Hans Pürstner

INRI 2.0 Teil 16

 

 

Kilometerweit quälten sich die Autoschlangen vorwärts, von Zefat im Norden, Haifa im Westen und von Aquifim im Süden. Alle hatten ein Ziel, Tiberias, die Stadt mit der großen Vergangenheit, gelegen am Ufer des Sees Genezareth.

Ein Love and Peace Festival, veranstaltet zum Gedenken an das legendäre Woodstock Festival Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Der Militärgouverneur von Palästina, zur Zeit ein amerikanischer Oberst, hatte persönlich die Schirmherrschaft übernommen.

Das ist ja genau wie im Woodstock Film, Sergeant” rief er seinem Fahrer lachend zu und genoss sichtlich das Privileg, durch die Motorradeskorte an den im Schritt-Tempo fahrenden Autos vorbeibrausen zu können.

Ich hoffe nur, dass nicht wieder ein Musiker die Nationalhymne verhunzt wie der gute alte Jimmy Hendrix seinerzeit. Ich glaube kaum, dass die Leute hier schon so liberal sind, dies hinzunehmen!”

Ich bin ja gespannt, ob die gute alte Madonna tatsächlich noch mal auftritt, Sir” antwortete Sergeant Muller.

Oberst Weinlaub nickte und meinte ”Ja, ich habe sie damals bei ihrem “Last Concert” in San Franzisco gesehen. Aber wie schon bei vielen anderen Popstars ist es nicht bei diesem letzten Konzert geblieben. Wer weiß, vielleicht schafft sie es trotz ihrer zweiundsiebzig Jahre doch noch, das Publikum zu begeistern. Alleine schon wegen ihres Namens passt sie ja ganz gut hierher, schließlich soll ja auch dieser Wanderprediger auftreten, dieser Joshua, dem man Ähnlichkeiten mit dem Jesus der Christen nachsagt.”

Dank Blaulicht und dem rücksichtslosen Drängeln der Motorradpolizisten waren sie bald am Ufer des Sees eingetroffen wo sich schon Tausende Besucher auf der Wiese vor einem Hügel gemütlich gemacht hatten.

Woodstock lässt grüßen”, rief Oberst Weinlaub, nachdem Yonatan Geller, der Bürgermeister von Tiberias auf ihn zugetreten und ihn freundlich begrüßt hatte.

Das scheinen ja zehnmal so viele Leute zu sein, die zum Festival wollen. Sind Sie denn überhaupt auf so einen Ansturm vorbereitet, Mayor Geller?”

Ich fürchte, wir werden nicht alle satt kriegen. Da es eine nichtkommerzielle Veranstaltung werden sollte, hat der örtliche Fischereiverband sich bereiterklärt, einen Holzkohlengrill aufzustellen und den heutigen Fang zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurden fünf Fässer Gamala gestiftet, das ist ein Chardonnay von den Golanhöhen.”

Na, da bin ich ja gespannt”, rief der Oberst, “hoffentlich haben sich die meisten selbst was mitgebracht! Mir persönlich ist ein kaltes Bier ohnehin lieber”

Er ging zusammen mit dem Bürgermeister zur Bühne die vor dem Hügel aufgebaut war. Zwei Tontechniker waren eifrig dabei den Soundcheck durchzuführen. Der Oberst hielt sich die Ohren zu als plötzlich ein lautes Rückkopplungsgeräusch aus den Lautsprechern ertönte.

Was die moderne Technik doch schon alles erfunden hat, aber diese Gequietsche haben sie noch immer nicht ganz ausschalten können!”.

Kopfschüttelnd wandte er sich an Geller “Kommen Sie, wir setzen uns in den Wohnwagen des Konzertmanagments, hoffentlich gibt’s dort einen vernünftigen Kaffee!”

Im Wohnwagen begrüßte sie eine langmähnige junge Frau dien sich als Sally Schwartz aus Seattle vorstellte.

Meine Eltern sind gläubige Juden, aus geschäftlichen Gründen wollten sie aber die Staaten nie verlassen, ansonsten wären sie liebend gerne Nach Israel gegangen. Nachdem mein Vater die koschere Fleischfabrik verkauft hatte, starb nach kurzer Zeit meine Mutter. Das brach ihm das Herz, alleine wollte er nicht hierher kommen, und so folgte er ihr bald danach dahin, wo wir alle irgendwann hinkommen werden.

Dass ich nun dazu beitragen darf, ein Versöhnungskonzert zwischen Arabern und Juden zu organisieren, erfüllt mich mit Freude. Es war immer der Wunsch meiner Eltern, dass diese Unversöhnlichkeit zwischen beiden Völkern endlich ein Ende findet!”

Beim Blick aus dem Fenster sahen sie ein großes Fischerboot auf dem See, das langsam näher kam.

Wir haben den Künstlern vorgeschlagen mit dem Boot zur Bühne zu kommen, da brauchen sie sich nicht durch diese Riesenmenge zu quälen. Da drüben ist ein Bootssteg, dort werden sie anlegen. Zuerst kommt Joshua, der die ganze Sache angeleiert hat mit seinen Kontakten zu allen Seiten”

Sie gingen hinaus um die Ankunft Joshuas besser sehen zu können. In den letzten Tagen hatte es ununterbrochen geregnet so dass man schon befürchtet hatte, das Fest abzusagen, schließlich war Regen in dieser Gegend etwas Außergewöhnliches. Pünktlich zum Konzertbeginn hatte sich aber wieder die Sonne durchgesetzt und brannte mit gewohnter Unbarmherzigkeit auf das Land nieder.

Die Organisatoren waren froh darüber, in einer Schlammwüste hätte man diese Menschenmassen ansonsten unmöglich untergebracht.

Nur der See Genezareth führte noch immer ungewohnt viel Wasser, so dass der Bootssteg von den Wellen überspült wurde. Der Bootsführer kannte natürlich jeden Zentimeter des Ufers und hatte deshalb keine Problem das Boot genau am Steg festzumachen.

Joshua blickte etwas irritiert auf die Szene und fragte den Bootsführer “Wie soll ich denn jetzt an Land kommen, mein Bruder?”

Keine Sorge, Meister, das Holz ist nur ein paar Zentimeter von Wasser überspült. Sie können getrost aussteigen!”

So ganz traute Joshua der Sache nicht, aber er zog seine weißen Umhang etwas höher so dass er nicht nass würde und betrat vorsichtig den Steg. Da alles wie versprochen glatt lief, ging er rasch und erhobenen Hauptes auf das Ufer zu.

Das ist ja unheimlich” rief Sally und klammerte sich an den Bürgermeister.

Der geht ja tatsächlich über Wasser!”

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.08.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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