Charles G. Dannecker

ADONIS




ADONIS 
Da saß er, mir gegenüber, dieser Riese mit seinen dunklen Augen. Das braune Gesicht in die Sonne gedreht. Sein Blick fiel auf das blaue, ruhige Meer.
Wir waren in einer kleinen Hafenkneipe in Peraia, in der Nähe von Thessaloniki.
Der fünfte Ouzo lockerte unsere Distanz.
Adonis sei sein Name. Ich dachte nur „ nomen est omen“ und musste etwas schmunzeln.
Er versuche klare Strukturen in seine wirren Gedanken zu bringen.
Erneut schoss seine große Hand in die Höhe und seine tiefe Stimme gab dem alten Kellner ein Zeichen weiteren Ouzo mit Messes zu bringen.
Sein wackelnder Stuhl ächzte unter seiner Statur.
Ein JAMAS tönte aus ihm und schon verschwand das glitzernde Silber des Ouzos mit seinen Eiskristallen in seinem Mund.
Der nächste kleine Fisch fand sein letztes Ziel und die violettfarbene Olive begleitete ihn auf seinem Weg.
Aus einem kleinen Lautsprecher, der mit ein paar Drähten an der Wand befestigt war, erklang ein altes Bouzoukia Lied. Die Melodie fiel wie eine zu schwere Wolke auf den ausgetretenen Boden der Kaschemme.
Plötzlich sprang Adonis auf. Der alte Stuhl mit dem blauen Lack, der langsam abblätterte, krachte zur Seite.
Adonis begann zwischen den Tischen zu tanzen. In scheinbar schwankenden Bewegungen zog es ihn zur Mitte des Raumes. Er fiel in sich zusammen, schoss wieder in die Höhe nach oben, fiel fast nach hinten und dann wieder nach vorne. Die Hände klatschten auf den Boden. Sein Kopf berührte fast die alten Marmorfliesen. Dann schien es wieder so, als ob er mit seinen Armen das Universum an sich reißen wollte. Es war ein ein Schauspiel. Ein Kräftemessen zwischen Himmel und Erde.
Seine schwarzen Haare glänzten im faden Licht der untergehenden Sonne. Der Schweiß floss in kleinen Bächen über sein Gesicht und am Boden wuchs ein Bild von merkwürdiger Schönheit.
Die Tropfen malten Sterne und Figuren.
Die Musik steigerte sich und Adonis verharrte im Takt der letzten Töne in einer Figur die Demut und Hilflosigkeit darstellte.
Ein Riese wurde zum Zwerg......
Zurück am Tisch, den umgeworfenen Stuhl nun wieder als Freund betrachtend , setzte er sich und trank den nächsten Ouzo.
Die alten Männer um uns herum klatschten in die Hände und riefen: „ Bravo, Andoni, bravo Andoni, Palikari.“
Adonis aber schrie mit herzzerreißender Stimme: „ oxi, oxi, ich bin tot, meine Seele ist verschwunden“.
Ich erschrak mich, wie die anderen. Seine Hand zitterte, seine Augen füllten sich mit Tränen. Er verlor in Sekunden seine Schönheit und der Schmerz zeichnete sein Gesicht. Ich legte meine Hand auf die seine. Fragte ihn, was ihn so verletzt oder verängstigt hat. Woher dieser Schmerz kommt.
„GERMANE ( salopp für Deutscher) sagte er, ich verliere meine große Liebe. Meinen Lebensmittelpunkt. Jeden Tag stirbt ein Teil von diesem Menschen der der Sinn meines Daseins ist.
Meine Frau ist unheilbar krank und die letzten Schübe ihres Leidens waren furchtbar.
Sie ist fast am Ende ihres Lebens und ich bin am Beginn meines Sterbens, meines Todes.

Jeden Tag verschwindet ein bisschen mehr von ihr. Ich versuche festzuhalten, doch es gelingt mir nicht. Ich bin zu schwach, die Natur ist der Gewinner.
Ich sage.“ Aber Adonis, die Liebe, eure Liebe verschwindet doch nicht“.
E fängt zu weinen an, die Stimme versagt ihm.
Ich bestelle weitere Ouzos. Wir trinken zusammen, schauen uns in die Augen und auch ohne Worte haben wir alles verstanden.
Manchmal sind Worte nicht mehr wichtig. Es ist nur wichtig, dass die Herzen die gleiche Sprache sprechen.
Irgendwann, später, tanzen wir zusammen, liegen uns in den Armen, weinen und singen und die Welt ist plötzlich so klein.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.01.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Es wurde sehr viel geschrieben über jene Jahre der unseligen Diktatur eines wahnwitzigen Politikers, der glaubte, den Menschen das Heil zu bringen. Das meiste davon beschreibt diese Zeit aus zweiter Hand! Ich war dabei, ungeschminkt und nicht vorher »gecasted«. Es ist ein Lebensabschnitt eines grünen Jahzehnts aus zeitlicher Entfernung gesehen, ein kritischer Rückblick, naturgemäß nicht immer objektiv. Dabei gab es Begegnungen mit Menschen, die mein Leben beeinflussten, positiv wie auch negativ. All das zusammen ist ein Konglomerat von Gefühlen, die mein frühes Jugendleben ausmachten. Ich will versuchen, diese Erlebnisse in verschiedenen Episoden wiederzugeben.

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