Klaus-Jürgen Langner

Der Elch und ich, ein wahres Märchen

Es war einmal...Ein relativ gut funktionierender Mensch, der sich durch nichts Besonderes von seinen Mitmenschen unterschied; aber eines Nachts muss etwas von dem Staub einer Sternschnuppe auf ihn herabgerieselt sein, denn plötzlich konnte er Dinge wahrnehmen, die andere Menschen nicht sahen. Natürlich handelt diese Geschichte von mir, und wenn Du die Einleitung gelesen hast, dann weist Du, das ist ein Märchen und deshalb ist alles an der Geschichte absolut wahr.Eines Tages also sah ich einen kleinen Wunsch. Es war noch ein ganz junger, unreifer herrenloser Wunsch. Ich nahm ihn an mich und man konnte sofort sehen, dass er sich freute, schon sehr früh zu jemandem zu gehören.Wie jeder weiß, können Wünsche allein nicht existieren. Sie brauchen immer irgendein Lebewesen, damit sie an ihm reifen können, und wenn sich lange Zeit niemand um sie kümmert, da kann es passieren, dass sie eingehen. Der kleine Wunsch krabbelte unter meine rechte Achsel und fühlte sich dort ganz offensichtlich wohl. Viel konnte man noch nicht erkennen, aber eine Besonderheit war schon auszumachen. Er hatte ein niedliches „Halb-Acht“ Ohr.Also, so etwas eingeknickt, dass er ständig wie „Halb-Acht“ aussah. Ansonsten war er einer von der Sorte der Gnardlpucher, mit einer warmen, mahagonifarbenen Unterseite.Ich kam gut mit ihm aus, gelegentlich schnurpelte er vor sich hin, aber meist spürte ich ihn am Anfang kaum. Das änderte sich erst langsam, als er sich daran gewöhnt hatte, an meinen Träumen teilzunehmen und ganz allmählich nahm der Wunsch auch Formen an, sodass man ihn auch mal vorzeigen konnte, ohne sich zu schämen.Manchmal machte er schon zeitig einige Versuche, aber die waren noch zu zaghaft um erfolgreich zu sein.Dann nach ein paar Jahren war er wohl so weit, denn man merkte seiner Stimme an, wie stark er sich fühlte:„Riech mal den Wind!“ forderte er mich auf.„Merkst Du was ?“„Ja“, antwortete ich, „riecht nach Salzwasser“.„Und sonst“, fragte er weiter.„Naja, Salzwasser von der Biscaya, und dann noch etwas Lammschulter mit Thymian mit Holzkohle“.„Ja, absolut ordnungsgemäß“, ermunterte er mich, „absolut richtig, und was ist das für Wind?“„Ganz reiner Abenteurer-Wind“.„Na und, worauf wartest Du?“„Wer, ich? Wieso ich?“ und ich sah etwas verlegen an mir herunter.„Wie lange steht der Elch schon vor der Tür?“„Fast genau drei Jahre“, antwortete ich wahrheitsgemäß.„Der wird nicht jünger und vor allem Du auch nicht!!“Das war nur zu wahr, aber all die vielen schönen Dinge, mein ganzer stolzer Besitz und außerdem—„und außerdem“, griff er in meine Gedanken ein „außerdem setzt Du das hier mal auf.“„Was ist das?“„Eine Fernreise –Brille“ antwortete er mir lakonisch.„Und die brauche ich?„Ganz offensichtlich ja, und nun mach schon!“Forsch schob ich mir die Brille auf den Nasenrücken und---tatsächlich, was es da alles zu entdecken gab. Die Ferne lag vor mir, aber zum Greifen nah; und trotzdem konnte ich nicht so einfach zugreifen, irgendetwas hielt mich zurück.Und als ich über meine Schulter sah, da erkannte ich, was mich hinderte: ein Haufen nutzloser Plunder, alter Krempel und--.Aber das durfte doch nicht wahr sein, ich nahm die Brille ab, um mir die Augen zu reiben, und siehe da, alles war wieder wie vorher, meine Gläsersammlung war wieder eine schöne Sammlung und die Stereo-Anlage glänzte auch noch fast ungebraucht. Aha, so einfach war das. Es kam nur auf den Gesichtswinkel an. Ich glaube, ich muss noch viel lernen.„Na, etwas hast Du schon bemerkt, nicht wahr?“ machte er sich wieder bemerkbar.„Also, was ist jetzt, geht jetzt die Post ab, oder willst Du hier Wurzeln schlagen?“, rüpelte er mich an, um dann beinahe zärtlich, ganz dicht an meinem Ohr fort zu fahren:„Ich weiß, es ist nicht leicht, aber ich weiß Du kannst es. Ich habe ja Dein „ICH-WILL“ gesehen, es ist stark genug“. Und dann nahm ich einfach mein „ICH-WILL“ in die Hand, machte die Tür auf und sah meinen Elch vor mir mit seinen 60 PS und seinen 7,5 Tonnen Gewicht, einer von der Sorte „Hanomag-Henschel“. Der machte nur eine viel sagende Kopfbewegung auf seinen Rücken zu und ich wusste, was ich zu tun hatte. Mit einem Schwung knallte ich die Tür hinter mir zu – und ich weiß es bis heute nicht, ob vielleicht der Schwung zu groß war, oder ob es eventuell sowieso so kommen musste, jedenfalls als ich auf dem Elch saß, brach hinter mir alles zusammen.Mannomann, gab das ein Riesenspektakel, als das alles zu Bruch ging und mich durchfuhr eine irrsinniger schneidender Schmerz. So, als ob meine Wurzeln abgeschnitten waren.Aber gleichzeitig war ich frei, frei, f r e i , F R E I !!!!„Siehst Du, das war wie eine zweite Geburt“ sagte er zu mir, „die geht auch nicht ohne Schmerzen ab. Aber Du hast es geschafft. Dein „ICH-WILL“ war stark genug.“Ganz gemütlich zockelte der Elch auf der Landstrasse vor sich hin. Alles war neu, so unheimlich neu, so verlockend, so verführerisch, aber eben auch noch ungewohnt. Nun, das sollte mich nicht stören, ich hatte ja viel Zeit und ich war willig zu lernen.„So, nun kannst Du die Brille wieder abnehmen“, sagte er. „Deine Augen können jetzt auch direkt sehen lernen. Und tatsächlich, ich konnte so viele Dinge plötzlich in einem ganz anderen Licht sehen. Noch undeutlich manchmal, aber immerhin.„Was ist denn mit diesen vielen Menschen los?“ fragte ich, „Die meisten haben ja andauernd die Augen geschlossen.“„Ja, siehst Du,“ gab er beinahe ein wenig aufgeregt zurück, „da sind wir noch einmal davongekommen. Das sind die Träumer. Die meisten Menschen verträumen ihr Leben. Und wenn Du noch länger gewartet hättest, dann wärest Du auch so ein Träumer geworden. Und ich hätte dann nicht ein realer Wunsch bleiben dürfen, sondern wäre zu einem irrealen Traum herabgesunken.Aber das sind noch nicht einmal die Schlimmsten!“ ,fuhr er fort, „Viel schlimmer sind die anderen, die Du nur so undeutlich sehen kannst. Diese armen Menschen träumen nicht, sie werden nur geträumt. Gott sei dank merken die meisten das nicht einmal, aber es ist schon traurig mit an zusehen.“„Kann man denn die nicht aufwecken?“„Nein, das ist eine Aufgabe, die jeder nur selbst zu lösen vermag, und nur manchmal, aber wirklich nur manchmal kann man mit etwas Sternschnuppenstaub nachhelfen. Aber eben auch nur nachhelfen, damit es etwas leichter geht – so wie bei Dir!“„Wo geht es überhaupt hin?“, wandte ich mich wieder meiner neuen Realität zu.„Das lass doch den Elch entscheiden, der weiß das besser als Du!“Und so geschah es denn auch. Der Elch trottete gemütlich vor sich hin und ich bekam Gelegenheit, mich in mein neues Leben einzufinden.Erstaunlich war, dass die meisten Menschen sehr freundlich zu mir waren.Aber wir waren auch schon eine seltsame Gruppe. Ich mit meinem frechen Bart auf dem Rücken des Elch, dazu der inzwischen gut ausgewachsene, stattlich Gnardlpucher und später dann noch die weise Katze und der närrische Hund… aber ich will nicht vorgreifen, das kommt ja alles erst später. Auch ohne die beiden sorgten wir, wo immer wir halt machten für entsprechende Aufregung.„Seid ihr vom Kino?“ fragten die Leute, „Oder vom Wanderzirkus?“„Nein, nein“, erwiderte ich, „weder noch, einfach nur so!“„Einfach nur so, ist denn das erlaubt?“ und dann schickten sie zur Vorsicht ihre Töchter in den Stall zum Kühe melken.Andere wieder gerieten ins Schwärmen und hängten sich dem Elch an die Seiten.„OHHH ja! Das muss schön sein, das möchte ich auch!!“„Ja, das ist schön, und das könnest Du auch, wenn-----„„Wenn was ?“ , schnatterten sie aufgeregt dazwischen.„Wenn Du Dein ICH-MÖCHTE entsprechend gefördert hast und es zu einem starken ICH-WILL entwickelt hast“ belehrte ich sie dann. Aber die meisten verstanden das nicht so recht, doch bei einigen sah ich ein seltsames Schimmern im Haar, so nach Sternenschnuppenstaub und das ließ mich hoffen.Aber wenn ich schon damals so meinen Vergleich anstellte, die meisten Menschen so um mich herum…., jeden Tag nur grimmbeckern und nur gelegentlich mal etwas schnurrburzeln, so wie ich früher…„Sei doch ehrlich,“ schaltete sich der Gnardlpucher wieder ein, „Du hattest das Schnurrburzeln doch schon fast verlernt!!“„Musst Du mich hier vor allen Leuten so bloßstellen?“ wandte ich ein, aber insgeheim musste ich ihm Recht geben. Jetzt, ja jetzt ging das eigentliche Leben ja erst richtig los. Nicht, dass jetzt alles einfach und ohne Schwierigkeiten verlaufen wäre, nein, das nicht, aber es war trotzdem ganz anders. Viel echter!Die Probleme waren da, und ich musste sie meistern, aber nach jedem Mal war ich stärker geworden und freute mich über mein Wachsen.  (Die vollständige Geschichte wird als Buch verlegt und befindet sich derzeit im Druck

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