Heinz-Walter Hoetter

Der Fall T-Bird (Teil 23)

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 23)


 


 

Es wurde auf einmal sehr still in dem großen Wohnraum. Ich konnte sehen, wie Ron Sommer bewegungslos da stand und mit weit aufgerissenen Augen auf die Waffe starrte. Sein Gesicht wurde aschfahl.


 

Mrs. Breedy zielt immer noch auf ihren Ex-Freund Sommer.


 

Ja, Ron“, sagte sie unheimlich ruhig, „ich werde dich töten. Ich habe genug ertragen. Jetzt bist du an der Reihe, etwas von der Hölle zu erfahren, in die du mich gebracht hast. Ich werde jetzt damit Schluss machen. Hier und jetzt.“


 

Lass' den Unsinn“, antwortete Ron Sommer mit gehetzter Stimme. „Steck die Waffe weg, Elisabeth! Es wird dir nichts helfen. Alle Welt weiß doch, dass ich dein Liebhaber bin. Die Polizei wird dich festnehmen. Man wird dich als Mörderin verurteilen. Willst du das?'“


 

Glaubst du wirklich, dass mich das noch berührt? Glaubst du denn, dass ich weiterleben will, wenn ich dich getötet habe, Ron? Oh nein. Wenn ich dich erschossen habe, werde ich mich selbst erschießen. Ich fürchte mich nicht davor, sterben zu müssen, so wie du.“


 

Ron Sommer geriet in Panik.


 

Bitte, leg die Waffe weg, Elisabeth. Sei doch vernünftig. Wir können nochmal über alles reden und über einen Neuanfang reden. Ich habe doch nur gecherzt.“


 

Du elendiger Feigling“, sagte Mrs. Breedy verächtlich, „dass habe ich von dir erwartet, jetzt, wo du dich in die Enge getrieben fühlst, versuchst du dich aus der Schlinge zu ziehen. Aber es ist vorbei, was du ja selbst gesagt hast. Ich habe nicht mehr Mitgefühl für dich, als du für mich hattest. Du hast mich nur benutzt, du Hund.“


 

Ron Sommer begann langsam, fast unmerklich, zurückzuweichen. Seine Augen quollen aus den Höhlen hervor, sein Gesicht hatte sich mit Schweiß bedeckt. Man konnte ihm seine Todesangst ansehen.


 

In diesem Moment trat ich aus meinem Versteck hervor, ging durch die offene Tür ins Haus und sprang vor. Meine Hand packte Mrs. Breedys Handgelenk und drehte die Waffe dem Boden zu. Ein Schuß ging los und die Kugel riß eine sauberes Loch in den Teppich. Mit weit aufgerissenen Augen starrte mich die völlig überraschte Frau an. Dann trat sie plötzlich ruckartig zur Seite, ging an mir vorbei und rannte nach draußen auf die Terrasse.


 

Ron Sommer zitterte vor Angst und ließ sich in einen Sessel fallen. Er verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Er schluchtze wie ein kleins Kind.


 

Ich legte die Waffe auf das Sideboard, zog mein Taschentuch und wischte mir damit übers Gesicht. Ich war total verschwitzt. Plötzlich drang das Dröhnen eines startenden Düsenmotors durch die Stille des Raumes. Mrs. Breedy raste davon und hinterließ eine Staubwolke, die sich über den ganzen Weg verteilte.


 

Schweigend stand ich da, wartete bis Ron Sommer mit mir reden würde. Dann sah er mich an.


 

Wer sind Sie, und wo kommen Sie überhaupt so plötzlich her?“ fragte er mich mit geröteten Augen.


 

Ich zog eine meiner Geschäftskarten und hielt sie ihm hin. Er las sie, ohne in die Hand zu nehmen. Ich war überzeugt, er wollte mir nicht zeigen, wie stark seine Hände zitterten.


 

Verflucht noch mal“, sagte er, nachdem er den Text gelesen hatte. „Random und Shannon aus New York. Das ist doch die Agentur von diesem Burschen, den man...“ Er brach ab, erhob sich aus dem Sessel und trat vor mich.


 

Stimmt“, antwortete ich, Mark Shannon war mein Partner.“


 

Wurden Sie von ihr angagiert, um mich zu beobachten?“ frage mich Ron Sommer, ohne mich anzusehen. Dann holte er sich einen neuen Drink und lies sich abermals in den Sessel fallen.


 

Nachdem er einen Schluck gemacht hatte, fing er an zu reden.


 

Sie wollte mich umbringen. Haben Sie ihren Gesichtsausdruck gesehen? Wenn Sie nicht zuffällig hereingekommen wären...“


 

Ron Sommer trank wieder einen Schluck aus dem Glas und schnitt eine Grimasse.


 

Das glaube ich noch gar nicht. Sie wollte Ihnen nur einen Schreck einjagen“, antwortete ich, obwohl ich genau wusste, dass sie ihn töten wollte.


 

Glauben Sie das wirklich? Ich nicht. Das soll mir auf jeden Fall eine Lehre sein. Neurotikerinnen in mittleren Jahren kommen für mich nicht mehr in Frage. In Zukunft halte ich mich an Jüngere, die nehmen nicht alles so tragisch.


 

Ich wartete einen Moment und fragte ihn dann: „Stimmt es, dass Mrs. Breedy meinen Partner engagiert hat, um Sie zu beobachten?“


 

Ich weiß nicht. Ich traue ihr das aber zu, um auf mich aufzupassen. Sie betrachtete mich als ihr ganz persönliches Privateigentum.“


 

Ein ziemlich kostspieliges, wenn Sie ihr tatsächlich fünfzehntausend Planetendollar schulden.“


 

Ron Sommer hob die Schultern.


 

Ich brauchte das Geld, um mein Leben mit ihr finanzieren zu können. Einen großen Teil habe ich für sie ausgegeben und damit ihre Ansprüche befriedigt.


 

Unvermittelt fragte ich: „Hat Mrs. Breedy meinen Partner Shannon engagiert oder nicht. Ich würde das gerne von Ihnen erfahren, Mr. Sommer.“


 

Er zögerte.


 

Wenn Sie befürchten, es mit der Polizei zu tun zu kriegen, da kann ich Sie beruhigen. Ich führe meinen eigenen Ermittlungen durch. Sagen Sie mir nur, was ich wissen will. Die Polizei wird von mir nichts erfahren“, sagte ich zu ihm.


 

Also gut. Ja, sie war es.“


 

Wissen Sie warum?“


 

Weil sie sich einbildete, ich sei hinter ihrer Stieftochter her.“


 

Und, waren Sie das?“


 

Gütiger Himmel, nein.“


 

Ich goß mir einen Drink ins Glas und machte einen kräftigen Schluck daraus.


 

Wer ist denn dieses Mädchen, für das Sie sich interessieren?“ fragte ich ihn und sah ihm dabei in die Augen.


 

Ron Sommer grinste. Inzwischen hatte er seine Nerven wieder in der Hand, und er begann auch betrunken zu werden.


 

Damit würde ich viel verraten. Eben ein Mädchen.“


 

Hat mein Partner sie ausfindig gemacht?“


 

Ron Sommer nickte. „Ja. Und er sagte es Elisabeth. Sie ging zu der Kleinen und versuchte ihr Angst einzujagen.

Und, hatte sie Erfolg?“ fragte ich.


 

Ganz offensichtlich. Ich bin seither nicht mehr mit ihr zusammengetroffen.“


 

Was geschah dann?“ bohrte ich nach.


 

Wie das so ist. Ich ließ mir von Elisabeth wieder einen Ring durch die Nase ziehen und ließ mich von ihr spazierenführen. Dann hatte ich die Schnauze voll. Das übrige wissen Sie.“


 

Mein Gefühl sagte mir, dass mir dieser Sommer nur die halbe Wahrheit sagte, bestimmt nicht die ganze.


 

Ich möchte Ihnen eine wichtige Frage wegen diesem Mädchen stellen, Mr. Sommer. War es Virginia Shriver? Sagen Sie mir die Wahrheit.“


 

Ich bemerkte, dass er blinzelte, als ob ihm meine Worte einen unerwarteten Stich versetzten.


 

Hören Sie mal her. Ich laß mich nicht gerne in irgendwelche polizeilichen Untersuchungen hineinziehen. Ich habe Ihnen gesagt, es war irgendein Mädchen.“


 

Das genügt mir einfach nicht. Sie haben schon zuviel verraten, Mr. Sommer. War es Virginia Shriver? Ja oder nein?“

Na gut. Sie war es“, antwortete er mir ungeduldig. „Sind Sie jetzt zufrieden?“


 

Ein leise Erregung ergriff mich. Endlich schien ich bei meinen Ermittlungen weiterzukommen.


 

Nach dem, was ich erfahren habe, hat sie sich nie mit Männern eingelassen.“


 

Sommer grinst mich an.


 

Genau die sind am leichtesten zu haben. Wenn sie fallen, fallen sie gründlich. In zwei Tagen fraß sie mir aus der Hand. Es war alles auf die große Nacht vorbereitet, als sich ihr Partner Shannon einmischte.


 

Und wo haben Sie Virginia kennengelernt?“


 

In der Keramikschule. Elisabeth nahm mich mit hin, und dort entdeckte ich die Kleine. Ich merkte gleich, dass ich ihr gefiel, und wenn ich Mädchen gefalle, zeige ich mich gern dankbar.“


 

Ron Sommer wurde mir immer widerlicher. Es kostete mich Mühe, das nicht zu verraten.


 

Hat mein Partner sie beide beobachtet?“


 

Virginia hat es mir gesagt. Sie rief mich an und erzählte mir, dass Shannon in ihrer Wohnung gewesen sei und sie gewarnt hätte, sich mit mir einzulassen. Ich vermute mal, dass Elisabeth ihn mir auf den Hals gehetzt hatte, und darum sagte ich Virginia, es sei besser, wir würden uns trennen. Ich wußte, dass Elisabeth mir große Schwierigkeiten wegen ihr machen würde, wenn ich die Verbindung nicht kappte.“


 

War Mrs. Breedy auch bei Virginia?“


 

Ja. Sie ging zu ihr, nachdem Mr. Shannon bei ihr gewesen war. Das hat sie mir gegenüber jedenfalls behauptet.“


 

Bisher war mir alles einleuchtend erschienen. Aber mein Gefühl sagte mir, dass an dieser Geschichte etwas nicht stimmte. Deshalb stellte ich diesem Sommer eine kurze, aber direkte Frage.


 

Wer hat Virginia Shriver umgebracht, Mr. Sommer?“ fragte ich und fixierte ihn.


 

Ich habe wirklich keine Ahnung, Mr. Random. Ich habe mich selbst gefragt, weshalb sie mit ihrem Partner Shannon in die Badekabine ging. Die einzige Erklärung, die ich fand, war die, dass er sich ihrer annahm, nachdem ich sie fallen ließ.“


 

Das erschien mir plausibel. Shannon konnte bei Frauen viel erreichen. Wenn dieses Mädchen geglaubt hatte, sie würde mit Sommer ihre erste Affäre erleben, und dann enttäuscht worden war, konnte sie sich recht gut bei Shannon Trost gesucht haben.“


 

Haben Sie eine Vermutung, wer sie tötete?“ fragte ich.


 

Auch darüber habe ich schon nachgedacht. Vielleicht hatte es der Mörder gar nicht nicht auf ihren Partner abgesehen, sondern auf das Mädchen. Vielleicht versuchte Shannon, das Mädchen zu schützen und wurde aber an ihrer Stelle ermordet. Sie konnte fliehen, was auch erklären würde, warum man in der Kabine ihre Kleider fand. Der Mörder verfolgte sie jedoch. Ich glaube, sie versteckte sich in den Sanddünen, aber der Mörder fand sie, brachte sie in die Hütte zurück und tötete sie dort. So sehe ich die Sache, aber ich kann mich natürlich auch irren.“


 

Glauben Sie, das Mrs. Breedy das Mädchen ermorden ließ?“


 

Ron Sommer runzelte die Stirn.


 

Weiß ich nicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie Elisabeth mit einem Eispicker ihren Partner und dann das Mädchen erstechen konnte. Sie ist dafür nicht gebaut. Aber vielleicht hat sie jemanden engagiert, der die Drecksarbeit für sie erledigte, wie dieser Androide T-Bird. Das ist ein ganz übler Bandit.“


 

Dann hatte ich plötzlich einen Einfall.


 

Ich nahm eine Zigarette aus meiner Packung, steckte sie zwischen die Lippen und zog so ganz nebenbei aus meiner Hüfttasche die kleine Plastikschachtel, die aus dem Robot Master Club stammte und bei Shannon gefunden hatte. Während ich an ihr herumdrehte, fragte ich Mr. Sommer, was er über T-Bird wisse. Ich klappte die Schachtel auf und ließ den Zettel mit den Buchstaben und Zahlen absichtlich rausfallen. Ron Sommer ließ ich die ganze Zeit nicht aus den Augen. Als sein Blick auf den Zettel mit den Buchstaben und Zahlen fiel, der auf den Tisch vor mir gefallen war, schien er nervös zu werden.


 

Ist irgendwas, Mr. Sommer?“ fragte ich ihn.


 

Was? Äh, nein – ich wusste nicht, dass Sie Mitglied des Robot Master Clubs sind, Mr. Random.“


 

Bin ich aber nicht. Die Schachtel habe ich bei meinem Partner gefunden. Woher er sie hatte, kann ich nicht sagen. Noch nicht“, erwiderte ich.


 

Ach so. Aber ich muss jetzt gehen. Ich habe eine Verabredung zum Essen.“ Damit stand er auf.


 

Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Was wissen Sie über diesen T-Bird?“


 

Ich weiß nur, das Mr. Breedy ihn für die verschiedensten Aufgaben nutzt. Was er sonst noch macht, weiß ich nicht. Mehr kann ich über diesen Androiden nicht sagen. Er ist sehr gefährlich. Vor dem sollte man sich in acht nehmen. Man kann ihm z. B. andere Chips einsetzen und schon tötet er Menschen. Das hab ich jedenfalls mal durch Zufall mitbekommen. Ob das stimmt, kann ich nicht sagen.“


 

Na gut“, sagte ich, „dann kann ich mich nur noch von Ihnen verabschieden, Mr. Sommer.“


 

Das muss ich auch. Ich habe mich schon verspätet. Jedenfalls vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr. Random. Ich muss mich jetzt aber beeilen, sonst verpasse ich das Essen noch.“


 

Ich nickte ihm zu, durchquerte den Wohnraum und trat durch die Fenstertür auf die Veranda. Die Stücke meines Puzzlespiels beginnen sich zusammenzufügen, dachte ich, während ich rüber ging zu meinem Sportgleiter, der unter einem schattigen Baum stand. Ich spürte auch, wie dieser Ron Sommer hinter dem Vorhang stand und mich verborgen beobachtete.


 

Fortsetzung folgt irdendwann!

Ende Teil 23

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.09.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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