Kimberly Chua

Tochter der Katzengöttin Teil 1: 8.Kapitel

Der Pharao
 
Der Weg zum 'Paradies des Pharaos' war ungefähr genauso lang wie der Weg von meinem Zuhause zu Bastets Tempel. So kam es mir jedenfalls vor. Doch trotzdem wagte ich jeden Schritt ohne Mühe und Not, auch wenn mein Herz so verrückt klopfte. Mir war bewusst, dass ich den Pharao persönlich kennlernen würde und das ich eine schwere Aufgabe zu erledigen hatte. Die Götter Ägyptens standen aber neben meiner Seite. Die Katzen gehörten mit zu den Göttern. Also brauchte ich sie nicht nochmal erwähnen. Sie verdienten die Ehre, die Aufmerksamkeit und die Liebe von den Ägypter und insbesondere von den anderen Götter Ägyptens. Bastet war die Mutter der Katzen und so auch ich ihre Tochter, da ich ja die Katzenseele in mir hatte. Aber ich war eine besondere Tochter. Denn ich war in menschlicher Gestalt und besaß dennoch die Seele einer Katze. Das war nicht kompliziert. Nichts was mit den heiligen Geschöpfen zu tun hat, war kompliziert.
Jetzt lief ich mühsam und sehr schnell, ja rannte fast, in Richtung Paradies des Pharaos Sethos I. und seinen Mitregent: sein Sohn, Ramses der II. Mein ganzer Körper zitterte, trotz der nächtlichen Wärme, und ich rannte und rannte. Weder müde, noch erschöpft wurde ich, obwohl mir der Wind dauernd gegen das Gesicht peitschte. Es war mir egal, denn ich musste meine Familie aus dem Gefängnis holen, da sie unschuldig war. Erschrocken stellte ich fest, dass es bald Morgen wurde. Die Sonnenbarke Chepres konnte man zur Hälfe im lila Horizont sehen. Da stoppte ich und sah ein wenig zitternd zu der Sonne. Emu.. du hast keine Zeit zu verlieren! Die zaghafte Stimme Bastets hatte mit mir gesprochen, der Wind schubste mich energisch geradeaus, sodass mir nichts Anderes übrig blieb, als weiterzurennen. Eigentlich war es auch gut so. Denn nichts würde mich jetzt aufhalten können. Gar nichts!
 Ich kam, amunseidank, dem goldenen Palast immer näher und konnte schon die an den zwei Seiten des Eingangs zum Palast stehende Amunstaturen mit dem Falkenkopf erspähen. Allmählich wurde ich ruhiger. Dann bemerkte ich wie trocken meine Kehle war. "Moment mal", murmelte ich. "Ich kann mich doch teleportieren." Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte ich nur so dumm sein? Aber das war schnell wieder egal. In meiner Hand erschien der schwarze Stab mit dem Katzenkopf am oberen Ende. Mit geschlossenen Augen hielt ich den Stab hoch, doch ehe ich mich teleportieren konnte, hörte ich ein vertrautes, lautes Miauen. Sofort riss ich meine Augen auf und sah, wie Mytsereu auf mich zu rannte. "Mytsereu!", rief ich fröhlich zurück und nahm sie in meine Arme, als sie bei mir ankam. Wir beide schnurrten. "Emu, ich hab dich so vermisst..", miaute die geliebte Katze und kuschelte sich dann an mir. "Ich dich auch.", erwiderte ich und lächelte glücklich. Erstmal genoss ich ihre Nähe, dann wurde ich ernst. Sanft ließ ich sie wieder auf den Boden.
"Jemand wollte den Pharao töten, Mytsereu. Deshalb ist jetzt meine Familie mit den anderen Gästen und Bewohner Thebens in Gefangenschaft, bis sich herausstellt, wer es auf Sethos abgesehen hat.", erzählte ich ihr kurz und knapp. Die Katze nickte. "Dann haben wir keine Zeit zu verlieren.", meinte sie und rannte los. Doch ich hielt sie auf. "Warte, Mytsereu. Ich werde uns zum Palast teleportieren." Sie tabste schnell zurück zu mir und schmiegte sich an meinen Beinen entlang. Schweigend hob ich meinen Stab wieder in die Höhe und sagte leise: "Wer nicht verliert, der auch nicht gewonnen. Bringe mich zum Palast der Pharaonen!" Um den Katzenkopf blitzte es wirbelnd auf, wirbelte immer bis zum unteren Ende des Stabes, ehe es auch um Mytsereus und meinen Körper wirbelnd flog. Letztendlich waren wir verschwunden..
  
Mytsereu und ich fanden uns in der Mitte des Palastes wieder. Die Wände, die mit Hieroglyphen versehenen Säulen waren gold oder hellbraun, sowie der Trohn, wo aber kein Pharao stand. Sowie in den Häusern von Theben war es hier menschenleer. Keine Hoffrauen, keine Wächter, keine Diener und nicht mal die Pharaos Kinder und Gemahlinnen befanden sich hier. Der königliche, rundliche Bad und der adlige Brunnen hatte kein Wasser. Mir war es so, als hätte es noch nie ein Pharao gegeben und Mytsereu ging es wahrscheinlich auch so. Verwirrt schaute sich meine Katze um. Ihr langer Schwanz war steil aufgestellt und die Ohren gespitzt, genauso wie mein Katzenschwanz und meine Katzenohren. Als ich gleichmässige Schritte hörte, nahm ich meine Katze sofort in die Arme und versteckte mich hinter einer Säule. Es ging so schnell mit dem Verstecken, dass sie mucksmäuschenstill blieb und sich nicht beschwerte, was allerdings nicht immer passierte. Eine liebliche, weibliche Singstimme erfüllte den Raum. Ich konnte einen hellbraunen Fuß in einer Sandale vor der Säule, wo ich mich dahinter mit Mytsereu versteckt hatte, sehen. Egal wer es war; der Mensch stand vor meinem Versteck.
"Komm raus! Ich weiß, dass du dahinter steckst.", forderte die Frau jemanden auf. Mich? Mein Herz klopfte aufgeregt und meine beste Freundin zitterte. Beruhigend streichelte ich über dem Kopf, bevor ich Anstalten dazu machte, hervor zu treten. Mit hängenden Kopf stand ich dann vor ihr, bis mir klar wurde, dass ich verwandelt war! Zitternd wich ich ein paar Schritte zurück. Doch die junge Frau, kaum jünger als ich, lächelte mich an. Sie hatte ein enges, rotes Trägerkleid an. Um ihren Hals hatte sie auch ein großes, buntes Amulett, das, wie ihre schwarzen Haare, bis zu ihren Schultern ging. Glatt lag ihr Haar über dem Halsschmuck. Weder ein Armschmuck, noch ein Beinschmuck trug sie. Wahrscheinlich würde sie diesen Schmuck erst später bekommen.
"Ich bin Nefertari. Gemahlin des Ramses.", stellte sie sich vor. "Du musst die Tochter der Katzengöttin sein.", meinte sie überrascht. Mein Zittern hörte langsam auf und ich bemerkte, dass Mytsereu seelenruhig schlief. Nur kurz warf ich einen sanften Blick auf sie, dann wandte ich mich wieder Nefertari zu. "Sehr erfreut.", sagte ich leise. Mir wurden wieder die letzten Worte der Nefertari bewusst. Verwundert schaute ich sie an. "Woher weißt du das?", fragte ich schnell und schritt ein wenig zurück.
"Isis ist mit Bastet mir im Traum erschienen. Beide haben mir gesagt, dass du hier her kommen würdest, um deine Familie zu befreien. Sie haben mir auch erzählt, dass du dich hinter dieser Säule" Kurz hielt sie inne und klopfte mit der einer Hand auf die Säule. ".. verstecken wirst. Aber das Wichtigste ist, dass du die Tochter der Katzengöttin bist, Emu." Ihre Stimme klang freundlich und sehr sanft. Ich lächelte nett und seufzte erleichtert. "Aber bitte verrate nicht, dass ich eine Halbgöttin bin.", bat ich sie.
"Isis hat mir befohlen, nichts zu verraten und ich werde auf sie hören."
Dankbar schaute ich sie an.
"Nefertari!" Eine strenge, laute Männerstimme hallte durch das Palast. Schnell verwandelte ich mich in die sterbliche, junge Frau, setzte ein höfliches Lächeln auf und sah auf Mytsereu, die angeblich wegen der Stimme aufgewacht ist. Misstrauisch blickte die Katze zu Nefertari und dann zu einem glatzköpfigen Mann; der Pharao. Keine Verletzungen waren an seinem Körper zusehen. Bestimmt war nur sein Sohn schwer verletzt. Mytsereu sprang leise runter und rannte mit flinken Bewegungen aus dem Palast. Gleich danach wollte ich ihr folgen, doch Nefertari hielt mich sanft und vorsichtig an meinem rechten Arm fest und nickte mir auffordernd zu. Sethos hatte einen ernsten Blick aufgesetzt. Er trug diesmal nicht seinen Pharao'anzug', sondern nur ein weißen, losen Shenti. Sein Oberkörper war nackt und sein Gesicht ungeschminkt. Ich verbeugte mich als Zeichen meines Respektes vor ihm.
"Seid gegrüßt, Emu." Der Pharao hatte eine tiefe Stimme. Aber mich wunderte es, woher er meinen Namen wusste. Fragend schaute ich ihn an und sagte kein einziges Wort. "Nefertari hat es mir erzählt.", beantwortete er meine Frage, ohne dass ich sie ihm laut gestellt hatte. Meinen fragenden Blick hatte er scheinbar bemerkt. Still stand Nefertari neben dem Vater Ramses. Ob sie ihm.. Nein. Ein Versprechen, dass man einem Gott gegeben hatte, durfte man nie brechen. Sonst würde das Leben desjenigen tödlich enden. Nefertari wollte bestimmt nicht so schnell in ihren zarten 16 Jahren sterben.
"Ich möchte Sie bitten, Pharao, meine Familie freizulassen. Sie ist unschuldig." Flehend sah ich ihn wieder an.
"Verzeiht mir, Emu, aber ich kann sie nicht freilassen. Solange wir nicht wissen, wer mich töten wollte.", sagte er.
"Ich.. ich kann ja herausfinden, wer Sie töten wollte." Schüchtern lächelte ich. Er lachte belustigt. Doch ich fand es gar nicht lustig. Beleidigend ging ich ein paar Schritte weg. Sofort hörte er mit dem Lachen auf und räusperte tief. "Verzeiht mir. Du bist wie eine Katze. Wissen Sie das?" Ich wollte den Pharao anlügen, doch wenn ich das tat, würde ich von Re bestraft werden. "Ähm, ja. Das weiß ich.", gab ich zu.
"Nun. Um wieder auf das Thema einzugehen. Gut, ich erlaube dir herauszufinden, wer der Böse ist. Da du wie eine Katze bist, wirst du es auch schaffen. Aber unter einer Bedingung!", meinte er und hob warnend sein Zeigefinger. "Ramses wird dich begleiten, da er bald Ihr Blutsbruder sein wird." Nefertari, sowie ich, waren sprachlos und überrascht. Rames würde bald mein Blutsbruder sein? Das konnte ja nicht wahr sein. Er war keine Katze und er gehörte nicht zu meiner Familie. Plötzlich zitterte ich und schluckte leise. "Okay, er kann mich begleiten.", brachte ich mühsam hervor. Er muss mich begleiten..
FORTSETZUNG FOLGT!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.03.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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