Brigitte Waldner

Bleivergiftung

Heute hat er es wieder gemacht,
und ich habe mir gedacht,
er attackiert,
ich habe damit gerechnet
und deswegen war ich nicht überrascht,
sondern war direkt darauf gefasst
und hatte alles im Griff,
ohne dass ich ihm auf seinen Anhänger aufgefahren bin.

Bei 100 km/h schneidet er vorne rein,
ohne zu blinken.
Das war auf einer zweispurigen Autobahnauffahrtszubringerstraße,
wo man diese Geschwindigkeit auch fahren darf.
Was braucht er zu überholen,
wenn man eh in der Beschleunigungsphase zu 100 hin gefahren ist,
mit dem kleinen Wagen und er mit seinem Pickup plus beladenen Anhänger,
der länger ist als der Pick-up selber,
und vor der Abzweigung zur Autobahnauffahrt mit der scharfen Rechtskurve,
wo man sowieso wieder runterbremsen muss
und es außerdem steil hinauf geht.
Es war sonst kein weiteres Kraftfahrzeug auf der Strecke.
Und da führt er sich so auf, wie ein Wilder eben.

Man hätte ja noch mehr aufs Gas drücken können,
dass er gar nicht vorne reinschneiden kann,
aber dann hätte er die Auffahrt verpasst,
und er hätte einen seitlich abgedrängt.
Das macht man ja dann auch wieder nicht,
man gibt nach und ist die Schlauere.
Wer legt sich schon gerne mit einem bösen Wolf an?
Was wollte er zeigen? Dass er einen ausbremst?
Oder wollte er, dass man auf seinen Anhänger auffährt?
So dumm ist man aber auch wieder nicht, wie er meint,
dass man das nicht vorhersehen kann,
was er mit einer Frau zu machen versucht.

Klar hängt er jeden ab, wie der Kolibri den Marienkäfer.
Aber man hat ihn noch gesehen.
Als er dann direkt auf die 1. Spur der Autobahn drauffuhr,
hat er es erneut gemacht, rücksichtslos,
ohne die Beschleunigungsspur zu benützen und zu warten,
eine Lücke zu finden, sich einzuordnen,
diesmal schnitt er ein Wohnmobil,
das dort halt gerade gefahren ist.
Das Wohnmobil musste stark bremsen.
Ich habe die Bremslichter gesehen,
als ich noch auf der Beschleunigungsspur war.
Der Wilde schneidet jedem vorne rein.
Er kreuzte die erste Spur der richtigen Autobahn aber nur,
um sofort auf die zweite zu fahren.
Ist ihm das überhaupt bewusst?
Eigentlich bräuchte er eine psychologische Nachschulung,
wofür die Beschleunigungsspur da ist.

Der Lenker des Wohnmobils hat bestimmt geflucht,
es hat nicht weit gefehlt und es wäre zu einer Serie
von Auffahrunfällen auf beiden Fahrspuren gekommen,
die Autobahn war stark befahren.
Ich habe mich ein paar Autos hinter dem Wohnmobil eingeordnet.
Der Lenker des Wohnmobils war mutmaßlich so genervt,
dass er die nächste Ausfahrt zu einem Rastplatz nahm,
um sich von dem Schock zu erholen.

Was lernt man daraus?
Ein Mann, der schon einmal mit elektronischer
Fußfessel umerzogen wurde,
ist ein wilder Kerl, und bleibt ein wilder Kerl,
auch dann, wenn er seinen Namen ändert,
sein Verhalten ändert sich nicht,
und so wild fährt er auch mit dem Auto.
Die Fußfessel hat demnach nicht viel genützt.
Die Umerziehung ist schief gegangen.
Ich habe ihn dann nicht mehr gesehen,
er ist scheinbar über alle drüber geflogen.
Im Kopfrechnen ist er eher schwach,
und mit der Orthografie und der Grammatik
hat er es auch nicht so eilig, sie einmal zu lernen,
Fremdsprachen kann er auch keine,
nicht einmal Englisch,
aber im Gasfuß hat er eine Menge Kaft und Blei.
Es ist ja kein Wunder, dass er so wild ist,
der hat bestimmt eine Bleivergiftung.
Vielleicht hat er als Kind zu viel vom Thunfisch gegessen.

© Brigitte Waldner

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.07.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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