Diethelm Reiner Kaminski

Ein Schnäppchen



Oma Schrader öffnet die Tür nur einen Spalt, doch da ist es schon zu spät. Der Hüne hat seinen Fuß in die Lücke geschoben, stößt die Tür mit einem Ruck auf und drängt Oma Schrader unsanft in den Flur ihrer Wohnung. Es geht alles so schnell. Der Hüne ist auf einmal nicht mehr allein, sondern mit ihm sind eine Frau und ein weiterer Mann. Der hält Oma Schrader eine Teppichrolle unter die Nase: „Extra klasse. Gut Preis. 200 Euro. Serrrr scheen.“

Oma Schrader weiß: In dieser Situation, vor der sie sich immer gefürchtet hat, gibt es nur eins: So tun, als ob sie den wertlosen Teppich kaufen wolle. Sie befühlt die billige Qualität und sagt: „Der gefällt mir. Ich wollte mir schon lange einen neuen Teppich zulegen. Doch in meinem Alter komme ich nur noch selten in die Stadt.“
 
Während sie vergeblich in ihren Schürzentaschen nach Geld sucht, ist der Hüne mit der Frau in die Küche gegangen, registriert Oma Schrader empört. Die Betrüger haben nicht einmal um Erlaubnis gefragt. Sie kann sich denken, was sie dort tun.
Ihre Ersparnisse finden sie auf keinen Fall, das hätte sie ihnen gleich sagen können.
Die sind auf dem Sparbuch. Und das hat ihr Sohn in Verwahrung genommen, weil Oma Schrader es immer verlegt und dann den Sohn um Geld anpumpen muss.
 
Als die Frau und der Hüne mit enttäuschten Gesichtern zurückkommen, hat Oma Schrader schon Gläser aus der Vitrine genommen und für alle einen Cognac eingeschenkt. „Auf den günstigen Kauf.“

Der Mann mit der Teppichrolle protestiert. „Aber du nix bezahlen.“

„Ich habe mal wieder vergessen, Geld vom Sparbuch abzuheben. Aber Sie können den Teppich ruhig hier lassen, wenn Sie Vertrauen zu einer alten Frau haben, die nicht weglaufen kann. Kommen Sie morgen wieder. Dann kriegen Sie das Geld für den Teppich.“

Kochend vor Wut kippt das Gaunertrio den Cognac runter und zieht mit der Teppichrolle davon. Es weiß noch nicht, dass die verschlossene Geldkassette, die sie im Küchenschrank gefunden und eingesteckt haben, nur unbezahlte Rechnungen enthält.
 
Kaum sind die Drei aus der Tür, wählt Oma Schrader die Nummer 110: „Ich möchte Ihnen die Autonummer von drei Trickdieben durchgeben. Sie wollten mich gerade ausrauben. Die Nummer habe ich mir heute Morgen notiert, weil mir der Wagen mit der fremden Nummer verdächtig vorkam. Und ihre Fingerabdrücke habe ich auch gesichert. Die Beweismittel können Sie im Hermann-Löns-Weg 23 b abholen. Ich mach dann inzwischen schon mal die Personenbeschreibungen fertig.“
 

05.02.2006

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