Burckhardt Fischer

Von einigen Füchsen

1.
Vor einigen Jahren fuhr ich oft, mehrmals die Woche, die nämliche Strecke, um U. bei der Pflege unserer Pferde zu helfen, die dort in einem Pensionsstall untergestellt, und um die Nähe der Tiere zu spüren. Ein ziemlicher Weg.

In der Dämmerung sah ich nun vor mir einen Fuchs die Fahrbahn queren. Das Auto vor mir machte keinerlei Anstalten auszuweichen, was leichterdings möglich gewesen wäre: so flog das Tier in hohem Bogen über die Fahrbahn und blieb dort regungslos liegen.
Ich hielt, sah, daß das Tier atmete und beschloß, es mit mir zu nehmen – dort konnte es ja nicht bleiben. Am Stall angekommen, stelle ich ein Schälchen mit Wasser in den Fußraum vor den Autositz, da der Fuchs noch lag und fügte etliche Stücke Zwieback hinzu, die ich eigentlich für die Pferde vorgesehen.

Geraume Zeit später, bereits tief in der Nacht, als alles getan war, kehrte ich zurück zu meinem Wagen und fand dort den Fuchs vor, am nämlichen Platze vor dem Beifahrersitz – war er wach, hatte getrunken und die Zwiebäcke verzehrt, betrachtete mich erstaunlich ruhig und gelassen. Ich nahm an, er sei geheilt und entließ ihn an einem mir geeignet erscheinenden Parkplatz, mit wenig Verkehr, viel Platz und Wald und nahe der Unfallstelle in die Freiheit.

Mit Ruhe wählte der Fuchs seine Route, verschwand in hohem Gras. Im Scheinwerferlicht sah ich jedoch, daß er schrecklich humpelte.
Wie sollte das Tier mit solcher Blessur sich Beute erjagen, sich behaupten in möglicherweise fremdem Revier?

Noch häufiger als sonst fuhr ich nun zu unseren Tieren, da ich doch nun die Verantwortung für jenen Kumpan auch noch trug, hielt auf der Rückfahrt an jener Stelle, deponierte einen Stapel Zwiebackscheiben und wartete. Nichts.
Nun wartete in meinem Wagen aber unser Hund, und ich nutzte die Gelegenheit, mit ihm einen kleinen Ausflug zu machen, an jenem Parkplatz mit seiner Weite, einige Minuten nur. Als wir zurückkehrten, war jener Proviant verschwunden, einige Krümel nur noch, und im Sand die Spuren, eine Tatze schrecklich verdreht.

Solchermaßen haben wir dann unsere Seancen zelebriert, nahezu täglich, und häufig bin ich vor allem seinetwegen gefahren, obwohl gestreßt, müde oder eigentlich anderweitig verpflichtet, bis in den Winter hinein und zum ersten Schnee, darin die Spuren besonders gut zu sehen.

Dann jedoch blieben die Vorräte unberührt. Hat er vielleicht ja doch noch eine Füchsin gefunden, anderen Ortes. Hoffen wir.

Mein letztes Bild von ihm aber blieb sein Weg ins Freie – würdevoll, aber humpelnd. Sonst nie mehr gesehen.
 

2.
In der Ecke unseres wunderbaren, großen Gartenhofes vor meiner Wohnung rückwärtigen Fensters waren Kaninchen übergesiedelt aus dem nahen Park und machten alle Bemühungen zunichte, dort unter den schwierigen Bedingungen geringen Lichtes, minderen Bodens und großer Trockenheit das gärtnerische Konzept am Leben zu erhalten.

So niedlich Kaninchen sind, zumal als Kinder, wenn sie ihre ersten Ausflüge aus den Gängen wagen, aber mich schmerzte doch sehr der Garten, die armen Blumen und Gräser, immer wieder vergeblich gepflegt. Zudem lebte in jenem Hof eine Krähe, die machte Jagd auf die Tiere und hat sie schrecklich zugerichtet, wenn sie welche erbeutet hatte. War es kein schöner Anblick, die Kadaver, und über sie hinüberzusteigen, wenn sie dort auf dem Wege lagen.

So war ich nicht böse, daß sich ein Fuchs fand, dort aufzuräumen, und hat er das Gelände täglich inspizieret, in der ersten Dämmerung. Gab es keine Kaninchen mehr, hat er sich dann auch mit verstreutem Vogelfutter begnügt, und weiterem, was meine Hunde übergelassen.

Der Nachbarsjunge berichtete mir, daß die Höhle des Fuchses, der Füchsin bei seiner nahen Schule sei, und daß die Kinder anstünden in der Pause, um der Familie die mitgebrachten Döner zu reichen. Trotzdem beobachtete ich, daß Mama Füchsin immer dünner wurde ein jedes Jahr, irgendwann nicht mehr gesichtet wurde, dann jedoch ein junger Fuchs übernahm die abendliche Sichtung, das Aufräumen.

Muß aber doch ein hartes Leben sein, in der Großstadt, mit solcher Familie.


3.
Da hatten wir eine Baustelle auf einer alten Festung, inmitten der Stadt, die dauerte lange, da vorsichtig umzugehen war mit dem alten Gemäuer.

Die Bauarbeiter berichteten mir, daß jeden Morgen, pünktlich zur Frühstückszeit, ein junger Fuchs erschien und mit ihnen speiste. Wurde dann ein extra Platz gedeckt.

Eines Morgens aber war er in der Wassertonne ertrunken.


4.
Eine der Fuchsmamas in meinem Garten ließ sich ab und an von ihrer Familie begleiten, drei niedliche Füchsleinkinder. Als sie etwas älter wurden, kamen sie auch gesondert, nochmals, des Abends, zur Nachlese.

Eines Abends nun ging ich spät mit unserem Hund nochmals auf die andere Straßenseite, am nahen Park, daß wir nächtens unsere Ruhe haben möchten. Im fahlen Laternenlicht sah ich wenige Meter vor mir auf dem schmalen Weg einen Fuchs mich anstarren, ein junges Tier. Behutsam machte ich kehrt, um es nicht zu stören, doch hinter uns, entgegengesetzt, stand ein weiterer junger Fuchs, uns beobachtend ebenso ruhig.

Da blieb nur, direktemang in den Park abzubiegen: der Weg ganz nah. Dort aber stand der Dritte.

So blieb nur die Flucht über die Straße. Ein kurzer Ausflug für den Hund!

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.11.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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