Brigitte Waldner

Rollsplitt im Sand auf dem Parkett


Der Nachbar mit der Fußfessel mäht gerade den Grünstreifen
vor seinem Gartenzaun mit der großen Motorsense.
Der Grünstreifen ist an dieser Stelle spitz zulaufend
und daher nur ganz schmal bis gegen Null hin.
Der Grünstreifen ist eher ein Graustreifen,
da er aus Rollsplitt und Sand besteht
und dazwischen kommen hie und da
Unkräuter, wie Löwenzahnpflanzen, durch.
Es bestünde daher kein Grund,
diesen schmalen Streifen mit einer starken Motorsense zu mähen;
ein kleiner billiger Trimmer würde genügen.
Diesen besitzt die Nachbarin auch,
aber er benützt ihn nicht.
Ich reiße die Pflanzen immer mit der Hand aus,
vor meinem Gartenzaun,
und damit hat es sich,
oder ich verwende einen kleinen Trimmer, je nach Bedarf.
+
Ich stelle meinen weißen Kleinwagen vor mein Gartentor,
steige aus und schließe das Tor
und sperre es mit einer Kette mit Bogenschloss ab,
da der andere Nachbar, der Räuber,
ja die Originalschlüssel zu meinem Gartentor hat
und wenn es offen steht, geht er einfach hinein
und nimmt sich, was ihm gefällt und trägt es weg
auf nie mehr Wiedersehen. Er zeigt es mir höchstens vom Balkon,
dass er wieder erfolgreich zugeschlagen hat.
Er vergisst dabei auch nicht, etwas zu ruinieren.
+
Ich steige wieder in mein Auto und warte gute einige Minuten,
dass der Fußfesselnachbar mir zeigt,
dass ich an ihm vorbeifahren kann,
da die Straße an dieser Stelle eng ist, eine Art Hohlweg beginnt,
und der Mann ein Hindernis auf der Straße für den Autofahrer ist.
Er befindet sich schon fast da, wo
die beiden Gärten aneinander grenzen,
nur ein bis zwei Meter vorher.
+
Er zeigt mir aber nicht,
dass er mich vorbei lässt.
Aber er sieht mich, er schaut her zu meinem Auto.
Als ich vorher mein Gartentor absperrte,
fuhr auch ein Wagen vorbei und da hat er die
Motorsense kurz abgesetzt und den Wagen vorbeilassen.
Eigentlich war er da schon komplett fertig mit dem Mähen,
aber er hat immer noch weitergemäht ohne Grund,
so getan als ob er mähen würde,
hinterher sage ich mir, als ob er auf mich gewartet hätte.
+
Also denke ich mir, ich rolle langsam vorbei,
er würde mich wohl vorbeilassen.
Vielleicht war das Herschauen zu meinem Auto ja die Aufforderung,
dass ich fahren soll.
In dem Moment, wo mein Wagen an ihm vorbeirollt, in Zeitlupe,
mit so viel Abstand wie möglich auf dieser Engstelle,
taucht er die Motorsense tiefer in den Boden,
dass der Rollsplitt und der Sand weit hinaus spritzen
und direkt gegen mein gepflegtes weißes Auto.
Ich habe die Steinchen touchieren gehört,
wie wenn es hagelt.
Hat er das absichtlich gemacht,
um den Lack zu verkratzen?
Dass er hinterher sagen kann,
bei mir ist alles heruntergekommen,
und ich bin auch heruntergekommen,
aber nur in seinen Augen.
+
So heruntergekommen, wie er,
der eine Fußfessel braucht,
zur Umerziehung, die ihm nichts bringt,
bin ich aber nicht und werde ich nie sein.
+
Muss man davon ausgehen,
dass ein Vorbestrafter so etwas macht,
die Motorsense absichtlich in den Boden taucht,
damit die Steinchen gegen mein Auto fliegen?
So ungehobelt ausfällig, wie seine Worte permanent sind,
so sind auch seine Taten.
Ich erinnere an seinen Eierwurf gegen meine Fassade voriges Jahr,
in einem Wutanfall, nur weil ich ihm meine Liegenschaft nicht verkauft habe.
Aber wenn ich ihm Steine gegen sein Auto geschleudert hätte,
und seien sie noch so klein gewesen,
dann wäre die Polizei schon hier und würde gegen mich eine Anzeige einleiten.
+
Ich hätte mir das nicht gedacht,
dass der tatsächlich mein Auto in meiner Gegenwart beschädigt,
indem er mir den Rollsplitt aus dem Straßenrand dagegenschleudert.
Wenn da ein Gemeindearbeiter mäht, der unter Zeitdruck steht,
verstehe ich das. Aber der tut es ja nicht einmal, auch der passt auf,
dass er die Autos nicht beschädigt.
+
Falls der Täter das jetzt liest, wird er sich freuen,
dass er meinem Auto Steinschlag-Sachschaden zufügen konnte.
Ich habe ihn falsch eingeschätzt,
noch viel zu gut und ihm das nicht zugetraut.
Wie viel geistig abnorme Wut muss in diesem Mann stecken,
der meine Liegenschaft nicht zu kaufen kriegt?
Dass ich selber darin wohnen möchte
und ein Recht darauf habe, das kapiert er einfach nicht.
Ich ärgere mich weniger über den Sachschaden,
ich weiß ja, dass er ein unberechenbarer Mann ist,
der sich nicht beherrschen kann,
besonders nicht, wenn er betrunken ist.
Und wann ist er nicht betrunken? Wenn er zu Hause ist, nie!
Zumindest täuscht er immer Trunkenheit vor,
sooft er mir was antut, damit er immer straffrei geht.
Das sei auch einmal erwähnt, und er will sich dann an nichts erinnern können.
Mit seiner Tat tut er mir seine Wut kund,
er hat sich nicht im Griff und wird sich nie in den Griff kriegen.
Wenn man nicht tut, was er will,
dann hat er einen Wutanfall und dreht durch.
Da muss man sich frühzeitig in Acht nehmen.
Das ist nicht immer koscher, was er verlangt.
Sein Schreikind genauso, das jetzt fünf ist.
Das schreit immer, von Baby an, das hat energiegeladene Wutanfälle
und ich weiß nicht, warum.
Manchmal bin ich schon gefahrenblind
wie Eisenbahner, die die herannahende Gefahr übersehen,
aber solche üblen Attacken wecken mich dann wieder auf,
wie gefährlich meine Nachbarn tatsächlich sind.
Ich muss mit allem Bösen rechnen und das immer
und wenn ich es nicht tue, dann bin ich selber schuld,
wenn ich es verschlafe oder unterschätze.
Der Täter ist nie schuld, immer ich. !
Es ist unbeschreiblich, wie meine Lebensqualität
und mein Wohlstand hier von beiden Nachbarn, links und rechts,
ständig gedrückt werden. Was habe ich für Nachbarn?

Was habe ich für ein Schicksal?
Und das erst recht an besonderen Tagen, wie hohen Feiertagen
und auch am Geburtstag, den sie ja wissen, da interessanter Weise
ihre Kinder am selben Tag und einen Tag später auch Geburtstag haben.
Ich habe nie einen Geburtstag ohne Geburtstagsgeschenk,
welches stets eine böse Attacke ist und oft mit längerfristigen Folgen,
so dass ich jeden Geburtstag fürchten sollte.
+
© Brigitte Waldner

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.10.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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