Lothar Krist

Das unmöglich zu verhindernde Schaaßgewitter

Das unmöglich zu verhindernde Schaaßgewitter

Eine Woche Urlaub am Balaton, Plattensee, Ungarn war. Den Feiertag zu Fronleichnam im Juni Irgendwann in den frühen Achtzigerjahren mit eingeschlossen. Selbst die, die sich sonst keinen Urlaub leisten konnten, fuhren damals zumindest einmal im Leben ein paar Tage nach Ungarn, und sei es denn nur mit einem Autobus.

Wir saßen zu viert in einem geräumigen Sportwagen, einem viertürigen schwarzen Opel Manta. Unsere vier Reisetaschen passten mit Zusatztaschen in den eigentlich unsportlich großen Kofferraum. Doch Opel war bekannt für seine Großräumigkeit auch bei seinen Sportwagen.

Ich, Loddar, einen Meter Zweiundneunzig groß, fühlte mich wohl, in diesem Rennauto. Es gehörte dem Heli, und der ließ mich ab und zu damit fahren, wenn er unpässlich war, oder sonst irgendeine Lustigkeit auf den Hintersitzen treiben wollte. Ich war damals ja noch totaler Antialkoholiker.

Am Plattensee lebten wir daher wie die Götter. Am Ende eines insbesondere für Jugendliche der heutigen Zeit nicht mehr beschreibbaren, weil wohl zensurbedürftigen Urlaubes reisten wir am Samstag morgen Richtung Österreich zurück. (Also bedankt Euch bei Euren Zensur-Ladies und -Boys hier im Forum, dass diese Geschichte nicht sexuell so unheimlicher geworden ist.)

Wir hatten schließlich noch beim Hofer dutzende geile Netzstrümpfe eingekauft. In mehreren Farben. Die DDR-Ladies waren megageil darauf. Zwei von uns landeten zweimal, Einer sogar dreimal, und ich blieb zwei Ladies treu, für die ganze Woche. Zwanzig Doppelpackungen Netzstrümpfe wurden von den Beiden gerecht aufgeteilt. Eine Gaudi war.

Wir ahnten schon, was auf der Heimfahrt geschehen würde. Schließlich wurde schon in Ungarn unsere so ungewohnte Ernährung ein wenig zum Problem. Jedes Böhnchen ein Tönchen war. Auch in den Discos. Zu unserem Glück waren wir nicht allein. Sonst hätte es wohl Schlägereien gegeben. Aber so wurden nur die Nasen in der ganzen Disco gerümpft und dann von Allen schön gefeiert.

Also aßen wir am letzten Tag abends nur noch ein ganz normales Gulasch. Die Mädchen weinten, und wir auch. Die Adressen wurden ausgetauscht. So ein netter Briefverkehr gebar.

Und dann fuhren wir los, Richtung Westen.

Auf halben Weg begann es zu Regnen. Der Regen wurde immer stärker, und dann kam der Sturm dazu. Bald fuhren wir nur noch Vierzig. Fünf Zentimeter Aquaplaning war. Der Scheibenwischer fetzte auf Stufe Zwei über die Scheibe. Vier Mann im Auto, die dünstelten. Die Scheiben liefen rundum an. Auch die Frontscheibe war ständig zur Hälfte beschlagen. Die Lüftung lief auf höchster Stufe. Vier.

Die Jungs, sie schliefen. Da wachte bei mir vorne der Hans auf, sah hinaus und meinte: Scheiße! Und da ließ er Einen aus. Also, ich bin mir selbst heute noch sicher, dass der Hans mit der ganzen Schoaßerei angefangen hat. Ich erschnüffelte den ersten Duft, und sagte zu ihm: Spinnst? Er grinste (noch), und sagte: Musste sein. Mein ganzer Darm rebelliert. Ein Brodeln ist. Ein Knurren auch.

Ich: Der meine auch. Und da ließ ich ihn ab, meinen Schaaß. Er war nicht mehr haltbar. Ich schwöre es: Ich habe schlimmer gestunken, wie Papa damals mit seinem Schaaß im Wald.

Hinten wurde der Gü davon wach. Seids Ihr deppert? Und er kurbelte das Fenster herunter und hielt seinen Kopf aus dem Fenster. Nach zehn Sekunden war er waschelnass. Also kurbelte er das Fenster wieder hoch. Er fluchte. Da wurde selbst der Heli wach.

Wos is los? Wos stinkt denn do so? Seids Ihr Alle deppert? Und er kurbelte auch am Fenster. Nur halb, dann hatte er schon kapiert. Gü neben ihm war waschelnass. Er nur zur Hälfte. Also Fenster wieder hoch. Und dort sind die Fenster auch geblieben.

Und dann begriffen sie so nach und nach unser Dilemma. Denn da ließ der Heli seinen ersten Schaaß. Der Gü wollte auch nicht klein beigeben. Der Hans und Ich hatten inzwischen schon wieder nachgeladen. Ein ständiges Kommen und Gehen von Schaaßen war. Die Belüftung sorgte für den Rest. Sie mischte vier der hinigsten Duftnoten die jemals verduftet worden sind wild im Raume eines Autos durcheinander.

Und dauernd liefen vorne und hinten, links und rechts alle Scheiben an. Vierzig Kilometer pro Stunde. Eine Autoschlange war. Ich musste mich trotz der Lacherei konzentrieren, damit ich nicht diesem Trottel vor mir, natürlich einem Wiener, auf seine Stoßstande fuhr. Er fuhr einmal dreißig, dann fünfzig, und dann wieder vierzig, oder einmal so und einmal so. Das Wasser spritzte dicktröpfig von allen Reifen um uns herum auf unsere Windschutzscheibe.

Dann kam die Grenze. Kurz danach hörte der Spuk auf. Wir fuhren nach Scharndorf, ins Wochenendhaus meines Vaters. Mit offenen Fenstern. Wir teilten uns dort auf die zwei Schlafzimmer auf und schliefen fast bewusstlos durch bis zum Sonntag.

In beiden Zimmern wurde jedoch von allen Beteiligten brav weiter geschissen. Unser Gedärm war noch für ein paar Tage lang ein wenig anders als sonst. Und im Sommer fuhren wir wieder nach Ungarn. Die Heimfahrt war jedoch nicht mehr so aufregend, wie im Monat zuvor. Kein Sturm auf der Straße.

Ich weiß, solche Urlaube gibt es heute nicht mehr. Dafür bedarf es nämlich so echter
Männer. Entschuldigung! Aber Wir waren damals schon eine geile Truppe. Und das Schoaßen war damals noch nicht aus kruden Gutmenschengründen verboten!

Copyright by Lothar Krist (03.03.2024 von 19.45 bis 22.30 Uhr)

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Lothar Krist).
Der Beitrag wurde von Lothar Krist auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.03.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Lothar Krist als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Wunder der Weihnacht von Werner Gschwandtner



Eine schwere Lungenkrankheit, als Atypische Pneunomie diagnostiziert eröffnete für die Familie Winters einen schweren und vor allem Kostspieligen Leidensweg. Über ein Jahr lang kämpfte ihr acht Jähriges Mädchen nun schon gegen diesen zähen Erreger, doch in der kommenden Weihnachtszeit drohte alles "Aus" zu sein - nur ein Engel in Amy Samanthas Träumen konnte dem kleinen Mädchen nun noch neuen Mut und Hoffnung geben.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Satire" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Lothar Krist

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Rockys Apfelnudel-Party in der Afrikanischen Wüste 2 von Lothar Krist (Krieg & Frieden)
Rosalie von Christiane Mielck-Retzdorff (Satire)
DER SILBERNE ENGEL von Christine Wolny (Weihnachten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen