Gaukler ist eine in früheren Jahrhunderten üblich gewesene, allgemeine
Bezeichnung für einen Unterhaltungskünstler. Heute wird der Begriff
fast nur noch in historischen Kontexten verwendet.
Im
weitesten Sinne war ein Gaukler ein Artist, der Kunststücke beherrschte
und mit diesen die Menschen meistens auf offenen Plätzen wie der Straße
unterhielt. Bei ihren Darbietungen handelte es sich zum Beispiel um
Zauberkunststücke, aber auch um besondere Fertigkeiten sportlicher Art
(zum Beispiel auf den Händen laufen, Einradfahren, jonglieren). Auch
Komiker und Clowns – nur selten jedoch fahrende Musiker und Sänger –
wurden als Gaukler bezeichnet. Für weibliche Unterhaltungskünstler
(Musikantinnen, Tänzerinnen, Artistinnen) wurde der mittelalterliche
Begriff Jongleresse benutzt. Reine Tänzerinnen wurden in
mittelalterlichen Texten auch salatrix genannt.
Zu den
Gauklern gehörten auch Quacksalber, Possenreißer, Bärenführer,
Zirkusangehörige und Wanderprediger. Sie traten auf Kirchfesten und
Jahrmärkten auf und präsentierten ihre Kunststücke. Von ihren
Taschenspielertricks leitet sich der heute noch gebräuchliche Begriff
„vorgaukeln“ (falsche Tatsachen vorspielen) ab.
Im Gegensatz zum
heutigen Begriff Unterhaltungskünstler, Artist oder Komiker ist der
Begriff Gaukler teilweise negativ besetzt, da mit ihm unehrliches
Fahrendes Volks verbunden wird, das nur darauf aus ist, den unbedarften
Bürgern das Geld aus der Tasche zu ziehen oder es als Beutelschneider
zu rauben. Gaukler standen deshalb früher außerhalb der
gesellschaftlichen Standesordnung und hatte keine rechtliche,
kirchliche oder soziale Geltung. Gesetzestexte wie der Sachsenspiegel
und der Schwabenspiegel, aber auch Stadtrechte schützten weder das
Leben der Fahrenden noch ihre Unversehrtheit oder ihr Eigentum.
Heutzutage
wird mit dem Begriff unbefangener umgegangen. Es kommt vor, daß einige
Artisten sich sogar selbst als Gaukler bezeichnen. Auch der Begriff
Jongleur hat die Konnotation „unehrlich“ weitgehend abgelegt, obwohl
auch heute noch eine gewisse Zurückhaltung gegenüber Jongleuren und
ähnlichen Berufsgruppen gewahrt wird. Im Gegensatz zu Jongleuren, die
nichts zeigen, was sie nicht können, trifft der Begriff `vorgaukelnŽ in
seiner negativen Bedeutung `täuschenŽ eher auf Zauberer und
Taschenspieler zu. Dennoch bezieht sich der Begriff Gaukler eher auf
den Jongleur und Artisten als auf Zauberer und Taschenspieler.
(Quelle: Wikipedia)
Gestatten,
daß ich mich vorstelle: Wendelin lautet mein Name. Gaukler bin ich von
Beruf. Zuerst mache ich einen Handstand auf einer Hand. Dann laufe ich
auf den Händen eine Runde durch die Manege. Kaum, daß ich auf den
Beinen stehe, jongliere ich mich Bällen, Kegeln und Säbeln. Dann spucke
ich Feuer. Auf Wunsch werfe ich auch Messer.
Im zweiten Teil
meiner Vorstellung biete ich ein paar sportlich-akrobatische
Darbietungen. Mittels Trampolin gelange ich auf ein Hochseil. Dort
fahre ich Einrad. Das Einrad ist so auf dem Hochseil befestigt, daß es
nicht herunterfallen kann. Zwei Helfer bewegen das Hochseil mittels
Kurbeln. Da die Nummer humoristisch angelegt ist, sieht der Zuschauer
dies alles. Nach einer kurzen Pause trete ich als dummer August auf.
Ich bin in dieser Nummer also Clown. Ich bin geschminkt und spiele eine
Quetschkommode. Je nach Lust und Laune reiße ich auch ein paar Possen.
Hört
sich gut an, was Wendelin da anbietet. Die Sportakrobatik kann ich
nicht gebrauchen. Dafür ist mein Variete nicht eingerichtet. Ich habe
nur eine mittelgroße Bühne; da kann ich keine großen Nummern bringen.
Ich habe ein paar Musiker, eine Cancan-Nummer, Stimmenimitatoren,
Bauchredner, einen Hütchenspieler, einen Kartenspieler und
Büttenredner. Es wird Zeit, daß ich mein Programm erweitere, sonst
bleibt mir das Publikum weg.
He, Chef, laß Dir aus der Hand lesen.
Was ist?
Ich möchte Dir die Zukunft voraussagen. Dafür brauche ich Deine rechte Hand.
Hier ist sie.
Chef, Du mußt vorsichtig sein. Da will Dich jemand auf den Arm nehmen.
(Duisburger Generalanzeiger, 30. Februar 2015)
Als
fingerfertiger Beutelschneider entpuppte sich Wendelin gestern im
Duisburger Variete. Als er seine Clownerien präsentierte, wanderte er
auch zwischen den Tischen und Stühlen umher. Seitdem fehlen einigen
Gästen ihre Uhren und Schmuck; anfangs fehlende Geldbörsen und
Brieftaschen wurden später geldentleert in einer Aschentonne gefunden
und konnten somit den Eigentümern zurückgegeben werden.
Auch
wenn es keine Fingerabdrücke auf den Geldbörsen und Brieftaschen gab,
so kommt nur Wendelin als Täter in Frage. Er war der einzige, der den
Gästen (körperlich) nahekam.
Ein paar eigene Gedanken seien
an dieser Stelle schon erlaubt. Wie soll ich sagen? Sowohl im Fernsehen
wie auch auf Bühnen scheint mir das klassische Unterhaltungsprogramm
verlorengegangen zu sein. Damit meine ich nicht etwa Musikprogramme, in
der moderne Titel oder Rückblicke präsentiert werden. Es gibt kaum noch
Varietes, die ein entsprechendes, ambitioniertes Unterhaltungsprogramm
bieten. Auch beim Fernsehen fällt mir keine Sendung ein, in der ein
„Gaukler“ auftreten kann.
An dieser Stelle sehe ich durchaus
Nachholbedarf. Ganz egal, ob ich jemanden Gaukler,
Unterhaltungskünstler oder sonstwie nenne, ganz egal, ob es abends oder
am Wochenende ist, allein, mit der Familie oder Freunden ist, für gute,
gepflegte Unterhaltung und Entspannung ist ein entsprechender Künstler
immer gern gesehen.
Beim Fernsehen habe ich den Eindruck, daß
„Comedy“ (möglichst als Einkauf aus Amerika) im Vordergrund steht. Die
Quote entscheidet, was gesendet wird und was nicht. Eingespielte Lacher
sollen anzeigen, was lustig ist und wann der Zuschauer lachen darf.
Der
begabte Nachwuchskünstler, der nicht in dieses Raster paßt, kommt gar
nicht erst zum Zuge. Jongleure? Bauchredner? Einradfahrer? Zauberer?
Alleinunterhalter? Andere Unterhaltungsformen? Die Zeiten, in denen ich
ein solches Programm zu sehen bekommen habe, sind lange her. Doch halt!
Vielleicht liegt es ja an mir. Möglicherweise gehöre ich ja zu einer
aussterbenden Art von Zuschauern. Spaß darf die Unterhaltung machen,
handwerklich gut soll sie sein und phantasievoll, nicht immer denselben
Einerlei bieten. Unterhaltung mit nicht immer hochgeistig-intellektuell
daherkommen; ich habe gelernt: Auch die gelungene, witzige Pointe darf
der guten Vorbereitung und Können seitens des Ausführenden.
Habe
ich möglicherweise eine falsche Vorstellung von Unterhaltung? Gehe ich
heute auf Kirmessen, Jahr- und Weihmachtsmärkte, sehe ich sehr viele
Freßbuden. Schnellzeichner? Hau-den-Lukas? Handgemachte Musik? Ich sehe
sie kaum noch.
„Meine Güte, jetzt springt der Rüdig ja ganz
schön,“ höre ich Sie jetzt sagen. „Zuerst ist er beim Fernsehen, dann
beim Theater / Variete und jetzt auf Kirmessen. Wie paßt das alles
zusammen?“ Für mich paßt das alles gut zusammen.
Für mich geht
es darum, das vorhandene Unterhaltungsspektrum zu erweitern, dabei auch
auf traditionelle Präsentationsformen zurückgreifen zu können, es
handwerklich gekonnt und qualitativ hochwertig zu präsentieren und sich
auf die eigenen Wurzeln und Stärken zu besinnen. Unterhaltung hat auch
etwas mit Kultur zu tun. Ein Unterhaltungskünstler ist genauso ein
ernstzunehmender und gleichberechtigter Künstler wie Schauspieler oder
Filmemacher. Hier geht es um die Gleichberechtigung der verschiedenen
Kunstformen. Es gibt eben auch eine Kultur jenseits der stattlich
geförderten Hochkultur, die Theater und Oper / Konzert künstlich am
Leben hält und für die übrige Kultur nichts übrig hat.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.12.2008.
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