Katja Baumgärtner

Mein Papa

Nachträglich zum Vatertag


Mein Papa

 

 

Mein Papa hatte Muskeln. Er stemmte Hanteln und protzte mit seinen Bizeps nur so.

„Ich habe ganz viel Kraft. Ich kann Mama und dich tragen ohne müde zu werden.“ sagte Papa stolz.

Dann kam eine Zeit als jeder sah was für ein schwaches Wesen mein Papa hatte!
Seine Mutter starb. Er weinte nur. Er war ganz traurig und saß nur so da. Man sah ihm den Kummer an. Er saß wie ein Wrack auf einem Stein. Papa hörte auf, zu arbeiten. Er pflegte von nun an seiner Mutters Grab.

„Wann möchtest du wieder zur Arbeit!“ fragte seine Frau eindringlich, wenn sie zu Hause alleine waren „Kannst du mich in Ruhe lassen – meine Mama ist vor einem dreiviertel Jahr gestorben.“

Seine Frau fragte immer und immer wieder. Die Antwort war immer die Gleiche. „Siehst du nicht ich trauere!“ oder er erwiderte ähnliches.

So verging die Zeit.

 

Eines Tages begab es sich, dass ein Sturm über unser Haus und unser Dorf zog. Die Bäume bogen sich und es regnete sehr. Die Straßen waren überflutet.

 

Plötzlich schlug in unserem kleinen Haus der Blitz ein und ein großer Ast von dem Baum ragte durch den Sturm in das Küchenfenster hinein. Es regnete in das Haus und das Wasser wurde hoch und höher. „Wir müssen fliehen!“ sagte mein Papa entschlossen „Das Haus steht bald ganz unter Wasser.!“

Die Polizei kam mit Booten und rief aus, die Häuser zu verlassen. Es werden mehrere Rettungsboote vorbei fahren. Man solle sich beeilen. Jeder werde an einem sicheren Ort gebracht.

Da trug mein Vater uns, meine Mutter und mich, zu den Rettungsbooten. Papa war nicht nur stark sondern auch sehr groß und trug uns durch die tiefen Wassermengen. Er vergaß über den Sturm hinaus den Tod seiner geliebten Mutter. Nachdem wir uns alle drei in das Boot von der Polizei retteten, drückte uns Papa zärtlich und umarmte uns. „Ihr seid das Wichtigste, was ich noch habe!“ Mein Vater lächelte dabei und streichelte uns über unser Haar. „Wenn das hier vorbei ist, beginne ich wieder zu arbeiten. Ich kann meine Mutter nicht mehr lebendig machen. Es muss weitergehen und zum Glück habe ich noch euch: Euch durchzubringen und euch zu beschützen, wird von nun ab mein Ziel sein. Das – heute Nacht – hätte in die Hose gehen können und ich bin dankbar, dass meine Kräfte mich nicht verlassen haben, euch in Sicherheit zu bringen und jetzt zu wissen!“ Dies sagte er ohne Absetzen, dann stockte er etwas: „ Zu aller erst werde ich mich um den Aufbau des Dorfes wieder kümmern. Ich bringe euch Geld und Essen nach Hause.“

 

Seit diesem Sturm hatte mein Papa Stärke bewiesen und uns ging es seitdem gut.

Papa dachte gern an seine Mutter zurück, aber das Leben musste weitergehen. Mein Papa ist der stärkste Papa der Welt. Er hat mich und Mama gerettet. Er ist immer für uns da, und dass er um seine Mutter jahrelang trauerte, ist doch normal oder?

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.06.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Humorvoll schreibt der Autor über eine Kindheit im Jahr 1949 in einem kleinen Dorf in der damaligen "Ostzone".
Armut ist allgegenwärtig und der Hunger ein ständiger Begleiter. Für den 11 jährigen Walter, mit der Mutter aus Schlesien vertrieben, ist es eine Zeit des Wandels, der Entdeckungen. Einfallsreichtum und Erfindungsgabe gehören zum Alltag.

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