Hubert König

Morgengrauen


Georg Forster sitzt seit Stunden auf dem Rücksitz eines alten Puch Geländewagens des Militärs und wartet. Und stinkt. Der abgestandene Schweißgeruch ist aber nicht mehr relevant, die Dichtung an den Türen ist entweder undicht oder nicht mehr vorhanden, es ziehen ständig Abgase in die Fahrerkabine und übertünchen die vergleichsweise schwachen Körpergerüche.
Georg kennt den Fahrer und den Beifahrer nicht, auch nicht das Ziel ihrer Reise oder den Grund. Er kann sich auch nicht erinnern, je ihre Gesichter gesehen zu haben, eigentlich kann er sich an gar nichts erinnern. Nur, dass er jetzt in diesem Fahrzeug sitzt und nicht freiwillig hier ist!
Der Wagen wird langsamer, verlässt die Landstraße, biegt auf einen nicht asphaltierten, aber gut gepflegten Weg ein und nähert sich einem alten Landgasthaus. Nachdem der alte Geländewagen gestoppt hat, steigen die beiden fremden Gestalten aus, sondieren kurz die Umgebung und marschieren zielbewusst zur Eingangstür. Georg steigt aus und folgt ihnen, wenn auch widerwillig. Er möchte flüchten, weiß aber dass das böse Folgen haben würde, auch wenn er von ihnen bisher nicht gedroht wurde.
Neben dem Gasthaus scheint eine Pferdekoppel zu sein, ein rustikaler Weidezaun aus Holz umrahmt eine schlammige Fläche von ein paar hundert Quadratmetern. Georg packt die Neugier und er geht langsam zum Zaun. Er blickt nervös nach hinten, um sicherzugehen, dass sein kleiner Abstecher den beiden identitätslosen Unteroffizieren nicht auffällt. Mit den Händen tastet er nach dem Weidezaun während er verkrampft nach hinten schielt und langsam einen Fuß vor den anderen setzt. Er fühlt die Holzbalken und hält kurz inne. Jeder seiner Atemzüge tobt wie einen Sturmböe, sein Herz schlägt, dass er den Puls am ganzen Körper spürt. Sie scheinen ihn nicht zu vermissen. Niemand ist ihm gefolgt, aber jemand oder etwas kommt auf ihn zu, allerdings aus der anderen Richtung. Schnell. Bedrohlich. Georg wendet seinen Blick, in Erwartung in der nächsten Sekunde dem Teufel höchstpersönlich gegenüberzustehen, nach vorne. Zwei riesige Strauße laufen mit gespreizten Flügeln auf ihn zu. Georg macht einen Satz nach hinten, stolpert über einen Stein und landet rücklings auf dem Schotterweg. Seine Neugier scheint die beiden mächtigen Vögel verärgert zu haben, mit wütendem Gekreische und ziemlich unbeholfen, aber voller Hass auf den Fremdling versuchen sie über den Zaun zu gelangen.
„Steh auf du Arsch!“ sagt Georg zu sich selbst mit zusammengebissenen Zähnen. Er rappelt sich hoch, ohne den Blick von den riesigen Vögeln abzuwenden. Als er endlich etwas Abstand gewinnen kann, beruhigen sich die beiden Tiere, fixieren Georg aber mit einem durchdringenden und feindseligen Blick. Georg kehrt den Vögeln misstrauisch den Rücken zu und betritt die verrauchte und muffige Gaststätte.
„Ich müsste dringend auf das WC“, sagt Georg zum größeren der beiden Unteroffiziere und ohne auf eine Antwort zu warten begibt er sich in Richtung der Toiletten. Georg beschleunigt seinen Schritt, läuft an den verdreckten WC Türen vorbei und bei einer kleinen Tür raus aus dem Gasthaus. Er ist im Innenhof angelangt, ein großes offenes Tor an der gegenüberliegenden Seite lässt einen Funken Hoffnung aufkommen. Georg setzt gerade zu einem Sprint an, als er ein tiefes und unheilvolles Grummeln hört. Er dreht sich um und blickt in die dunklen Augen eines großen schwarz-braunen Hundes, der an einer langen, nicht sehr zuverlässig wirkenden und rostigen Kette hängt. Weißer Geifer tropft an den Lefzen des Rottweilers herunter, es fletscht die Zähne und starrt Georg an, der vor Angst wie gelähmt dasteht. Im Augenwinkel sieht er plötzlich eine Bewegung der kleinen Türe, die ihn in die Freiheit geleitet hatte. Die Tür springt blitzartig auf, Georg erblickt im Dunkeln die Silhouette des fetten Wirts, der in Richtung eines großen schwarzen Schattens blickend mit dem Finger auf Georg zeigt und laut „schnappen Sie sich den Hurensohn“ schreit.
Als ob das auch das Kommando für den Kettenhund gewesen wäre, beginnt eine wahres Artilleriefeuer an Schreien des Unteroffiziers und angriffslustigen Bellen und Knurren des Hundes das Zerberus zur Ehre gereicht hätte. Georg läuft los. Seine Beine fühlen sich taub an und er setzt gequält einen Schritt nach den anderen. Ein metallisches Klingeln und Rasseln verrät ihm dass die alte Kette den Dienst versagt hat und gerissen ist.
Georg rennt so schnell er kann, aber er kommt kaum von der Stelle. Die beiden Verfolger kommen immer näher, er kann schon förmlich den Atem des Hundes im Nacken spüren. Keine zwanzig Meter trennen ihn von dem Tor, dass ihm die Freiheit verspricht, aber dieses Tor scheint immer weiter weg zu driften. Georg stürzt, er ist über seine eigenen gefühllosen Beine gestolpert. Der Soldat holt ihn endgültig ein und stürzt sich auf ihn, drückt ihm ein Knie in den Rücken und schreit ihn aus vollem Hals an während er ihm seine Pistole an die Schläfe hält. Ein unmenschlicher Schmerz an der linken Schulter lässt Georg kurz die Waffe an seinem Kopf vergessen, das Ungetüm von einem Hund hat sich in seine linke Schulter verbissen. Blut fließt, er spürt wie die Zähne über die Knochen kratzen.
Blut und Staub verkleben seine Augen. Er versucht sie zu öffnen, schafft es aber nicht. Der Hund verstärkt den Biss und beginnt seinen Kopf zu schütteln als wollte er ihm das Fleisch vom Körper reißen. Georg schreit mit weit geöffneten Augen und sich vor Schmerzen windend gequälte und hysterische Laute, die wohl bereits unsere ältesten Vorfahren kannten. Er langt mit dem rechten Arm nach vorne und sucht Halt, ein sinnloses Unterfangen, denn er wird sich aus seiner Situation nicht mehr befreien können. Er ertastet etwas Hartes, ein grässlicher Fuß mit viel zu großen Krallen. Vor ihm stehen die beiden Strauße von zuvor. Der linke Vogel senkt seinen Kopf blitzschnell und pickt Georg mit dem kräftigen Schnabel gegen den Kopf. Nach einem weiteren Schlag beginnt auch der zweite auf Georg einzuhacken, packt einen Büschel blutiger Haare und reißt daran.
Georg ist verwirrt, er ist sich nicht sicher wo er momentan ist. Er bemüht sich die Augen aufzumachen, das ist aber mühsam. Irgendjemand sitzt auf seinem Rücken. „Guten Morgen Schatz“, sagte eine Frauenstimme. Anna fährt ihm sachte durch die Haare und küsst seine Schulter und seinen Nacken. Eindeutig besser, als von einem Rottweiler angefallen zu werden. „Hast Du geträumt?“ fragt sie leise in sein rechtes Ohr. Ihre Lippen berühren ihn dabei und Georg läuft ein wohliger Schauer vom Nacken den Rücken hinunter und landet direkt in seinem besten Stück. „Wenn Du so weitermachst, muss ich mich umdrehen und dann komme ich garantiert eine halbe Stunde zu spät zur Arbeit und Du kannst die Kinder nicht rechtzeitig in die Schule bringen.“ Georg versucht sich ohne viel Erfolg von seinen ehelichen Pflichten zu drücken. Er hat durchaus bemerkt, dass Anna bereits den ersten Schritt gemacht hat und sich ihres Slips entledigt hat, denn er spürt am Rücken die feuchte Wärme ihrer Vagina. Anna weiß noch immer, wie sie Georg betören kann und meistens funktioniert es auch. Früher musste sie nur mit den Augen zwinkern und eine Minute später waren sie bereits im Schlafzimmer verschwunden. Diese Zeiten sind allerdings vorbei, Annas Methoden sind mittlerweile weniger subtil, aber noch immer wirkungsvoll.
„Sag schon, was hast Du geträumt? Du hast gejammert und Dich von einer Seite auf die andere gewälzt.“. Annas Stimme klang etwas besorgt. „Ich hatte geträumt, dass ein Killer mit 110kg auf meinem Rücken sitzt.“ war Georgs knappe Antwort.
To be continued...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.11.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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