf die Fahrertür des Polizeigleiters.


 

Plötzlich sagte er zu meiner großen Überraschung: „Sie fahren!“


 

Gefesselt?“ fragte ich ihn.


 

Er zog den Schlüssel aus der Tasche und nahm mir die Handschellen ab.


 

Nun machen Sie schon, Random. Ich möchte nicht, dass uns noch jemand sieht. Steigen Sie ins Fahrzeug und fahren Sie los“, sagte Blanking kurz angebunden und zündete sich eine Zigarre an, die er im Wagen weiterrauchte.


 

Während wir die Bergstraße hinunterfuhren sagte ich zu Blanking, er solle mit der Waffe vorsichtig sein, weil sie Mrs. Breedy gehöre.


 

Ich werde aufpassen.“


 

Was hat das zu bedeuten, dass Sie mich auf diese Weise zum Headquarters bringen? Es ist bestimmt das erstemal, dass ein Gefangener sich selbst ins Gefängnis fährt und neben ihm ein Polizeiinspektor sitzt, der gemütlich eine Zigarre raucht“, sagte ich zu Blanking.


 

Ich bringe Sie nicht ins Gefängnis“, antwortete mir der Inspektor und fuhr fort: „Aber Fletcher hält es für schlau. Er ist davon überzeugt, er habe Sie jetzt genug eingeschüchtert, dass Sie ein für allemal aus der Stadt verschwinden. Ich soll Ihnen die Möglichkeit dazu verschaffen. Also gehen Sie, bevor Ihnen noch etwas passiert. Mr. Random. Ich meine es wirklich gut mit Ihnen.“


 

Eingeschüchtert hat er mich schon, ohne Frage“, gab ich zu.


 

Ich sollte wegsehen, während Sie davonliefen. Aber ich hatte gleich den Verdacht, dass sie das nicht tun“, sagte Blanking.


 

Hätte ich auch nicht getan. Ich riskiere keine Kugel in den Rücken. Das war bestimmt Mr. Breedys Idee, nachdem er versucht hatte, meine Agentur zu kaufen, was ich aber ablehnte. Er versucht jetzt, mich mit aller Gewalt aus der Stadt zu verscheuchen. - Woher wussten Sie eigentlich, dass ich in Ron Sommers Haus gewesen bin?“


 

Mr. Breedy schickte wahrscheinlich seinen Androiden T-Bird los, um Sie zu beobachten. Der ist schneller als ein Schwebegleiter und hat eine unglaubliche Ausdauer. T-Bird rief dann Breedy an und der informierte Captain Fletcher, er solle Sie festnehmen lassen. Er befahl ihm, Sie einzuschüchtern, um Sie aus Terrania Bay City zu vertreiben.“


 

Der Inspektor machte eine kleine Pause. Dann sagte er: „Unter uns gesagt. Wir haben übrigens den schlimmen Verdacht, dass Mr. Breedy dem Androiden T-Bird den Befehl dazu gab, die Morde auszuführen. Aber es kommt noch schlimmer. Ihr Partner Shannon kam dahinter und auch, dass es sich bei den Buchstaben und Zahlen in den Schachteln um Bons für den Erhalt von Rauschgift handelt. Dieser Mendoza und der ganze Robot Master Club stecken da tief mit drin. Auch Lee Breedy kassiert voll mit. Er verdient sehr gut am Rauschgifthandel und macht damit ein riesiges Vermögen.“


 

Ist es Captain Fletcher denn egal, wer Ron Sommer, den Filipino, das Mädchen und meinen Partner Shannon ermordet hat“, fragte ich den Inspektor.


 

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Fletcher muss das tun, was Breedy anschafft. Er hat keine andere Wahl. In dieser Stadt herrscht die Gewalt und die Korruption, Mr. Random. Lee Breedy ist sehr mächtig, nicht nur hier in Terrania Bay City. Kein Mensch sollte soviel Macht haben, wie dieser rücksichtlose Breedy. Er kauft alles mit seinem Geld. Er hat auch Richter Birmingham gekauft und sogar Curtis. Keiner kann etwas dagegen machen, auch Sie nicht. Packen Sie lieber Ihre Sachen und verschwinden Sie von hier, bevor Mr. Breedy Sie von seinem Androiden T-Bird töten lässt. Den könnte man nicht einmal für den Mord an Sie verurteilen, weil er kein Mensch ist. Ich weiß auch, dass Sie innerhalb der nächsten 24 Stunden verschwunden sein sollen. Danach kommen Sie in Gefahr, ermordet zu werden. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Breedy hat auch die gesamte Polizei gekauft. Fletchers Männer sind Fachleute bei der Herbeiführung von Unfällen mit Todesfolge.“


 

Ich starrte den Inspektor ungläubig an.


 

Das ist doch ein Witz - oder?“ sagte ich zu ihm.


 

Ich habe noch nie ernster gesprochen, Mr. Random. Tun Sie lieber, was ich Ihnen sage“, antwortete er nüchtern.


 

Wenn Sie nicht innerhalb von 24 Stunden Terrania Bay City verlassen haben, landen Sie im Leichenschauhaus. Machen Sie sich nichts vor. Sie haben keine Chance, Ihre Ermittlungen hier weiterzuführen. Alles war umsonst. Die ganze Arbeit, die Sie sich gemacht haben. Wir von der Polizei wissen, wer der oder die Mörder sind. Auch ich habe keine Handhabe, etwas gegen Breedy und seine Leute zu unternehmen. Ich gehe in ein paar Jahren in Pension und habe zwei nette Enkelkinder, denen ich verpflichtet bin.“


 

Der Schwebegleiter rauschte über die leere Straße. Ich schwieg über die Aussage Blankings betroffen, ließ es mir allerdings nicht anmerken.


 

Als wir da waren, bog ich in Richtung Bungolow ab und stand bald vor ihm. Ich öffnete die Fahrertür und stieg aus.


 

Passen Sie gut auf sich auf, Mr. Random. Ich denke mal, wir sehen uns bestimmt nicht wieder. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall alles Gute für Sie und Ihre Agentur in New York. Das mit Ihrem Partner tut mir wirklich sehr leid“, sagte Blanking zu mir.


 

Der Inspektor wechselte den Platz, sah mich durchs herunter gelassene Fenster betrübt an, drehte um und fuhr mit hoher Geschwindigkeit fort, hinein in die Dunkelheit der Nacht. Noch lange konnte ich die Scheinwerfer des Gleiters verfolgen, bis sie irgendwann nicht mehr zu sehen waren.

 


 

Fortsetzung folgt irgendwann.

Ende Teil 29


 


 

***


 

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 30)


 


 


 

Der Mond stand hoch über den Palmen, die lange, schwarze Schatten warfen. Das Meer glänzte wie ein silberner Spiegel. Die einzigen Geräusche waren das ferne Dröhnen des Verkehrs in Terrania Bay City und das Rauschen der Brandung.


 

Die Hände auf der Balustrade gestützt, stand ich vorgebeugt mit hängender Schulter da. Ich fühlte mich ausgelaugt, und das Denken machte mir Mühe. Das Geheimnis der Schachteln kannte ich jetzt, nur brachte es mir jetzt nichts mehr.


 

Der Rauschgifthandel ist überall ein gefährliches Geschäft, besonders hier in dieser Stadt Terrania Bay City, wo das Verbrechen die Oberhand gewonnen hat. Mein Partner wurde offenbar von einem Androiden namens T-Bird ermordet, wie alle anderen ermordeten Personen auch. Shannon hatte das Geheimnis der Buchstaben und Zahlen herausbekommen. Die ganze Stadt, die sich nach außen hin so lebendig und sauber gab, war offenbar ein einziges Rauschgiftnetz. Selbst die Justiz gehörte dazu. Es wurden jedes Jahr Milliarden Planetendollar durch das Konsumieren von Rauschgiften aller Art umgesetzt, und niemand wollte sich dieses lukrative Geschäft verderben lassen, auch nicht Lee Breedy.


 

Ich ging ziemlich niedergeschlagen zurück ins Zimmer, packte jetzt in aller Ruhe meine Sachen in die Rollenkoffer, wusch mich, zog mir frische Sachen an und bereitete mich auf eine lange Reise nach New York vor, wo meine Agentur war. Nach etwa einer Stunde verließ ich den Bungalow ohne ihn abzuschließen und fuhr mit dem Sportgleiter zum Raumflughafen Terrania Bay City, der auch über kleinere Raumschiffe für Inlandsflüge verfügte.


 

Als ich dort ankam, empfingen mich wieder die üblichen Reklametafeln, die hier in großer Zahl hingen.

Auf einer stand in großen Buchstaben:


 

Auf Wiedersehen in Terrania Bay City.

Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Flug.


 

Ich stellte meinen Sportgleiter in einer der vielen Tiefgaragen ab, den ich zu einem späteren Zeitpunkt von einem Transportunternehmer abholen lassen wollte. Dann ging ich hinauf zu einem der Terminals, die Flüge nach New York anboten. Als ich die weite, helle Abfertigungshalle betrat, hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir. Es war die Stimme von Violetta. Sie lief auf mich zu und fiel mir leidenschaftlich um den Hals.


 

Liebster, ich verlasse dich nicht“, sagte sie und küsste mich lange und ausdauernd.


 

Ich war total perplex und brachte kein Wort vor lauter Glück heraus. Das Leben geht oft seltsame Wege und hält für uns Menschen immer irgendwelche Überraschungen bereit.


 

Ich weiß alles, Lester. Ich kann hier in Terrania Bay City nicht mehr bleiben unter diesen Umständen. Ich werde mit dir nach New York fliegen und mit dir zusammen dort ein neues Leben anfangen. Ich habe genug Geld und werde dich unterstützen, wo ich nur kann. Wir kaufen uns ein Haus, heiraten und werden Kinder bekommen. Das erste ist übrigens schon unterwegs“, lachte Violetta und ihr Gesicht strahlte mich dabei an, wie die Sonne am frühen Morgen.


 

Ihre überschwenglichen Worte hätten mich beinahe umgehauen. Sicher, ich selbst hatte den Fall T-Bird nicht lösen können, dafür würde ich aber glücklicher Vater werden, was mich für all die Ermittlungsbemühungen in Terrania Bay City mehr als entschädigte.


 

Als Violetta und ich eine halbe Stunde später mit einigen anderen Passagieren zusammen vom Shuttle-Service zu einem der wartenden Kleinraumschiffe für Inlandsflüge gefahren wurden, kamen wir am Hallenausgang des Terminals an einer kleinen Gruppe von Personen vorbei, die das Geschehen um sie herum aufmerksam beobachteten, auch das vorbeigleitende Shuttle geriet in ihre Blicke. Da ich einen Fensterplatz eingenommen hatte und hinaus sah, erkannte ich auf einmal den Androiden T-Bird, der mir mit starrem Blick hinterherschaute, sich plötzlich umdrehte, etwas in ein Funkgerät sprach und dann zurück in die Halle ging, wo er unter den vielen Menschen verschwand.


 

Ich konnte mir denken, mit wem er sprach, nämlich mit Lee Breedy, und dass seine einzige Tochter, die er so sehr liebte, ihm den Rücken zugekehrt hatte. Vielleicht für immer. Das wird uns die Zukunft zeigen, wie ich dachte.

 

 

ENDE


 

(c)Heiwahoe


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Bild zu Der Fall T-Bird (Vollversion)

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