Ulla Meyer-Gohr
Die Hochzeitsreise
Ein leichter Wind weht über das Meer Richtung Festland. Sanft schwappen die Wellen gegen den Strand.
Das Mondlicht spiegelt sich auf der Wasseroberfläche. Aus der Ferne dringt unbekümmertes Lachen herüber. Ein Hauch von Tausend und einer Nacht ensteht.
Lucielle und Bernard genießen einen ihrer letzten Abende der ausklingenden Flitterwochen. Bei einem
Glas Rotwein hängen sie den Erlebnissen ihrer Reise nach.
Das letzte Ausflugsziel gilt dem altem Stadtkern von Hammamet. Bernard ist besorgt.
" Bleib dicht an meiner Seite sonst trennt uns das Gedränge des Bazars !"
Sie suchen Souvenirs um ein Stück Orient daheim zu verschenken. Das bunte, fremdartige Treiben zieht
die Beiden in den Bann. Fürsorglich umfasst der Frischangetraute die Hand seiner Partnerin. Dabei sieht
er seinem Schatz in die aquamarinblauen Augen. Ihre langen, blonden Haare schimmern wie pures Gold in der Sonne. Verstohlene und sehnsüchtige Blicke der orientalischen Männerwelt folgen der jungen Frau.
" Junge Schöne - machen guten Preis - kommen bei mir schauen !"
Ein glutäugiger Einheimischer, mit Fez und Kaftan, versucht die Braut in seinen Verkaufsstand zu locken.
Fasziniert hängen seine undurchdringlichen, dunklen Augen an der hübschen Frau. Nur mit Mühe kann er
sein hitziges Temperament zügeln. Neugierig angelockt versuchen auch andere Männer die junge Frau
zu berühren.
" Hände weg !" zischt Bernard und schlägt mit einem Hieb auf den Unterarm eines besonders dreisten
Mannes. Darauf steuert er mit festem Griff sein junges Glück aus der Bedrängnis. Erst nach einiger
Entfernung kommen beide wieder zum Durchatmen. Danach stürzen sie sich erneut in das Getümmel. So
vergeht ein ganzer Nachmittag voll neuer Eindrücke. Begeistert erspäht Bernard einen besonders aus-
gefallenen Schmuckladen. Die Auslage quillt über mit den feinsten, filigranen Kostbarkeiten. Genau das Richtige für seine Lucielle. In Gedanken sieht er bereits ein wunderschönes Collier an ihrem Hals glänzen.
" Lucielle, schau mal ! - Lucielle !? - Lucieeelle !!! " Keine Antwort.
" Mein Gott !" ruft er in seiner Panik.
Hektisch beginnt er zu suchen. Stunden voller quälender Gedanken steigern die Fantasie bis zur Hysterie.
Aus dem bösem Albtraum muss es doch ein Erwachen geben ? - Nichts - Lucielle bleibt wie vom Erdboden verschwunden. Ratlosgkeit breitet sich aus. Er braucht Hilfe und bekommt sie. Selbst Interpol
schaltet sich ein. Seit längerer Zeit verfolgt die Organisation eine Verbbrecherbande, die mit Menschen-
handel im Zusammenhang gebracht wurde. Ihre Spur lässt sich bis in den Orient verfolgen.
Eine Sondermaschine fliegt den traumatisierten Bernard nach Paris zurück.
" Ich bin immer für dich da ! - Uns kann nichts trennen !" hört er in Gedanken Lucielles helle, klare
Stimme. Ein verbittertes Lächeln huscht über sein gezeichnetes Gesicht.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.09.2008.
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