Burckhardt Fischer

Vom Bauen

Als einmal ein Projekt fertiggestellt wurde, auf den letzten poäng, war man auf die Idee
verfallen, alle Beteiligten zu einem Konzert zu laden, als sozusagen öffentliche Generalprobe
für das Funktionieren des Baus, und ein Dankeschön den Arbeitern, den Handwerkern, den
Schreibtischtätern, den politischen Flankeuren..
In den Gängen, in der Pause, danach, wisperte, raunte es, verstummend, wenn ich
passierte, und ich konnte, musste erahnen, dass etwas stattfinden sollte in einem engeren
Kreis, an dem ich nicht teilhaben sollte, wiewohl ich der Architekt gewesen der umfänglichen
Reparaturen, Erneuerungen für einen doch wesentlichen Teil an diesem großartigen
Gebäude. Es kümmerte mich nicht, da ich den Oberbauleiter kannte als Strippenzieher,
Intriganten, Arschloch, wiewohl er auch seinen Beitrag geleistet hatte, und sollte er
scharwenzeln vor den Baubeamten – alles, was Rang und Namen hatte – das Werk war
vollbracht, entgegen aller berechtigten Furcht: ein Wunder fast. So habe ich den Sonntag
anders genossen.

Es war zu einer Zeit, als die Bauverwaltung der Stadt des Montags ihre Leitungskonferenz
abhielt, und der zuständigen Staatssekretär, der das Projekt politisch verantwortete dem
Namen nach, wiewohl er dem Vernehmen nach nicht unberechtigt in leichter Verdrehung des
seinigen unter "Deputat" geführt wurde und sein größtes Verdienst in dieser speziellen
Angelegenheit – heikel – war sicherlich gewesen, sich nicht zu positionieren, außer am
Schnapsglas, diese Person also stellte angesichts der begeisterten Berichte seiner
Abteilungsleiter indigniert fest, dass er nicht geladen, dass er nicht besoffen gewesen wie
seine Untergebenen, alles Bauluden natürlich, Männer vom Fach, bedeutend, und ein
Erdbeben streifte die Verwaltung.
Noch am selben Nachmittag erreichte mich ein Anruf des Projektleiters, der - immerhin der 2.
Mann in der umfänglichen Beamtenhierarchie des Hauses - den Auftrag erhalten hatte,
umgehend und persönlich erneut zu einem Feste zu laden, an dem nun alle teilhaben
sollten, bis zur Spitze des Hauses.
Auch ich hatte zu erscheinen, und dass ich mit der mir zu dieser Zeit eigenen gewissen
Verspätung eintraf, wurde mit allerhöchster und öffentlicher Mißbilligung vermerkt. Dennoch
durfte ich gnädigst besondere Belobigung erfahren durch den mir namensgleichen ersten
Mann der Verwaltung, der, ein Schöngeist, es sich zuvor, im Verlaufe des Projektes, nicht
hatte nehmen lassen, alle architektonischen Fragen persönlich zu klären mit dem berühmten
Kulturschaffenden, der gewonnen worden war das Haus künftig zu führen, und den ich so
nie zu Gesicht bekommen, aber meine Vorlagen für diese Gespräche waren also brauchbar
gewesen bis auf den einen Punkt, in dem ich beharrte auf dem Erhalt der Badewanne in der
Dirigentensuite, als Verbeugung vor dem berühmt gewordenen Ondit der goldenen
Wasserhähne, die sein noch berühmterer Vorgänger zu Bauzeit gefordert habe und die zu
öffentlichem Zerwürfnis führten, die wir jedoch nicht vorgefunden. Es war dies der Anlaß für
die einzige Anweisung, die ich in dem Verfahren erhalten, und die Forderung, dieses Bad
also umzugestalten gemäß Nutzerwunsch führte bei uns zu dem Arbeitstitel für das Projekt:
"Aduscho".
Wie mir berichtet wurde, sei die Rede meines Vetters im Namen wortgleich die nämliche
gewesen, die er auf dem vergangenen Feste gehalten hatte, dem des Strippeurs, bis auf
eben diese Belobigung meiner Wenigkeit. Es wurde ein fröhliches Fest.


Der bedeutende Statiker, bereits in hohen Jahren, der unzweifelhaft zentralen Anteil an
diesem Projekt gehabt, bestand schließlich zu später Stunde, als nur noch ein harter Kern
zugegen, darauf, mit einem jeden Brüderschaft zu trinken, was er wohl nur deshalb
überstand, da er, bereits mächtig zugeschüttet, das Glas nicht mehr zu kontrollieren
vermochte, so daß seines – wiewohl immer wieder neu bestückt - jeweils bereits ausgekippt,
während sein neuer Freund, in die Umarmung gezwungen, ein jeder stracks das seinige
vollständig zu leeren hatte: dieses ward von ihm genau überwacht, dem Pegel zum Trotz. Je
weiter das Ritual gelangte, desto feuchter wurden die Opfer, denn: natürlich war der Inhalt
der Gläser, die besagter Herr verschüttete, auf seiner Hose verblieben zu guten Teilen, die
ihm feucht, ja triefend um die Beine schlug, als wir zu mitternächtlicher Stunde von eben
jenem Projektleiter, der uns geladen, auf den Bootssteg des Etablissements gebeten
wurden, im fahlen Mondlicht, alle schwankend, besagter Statiker allerwärts naß, innen,
außen..
Sie wissen..., hub die Projektleitung an, daß wir, im Öffentlichen Bauen, gehalten sind,
Steuergelder nur zu verwenden für ein einziges Fest, und dieses war ja nun gewesen mit der
öffentlichen Probe. Die heutige Feier aber sei nicht umsonst gewesen, ja angesichts der
Güte des ausgesuchten Lokals sogar recht teuer, und die Rechnung müsse beglichen
werden nunmehr, der Bauleiter habe ja schon Genüge getan
. Und der Statiker und ich, als
die zentralen Freischaffenden in diesem Projekt, seien somit die Einzigen, die über
entsprechende Mittel verfügten. So haben wir unsere Schecks ausgestellt.
Am Ende des Monats musste ich daher etwas schuldig bleiben, zur Strafe hatte ich die
Steuer gewählt. Seinerzeit konnte ich mir solches noch leisten.

Besagter Politiker jedoch, der die Wiederholung der Feier gefordert, war nicht dabei: er
musste zur Kur. Vielleicht der Leber wegen.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Burckhardt Fischer).
Der Beitrag wurde von Burckhardt Fischer auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.09.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

Bild von Burckhardt Fischer

  Burckhardt Fischer als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Das Vermächtnis der Wolkenkrieger von Peter Splitt



War es wirklich Christoph Kolumbus, der Amerika als Erster entdeckt hat?
Genau diese Frage stellt sich der deutsche Abenteurer Roger Peters, als er den zunächst recht harmlos erscheinenden Auftrag übernimmt, im peruanischen Urwald nach einer versunkenen Stadt zu suchen.
Im Stillen hofft er während seiner Expedition entsprechende Beweise für seine Theorie zu finden. Fast schon zu spät erkennt er, dass ihm eine fanatisch-religiöse Gruppierung, sowie ein skrupelloser kolumbianischer Geschäftsmann auf Schritt und Tritt folgen. Welches Geheimnis verbirgt sich tatsächlich in den verlassenen Ruinen der Wolkenkrieger von Chachapoyas?
Welche Rolle spielt die undurchsichtige Sharone Rosenbaum, bei deralle Fäden im Hintergrund zusammenzulaufen scheinen…

Ein spannender Abenteuerroman, der hauptsächlich in der recht abgelegenen und bisher wenig besuchten Bergregion von Chachapoyas, Peru spielt, mit allen Mysterien der früheren prä-kolumbischen Hochkultur ( 1000 - 1400 nach Chr. ) sowie geschichtlichem Hintergrund

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Absurd" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Burckhardt Fischer

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Up and down von Burckhardt Fischer (Liebesgeschichten)
Das Gespräch zweier ehemaliger Sportreporter ... von Klaus-D. Heid (Absurd)
Jeanne? von Klaus-D. Heid (Trauriges / Verzweiflung)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen