Klaus Lutz

Der Arztbesuch 33


Heute, habe ich über die ultra surrealistischen Ten-
denzen in der chinesischen Undergrundliteratur nach-
gedacht. Über Schriften die das Verhalten eines Pfer-
des beschreiben. Das nur einen Apfel ißt, wenn Ihm
davor die Zähne geputzt worden sind. Oder über die
Beschreibung von Bibern. Die so gezüchtet werden, das
sie nur Orangen fressen. Und diese vorher auch schä-
len. Es ist dieser Versuch der chinesischen Litera-
tur, die Abstraktion des autoritären Regimes und sein-
en Wasserkopf an Bürokratie zu verdeutlichen. In dem
die Kultur als surrealistische Literatur sich lang-
sam in die Trivialliteratur einschleicht. Einfach
durch Sätze, die mit dem Ende beginnen. Und das so
geschickt, das niemand den Anfang eines Satzes an
dessen Ende vermuten würde. Das hat mich für Stun-
den beschäftigt. Dann habe ich aus dem Fenster ge-
sehen. Und einfach so da gelegen. Heute war ein Tag
des Friedens. Ich habe nicht über das Leben nach-
gedacht. Ich habe es einfach einmal akzeptiert, das
ich lebe. Wie und warum auch immer. Ich lebe! Heute
hat mir das gereicht. Ich habe mir nicht gesagt:
"Ich lebe, denn ich habe eine Tasse Tee in der Hand!"
Ich habe mir auch nicht gesagt: "Ich lebe, denn ich
gehe zweimal im Jahr zum Friseur. All das hat mich
nicht beschäftigt. Ich habe mir einfach gesagt: "Ich
lebe!" Und das ist ok. Warum auch immer ich lebe.
Nicht wegen der Lösung von einem Kreuzworträtsel. Oder
um den Wasssertropfen in einem Ozean zu begreifen.
Ich lebe Einfach!

Dann habe ich mir gesagt, was kann dir schon passie-
ren, wenn Du es nicht begreifst, das du lebst. Auch
dann lebst Du einfach. Und kann sein ich habe Glück.
Und es fällt niemanden auf, das es mir völlig unklar
ist warum ich lebe. Ich meine, warum soll ich nicht
auch einmal im Leben etwas Glück haben. Also habe ich
mir heute gesagt: "Gucke einfach mal aus dem Fenster!"
Und frage Dich nicht, warum wieso und weshalb Du aus
dem Fenster siehst. Du siehst einfach aus dem Fenster.
Und das ist ok. Das habe ich dann auch getan. Ich ha-
be einfach nur aus dem Fenster gesehen. Und ich habe
mich auch nicht gefragt: "Warum ist jetzt díese Wolke
am Himmel?" Das war mir gleichgültig. Und total Schnuppe.
Oder, warum fliegt schon seit zwei Stunden kein Vogel
vorbei? Das war mir auch völlig gleichgültig und
Schnuppe. Und ob es regnet oder nicht regnet, interes-
siert mich sowieso nicht. Oder wie der Himmel ist.
Grau! Grün! Grau! Gelb! Violett oder Rosa. Das ist
Uninteressant. Oder das war es Heute. Völlig uninte-
ressant.

So habe ich also da gelegen. Auf dieser Pritsche. Es
hat mich auch nicht interessiert, das ich 250 Kilo
wiege. Ich habe mir einfach gesagt: "Du wiegst 250 Kilo!"
Mehr habe ich nicht gesagt. Und alles an Dir schwab-
belt eben. Aber dann schwabbelt es eben. So ist eben,
das Leben von Dir, habe ich mir gesagt. Es ist so wie
es ist, das Leben von Dir. Genau so ist es. Deswegen
hat mich auch Heute diese wahnsinns Flatulenz nicht
gestört. Die Fettleibigkeitsflatulenz. Heute war das
unwichtig. Und auch die Fettwülste. Ich habe nicht ver-
sucht sie zu zählen. Ich habe nicht versucht Ihre län-
gen und breiten zu schätzen. All das hat mich Heute
nicht interessiert. Heute habe ich mir einfach gesagt:
"Die Fettwülste sind da!" Also sind sie da. Sie hängen
an den Bettseiten runter. Sie hängen an den Armen run-
ter. Also hängen sie runter. Und das habe ich mir heute
gesagt: "Lasse sie runterhängen!" Das ist in Ordnung,
habe ich mir gesagt!

Und über diesen Kerker habe ich Heute auch nicht nach-
gedacht. Das ich ein Gefangener bin. Auch darüber habe
ich nicht nachgedacht. Und warum ich in diesem Hochsi-
cherheitstrakt bin. Auch darüber habe ich nicht nach-
gedacht. Heute haben mich die Lügen nicht interssiert,
wegen denen ich hier bin. Heute haben mich die Verleum-
dungen nicht interesseiert, wegen denen ich hier bin. Der
Verrat hat mich nicht interessiert. Die Meineide. Und
falschen Aussagen. Heute hat mich das nicht interessiert.
Auch über die Leute habe ich nicht nachgedacht, denen ich
das verdanke. Die mich belogen betrogen und zerstört
haben. Die mich ausgeraubt haben. Über all das habe ich
Heute nicht nachgedacht. Es hat mich nicht interessiert.
Auch über den Rest des Lebens, den ich hier bleiben muß.
Gefangen! Verbarrikadiert! Verbannt! Vom Leben entfernt.
Wegen Hinterhältigkeiten. All das hat mich Heute nicht
interssiert. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Heute
habe ich mir nur gesagt: "So ist es!" Das Leben ist so.
Das habe ich mir Heute gesagt. Falsche Nachbarn.
Falsche Freunde. Falsche Welt. Dann, ist es so wie es
ist. So wie es bei mir ist. Das habe ich mir heute gesagt.

Heute war ich voller Ruhe. Heute war ich voller Frieden.
Heute war ich voller Glück. Heute ist es mir klar gewor-
den. Wie rein und groß die Liebe in mir ist. Wie wunder-
bar und herrlich, die Gedanken von mir sind. Wie schön
und unglaublich das alles ist, was ich empfinde. Wie über-
ragend und einzigartig die Phantasie von mir ist. Heute
habe ich einfach nur da gelegen. Und ganz klar gesehen.
Was für ein netter Mensch ich bin. Wie gütig ich bin. Wie
tolerant, grosszügig und voller Mitgefühl. Das habe ich
Heute gesehen. Voller ruhe und in aller stille. Das Leben
von mir. Dieser wunderbare Mensch der ich bin. Dieses gött-
liche Denken. Dieser Charme. Diese Schwingungen. Dies-
es Charisma. Dieses Flair. Dieses Lächeln in allen Tiefen.
Dieses Lächeln aus allen Tiefen. Dieser Witz und Humor.
Diese Wahrheit und Sensibilität von mir. Dieses künst-
lerische und Erhabene. Dieser Anmut meines Schweigens.
Dieser Anmmut meiner Sprache. Dieses alles und mehr und
besser und vollkommener all das was ich bin. All das
ist mir heute klar geworden.

Heute hat mich auch dieses Gefängnis, meines Lebens,
nicht interssiert. Heute war ein anderer Tag. Heute
habe ich an all die Freiheit von mir gedacht. An all
die Reisen, die ich unternommen habe. An all die Frauen,
die ich gevögelt habe. An all die Länder, die ich ge-
sehen habe. An all die Menschen, denen ich begegnet
bin. Daran habe ich heute gedacht. Heute war ich kein
Gefangener. Heute warich in keinem Kerker. Heute war
ich nicht in einem Hochsicherheitstrakt. Heute war ich
frei. Heute war ich wieder in fremden Ländern. Heute
war ich wieder in anderen Städten. Heute war ich wieder
bei guten Freunden. Heute habe ich ein Fest gefeiert.
Mit Abenteurern Weltenbummlern und Lebenskünstlern.
Heute war ich mit all denen zusammen, die das Leben
sind. Heute war ich mit allen Menschen zusammen, die
das Wissen sind. Heute war ich mitten im Leben. Ich
war auf Basaren. Ich war in Teestuben. Ich war in
Restaurantes. Heute war ich da. Heute war ich das Leben.
Heute habe ich es wieder entdeckt. Das Leben! Die
Freiheit! Die Welt. Alles was es ist, wenn das Leben
vollkommen ist. Heute war ich vollkommen. Heute war
ein vollkommener Tag. Soist es. Das ist Sie: "Die
Wahrheit. Ich bin Frei!"

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.09.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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