Walter Raasch

Beim Tierarzt

Ich war beim Tierarzt.

Ist klar, denken sie, wo willst du alter Esel auch sonst hingehen wenn die

Prostata drückt.

Aber nein, da sind sie auf der falschen Fährte.

Der Kurt hat mich gefragt ob ich mit seinem Harras zum Tierarzt gehen würde,

er könnte das so schlecht.

Kein Problem, habe ich gesagt, ich mach das schon.

Was hat er denn, habe ich gefragt, ein Schnüpferchen oder was gravierendes?

Nee, meint er, nur so einen kleinen Knubbel auf dem Rücken.

Ja und, hab ich gesagt, den kannst du doch einfach in Ruhe lassen,

stört doch keine Sau. Du hast doch auch schon immer die dicke Warze am Hals, und hast auch nichts dagegen gemacht.

Da sagt er, was, hast du die auch schon gesehen?

Der ist tofte. Den Wackmann sieht man unter jedem Rollkragen.

Das sieht aus als hätte er einen mittleren Broccoli als eiserne Reserve dabei.

„Hast du die auch schon gesehen?“, super.

Die sieht man, wen man von der A40 auf die Ausfahrt Essen-Kray kommt.

Jedenfalls meint der Kurt, dass ich ihm echt einen großen Gefallen täte,

denn wenn die die Beule wegschneiden müssten, das hielte er nicht aus.

Ist gut, dafür holst du die nächsten Karten für schwarz-gelb,

habe ich gesagt und so bin ich das erste Mal in meinem Leben zum Tierarzt gekommen.

Ich komme also in die Praxis und es ist rappelvoll.

Ich habe mir flugs den letzten freien Platz gesucht und den Harras unter meinem

Stuhl deponiert.

Au weh, das roch nach Langeweile.

Also habe ich mir meinen Nebenmann angeguckt.

Das war so ein ziemlich dicker.

Der hatte einen großen Vogelbauer mit einem weißen Papagei auf dem Schoss.

Ich glaube die heißen Kakadu.

Ich wollte ein bisschen auf Kommunikation machen und den Vogel auch mal streicheln.

Als ich den Finger in den Käfig stecken wollte sagt der Dicke zu mir,

das sollte ich mal schön lassen, der Papagei würde beißen.

Ja, dann müsste er aber von rechts wegen einen Maulkorb tragen,

habe ich  geantwortet.

Also habe ich den Vogel nur angeguckt und etwas mit ihm gesprochen:

„Na du kleiner Kacker du, na du kleiner Kacker du.“

Jetzt meinte Fetti, dass ich das bitte auch lassen sollte, aber der Vogel kriegte schon so

ein Häubchen und fing an zu kreischen.

 Boah, gute Nacht, was für ‚ne Phonzahl!

Unglaublich, was so ein kleines Kerlchen für eine Lautstärke drauf hat.

Und dazu hampelte er noch passend in seinem Käfig herum.

Das sah echt gut aus, wie er krähend und randalierend mit aufgestelltem Kamm

durch den Vogelbauer hopste.

Allen gefiel das wohl nicht.

Weil, eine von den Helferinnen hat den Dicken gebeten mit seinem befiederten Megafon draußen zu warten.

Als der Stoffel raus ging, hat er noch schönen Dank zu mir gesagt, der Idiot.

Ja da habe ich mich mal der anderen Seite zugewandt.

Da saß so eine nette Dame mit einem kleinen blauen Plastik Käfig,

die alle Nase lang vorne durch das Gitter geguckt hat.

Echt, reingeguckt, wieder weggesehen, drei Sekunden gewartet, wieder reingeguckt.

Ich mein, die sah gut aus, aber das Getue konnte einen  kirre machen.

„Könnte das was drin ist denn entkommen?“ habe ich sie gefragt.

Sie meinte nein.

„Ja warum gucken sie dann immer? Warten sie mal, jetzt haben sie Pause und

ich übernehme das mal für sie.“

Dann habe ich durch das Gitter geguckt um zu sehen was in dem babyblauen Gefängnis war.

Oh Mann, ich bin vielleicht erschrocken. Also das tat mir wirklich leid.

Ich habe die nette Dame gefragt: „Ist das  arme Tier vor einen Laster oder einen

Bus gelaufen? Wenn der Doc da noch helfen kann, dann ziehe ich aber

meinen Hut vor ihm. Scheiße, die ganze Frontpartie eingedrückt.

Zieht der das wieder raus und spachtelt ein bisschen bei,

oder wie läuft das?“

Sagt die Tusnelda, „was reden sie denn da, der Kater muss nur geimpft werden.

Das ist ein Rasse Champion, ein ganz edles Tier.“

Dann wurde sie auch schon zum Arzt gerufen.

Also von hinten sah die fast noch besser aus.

Ganz enge Hose, keine Abzeichen von der Unterbuchse.

Die brauchte nun wirklich kein so hässliches Monster als Kontrast,

um hübsch zu wirken.

Jetzt saß ich ja ziemlich alleine im Wartezimmer und habe so ein bisschen

den Harras gekrault und mir den Knubbel mal genauer angesehen.

Der sah aus wie ein Grützbeutel mit einem schwarzen Punkt drauf.

Natürlich habe ich mal dran gedrückt und schon kam so eine sulzige Masse

heraus. Genau wie aus einem dicken Mitesser.

Hat ziemlich gestunken. Die letzten Wartenden haben sich farblich dem

grünen Teppichboden angepasst.

Ich habe die Beule lieber mal weiter ausgedrückt.

Je leerer und dünner der Knubbel wurde, desto schlimmer wurde der Gestank.

Als alles raus war, saßen ich und der Harras ganz alleine.

Aber der war wie neu.

Was sollten wir jetzt noch hier?

Also sind wir abgehauen und direkt zum Kurt gefahren.

Ich habe ihm seinen Harras in die Hand gedrückt und er mir 50 Euro

Tierarztkosten und ich habe ihm gesagt wenn der Harras noch einmal in die Praxis müsste dann würde ich das gerne wieder übernehmen, es wäre sehr nett da.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.08.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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