Sandra Lenz

Bandits - Teil III

„Ah, Miss Bellucci, Sie haben die Teeküche also gefunden. Sehr schön.“ Matty Smith schob seine Brille zurecht und lächelte die neue Kollegin aus Deutschland freundlich an. „Es tut mir sehr leid, das ich Sie nicht persönlich hinführen konnte. Aber Sie verstehen, dieses dringende Telefongespräch ...“ Er räusperte sich verlegen. Mara Bellucci lächelte amüsiert und ließ sich in einem der Ledersessel nieder. „Aber Mr. Smith, ich bitte Sie, das ist doch überhaupt kein Problem.“ Sie nahm einen Schluck des heißen Kaffees.
„Sie wissen ja bereits gut über den Fall der „fünf Reisenden“ – wie wir sie hier gerne scherzeshalber nennen – gut Bescheid. Alle nötigen Informationen liegen Ihnen vor und diverse Einzelheiten kann Ihnen mit Sicherheit ihr neuer Kollege – Brian Manso – erläutern. Ich werde Sie ihm gleich vorstellen gehen und Ihnen ihr Büro zuweisen.“ Matty Smith erhob sich von seinem Platz und wanderte in seinem Büro auf und ab. Mara verfolgte seine Bewegungen und musste schmunzeln. Irgendetwas hatte ihr neuer Boss doch noch auf dem Herzen. „Mr. Smith, ich danke Ihnen vielmals für die herzliche Aufnahme hier in ihren Reihen. Ich bin mir sicher, wir werden gut zusammenarbeiten und diesen Fall hoffentlich bald abgeschlossen wissen. Möchten Sie vielleicht noch irgendetwas von mir wissen?“
Der ältere Herr räusperte sich. „In der Tat Miss Bellucci, ich würde gerne wissen, warum hat man sie zu uns geschickt. Extra eine Kollegin aus Deutschland. Traut man uns Engländern nicht zu, das wir den Fall lösen?“ Mara schüttelte verständnisvoll den Kopf. „Aber nein, Mr. Smith. Wie Sie wissen, wurden viele Banken innerhalb Deutschlands ausgeraubt. Genau hier liegt ein großer Aspekt der Spurensuche. Es wurde vereinbart, das wir zusammenarbeiten und gemeinsam die Täter dingfest machen. Vielleicht interessiert es Sie auch, warum überhaupt Europol eingeschaltet worden ist.“ Matty Smith lehnte sich an seinen Schreibtisch und nickte.
„Europol interessiert sich für gewöhnlich nicht für herkömmliche Verbrechen, schon gar nicht für solche, wo es überhaupt keine Toten gegeben hat.“ Mara nahm einen weiteren Schluck aus ihrer Kaffeetasse.
„Nein, der Kernpunkt liegt daran, das es weltweit Überfälle gegeben hat. Alle ähneln sich und auch wieder nicht. Jedes einzelne Land müsste Abteilungen auf den Fall ansetzen und es wären im Prinzip mehrere Einzelkämpfer am Werk. Von oberster Stelle wurde von daher entschieden, das ein Department allein für diesen Fall zuständig sein sollte. Außerdem kann man nicht ausschließen, das es doch noch Tote und Verletzte in Zukunft geben wird.“
Matty nickte. „Ja, da haben Sie vollkommen Recht, Miss Bellucci. Das kann man in der Tat nie ausschließen. Eins sollten Sie vielleicht noch wissen, ihr zukünftiger Partner, Special Agent Manso, ist kein gebürtiger Engländer. Er kommt ursprünglich aus den USA, ist allerdings bereits seit einiger Zeit hier bei uns tätig. Er ist ein sehr zuverlässiger und auch engagierter Mitarbeiter. Ich bin mir ganz sicher, das sie hervorragend mit ihm zusammenarbeiten werden.“
Matty Smith half Miss Bellucci auf und führte sie zur Tür. „Meine Liebe, es ist an der Zeit ihnen ihren neuen Kollegen vorzustellen.“

~.~

Victor hasste diese Fotoshotings wie die Pest. Man hatte ihn auf einer schwarzen Ledercouch drapiert wie ein Stück Stoff und er musste lasziv in die Kamera blicken. Schließlich sollten seine – vorwiegend weiblichen – Fans wieder mit neuem Material in diversen Jugendzeitschriften bedacht werden. Er war der Leadsänger und von daher am gefragtesten. Die anderen Jungs hatten einige Aufnahmen gemacht und saßen nun bereits in der Kantine beim Essen. Und er? Er musste noch etliche weitere Aufnahmen über sich ergehen lassen, bevor auch er einen Happen zu sich nehmen konnte. Manchmal war ihm sein Job zuwider, obwohl er natürlich die Musik über alles liebte. Aber der ganze Klimbim Drumherum konnte schon anstrengend sein. „So, das war’s Victor. Wir sind fertig.“ Der Fotograf legte die Kamera beiseite und knipste die Lampen aus. Victor erhob sich von der Couch und streckte sich. Endlich konnte er eine rauchen gehen. Das brauchte er jetzt dringend.
Er schlenderte den Gang entlang und schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Um zur Kantine zu gelangen, musste er eine Treppe hinunter gehen und einen weiteren Flur entlang laufen. Mike saß an einem runden Tisch vor einem beladenen Teller mit diverser Pasta. Genüsslich schob er sich eine Gabel nach der anderen davon in den Mund. Grant und Luc standen vor einem Flipperautomaten, der in der Kantine aufgestellt worden war und amüsierten sich köstlich. Burt und Siggi unterhielten sich mit einigen der anderen Künstler, die in der heutigen Show ebenfalls auftreten sollten.
Victor steuerte das Büffet an und verschaffte sich einen Überblick über das angebotene Essen. Er entschied sich für einen vegetarischen Auflauf und frisches Baguettebrot. Er hasste rotes Fleisch und auf Pasta hatte er keine Lust. Mit dem Teller in einer Hand und einer Flasche Bier in der anderen Hand gesellte er sich zu Mike an den Tisch.
„Die Pasta schmeckt köstlich.“ Mike leckte sich über die Lippen. „Ich glaube, ich sollte mir noch eine Portion davon gönnen.“ Er strahlte übers ganze Gesicht. „Wie kann man nur so viel Wert auf Essen legen?“ Victor schüttelte verständnislos den Kopf. Er war kein großer Esser. Wenn Essen nicht lebensnotwendig wäre, würde er glatt ohne auskommen. Das wichtigste für Victor waren seine Zigaretten, Bier und gelegentliche Schokoriegel.
Mike holte sich einen Nachschlag von der Pasta und nahm wieder nehmen Victor Platz. Burt und ihr Manager Siggi gesellten sich nun ebenfalls zu den Beiden.
„Euer Auftritt ist in ungefähr einer Stunde. Anschließend geht’s direkt zum Hotel, wo ihr euch ausruhen könnt. Morgen Abend ist dann der nächste Live-Gig. Werde morgen Vormittag die Örtlichkeiten checken gehen und diverse Angelegenheiten prüfen.“ Siggi nahm einen großen Schluck Apfelschorle. „Bis jetzt läuft die Tour doch großartig, Jungs. Ausverkaufte Hallen, die Magazine reißen sich um euch und eure Alben verkaufen sich prächtig.“ Der ältere Mann grinste. „Was will man mehr.“ Mike nickte zustimmend. „Ja, alles läuft hervorragend.“ Er zwinkerte Burt und Victor verschwörerisch zu. „Wir haben dann den Vormittag morgen zur Verfügung?“ „Klar Jungs.“
„Das ist doch großartig.“ Mike grinste und schob sich noch ein paar Nudeln in den Mund.

~.~

Matty Smith und Mara Bellucci gingen über den Flur und steuerten das Büro von Brian Manso an. Der ältere Mann klopfte an die Tür und öffnete sie einen Spalt breit. „Special Agent Manso, stören wir gerade?“ Manso saß gebeugt an seinem Schreibtisch über diversen Akten. Hastig schaute er auf und schüttelte den Kopf.
„Sie stören doch nie, Chef.“ Die letzte halbe Stunde konnte er sich sowieso überhaupt nicht mehr auf die Aktenberichte konzentrieren, denn ständig war ihm diese attraktive Frau durch den Kopf gegeistert.
„Dann will ich ihnen mal ihren neuen Partner vorstellen.“ Galant hielt Matty Smith der neuen jungen Kollegin die Tür auf und ließ ihr den Vortritt.
Mansos Herz schlug schneller und er erhob sich von seinem Platz. Mara Bellucci trat ins Büro und schenkte ihm ein Lächeln, welches ihm fast den Atem nahm.
Freundlich streckte sie ihm ihre zierliche Hand entgegen. „Mr. Manso, es freut mich sie kennen zulernen. Ich habe schon viel von ihnen gehört.“ Brian ergriff ihre Hand und hielt sie einen Moment länger, wie eigentlich nötig gewesen wäre, fest. „Die Freude ist ganz meinerseits. Auf eine gute Zusammenarbeit.“ Matty Smith bemerkte den plötzlichen Sinneswandel bei seinem Special Agent sofort. Aha, scheinbar hatte er jetzt doch überhaupt nichts mehr gegen einen Partner einzuwenden. Matty hätte beinahe gegrinst, verkniff es sich aber gerade noch. Bei solch‘ einem Partner hätte ich auch nichts einzuwenden dachte er bei sich und warf einen Seitenblick auf Mara Bellucci. „Mr. Manso, ihre neue Kollegin Miss Bellucci.“
Mara schaute sich kurz im Büro um. Auf dem Schreibtisch stapelten sich Akten. „Sind die alle über die „fünf Reisenden“?“ Brian nickte und ließ den Blick über ihren Körper wandern.
„Ich freue mich schon jetzt diese gemeinsam mit ihnen durchzuarbeiten.“ Mara bemerkte seinen Blick und lächelte ihn keck an.
„Mr. Smith, wären Sie jetzt so freundlich mir mein Büro zu zeigen?“ Der ältere Herr lächelte. „Aber natürlich, sehr gern Miss Bellucci.“
Brian hüstelte. „Mr. Smith, wäre es nicht angebracht, wenn Miss Bellucci hier in meinem Büro untergebracht werden würde? Hier im Büro ist ausreichend Platz für einen zweiten Schreibtisch und wir werden sowieso eng zusammenarbeiten. Wofür also die Mühe, stets zwischen zwei Zimmern zu pendeln? Vorausgesetzt natürlich, das Miss Bellucci damit einverstanden ist?“ Mit durchdringendem Blick schaute er in ihre blauen Augen. „Mr. Manso, wenn es sie nicht stört? Ich möchte hier nicht in ihr Büro einfach so eindringen. An mir soll es nicht liegen.“
„Das ist eine großartige Idee, Brian. Ich werde dafür sorgen, das alles notwendige veranlasst wird, das Miss Bellucci sich hier bei uns heimisch fühlt.“ Er tätschelte ihren Arm väterlich. „Das ist wirklich sehr reizend von ihnen.“ Mara reichte Brian erneut die Hand. „Ich freue mich schon auf morgen.“
Gemeinsam mit Smith verließ sie das Büro. Brian schaute ihnen hinterher. „Und ich freue mich erst, Mara.“ Ein diabolisches Grinsen umspielte seine blassen Lippen.

Am nächsten Morgen stand Mara pünktlich um 09.00 h an ihrem neuen Arbeitsplatz. Matty hatte dafür gesorgt, das ihr Schreibtisch und Telefon bereits an seinem Platz standen und alle notwendigen Utensilien. Mara warf ihre schwarze Aktentasche auf den Tisch und wanderte zum Fenster. Draußen schien die Sonne und es versprach ein herrlicher Tag zu werden. Ihr neues Büro war geräumig, trotz der nun zwei in ihm befindlichen Schreibtische. Manso hatte sich papiermassig auf seinem Schreibtisch und auch Drumherum ausgebreitet. Auf dem Tisch stand eine schwarze Kaffeetasse und ein silbernes Brillenetui lag daneben. Neugierig griff Mara danach und öffnete es. Natürlich, was auch sonst hätte sich darin befinden sollen, als eine Designersonnenbrille von Gucci.
Sie schüttelte den Kopf und klappte das Etui wieder zu. Nun war es an der Zeit, die Schränke ein wenig zu inspizieren. Die meisten waren gefüllt mit Ordnern und Akten und diversen Schachteln. In einem hingegen war ein Spiegel angebracht und sie fand Parfüm, eine Haarbürste, Seife und saubere weiße Hemden zum Wechseln sowie ein schwarzes Jacket von Armani. Ihr neuer Kollege hatte Geschmack, das musste Mara schon zugeben. Hübsch im herkömmlichen Sinne war er nicht, aber er zog sich sehr gut an und er hatte das gewisse Etwas an sich.
Mara hatte gerade den Schrank zugeklappt, als ihr neuer Kollege das Büro betrat.
„Guten Morgen verehrte Kollegin. Herzlich Willkommen in Mansos Reich.“ Er lief zu seinem Schreibtisch, ließ seine Aktentasche auf den Stuhl plumpsen und entledigte sich seines schwarzen Mantels, der aussah wie ein Gehrock aus dem Mittelalter.
„Vielen Dank Mr. Manso. Ich wünsche auch ihnen einen schönen guten Morgen. Auf eine gute Zusammenarbeit.“ Mara nahm an ihrem neuen Schreibtisch Platz und kramte in ihrer Aktentasche.
Brian Manso hing seinen Mantel in den Schrank und beobachtete seine neue Kollegin aus dem Augenwinkel.
„Sollen wir das förmliche „Sie“ nicht lassen? Schließlich arbeiten wir nun eng zusammen. Ich heiße Brian.“ Er reichte ihr seine Hand, die noch kühl von der frischen Morgenluft war. Er roch frisch nach Rasierwasser und Duschgel. Garantiert eines dieser teuren Edelmarken, die seine Haut schmückte.
„Sehr gern. Ich bin Mara.“
„Möchtest Du Kaffee Mara? Ich hole Dir gern einen in der Teeküche.“ Sie nickte. „Ja, bitte gern. Mit Milch und Zucker.“ Brian schmunzelte. „Blond und süß. Nicht anders zu erwarten.“ Mara schaute auf. „Bin ich so leicht zu durchschauen?“ Jetzt mussten sie beide lachen. „Obwohl ich doch gar nicht blond bin. Und wer weiß, vielleicht bin ich noch nicht einmal süß.“
„Das werden wir noch sehen“ murmelte Brian kaum hörbar vor sich hin und griff seine Tasse und verschwand Richtung Teeküche.

~.~

Die fünf Musiker saßen schweigend um einen Tisch herum und starrten auf die Tischplatte. Grant kippte bereits die dritte Bacardi-Cola hinunter. Langsam verschwand das Zittern aus seinen Händen und er beruhigte sich. War dieser Coup heute Vormittag erfolgreich gewesen? Na ja, das konnte man so oder so sehen.
Mike legte seine Hand auf die Schulter von Grant und versuchte ihn aufzuheitern. „Mach‘ dir keine Sorgen, Junge. Das ist alles nicht so schlimm wie es aussieht.“ Verstohlen schaute Mike hinüber zu Victor, der nichtssagend dreinblickte.
Heute morgen waren sie wie immer in eine Bank gegangen, hatten die darin befindlichen Personen bedroht und das Geld aus den Kassen verlangt. Warum musste dieser Blödmann auch versuchen, den Helden zu spielen?
Ein jüngerer Mann hatte versucht, einen der Jungs zu überwältigen. Dabei hatte Grant den Mann mit der Pistole verletzt. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er schießen müssen. Zum Glück war es nur ein Treffer ins Bein gewesen, der den Mann daran gehindert hatte weiter mit Burt zu ringen. Er würde nicht daran sterben, aber Grant fühlte sich trotz allem mehr als schlecht. Er hatte auf einen Menschen geschossen ... das konnte doch alles nicht wahr sein ...
Grant hob den Arm und orderte die vierte Bacardi-Cola. „Hast du nicht langsam genug, Junge?“ Burt sah seinen Bandkollegen fragend an.
Grant schüttelte den Kopf. „Wann ich genug habe, entscheide ich selbst.“ Grummelnd trank er das nächste Glas leer. „Ich habe auf einen Menschen geschossen. Verdammt noch mal, wie konnte das bloß passieren?“ Grant schaute Victor fragend an.
Dieser zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es auch nicht.“ Der große Sänger schob sich eine Kippe zwischen die Lippen und zündete sie an. „Es war einfach Pech. Aber der Kerl wird schon nicht daran krepieren. Also mache dir keine Gedanken mehr.“ Victor wusste auch nicht so recht, was er sagen sollte. Schließlich war es bisher nie vorgekommen, das sie hatten schießen müssen. Sie alle standen vor einer komplett neuen Situation und damit mussten sie erst einmal zurecht kommen. Victor orderte eine Flasche Jägermeister und erhob sich. „Jungs, ich gehe auf mein Zimmer. Bis zum Soundcheck heute Abend haben wir nur noch ein paar Stunden. Ich muss mich ausruhen. Euch empfehle ich das gleiche. Beruhigt euch und versucht abzuschalten. Es bringt sowieso nichts. Passiert ist passiert.“ Er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, griff sich die gut gekühlte Jägermeisterflasche und verschwand Richtung Aufzug. Die anderen vier Jungs schauten sich kurz an. „Victor hat Recht. Wir sollten uns alle etwas ausruhen und versuchen das, was heute morgen geschehen ist, zu vergessen.“
Sie alle machten sich auf den Weg in ihre Zimmer.

~.~

Mara reckte sich und massierte ihren Nacken. Jetzt brütete sie bereits seit Stunden mit Brian über den Akten der „fünf Reisenden“. Ihre Glieder schmerzten und sie wünschte sich nichts sehnlicher als ein heißes Vollbad.
„Ich denke, wir haben für heute genug. Wir sollten Schluss machen und nach Hause fahren.“ Mara gähnte. „Du hast Recht. Wir fahren lieber nach Hause.“ Sie stand auf und zog sich ihren Mantel über. „Hast du weit zu fahren, Mara?“ Brian tat ganz unschuldig, wollte aber eigentlich nur erfahren wo sie wohnte. Während sie noch ihre Akten zusammenräumte und diverse Papiere in ihrer Tasche verschwinden ließ, erzählte ihm Mara von ihrem Appartement in der Chest Avenue, welche ihr komplett eingerichtet von Europol zur Verfügung gestellt wurde. „Na ja, das Appartement ist ganz in Ordnung. Ist ja nicht auf Dauer, von daher ganz annehmbar. Meine Wohnung in Deutschland hingegen ist richtig schön und gemütlich.“ Versonnen schaute sie einen Moment aus dem Fenster. „Ich freue mich auch schon darauf, in mein eigenes Reich zurückkehren zu dürfen, wenn dieser Fall hoffentlich erfolgreich abgeschlossen ist.“ Brian räusperte sich. „Und gibt es jemanden, der sehnsüchtig auf dich in Deutschland wartet?“ Er stellte diese Frage ganz beiläufig, während auch er sich ankleidete. Mara musste erneut lächeln. „Ja, es gibt jemanden der auf mich wartet.“ Brian musste tief Luft holen. „Mein Kater Johnny wartet zuhause auf mich.“ Mara musste fast lachen über den betrübten Gesichtsausdruck ihres Kollegen, der sich kurz darauf doch wieder entspannte. „Mein Eltern kümmern sich während meiner Abwesenheit um ihn.“
„Oh, du magst Katzen? Ich habe auch eine. Sie heißt „Lily White“. Eine ganz verschmuste.“

Die beiden Agents traten hinaus in die Abendluft und sogen die kühle Luft in sich auf. „Was für ein schöner Abend. Nur schade, das wir heute von dem herrlichen Wetter kaum etwas mitbekommen haben.“
„Da hast du Recht. Mara, kann ich dich mitnehmen?“ Brian schaute sie erwartungsvoll an, während sie in ihrer Tasche kramte. „Das ist wirklich lieb von dir Brian, aber ich habe sogar einen Wagen bekommen. Wenn ich doch bloß ... den verdammten Schlüssel finden würde.“ Sie kramte weiter. „Aha, da ist er ja.“ Sie schwenkte das Schlüsselbund herum. „Sieh‘ da, dort hinten habe ich geparkt.
Ein Stückchen weiter als der Wagen von Brian stand ein silbergrauer Mercedes. „Nicht übel“ pfiff er anerkennend durch die Zähne. Sie nickte. „Ja, in der Tat nicht übel. Ich mag den SLK schon ganz gerne.“
Mara reichte Brian die Hand. „Ich wünsche dir einen schönen Abend Brian. Wir sehen uns dann morgen.“ Sie drehte sich um und ging auf ihren Wagen zu.
„Ja, den wünsche ich dir auch. Fahr‘ vorsichtig.“ Brian schaute ihr hinterher, wie sie den Schlüssel ins Schloss steckte, die Wagentür aufstieß und im Wageninnerem Platz nahm. Einen kurzen Augenblick später brauste sie an ihm vorbei und hupte zum Abschied.

Brian fuhr nicht gleich nach Hause, sondern er wollte noch einen Drink in einer kleinen Bar einnehmen, die er ab und zu besuchte. Er nahm an der Theke Platz und orderte einen Whisky on the rocks. Nach diesem Tag mit seiner neuen Kollegin benötigte er etwas stärkeres.
Er griff an seinen Kragen und öffnete die beiden obersten Hemdknöpfe. Mara war wirklich eine verdammt attraktive Frau, zudem sehr höflich und liebenswert. So manches Mal hatten die beiden heute lachen müssen und es war doch viel angenehmer für Brian gewesen, als er erwartet hatte. Noch jetzt konnte er das Parfüm von ihr förmlich riechen.
Er griff nach dem Whiskyglas und trank einen kräftigen Schluck. Die Flüssigkeit brannte im Hals und hinterließ ein warmes Gefühl in der Magengegend.

Mara schloss ihre Wohnungstür auf und schloss sie mit einem Fußtritt. Achtlos ließ sie ihre Aktentasche zu Boden fallen, hängte den Mantel an der Garderobe auf und schmiss ihre Schuhe in die Ecke. Ihr taten sämtliche Knochen weh und sie wollte jetzt nur noch entspannen.
Während das Wasser langsam die Wanne füllte, entledigte sie sich ihrer Kleidung. Das heiße Wasser liebkoste ihre Haut und sie ließ sich genüsslich in der Wanne nieder. Das tat verdammt gut.
Ihr erster Arbeitstag war ganz gut verlaufen. Brian sah zwar ganz nett aus und er schien auch liebenswürdig zu sein. Seine verstohlenen Blicke, die er ihr immer wieder zuwarf, hatte sie natürlich registriert. Aber falls dieser Kerl meinte, er könne etwas mit ihr anfangen, dann hatte er sich kräftig geirrt. Mara ließ so schnell niemanden an sich heran. Da müsste schon ein ganz anderer kommen, aber nicht jemand wie Manso. Dem werde ich schon eine Lektion erteilen, wenn er zu nah an mich rankommt. Sie lächelte müde und schloss die Augen.

~.~

Als Mara am nächsten Tag das Büro betrat, war Brian bereits anwesend. „Guten Morgen. Wir haben eine brandheiße Neuigkeit erhalten. Gestern wurde eine Bank in München ausgeraubt und zum ersten Mal haben unsere Reisenden die Waffe betätigt. Ein junger Mann wurde ins Bein geschossen.“
Mara legte ihre Tasche auf den Tisch und schaute ihren Kollegen aus großen Augen an. „Tatsächlich. Der Fall wird ja immer interessanter. Wann ist es passiert? Gestern? Dann können wir davon ausgehen, das die Täter noch in München und Umgebung sind.“ Manso nickte.
„Von daher haben wir zwei Flugtickets nach München. Unsere Maschine geht in drei Stunden. Du hast kurz Zeit um nach Hause zu fahren und ein paar Kleinigkeiten einzupacken. Auf geht’s.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.02.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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