Heinz Lechner

Sonderbare Geschehnisse um die Präsidentschaft des Herrn T.


Nachrichten hören, lesen, ansehen? Nein, - kann ich nicht mehr.
Nicht im Fernsehen, im Radio, in Zeitungen und Zeitschriften, im Internet; an den großen Bildschirmen an den Bahnsteigen der U Bahnhöfe oder in den U Bahnen selbst. Sogar um Schreibwarenläden, Zeitungsständen und Kioske mache ich einen großen Bogen nur um den neuesten Meldungen zu entgehen. Ich möchte das gar nicht mehr wissen.

Es ist noch nicht lange her, da verschlang ich alle Mitteilungen die ich bekommen konnte, egal welcher Coleur sie waren. Abends um 20 Uhr war es eine Pflicht für mich die Tagesschau anzusehen. Ich schaute Phönix und Arte. Auch 3sat natürlich. Selbst Samstag Vormittag zum Frühstück, wenn in meinen Favoritensendern nichts Anständiges kam, sah ich halt einen von diesen Nachrichtensendern. Auch mit meinem Tablet, welches ich ständig bei mir führe, informierte ich mich pausenlos. Auf jede neue, vermeintlich wichtige Nachricht wurde ich durch ein akustisches Signal aufmerksam gemacht. Und selbst in der U Bahn bekam ich einen langen Hals beim Blick auf die kleinen, von den Decken hängenden Bildschirmen. Verstohlen blickte ich täglich auf den Zeitungsständer, der die Bild Zeitung beherbergte, nur um verärgert über die neueste Schlagzeile den Kopf zu schütteln und Schimpfwörter über diese Stellage auszuschütten.

Oberflächlich gesehen wusste ich vieles, was an Mitteilungen über den Zustand des Weltgeschehens vermittelt wurde. Welche Staatsmänner sich gestern die Hände schüttelten, wer sich bei welcher Rede verlegen geräuspert hatte, welchen Hosenanzug unsere verehrte Bundeskanzlerin beim Treffen mit Politiker XY trug und welchen Nationen die 152 Flüchtlinge, die mein Heimatort aufgenommen hatte, angehörten. Beim morgendlichen Betreten meines Arbeitsplatzes schaltete ich das Radiogerät ein um entweder Deutschlandwelle oder Bayernzwei zu hören, schließlich wollte ich Bestens informiert sein. Durch meine Position im Betrieb war es Niemandem gestattet diese Senderwahl anzuzweifeln oder zu ändern. Hätte ein Kollege anspruchsloses Popgedudel hören wollen, wäre er nicht umhin gekommen, seine Arbeitsstelle zu wechseln.Vor einigen Tagen aber, - ich war wieder vollkommen geplättet von der Fülle über mich hereinstürzender Nachrichten - hatte ich eine Art von Eingebung. Mir wurde klar, dass mir dieser Ansturm von wichtigen Nachrichten auf die Dauer meiner Psyche, meiner geistigen Gesundheit Schaden zufügen würde. Ich beschloss also mich nicht mehr drangsalieren zu lassen von der immer größer werdenden Anzahl von konfusen, haarsträubenden Meldungen. Ich wollte keine Nachrichten mehr hören. Ich bin Ihrer überdrüssig geworden. Besser gesagt: ich konnte nicht mehr.

Zuständig für diesen Sinneswandel war das Benehmen des weltberühmten Entertainers, Geschäftsmannes und Milliardärs Trampelman. Dieser hatte sich aufgemacht, Präsident eines großen, wichtigen Staates zu werden, ja - des größten und wichtigsten Staates dieses Erdenballes überhaupt ! Schon während des Wahlkampfes erklärte er sich als Erretter seines, von seinem dunkelhäutigem Vorgänger in den Ruin getriebenen, ausgebeuteten, vor sich hinsiechenden Landes. Er stellte eine infantile, inkompetente und selbstherrliche Art zur Schau und redete eine Stuss, dass man glauben musste, dieser Mensch könne niemals gewählt werden.

Seine Wahlversprechen waren gewaltig,: den Armen mehr Armut, den Kranken und Alten weniger Hilfe, den Mächtigen mehr Macht, weniger Steuern den Reichen, dem Militär mehr Waffen, Schikanen den Homosexuellen, den Unterdrückten mehr Unterdrückung, weniger Geld der Kultur und den Schulen, Verachtung allem Ausländischem, Verspottung dem Umweltschutz, der Bildung....., - äh, welcher Bildung?
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

So wurde er also tatsächlich in dieses Amt gewählt und die Menschheit teilte sich in eine begeisterte und eine zutiefst besorgte Hälfte.
Der Mann nahm nun auf jenem Präsidentenstuhl Platz und versuchte alle schlechten Entscheidungen seines Vorgängers zu eliminieren. Vor laufenden Kameras und Blitzlichtgewittern stellte er täglich von ihm selbst unterschriebene Dokumente zur Schau, die beweisen sollten, dass er des Lesens und Schreibens kundig war.

Sein Gebahren war an Lächerlichkeit kaum zu überbieten und wurde somit zu einem täglichen Festessen für die Medien.
Als Karrikatur und Spottfigur entwickelte er sich in Rekordzeit zur absoluten Nummer Eins. Seine unsachlichen, provozierenden Bemerkungen machten ihn schnell zum unbeliebtesten Menschen auf diesem Erdball. Er verbreitete Lügen mit einer Unverfrorenheit die nicht zu überbieten ist. Er machte sich über behinderte Menschen lustig, verspottete Andersfarbige und beleidigte Menschen, die ihn zu kritisieren wagten. Er entfachte den fast schon als überwunden geglaubten Hass auf Minderheiten, Mittellose oder Andersdenkende aufs Neue. Selten hatte eine einzelne Person solch einen negativen Einfluss auf die gesamte Menschheit ausgeübt. Man müsste schon einige Jahrzehnte zurückblicken,.....
Aber die Welt sah zu, schüttelte den Kopf oder lachte. Er ist demokratisch gewählt, - also ist alles in Ordnung.

Vielleicht ist es naiv von mir, aber ich frage mich ob man für diesen Job keine Befähigung nachweisen oder einen Eignungstest bestehen muss.
Ein Benimm - Grundkurs wäre sicher ebenso angebracht. Aber selbst politisches Wissen ist scheinbar bedeutungslos für dieses Amt.

Und nun kam also jeden Morgen, beim Anhören der Frühnachrichten - denen ich schon ängstlich entgegenfieberte - eine neue, angsteinflößende Trampelman - Meldung über den Äther, die dann den ganzen Tag über in diversen Sendungen zerpflückt wurde. Kommentare, Berichte, Diskussionsrunden. Man glaubte sich in einer gut gemachten, bösartigen Satire.

Ich frage mich schon längst, wer wohl zu entscheiden hat welche Nachricht zuerst gemeldet wird, welche wichtiger ist: Krieg und Leid in Syrien, Hungersnot in Afrika mit zigtausend sterbenden Kindern, Klimakatastrophen, Folterungen in Türkei, Ausländerhass in ganz Europa, Naziparolen allenthalben, u.s.w., u.s.w.
Nein ! Die wichtigste Meldung ist, dass bei der Amtseinführung des Herrn Trampelman weniger Neugierige zugegen waren als bei jener seines Vorgängers, worauf der "Präsident" wutentbrannt "Gegenbeweise" lieferte.
Waren die Menschen nun vollkommen verrückt geworden?

Gestern, als im Radio wiedermal eine dieser eigentlich ernsthaften Diskussionsrunden um eine absurde, an den Haaren herbeigezogene Bemerkung dieses Herrn stattfand, beschloss ich endgültig die Schnauze voll zu haben von Nachrichten aller Art.
Ich schaltete den Suchlauf des Radios ein und wenige Sekunden später dröhnte ein Rocksong aus dem Lautsprecher. Sofort kam mir dieses Lied bekannt vor. Ich dachte nach. Es musste Ende der 60er oder Anfang 70er Jahre gewesen sein. Ich kannte es. Es war aus "meiner" Zeit. Als der Refrain kam wusste ich wer das war. Ich war zutiefst gerührt. Das hatte ich vor etwa 40 Jahren zum letzten Mal gehört.

Ich beschloss, nur noch diesen Radiosender zu hören und auch abends auf Fernsehnachrichten zu verzichten und auch die News - Apps auf meinem Tablet zu ignorieren. Nicht dass ich das Interesse am Weltgeschehen verloren habe. Nein, es ist mir nicht mehr möglich diesen täglichen Psychoterror zu verarbeiten. Nun fühle ich mich wohler und kann auch nachts endlich wieder besser schlafen.

Wenn ich an diesen Herrn denke, dessen Name ein Synonym geworden ist für Dummheit und Bösartigkeit, für Unberechenbarkeit und Lüge, kommt mir nun etwas ganz anderes in den Sinn.
Etwas Positives, Erfreuendes und Gutes. Etwas, dass mein Herz erwärmt. Denn nur ihm habe ich zu verdanken, dass ich " Hey lawdy Mama" wiedergehört habe.

"Hey Lawdy Mama" von "Steppenwolf."
Endlich, nach 40 Jahren !

Sollten Sie das lesen Mister President Trampelman möchte ich mich - auf diesem Wege - bei ihnen herzlich bedanken.

Thank you so much, Mister Trampelman!

Make Steppenwolf great again!

"LoveandPeace!"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.03.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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