Angie Pfeiffer

Das Ende einer Ehe ...

Eliza rekapitulierte: Alfred, ihr Mann, war mittlerweile ein halbes Jahr arbeitslos. Er verschlief die Vormittage, stand auf, wenn sie von der Arbeit nach Hause kam. Dann wechselte er ins Wohnzimmer über, wo er es sich mit der ersten Flasche Bier des Tages vor dem Fernseher bequem machte. Das blieb so, bis er mitten in der Nacht betrunken ins Bett stolperte. Elisa hatte unzählige Male versucht, mit ihm zu reden. Er schien ihr gar nicht mehr zuzuhören, hatte es sich angewöhnt, den Fernseher lauter zu stellen, wenn sie das Wohnzimmer betrat. Hinzu kam, dass er sich den Kindern gegenüber immer aggressiver verhielt. Ob es laute Musik war, das unaufgeräumte Kinderzimmer oder das Fahrrad, das quer vor dem Haus stand. Die kleinste Kleinigkeit genügte, um ihn Rage zu bringen.
Heute hatte Elisa beschlossen, noch einmal vernünftig mit ihm zu reden.

Wie gewöhnlich lag Alfred auf dem Sofa und stierte in den Fernseher. Elisa registrierte, dass neben der obligatorischen Bierflasche ein benutztes Schnapsglas stand. Trotzdem wollte sie versuchen, Alfred davon zu überzeugen, dass es so nicht weiter ging. Sie nahm entschlossen die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. „Wir müssen reden, Alfred.“
„Was willst du schon wieder? Hast du wieder was zu meckern? Habe ich die Betten nicht vernünftig gemacht? Oder nicht staubgesaugt? Verschwinde!“
„Ach, Alfred. Du bist einfach unausstehlich. Merkst du das denn nicht selbst? Du verhältst dich den Kindern gegenüber nur noch schrecklich, schreist und meckerst den ganzen Tag mit ihnen herum. Du trinkst viel zu viel Alkohol. Das macht dich noch aggressiver als du es sowieso schon bist. Ich denke schon seit einer Weile über die Trennung nach!“
Alfred setzte sich abrupt auf. „Was soll ich machen, wenn ich keinen Job kriege? Ich habe mich oft genug beworben. Sobald sich was ergibt, gehe ich auch wieder arbeiten. Überhaupt, du denkst daran, dich von mir zu trennen? Wo willst du denn schon hin?“, er wedelte ungeduldig mit der Hand. „Wenn du willst, dann hau doch ab. So, jetzt lass mich gefälligst in Ruhe mit deinem Gemeckere.“ Er riss seiner Frau mit einem Ruck die Fernbedienung aus der Hand und stellte den Fernseher wieder an.
Der jähe Schmerz brachte Elisa in Rage. „Sag mal, tickst du noch ganz richtig? Du kannst froh sein, dass ich überhaupt noch hier bin. Was würdest du ohne mich machen, du armes Licht. Was deine Bewerbungen anbetrifft, so hast du dich immer nur für Stellen beworben, für die du gar nicht genug qualifiziert bist. Jetzt liegst du hier herum, heulst, betrinkst dich und bemitleidest dich den ganzen Tag. Aber auf den Kindern und auf mir kannst du herumhacken, wenn du einmal deinen Frust abladen willst. Was bist du nur für ein jämmerlicher Schwächling, was für ein Muttersöhnchen. Am besten ist es, wenn du bei deiner Mutti einziehst, an ihrem Rockzipfel hängst du doch sowieso schon dein ganzes Leben!“ Elisa hielt erschrocken inne. Das hatte sie gar nicht sagen wollen, doch hatte sich so viel Frust angesammelt, dass sie sich nicht mehr stoppen konnte.
Alfed sprang auf und näherte sich seiner Frau mit geballten Fäusten. „Das nimmst du sofort zurück, du blöde Kuh. Wage ja nicht, etwas gegen die Mutti zu sagen.“
Elisa duckte sich, hatte für einen Augenblick Angst er würde sie schlagen, doch dann überkam sie eine unbändige Wut. Sie hatte so lange Jahre vor ihrem Mann gekuscht, hatte sich so viel gefallen lassen. Das würde nicht noch einmal geschehen. Sie straffte die Schultern. „Wenn du mich schlagen willst, nur zu. Tu dir keinen Zwang an. Ich nehme gar nichts zurück. Im Gegenteil, jetzt sage ich dir mal was: Du solltest dich schämen. Du bist ein erwachsener Mann und benimmst dich wie ein verzogenes Kleinkind. Sobald du ein Problem hast, fängst du an herumzujammern. Ich kann es nicht mehr ertragen. Ich werde dich verlassen.“
Der erste Schlag traf sie, ließ sie in die Knie gehen. Alfred brüllte, beschimpfte sie und schlug weiter auf sie ein. Elisa rollte sich zusammen und versuchte, ihren Kopf zu schützen, während er nun auf sie eintrat, immer wieder. Unwirklichkeit umgab sie, die Zeit schien langsamer zu vergehen, wie in einer Zeitlupe. ‚Das ist das Ende unserer Ehe’, dachte sie, während er, von der ungewohnten körperlichen Aktivität außer Atem gekommen, von ihr abließ. Keuchend ließ er sich auf einen Sessel fallen. Stierte sie aus nun blutunterlaufenen Augen an. „Das hast du jetzt davon. Warum musstest du mich auch so provozieren“, murmelte er undeutlich, stand auf, wankte zum Wohnzimmerschrank und öffnete das Barfach. Während er sich ein Wasserglas voll Wodka goss, rappelte Elisa sich auf. Merkwürdig, sie fühlte nichts, noch keine Schmerzen, überhaupt keine Angst. Langsam ging sie zur Tür, legte die Hand auf die Klinke.
Er hatte sich ihr zugewandt. „Sag doch was“, die Worte klangen fast bittend.
Elisa verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. „Es gibt nichts mehr zu sagen.“ Sie zog die Wohnzimmertür behutsam ins Schloss. Komisch, eigentlich müsste sie zornig sein, doch sie fühlte sich unendlich erleichtert. Nach all den Jahren hatte er es ihr jetzt so leicht gemacht. Sie würde ihn zusammen mit den Kindern verlassen, sich ein neues Leben aufbauen. Ein Leben in Selbstbestimmung und ohne Angst.

Sie war frei und niemand würde ihr jemals wieder so wehtun können. Das würde sie nie wieder zulassen.

Aus meinem Roman 'Ruhrpottherzen'

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.01.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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