Heinz-Walter Hoetter

Der Fall T-Bird (Teil 25)

Random & Shannon

Ermittlungsagentur NEW YORK

 


Der Fall T-Bird

(Teil 25)


 


 


 

Als ich zu dem Bungalow zurückfuhr, hatte ich allerhand nachzudenken. Als ich ankam, stellte ich den Wagen in die Garage, arretierte ihn und ging ins Haus. Im Schlafzimmer riß ich mir die Kleider vom Leib, zog meine Badehose an, schnappte mir ein Handtuch und ging zum Meer hinunter.


 

Ich schwamm fast eine halbe Stunde im kühlen Wasser, dann kehrte ich in den Bungalow zurück, ließ mich im Schatten der Veranda auf einen Liegestuhl nieder und überdachte die verschiedenen Punkte, die ich bei meinen Ermittlungen bisher entdeckt hatte.


 

Ich dachte darüber nach, ob Ron Sommer oder Elisabeth Breedy gelogen hatte. Sommers Version klang mir glaubwürdig, und Mrs. Breedy hatte allen Grund zu lügen. Trotzdem war ich mir bei ihr nicht sicher.


 

Worüber ich mir klar werden musste, war: Wurde mir Virginia Shriver nur vor die Nase gehalten, um meine Aufmerksamkeit von etwas anderem abzulenken? Ich war überzeugt davon, dass die Schachtel Mrs. Breedy überhaupt nichts sagten, Ron Sommer dagegen sehr.


 

Vielleicht sollte ich noch einmal Ron Sommers Haus in den Bergen besuchen, wenn er nicht anwesend ist. Ich konnte möglicherweise etwas finden, was mir den Schlüssel zu dem Geheimnis lieferte. Ich war der Ansicht, es sei eine gute Idee sein Anwesen heimlich zu durchsuchen.


 

Ich wollte mir gerade eine Zigarette anzünden, als das Telefon klingelte. Ich stand auf, ging ins Haus, nahm den Hörer ab und meldete mich.

Hallo.“


 

Bist du es, Lester?“


 

Es war die Stimme von Violetta.


 

Wie schön. Ich hatte nicht erwartet, so bald von dir zu hören“, sagte ich. „Wo bist du?“


 

Ich bin in meinem Appartment. Ich habe über die Schachteln nachgedacht, die alle aus dem Robot Master Club stammen.“


 

Ich ließ mich auf die Armlehne eines Sessels nieder, stellte den Telefonapparat auf meine Knie und lauschte den Worten von Violetta.


 

Ich bin fest davon überzeugt, dass sie Ron Sommer gehören.“


 

Wie kommst du darauf?“ fragte ich sie.


 

Er saß mir am Tisch gegenüber, als er eine kleine Schachtel aus der Tasche zog und sie vor sich hinlegte. Er kramte wohl noch nach etwas anderem, als er auf einmal unvermittelt von einer Dame zum Tanzen aufgefordert wurde. Er stand auf und ging weg. Dann kam ein Kellner und räumte das Geschirr ab und nahm wohl die Schachtel ausversehen mit. Er kam anschließend zu mir rüber und sammelte auch hier Gläser und Teller ein. Dabei rutschte ihm diese kleine Schachtel vom Tablett, bevor er sich umdrehte und ging. Meine Tasche stand offen auf einem Stuhl neben mir, wo er sich gerade aufhielt. Sie muss da reingefallen sein, ohne dass er oder ich davon etwas mitbekamen.“


 

Irgendwie passt alles zusammen“, sagte ich. „Als ich heute bei ihm war, ließ ich ihm diese Schachtel sehen. Er reagierte auffällig nervös darauf.“


 

Hast du mit ihm gesprochen?“


 

Ja. Deine Stiefmutter war auch bei ihm. Ich kam gerade noch rechtzeitig, als sie ihn erschießen wollte. Es war alles sehr dramatisch.“


 

Ihn erschießen wollte? Aber Lester, wie kann das sein?“ Violettas Stimme wurde immer schriller. Sie war außer sich.


 

Vielleicht wollte deine Stiefmutter ihn nur einschüchtern, aber Ron Sommer sagte, er habe genug von ihr, wobei sie danach ihre Selbstbeherrschung verlor. Glücklicherweise konnte ich ihr die Waffe aus der Hand reißen.“


 

Sie muss von Sinnen gewesen sein. Was willst du in der Angelegenheit tun, Lester? Du hast doch nicht die Polizei benachrichtigt – oder?“


 

Nein, natürlich nicht. Außerdem würde dieser Sommer bestimmt nicht vor der Polizei zugeben, dass sie ihn erschießen wollte. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Polizei Anzeige gegen sie erstatten würde. Nicht gegen eine Breedy. Wusstest du, dass sie eine Waffe besaß?“


 

Nein, das wusste ich nicht.“


 

Ich glaube, sie hat meinen Partner Shannon engagiert. Mr. Sommer sagte das jedenfalls. Ich war später bei deiner Stiefmutter und übergab ihr die Waffe, aber sie behauptete, das Sommer ein Lügner sei. Er gab mir gegenüber zu, dass er es auf Virginia Shriver abgesehen hätte. Es ist das Mädchen, das ermordet wurde. Mrs. Breedy kam dahinter und beauftragte meinen Partner, ihn zu beobachten. Die Darstellung Mr. Sommers streitet sie aber ab.“


 

Das ist unglaublich. Wenn das die Polizei erfährt, gibt es einen Riesenskandal, erst recht, wenn die Geschichte an die Presse gelangt.“


 

Das könnte sein. Darauf musst du dich gefaßt machen, Violetta, es geht immerhin um einen Mord. - Glaubst du, dass Elisabeth Breedy mit dem Tod meines Partners Shannon etwas zu tun hat?“


 

Ich weiß im Augenblick nicht, was ich denken soll. Was willst du denn jetzt unternehmen. Lester?“


 

Ich konnte die Beunruhigung aus Violettas Stimme heraushören. Ich beruhigte sie und sagte, dass ich es noch einmal bei Mr. Sommer versuchen würde, um heimlich in sein Anwesen zu gehen. Ich fragte sie auch, ob er Personal im Hause hat.


 

Ja, das hat er. Einen Filipino, aber er schläft nicht dort. Er kommt Vormittags und geht so gegen acht Uhr abends wieder. Manchmal bleibt er auch länger. Er kümmert sich um alles, auch um die Gärtnerarbeiten.“


 

Ich werde noch heute abend zu Sommers Besitz fahren und mich im Haus umsehen.“


 

Und was erwartest du dort zu finden, Lester?“


 

Das weiß ich nicht, aber es ist überraschend, was man alles ausgräbt, wenn man sich die Mühe macht, zu suchen. Wann sehe ich die wieder, Violetta?“


 

Willst du mich denn wiedersehen?“


 

Was für eine Frage. Komm zu mir in den Bungalow und warte da auf mich. Ich könnte dir dann erzählen, was ich im Haus von Ron Sommer gefunden habe.“


 

Sie zögerte etwas.


 

Ich werde kommen, Lester. Lass mich bitte nicht zu lange warten. Sei aber vorsichtig. Dieser Sommer ist gefährlich und rücksichtslos, Lester.“


 

Dann erwarte ich dich, Violetta. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde schon gut auf mich aufpassen, Liebste“, sagte ich zu ihr. Dann legten wir die Hörer auf.


 

Ich blieb noch eine Weile sitzen und überlegte. Dann rief ich Inspektor Blanking an, der sich nach kurzer Pause meldete.


 

Was wollen Sie von mir, Random?“ knurrte er am Telefon.“


 

Haben Sie schon herausgefunden, woher der Eispicker stammt.“


 

Wofür halten Sie mich denn? Für einen Zauberer? Diesen Eispicker kann man überall in Terrania Bay City kaufen. Hunderte gibt es von denen.“


 

Das klingt aber nicht so, als würden Sie Fortschritte machen, Herr Inspektor.“


 

Habe ich auch nicht. Der Fall ist eben nicht schnell zu klären. Haben Sie denn schon etwas herausgefunden, Mr. Random?“


 

Nur Dinge, die Ihnen Ärger einbrinden würden“, sagte ich. „Mir scheint es beinahe so, als ob nicht Lee Breedy meinen Partner Shannon engagiert hätte, sondern seine Frau Elisabeth Breedy.“


 

Wie kommen Sie darauf?“


 

Aus dem Gerede, das ich aufgegriffen habe. Wissen Sie, ob Mrs. Breedy einen Waffenschein besitzt?“


 

Ich kann mal in unsere Datenbank schauen. Es dauert nicht lange. Haben Sie etwas Geduld, Mr. Random.“


 

Nach einer längeren Pause meldete sich Blanking zurück.


 

Sie hat eine Lizenz für eine achtundreißiger Pistole mit der Nummer 4557993. Die Lizenz wurde vor drei Jahren erteilt“, sagte er.


 

Ich griff nach meinem Notizblock und kritzelte die Zahl hin.


 

Vielen Dank, Inspektor! Noch etwas anderes. Haben Sie irgend etwas über Virginia Shrivers Lebenswandel feststellen können?“


 

Sie hatte keinen Lebenswandel. Sie ließ sich nicht mit Männern ein. Es ist mir ein Rätsel, wie Shannon an sie herankam.“


 

Könnte ich die Adresse von ihr haben?“


 

Sie lebt in der Maryland Road 379. Die Wirtin ist eine Mrs. Beckham. Von ihr werden Sie nichts erfahren. Sergenant Harry hat sich stundenlang mit ihr abgegeben. Sie konnte ihm einfach nichts berichten.“


 

Danke“, sagte ich. „Wenn sich etwa Neues ergibt, rufe ich Sie an, Herr Inspektor.“ Ich legte den Hörer auf und ging ins Schlafzimmer, wo ich mit frisch anzog. Dann schob ich meine Achtundreißiger in den Schulterhalfter, verließ den Bungalow, schloß die Tür sorgfältig hinter mir ab und holte meinen Schwebegleiter aus der Garage. Dann tippte ich die Adresse von Mrs. Beckham ins Navi ein und für los.


 

Etwas später.


 

Mrs. Beckham war eine dicke, ältere Person mit einem freundlichen Gesicht. Ich stellte mich bei ihr als Reporter vor, der beim Kurier arbeite, und fragte sie, ob sie mir etwas über Virginia Shriver sagen könnne, dem ermordeten Mädchen.


 

Sie bat mich ins Haus und wir setzen uns in einen Raum voller Plüschmöbel. Ich erzählte ihr, ich wollte einen Artikel über Virginia Shriver rausbringen, und möchte gerne wissen, ob sie vielleicht einen Freund gehabt habe.


 

Mrs. Beckhams Gesicht verdunkelte sich.


 

Das hat mich der Polizeibeamte auch schon gefragt. Nein, sie hatte keinen. Ich habe ihr oft geraten, sie solle sich einen netten jungen Mann suchen, aber sie ging so völlig in der Kirche auf, dass...“


 

Glauben Sie nicht, dass sie im geheimen einen Freund hatte?“ unterbrach ich Mrs. Beckham, die nachdrücklich den Kopf schüttelte.


 

Ich kennte Virginia schon mehr als fünf Jahre. Wenn Sie einen Freund gehabt hätte, wüsste ich davon, weil sie mir alles erzählt hätte. Außerdem ging sie nur selten fort. Zweimal in der Woche ging sie noch aus, wenn sie von der Arbeit zurückkam. An diesen Tagen besuchte sie die Kirche, um dort den Pfarrer zu unterstützen.“


 

Vielleicht hat sie Ihnen nur gesagt, sie gehe in die Kirche, und traf sich in Wirklichkeit mit einem Freund. Das ist doch möglich, oder nicht?“


 

Nein“, erklärte mir Mrs. Beckham und sah mich empört an.


 

So war Virginia nicht. Das hätte sie niemals getan.“


 

Und sie hatte auch keine Besucher?“ fragte ich.


 

Hin und wieder kamen Freundinnen. Zwei Mädchen von der Schule für Keramik und ein anderes, mit dem sie zusammen in der Kirche arbeitete.“


 

Keine Männer?“


 

Niemals.“


 

Ist wirklich kein Mann zu ihr gekommen, der sie besuchen wollte?“


 

Nein, Mr. Random. Das hätte ich nicht geduldet. Ich halte es nicht für klug, wenn Mädchen in ihren Zimmern Herrenbesuch empfangen. Virginia hätte das niemals getan.“


 

Ich zog aus meiner Brieftasche ein Foto von Shannon heraus und hielt es ihr hin.


 

Hat dieser Mann hier ja nach Miss Shriver gefragt?“


 

Ich habe diesen Mann noch nie gesehen, Mr. Random.“


 

Kam jemals eine andere Frau zu ihr, eine die sehr reich wirkte?“


 

Die Frage schien Mrs. Beckham zu überraschen.


 

Aber nein. Es kamen, wie ich schon sagte, nur ihre drei Freundinnen und manchmal der Pfarrer zu ihr.“


 

Geschah irgend etwas Ungewöhnliches an dem Tag, als sie starb? Kam jemand hierher oder bekam sie einen Brief oder wurde sie telefonisch angerufen.“


 

Das hat mich der Polizeibeamte auch schon gefragt. Es ist aber nichts Ungewöhnliches passiert an dem Tag.“


 

Inspektor Blanking hatte recht. Es war, als ob man in Beton graben wollte. Ich musste eingestehen, dass ich bei Mrs. Beckham nichts erreicht hatte. Ich bedankte mich bei ihr und entschuldigte mich für die Störung und ging.


 

Allerdings war ich mir jetzt ziemlich sicher, dass Ron Sommer log.


 

Fortsetzung folgt irgendwann

Ende Teil 25


 


 

***

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.09.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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