Heinz-Walter Hoetter

Betty, meine geliebte Androidin

 

 


Ich bumste die Frau schon mindesten 15 Minuten lang und blickte ihr dabei die ganze Zeit unverwandt in ihre blitzenden Augen. Plötzlich trat bei ihr der Orgasmus ein. Jedenfalls tat sie so. Tja, eigentlich war ich immer noch der dümmlich anmutenden Meinung, ihr ein bisschen Geist und Verstand reinbumsen zu können, aber leider vergeblich. Ist doch klar, fiel mir plötzlich ein, so was geht bei ihr nicht.


Ich stoße, keuche und schwitze und versuche, keine negativ gefärbten Gedanken aufkommen zu lassen. Sex und kritisches Denken, beides passt gleichzeitig nicht zusammen.

Aber kein Funke von Geist erkenne ich in diesen blicklosen, leeren Augen, nicht einmal jetzt, wenn sie sich im Rausch des Orgasmus begierig unter mir hin und her bewegt. Ich stoße weiter, schwitze wie ein 100 Meter Läufer und sie versucht alles, mir auf dieser animalischen Ebene Freude zu bereiten.

 

Eigentlich möchte ich es ja nicht zugeben, aber in der Tat: sie treibt mich ebenfalls zum Höhepunkt und im anschwellenden Feuerwerk der Gefühle scheine ich fast die Sinne zu verlieren. Dann, mit einem Schlag ist alles vorbei. Während ich mich langsam wieder entspanne, betasten mich die weichen Lippen ihres Mundes immer noch am ganzen Körper.

Ich muss zugeben, auf ihre Art ist
Betty einfach unschlagbar. Schade, dass sie keine echte Frau ist, so eine aus Fleisch und Blut meine ich.

Betty ist nur ein weiblicher Androide, aber sie ist mir trotzdem lieb und teuer geworden.

Die Zeit drängt. Es ist schon fast acht Uhr. Um 9 Uhr muss ich spätestens im Büro sein.

Ich schalte Betty kurzerhand ab und verlasse das runde Wasserbett, um mich frisch zu machen. Als ich das Haus verlasse, werfe ich noch einmal einen prüfenden Blick ins Schlafzimmer. Betty starrt immer noch mit weit aufgerissenen Augen regungslos zur Decke. Noch kurz vor dem Abschalten hatte sie beide Arme zu einer seltsam aussehenden Pose hochgerissen, gerade so als wolle sie damit sagen: "Komm bald wieder, ich warte auf dich!"

 

 

ENDE


©Heiwahoe

 

Nachtrag


Die Kurzgeschichte von Betty ist im Prinzip ein Protest gegen die sexuelle Verfügbarkeit der Frau in unserer modernen Gesellschaft. „Lust" zeichnet sich hier in meiner Geschichte als das bedrückende Bild eines desolaten und gefühllos gewordenen Gesellschaftssystems, das die Frau (aber auch nicht minder den Mann) in allen sozialen und politischen Bereichen in die Rolle des Objekts zu zwingen versucht. Sex beschreibe ich in diesem Falle als Machtergreifung des Mannes über die Frau. Der Protagonist nimmt seine „Betty“, wenngleich sie auch nur eine Androidin ist, tagtäglich gewaltsam in Besitz. Betty wird zum Instrument seiner Lustbefriedigung. Wäre sie ein menschliches Wesen, könnte man in der Tat von „Entmenschlichung“ sprechen.

Aber Betty ist sein (willenloses) Eigentum, in das er investiert hat, und das er deshalb auch benutzen darf. Sie ist kein menschliches Wesen. Man kann sie nicht degradieren. Sie ist nur ein Gebrauchsgegenstand wie ein Auto, das seinen Zweck erfüllt, ein Behältnis, das zur Aufnahme seiner Lust bereitsteht.

So steht Betty sinnbildlich für eine Klomuschel, damit der Mann sein Geschäft in sie hinein machen kann. Die Liebe ist tot. Eine Maschine kann man nicht lieben, weil echte Liebe nur von beseelten Wesen erlebt, gelebt und durchlebt werden kann und mehr als bloßer Sex ist.

Viele mögen es nicht wahr haben. Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Menschen Angst vor der echten Liebe haben, weil sie fürchten, die Liebe könnte größer werden als ihr Egoismus.

(c)Heiwahoe

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.08.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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