Gaby Schumacher

Eindeutig verkehrt!

Individualistin...
 
 
Unsere Kinder, ihre zweite Tochter und meine Zwillinge, wurden am selben Tag geboren. Wir waren Nachbarn, wir gratulierten uns. Das war der Beginn einer engen Freundschaft.

Die drei Babys hatten von da an zwei Mütter. Wir, Annette und ich, gluckten fortan immer zusammen und beobachteten besorgt die Fortschritte, die unsere Kleinen machten. Sonja war in allem etwas früher dran, aber sie war ja auch nicht mit zwei bzw. drei Pfund zur Welt gekommen wie mein Duo.

Mütter sind ja immer ängstlich, sehen überall mögliche Probleme, die gar nicht da sind. So auch Annette und ich. Zum Glück erwiesen sich unsere Befürchtungen als total unnötig. Die Kleinen gediehen prächtig.

Sehnsüchtig warteten mein Mann und ich auf den Tag, an dem Martina und Katharina zu krabbeln begännen. Nicht, dass wir uns unbedingt so sehr auf den damit verbundenen Stress gefreut hätten...Beaufsichtigen Sie ´mal zwei Kleinstkinder, die jedes für sich und natürlich auch immer in gegensätzlicher Richtung die Welt erobern wollen: Ein wirksameres Fitnesstraining gibt es einfach nicht.

Wieder einmal wollten wir mit unseren Vieren im Nebenhaus mit unseren Freunden einen gemütlichen Tag verbringen. Die Ruhe jener Stunden würde uns gut tun, denn wir standen bereits seit immerhin sieben Uhr auf den Beinen, wickelten, fütterten und zogen Babys an bzw. aus und versorgten so ganz nebenbei auch noch unsere beiden älteren Töchter, die sich an solchen Tagen natürlich besonders gerne zur Freude ihrer Eltern im Hintergrunde zankten wie die Rohrspatzen.

Schließlich waren unsere Großen ja auch erst fünf und sieben Jahre alt. Trotzen und Brüllen war also ihr gutes Recht. Unsere Pflicht dagegen war es, zu schlichten und nach Möglichkeit die Nerven zu behalten, was uns nicht immer ausgesprochen leicht fiel. Denn wir waren auch nur Menschen.

Also, zwischen 8 -9 Uhr badeten wir den Mini-Nachwuchs. Anschließend wurde gewickelt, gefüttert und angezogen. Futtern und sich ankleiden konnten die beiden Älteren gottlob schon alleine. Nur das Waschen zuvor...

So gegen 10 Uhr genossen dann der Papa und ich eine kurze Frühstückspause. Dann packten wir Fläschchen und alles. was zur Verpflegung von Babies so notwendig ist, in eine extra große Tasche.

Die Vorbereitungen für unsere "Reise" waren abgeschlossen. So gegen 11 Uhr wollten wir aufbrechen. Wir standen schon zwischen Tür und Angel. Da fingen die Zwillinge wie auf Kommando an zu brüllen. Ergebnis unserer elterlichen Nachforschungen: Die Kleinen hatten sich gegen uns verbündet und schnell ´mal eben die Hosen voll gemacht. Natürlich gleichzeitig, denn sie waren ja Zwillinge und Zwillinge machen ja angeblich alles gemeinsam.

Nach erneuter Pamperei fand dann das Gebrüll ein abruptes Ende und wich einem dankbaren, strahlenden Lächeln, mit dem sie ihren Papa und auch mich im Bruchteil einer Sekunde schachmatt setzten. Wie immer!

Schnellstens machten wir uns auf den Weg. Wer weiß, was unserem geliebten Nachwuchs sonst noch eingefallen wäre, um den Aufbruch zu verzögern. Wider Erwarten passierte aber nichts dergleichen. Wir waren endlich da.

Vera, die ältere Tochter unserer Freunde, verzog sich sofort nach unserem Eintreffen mit den beiden Ältesten ins Kinerzimmer. Im Wohnzimmer lagen die Zwillinge bäuchlings auf dem Teppich vor der Schrankwand, kullerten mit den Augen, strampelten mit Armen und Beinen und beobachteten neugierig alles, was sich so tat.

Wir wiederum beobachteten sie. Klein Martina war die weitaus lebhaftere der Beiden und rollte sich vom Bauch auf den Rücken und zurück. Dabei erzählte sie unentwegt:
"Da, dada, daa!"
Ihr Schwesterchen schien unschlüssig, wie sie denn auch ´mal Eindruck schinden könnte. Es war gar nicht so einfach, sich etwas einfallen zu lassen, womit sie ihrer Schwester eventuell sogar die Schau stehlen könnte. Also verhielt sie sich erst einmal still.

Dann passierte etwas, was uns Erwachsene völlig verblüffte. Plötzlich strahlte Klein-Katharina, riss ihre ohnehin riesigen Blauaugen noch weiter auf, schaute uns mit wichtiger Miene an, stemmte sich hoch, hockte da wie ein kleiner Hund auf allen Vieren und erklärte: "Dada!"

Während wir erst noch über diese überaus bedeutende Bemerkung unseres Kindes nachdachten, geschah etwas Ungeheurliches. Etwas, womit keiner gerechnet hatte und auch nie hätte rechnen können.

Unser Kleines ruckte mit Armen und Beinen von der Stelle. Zunächst äußerst zögerlich. Dann fand sie offensichtlich Gefallen daran und wurde mutiger. Sie krabbelte!

"Nun!", werden Sie sagen.
"Was ist denn daran so Besonderes. Irgendwann fängt jedes Kind damit an!"
Da gebe ich Ihnen unbedingt recht.
" Aber, krabbelt auch jedes Baby... rückwärts??"

Genau das tat unsere Tochter, und da sie sich inzwischen sicherer fühlte, sogar in einer beachtlichen Geschwindigkeit. Selbst ihre Zwillingsschwester war tief beeindruckt, das "Dada!" blieb ihr offensichtlich vor Staunen in der kleinen Kehle stecken und rumrollen tat sie auch nicht mehr.

Da Schwesterchen endlich einmal schwieg, nutzte Katharina das schleunigst aus und hielt uns einen ausschweifenden Dada-Vortrag, im Brustton der Überzeugung und mit merklichem Stolz vorgebracht. Das(!) Rückwärtskrabbeln hatte Schwester Martina nicht fertiggebracht, das(!) nicht.

Zwei Elterpaare saßen da auf der Couch, hefteten ihre Augen auf dieses Wunderkind und glaubten denselben fast nicht. Dann lachten wir los, bis uns die Tränen kamen.

"Also, wisst Ihr!", stieß Annette hervor. "Bei deren Produktion müsst Ihr irgendetwas falsch gemacht haben!"

Ungerührt ob dieser demütigenden Bemerkung der Mama Nr. Zwei machte Katharina einen weiteren kräftigen Krabbelschritt. Irgendwie spürte sie plötzlich an den Füßen Widerstand. Sauer, weil es nicht weiterging, begasnn sie empört zu schimpfen:
"Da, dadadaah!"
Ihr Gesicht verzog sich zur Babyschnute, Tränchen flossen.

Leider hatte sie ja hinten keine Augen.
Klein-Katharina war in ihrem Eifer vor der Schrankwand gelandet.
Brüüll!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.07.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Seinen wohlverdienten Urlaub hat sich Kommissar Heinz Kelchbrunner anders vorgestellt: Erst stößt er beim Graben in seinem Garten auf menschliche Gebeine, dann beschäftigt ihn ein weitaus aktuellerer Todesfall in seiner freien Zeit: Anna Einarsdóttír wird beim Spaziergang von einem Ast erschlagen – und das ist, wie sich herausstellt, nicht dem stürmischen Wetter geschuldet. Kelchbrunner und seine Kollegin Katharina Juvanic nehmen die Ermittlungen auf. Die Spur führt schließlich nach Island, die Heimat der Toten, und zum geplanten Bau eines Staudammes, der eine wertvolle Naturfläche akut gefährdet. Dass Kelchbrunner von oberster Stelle dorthin beordert wird, um weitere Nachforschungen anzustellen, kommt dem umweltbewussten Kommissar gerade recht. Vielleicht gelingt es ihm, nicht nur Licht ins Dunkel zu bringen, sondern gleichzeitig seine eigenen Schlafstörungen und einen schmerzhaften Verlust zu überwinden. Kaum in Island angekommen, muss er sich jedoch gleich mit störrischen Behörden und verstockten bis feindseligen Einheimischen auseinandersetzen. Es scheint, als sei niemandem hier an der Auflösung des Falles gelegen …

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