Brötchen angeln

Ich habe für mich einen neuen Sport entdeckt. Vorbei ist die triste Zeit, wo ich mich beim Bäcker angestellt habe, um meine Brötchenbestellung aufzugebenund sie dann dort eintüten zu lassen.
Endlich kann ich selbst aktiv sein. Ich gehe morgens zum Brötchen angeln zu Lidl.

Schon abends werde ich leicht unruhig. Die Tagesschau kommt und danach die Wettervorhersage. Ich darf sie nicht verpassen. Wie wird das Wetter morgen? Was lege ich an Klamotten heraus, die dann morgens zu meinem neuen Sport passen. Auch überlege ich mir, ob und welche Köder bei dem Wetter besser wären, damit die Brötchen besser anbeißen.

Bei Aldi und Rewe habe ich es auch versucht, aber da ist es langweilig. Bei Aldi fallen auf Knopfdruck die Brötchen heraus, bei Rewe gibt es eine Zange, um die Brötchen zu erwischen. Hier bei Lidl ist es doch an spannendsten.

Das Angebot ist groß: Laugenbrezeln. Laugenwecken, Fußballbrötchen, Brötchen ohne psychiatrische Behandlung, nämlich die normalen, dann Weltmeisterbrötchen, die mich am Erfolg des Teams teilhaben lassen. Nur die Blindenbrötchen mit den schönen Geschichten fehlen mir, so muss ich auf die Medien zurück greifen, um die neuesten Nachrichten zu erfahren. Für diejenigen, die nicht wissen was gemeint ist, es sind die Mohn- und Sesambrötchen.

Mit  den anderen Mitanglern scharre ich mich um die Anglerplätze. Endlich komme ich an die Reihe. Mit der vorgesehenen Angel, leider darf ich kein eigenes Zubehör mit bringen, fange ich an zu sortieren und zu angeln. Dabei geht mein Seitenblick immer zu meinen Mitanglern. Was die wohl heute für einen Köder benutzen, dass es so fluppt.

Ich habe eine besonderes Brötchen mitten im Haufen entdeckt. Es sagt mir: "Nimm mich!" Ich baggere den Weg frei und sortiere um. Endlich habe ich es erreicht und ziehe es in meine Reuse, die dafür vorgesehen ist. Nun habe ich eine Serie, aber ich muss Schluss machen mit dieser Sorte, denn es passen nur vier Brötchen in die Reuse. Schnell nehme ich sie mit der Hand heraus und packe sie in eine Tüte. Dann schaue ich auf meinen Auftragszettel und sehe nach, was ich noch alles abangeln muss. Noch ein Laugenbrötchen, zwei Normale und zwei Fußballbrötchen. Die Weltmeisterbrötchen habe ich ja schon in der Tüte. Mehr darf ich nicht nehmen, sonst gibt es bei uns wieder die ganze Woche Frikadellen. Ich esse sie an sich gerne, weil sie mich ja an die Brötchen erinnern. Aber die ganze Woche? Das muss nicht sein. Also mache ich Schluss und ziehe mit der Fangbeute ab an die Kasse. Ein schöner Frühsport und dazu noch über die Hälfte billiger als beim Bäcker, wo ich mich nicht entfalten kann.

Jetzt heißt es wieder warten auf heute Abend, damit ich für morgen die Vorbereitungen treffen kann. Ein Sport den ich nur empfehlen kann.


21.08.2011                           Norbert Wittke

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