Elke Müller

Amerika....

Die Woche ging dahin mit ihren üblichen Pflichten und Routinen. Die jungen Frauen und alten Leute saßen zusammen und redeten miteinander. Man wartete auf die Männer die zur Jagd aufgebrochen waren. Auch Salida und Ashley saßen vor dem Zelt und waren dabei die von ihnen, am frühen Morgen, mühsam geernteten Früchte haltbar zu machen. „ Du verschweigst mir etwas,“ sagte Ashley nach einer Weile zu ihrer Freundin gewandt, welche immer fröhlich und viel lachte, nun traurig und öfter weint. „ Ist es wegen Redmon“, drängte sie weiter. Salida seufzte auf und blickte Ashley an. Ja, wegen Redmon.“ „ Mir ist aufgefallen, er hat sich lange nicht bei dir sehen lassen.“ Salida presste die Lippen zusammen. „ Ich weiß nicht, vielleicht lag es an der langen Ratsversammlung,“ sagte sie finster. „ Du weißt es nicht?“, erregt stand Ashley auf. „ Was soll denn das heißen? Da steckt doch mehr dahinter. Was ist los? Du kannst mir alles sagen, oder ich rede mit Heika darüber.“ „ Bitte nicht! Ich weiß nicht wo er ist,“ meinte sie leise und stand ebenfalls auf. „ Hat Redmon etwas ausgefressen?“ Salida hob die Schultern. „ Was hast du unternommen?“ Salida schüttelte den Kopf, stöhnte leise auf. Er hat ein gutes Herz. Man ruft ihn oft und schickt ihn als Boten fort, weil er ein guter Kämpfer und Späher ist. Er sieht alles ohne gesehen zu werden. Wohl auch, weil er genauen Bericht über unsere Feinde abgibt. Du weißt ja, man kann sich auf ihn verlassen. Obwohl er er immer noch groß und fremd auf mich wirkt, liebe ich ihn, nicht seine Uniform. Aber ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Ashle legte beide Hände auf die Schultern von Salida. „ Hat Abigail vielleicht etwas gewusst?“ „ Ja, ich denke schon.“ Ashle ging einen Schritt zurück. Ich werde ihn fragen.“ Salida legte die Hand auf den Arm der Freundin. „ Nein bitte nicht. Tu es nicht.“ „ Aber du musst doch wissen, was er darüber weiß, oder?“ „ Warum ?“ Sie spürte den altbekannten Ärger in sich aufsteigen. Sie wollte keine weiteren Fragen beantworten. Natürlich vermisste sie ihn, vermisste all seine Leidenschaft und seine Hingabe. Er hatte etwas eigenes, unverkennbares an sich, was ihn von der einheitlichen Masse abhob. Und, natürlich wollte sie ihn wiedersehen und nicht verlieren. Eine sonderbare Unruhe erfüllte sie. Ihr Herz klopfte rasend. Ich ahne Unheil und habe Angst.“

 

Er war den beschwerlichen Weg über die Berge gegangen. Hier herrschte noch die unberührte Wildnis mit klaren Seen und Flüssen. Trotzdem, alles was wild ist, ist gefährlich und so lauschte er misstrauisch dabei auf verdächtige Geräusche. Bekleidet mit Flanelhemd und abgetragener Jeans sowie Cowboystiefel. Trug über der Schulter sein Gewehr, ein Seil und andere Habseligkeiten waren am Sattel seines Fuchses befestigt, diesen am Zügel haltend, atmete er die würzige Luft des Waldes tief ein. Es war noch ein warmer Tag, dafür die Nächte schon recht kalt. Es würde nicht mehr lange dauern bis der erste Schnee fallen würde. Noch ist er keinem Menschen begegnet und wollte es auch nicht. Er hatte sich nach ein paar ungestörten Stunden nur für sich gesehnt. Kannte eine kleine Berghütte die gut versteckt hinter einer Böschung mit wilden Rosen, dichten Büschen und Bäumen stand. Dort wollte er einen klaren Kopf bekommen nach den langen und komplizierten Vorträgen, über Versprechungen, Lügen und Betrug. Denn es wird ein harter Kampf ums Überleben für die Indianer werden, eine Gratwanderung zwischen zwei verschiedenen Welten. Oh ja, er war kein Angsthase und kannte so einige die wichtig waren, aber auch gefährlich, gemein und unehrlich. Aber er wollte kein Mitgefühl für seine Freunde heucheln, denn er wusste die bittere Wahrheit über die unmenschlichen Bedingungen auf den Reservaten, wo Armut, Depression, Trunksucht und Ausweglosigkeit den Alltag bestimmen und niemals Träume wahr werden können. Wo tägliche Misshandlungen sowie Verachtung in den weißen Schulen stattfinden, wo die Kinder zwangsassimiliert wurden. So wird es erneut und nicht zum letzten Mal, nach einige Wochen oder Monaten erneut zu großen Unzufriedenheiten kommen. Doch der Widerstand der Indianer würde langsam versiegen und die Weißen werden alles an sich reißen, was sie bekommen können. Bekannte Schreie drangen an seine Ohren. Er hob den Kopf und entdeckte ein Goldadlerpaar welches seine imposanten Runden hoch oben im hellen Licht der Sonne zogen und schaute ihnen eine Weile lang zu, bis sie zu zu ihren Horst zurück flogen. Wandte sich dann seufzend ab um endlich ein Rastlager auf einer Waldwiese herzurichten. Er zuckte zusammen, als sein Fuchs mit seinem Kopf gegen seinen Rücken stupste und schnaubte. Redmon vernahm Geräusche, die ihm gar nicht gefielen. Trat einen Schritt zurück und schluckte schwer. „ Verdammte Scheiße! Ein Grizzled!“ Zwischen den Bäumen stand eine furchteinflössende, zottige dunkle Gestalt. Reibt seinen Rücken an einen Baumstamm. Bewaffnet mit Krallen wie Dolche und spitzen Zähnen, oft schlecht gelaunt, dazu ausgerüstet mit Kraft und Schnelligkeit die man oft unterschätzt. Er wusste genau, dass er sich in Gefahr befand und listig sein musste um mit dem Leben davon zu kommen. Gab dem Pferd ein Zeichen zu verschwinden. Dann standen sie sich auch schon gegenüber und schauten sich an. Es herrschte plötzlich eine unheilvolle und lähmende Stille. Sein Instinkt sagte ihm er sollte weglaufen, aber seine Füße waren schwer wie Blei und stand wie angewurzelt da. Sein Gewehr unerreichbar auf einer Matte liegend. Panik kam auf. Blankes Entsetzen stand in seinen Augen. Das Herz klopfte sehr und sein Blut pochte heftig in seinen Schläfen. Der Bär fletschte seine weißen Reißzähne und ein tiefes Grollen kam aus seinem blutroten Maul. Redmon konnte dessen übelriechenden Atem riechen. Eine dunkelrote Narbe verlief quer über ein Auge bis zur Schnauze. Alte und frische Verletzungen befanden sich am ganzen Körper. Er musste einige Kämpfe ausgetragen und auch einiges eingesteckt haben. Seine blutunterlaufenen Augen fixierten ihn fest. Dann richtete sich der Bär zu seiner vollen Größe von ca. 3 m auf. Holte mit seiner Pranke aus. Redmon duckte sich schnell, spürte aber einen schnellen, heftigen Schmerz. Ein weiterer Hieb mit der Pranke und er wurde zu Boden geschleudert. Sofort stürzte sich der Bär auf ihn und bohrte seinen Kiefer in seine schon blutende Schulter, spitze Zähne drangen in sein Fleisch. Wie ein Stromschlag drang der Schmerz durch seinen Körper. Er schrie nein brüllte vor Schmerzen auf. Versuchte sich so gut es ging zu wehren. Doch er hatte das Gefühl von dem Gewicht des Bären erdrückte zu werden, auch das atmen viel im schwer, da dieser ihn fest auf den Boden drückte. Sein Widerstand erlahmte langsam. Ihm wurde kalt, als nahte sacht der Tod. Auf einmal lies der Graue widerstrebend von seinem Opfer ab. Schaute sich um, zu einer komischen Gestalt in Fellen gehüllt und auf einen Stock gestützt. Langsam kam diese laut singend heran, bewaffnet mit Steinen, die sie gezielt auf den Bären warf und diesen auch traf. Mit einem sportlichen Satz war er von Redmon herunter und auf allen vier Beinen stehend, bereit den Störenfried in seinem Reich als nächstes Opfer anzugreifen. Ein Schuss knallte. Der Bär brüllte wütend auf, voller Wut, ohne auf seine Schmerzen zu achten griff er die Gestalt in Fellen an. Doch ein zweiter Schuss fiel, bevor er sein Ziel erreichen konnte.
Eine kühle Hand legt sich auf seine Stirn. „ He, ist alles in Ordnung bei dir?,“ dabei wanderte ihr Blick über dessen dreckverschmierte Brust und der offenen, hässlichen Wunde am Oberarm. Er hob leicht den Kopf und rang hustend nach Luft, konnte sich ansonsten nicht rühren. Ihm fehlte jegliches Zeitgefühl. Ein überraschter Laut kam von seinen Lippen. Schaute sie mit großen Augen an. Hörte nur eine warme doch kräftige Stimme. „ Hast noch mal Glück gehabt Söhnchen, das ich vorbei kam. Ansonsten wäre nicht viel von dir übrig geblieben. Jetzt im Spätsommer legen die Bären ihre letzten Fettreserven für den Winterschlaf an bevor die bittere Kälte mit viel, viel Schnee kommt und fressen alles was sie bekommen können. Vor allem die wilden, süßen schwarzen Beeren. Hat dir eine schöne bleibende Erinnerung hinterlassen. Da müssen wir jetzt schnell handeln, sonst bekommst du eine Blutvergiftung. In so einem Bärenmaul stecken viele tödliche Bakterien und dann kann ich leider nicht mehr helfen.“ Noch hatte er kein Fieber, schniefte und hustete aber schon und litt darum so heftiger. Sie kramte aus einer Felltasche eine braune Flasche heraus, Nadel und eine dünne Büffelsehne, ein Kräuterpäckchen und eine kleine Schüssel, darin vermengte sie einige Zutaten rasch miteinander. Drückte Redmon ein Holzstück zwischen die Zähne. Setzte sich ihre alte Brille auf nickte ihm zu, holte tief Luft und lies ihre Hände forschend über seine Haut wandern, dabei entfernte sie Reste vom Hemd von seiner Schulter. Nickte erneut. Fädelte die dünne Sehne durch die Nadel und nähte vorsichtig Hautlappen um Hautlappen zusammen. Zum Schluss betrachtete sie ihr Werk und kippte den vermischten Kräutersud aus der Schüssel über die heiß pulsierende Wunde. Redmon schrie auf, atmete dann mit geschlossenen Augen tief ein und aus. Jetzt legte sie eine provisorische Schiene an und band alles gut fest. Ich geh mal schnell meinen gefüllten Holzschlitten holen, steht gleich hier um die Ecke. Brauchen unbedingt ein Feuer, auch um dich zu wärmen. Der Boden ist kalt. Außerdem, werden durch den Blutgeruch einige ungebetene Gäste angelockt, da müssen wir vorbereitet sein. Die nächste Zeit wird für dich hart, sehr hart werden.“ Sie stand auf, nahm ihren Mantel ab und deckte Redmon vorsichtig zu. Er konnte im Moment nichts weiter machen als abwarten und schaute stumm zu den sich jagenden dunklen Wolken auf. Mit hastigen Schritten ging sie davon. Er wollte nicht einschlafen und doch schlief er ein. Es dauerte nicht lange bis sie zurück kam.
Der scharfe Rauch und der Geruch von brennenden Ästen stieg ihm in die Nase. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Er fühlte sich wie gerädert und öffnete langsam seine Augen. Mit flackerndem Blick drehte er sein Gesicht zu ihr. Er schluckte. Sie saß mit gekreuzten Beinen auf der anderen Seite des Feuers. Er versuchte in ihren Gesichtszügen zu lesen. Ja, sie war gewiss schon alt, aber wusste eine Menge an Dingen, als Magier und Zauberin. Stand fest mit beiden Beinen auf den Boden der Realität. Sie hatte seinen Blick bemerkt, lächelte. Reichte ihm eine Schale voll Suppe und etwas trockenes Brot. Habe ordentlich Arbeit mit dir gehabt, Söhnchen. Musste dich fest in deine Decke wickeln, du hast gekämpft, dich hin-und her gewälzt. Dein ganzer Körper hat gefiebert. Hab dich mehrmals abgewaschen und eine Wundsalbe aufgetragen.“ Hob warnend ihre Hand. „ Geschafft haben wir es trotzdem noch nicht.“

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.01.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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