Klaus Mattes

Lektüre 11/a: Kurzer Abriss meiner Lektüren

Vervollständige den Satz: „Lesen ist für mich …“

… Arbeit und Spiel, Spiel und Arbeit. Schreiben auch.


Wie viele Bücher besitzt du?
1000. Waren schon mal mehr.


Welches ist dein monetär wertvollstes Buch?
Wird einer von den Kunstbildbände sein. Die späten Scherenschnitt-Collagen von Henri Matisse. Später hat es Benedikt Taschen noch mal in etwa so für einen Bruchteil des Geldes gemacht.


Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ Wie findest du diesen Satz?
Bla


Was ist Sinn und Zweck des Lesens? Unterhaltung, Bildung, Ablenkung?
Hirnwichsen


Auf einer Skala von 1 bis 10: Welche Bedeutung haben die Bücher für dich?
4


Welches Nachschlagewerke ist für dich unentbehrlich?
Duden - Die deutsche Rechtschreibung


Du lernst jemand kennen, der von sich sagt: „Ich lese nie was,“ Wie reagierst du?
Solche Leute lerne ich meistens kennen. Mich beschleicht ein leises Schamgefühl, dass ich nach all der Zeit so viele Zeit noch immer dem eigentlich sinnlosen Lesen widme.


Du betrittst eine fremde Wohnung. Wie lange dauert es, bis man dich mit schräg gelegtem Kopf vor dem Bücherregal findet?
Mache ich gleich, ziemlich aufdringlich, die anwesenden Menschen ignorierend. Dient dazu, die Person des Wohnungsbesitzers mit meiner eigenen zu vergleichen. Geht meist schnell, weil die, deren Wohnung ich betrete, paar Porno-DVDs, alte Schulbücher und ihr Dutzend Stephen Kings stehen und liegen haben.


Wie viele Bücher hast du von irgendwo ausgeliehen und wie hältst du es mit Verleihen?
Beides immer null.


Gibt es einen Autor, den du schon lange mal persönlich treffen wolltest?
Nein. Bewahre! Bloß keine Autoren treffen! Mich sollte man auch nie treffen, ja, nicht mal treffen wollen!


An welche Schullektüren erinnerst du dich? Hat dich die Schule für bestimmte Werke oder Autor/innen begeistern können?
Ich war insofern abnorm, als ich fast alle Schullektüren für höchst bereichernde Erfahrungen hielt. Mir war damals schon klar, dass das freaky ist. Darum hielt ich es geheim. (Keller: „Die drei gerechten Kammmacher“, Büchner: „Woyzeck“, „Lenz“, Golding: „Herr der Fliegen“, Molière: „Der eingebildete Kranke“, Goethe: „Götz von Berlichingen“, „Faust“, „Die Leiden des jungen Werthers“, Schiller: „Wilhelm Tell“, „Die Jungfrau von Orléans“, „Wallensteins Lager“, Hesse: „Der Steppenwolf“, Hauptmann: „Die Ratten“, Dürrenmatt: „Der Richter und sein Henker“, Brecht: „Der gute Mensch von Sezuan“, Frisch: „Homo Faber“, Shakespeare: „Der Kaufmann von Venedig“, Orwell: „1984“, Mann: „Tod in Venedig“, Camus: „Jonas oder Der Künstler bei der Arbeit“, „Der Fremde“, Kleist: „Der zerbrochene Krug“, Plenzdorf: „Die neuen Leiden des jungen W.“)


Gibt es ein Buch, das man gelesen haben muss?
Peter Bichsel: „Kindergeschichten“


Auf welches von dir noch nicht besessene Buch freust du dich?
Die Hörbuch-Gesamtausgabe von Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, gelesen von Peter Matic, auf mp3-CDs.


Welches Buch verschenkst du gern?
Robert Gernhardt: „Reim und Zeit“


Welches Buch liest du gerade?
Thomas Bernhard: „Der Untergeher“

… Versuche, dem Existieren zu entkommen. Einmal sei er mit der Schwester nach Passau gefahren, weil sein Vater ihm eingeredet habe, Passau sei eine schöne Stadt, eine erholsame Stadt, eine außergewöhnliche Stadt, aber schon als sie in Passau ankamen, hatten sie gesehen, dass es sich bei Passau um eine der hässlichsten Städte überhaupt handle, um eine Salzburg nacheifernde Stadt, die vor Hilflosigkeit und widerwärtiger Plumpheit strotzende Stadt, die sich in perverser Hochmütigkeit Dreiflüssestadt nennt. Sie seien nur ein kurzes Stück in diese Dreiflüssestadt hineingegangen und hätten bald wieder umgedreht und wären, weil binnen Stunden kein Zug nach Wien zurückgefahren sei, mit einem Taxi nach Wien zurückgefahren.

Ich fand schon immer, der ist ein guter Unterhalter, dieser Mann.

 


Gibt es ein Buch, das vermutlich nie existieren wird, dessen Erscheinen du aber sehr begrüßen würdest?
„The Secret Sex Life of Thomas Bernhard“


Welches ist das verrückteste oder seltsamste Buch, das du kennst?
So einiges von Kurt Vonnegut. Wie wäre es mit „Breakfast for Champions - Frühstück für starke Männer“?


Welches ist das lustigste Buch, das du hast?
Eckhard Henscheid: „Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---“


Gibt es eine literarische Figur, der zu begegnen reizvoll wäre?
Alfred Leobold aus „Geht in Ordnung - sowieso -- genau ---“
Die Kneipe ist der heilige Versammlungsort, daneben, ebenso gewichtig und funktional identisch ausgerichtet, der ANO-Teppichladen in Seelburg mit dem Betreiber Alfred Leobold und dem Mitarbeiter Hans Duschke. Ein Paar wie Himmel und Hölle. Obwohl beide exakt das gleiche machen, Teppiche verkaufen und saufen.

Real existent ist eine Kette namens ARO, ano heißt so viel wie „im Arsch“.


Fällt dir ein unfreiwillig witziger oder missratener Buchtitel ein?
Peter Handke: „Unter Tränen fragend“
Luise Rinser: „Hat Beten einen Sinn?“
Stieg Larsson: „Männer, die Frauen hassen“
(deutscher Titel: „Verblendung“)


Gibt es Sätze aus Büchern, an du dich später immer wieder erinnerst hast?
„Sowieso. Genau. Geht in Ordnung.“


Was hältst du davon, Klassiker stilistisch aufzupeppen, um sie jüngerem Publikum zugänglich zu machen?
Geht in Ordnung.
Comic-Versionen gehen in Ordnung. Der gesamte Dostojewskij auf 100 Seiten geht auch in Ordnung. Rapsongversionen gehen klar in Ordnung. Reader’s Digest geht in Ordnung. Nur kann hinterher keiner meinen, er würde Jean Paul, Moby Dick, Fonty Fontane kennen, weil er sie sich so reingezogen hat.

Gibt es ein Buch, das du zwar magst, an dem jedoch die eine und andere Stelle noch geändert werden sollte?
O je! Die ganzen mittelalterlichen Aventiure-Epen. Ist mir aber viel Arbeit.

Es gibt Fernsehen, Internet, DVDs, Kino. Hat das Medium Buch allmählich ausgedient?
Auch die Menschheit hat allmählich ausgedient.

Ja, da wird einem halt angst und bang.
Bei so einem U – unter – gang gang gang gang gang gang.
Bei so einem U – unter – gang.

(Johann Nestroy)

 


Haben Orte, an denen sich viele Bücher befinden - Buchhandlungen, Antiquariate, Bibliotheken - einen besonderen Reiz? Welches ist der schönste Buch-Ort, den du kennst?
War auch mal so. Aber nee, inzwischen nicht mehr. Der Kult ums Buch wird oft auch reichlich übertrieben.


In welchen Situationen außerhalb der Wohnung liest du?
Belletristische Literatur las ich gut zehn Jahre lang fast nur unterwegs, in der Form von Hörbüchern beim Zugfahren, Busfahren, beim Warten im Waschsalon, auf Nachtwanderungen, beim Pfandflaschensammeln. Inzwischen wieder eher daheim.


Kommst du selbst aus einer Vielleserfamilie? Oder waren Bücher Mangelware? Wann und wie hast du zum Lesen gefunden?
Nein. Aber erst hat Mama Gutenachtgeschichten erzählt, dann Bücher vorgelesen, dann geschenkt. Obwohl sie selbst für sich eigentlich fast gar nichts las.


Beschreibe deine bevorzugte Leseposition!
Gelümmelt in den einen Sessel, Füße oben auf einem anderen.


Gibt es eine deiner Meinung nach stark überbewertete Vertreterin der Weltliteratur?
Virginia Woolf. Es ist todlangweilig.


Nenne das überflüssigste Buch, das dir einfällt!
Die „Twilight“-Saga von Stephenie Meyer. Ich muss es leider noch mal sagen.
(Sämtliche deutsch schreibenden Nobelpreisträger, Thomas Mann und Peter Handke vielleicht ausgenommen, sind auch knapp vor dem Shreddern.)
Mein Leben gähnt mich an wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus.
Georg Büchner, „Leonce und Lena“, 1. Akt, 3. Szene


Gibt es etwas, das in einem Buch, das du liest, nicht vorkommen sollte?
Erzählte Träume, vor allem, wenn sie erfunden wurden.


Gibt es ein Werk, von dem du sagen würdest: Ohne dieses Buch wäre ich nicht der Mensch, der ich bin!
Jean Genet: Querelle


Gibt es Literatur, die du am liebsten verbieten würdest?
Erotische Schwulenromane, verfasst von Frauen, publiziert unter Männernamen!


Welches Buch würdest du heute, spontan, dir unbekannten Lesern empfehlen? Warum?
Irgendwas von Dennis Cooper. Um sich selbst einmal zu testen, ob man den Literaturerkennungssinn noch besitzt, wenn man schon schreien möchte: „Verbrennt ihn!“ Nicht mal, dass ich Coopers Bücher besonders mögen würde. Aber sollte man seinem tragbaren Taschengärtlein antun, ist eine Harke dort.


Ein Verlag beauftragt dich, ein schönes Buch für die Herbstedition auszuwählen, vielleicht ein Buch, das nur als Taschenbuch existiert und eine bessere Ausgabe verdient hat. Welches würdest du vorschlagen?
Felix Rexhausen: Berührungen


Gibt es einen Schriftsteller, dessen Werke dir von Herzen zuwider sind?
Pam Sykes: „Park Avenue Prinzessinnen“
David Sedaris kommt dann auch bald.
Und der von Heidrun Heidenreich gelobte Jim Knipfel: „Blindfish“
Oder J.T. Leroy: „Sarah“. (Wieder mal: Frauen maskieren sich als Schwule, weil sie die so gut verstehen.)


Welches ist das mit persönlichen Erinnerungen am stärksten angereicherte Buch?
Gerard Reve: „Näher zu dir“. Beim Wiederlesen nach Jahrzehnten musste ich feststellen, dass praktisch nichts von dem, was ich in Erinnerung hatte, drinsteht. Ich hatte mir das beim Lesen wohl nur dazu gedacht.


Gibt es ein Buch, das du mit sehr großen Erwartungen zu lesen begonnen hast, um später sehr enttäuscht zu werden?
Karl Philipp Moritz: Anton Reiser.
Ihr eigenes hartes Schicksals öffentlich zu Leidenshingabe-Opern inszenierende Tucken kannte ich viele im wirklichen Leben. Als Buch wurde es dann schnell langweilig.


Gibt es ein Literaturgenre, das du besonders magst?
Ja, vom Ansatz her was Ähnliches wie die „Sarah“ von Leroy, also etwa was über Jugendliche, die auf den Strich gehen. Sagen wir doch mal Scott Heim: „Mysterious Skin“. Das ist zwar nicht Strich, aber doch sexueller Missbrauch zweier Jungen. Der eine entwickelt sich zu einer orgiastischen Schlampe, der andere verdrängt es ganz, bis sie sich eines Tages wiedertreffen.


Wie viele von deinen Büchern sind …
Sach- oder Fachbücher? Belletristische Werke? Gedichtbände? Bildbände? Nicht deutschsprachige Bücher? Hörbücher? Signierte Bücher?

Habe ich alles.
Autorensigniert? Ja, ich habe, glaube ich, eines von Robert Gernhardt oder Eckhard Henscheid. Dergleichen ist mir an sich schnurz.
Vom Kubik-Volumen her sind auf jeden Fall die Bildbände das Meiste, da ich den Rest in regelmäßigen Abständen ausmiste und vieles weggebe, wovon ich realistisch nicht mehr annehmen kann, dass ich es zu meinen Lebzeiten noch einmal aufschlagen werde.
Damit die Bildbände stehen bleiben dürfen, habe ich mir ein never ending Durchblätterprogramm auferlegt. Man wundert sich immer, wie viele Bilder man sieht, die man glaubt, wirklich noch keine einziges Mal gesehen zu haben.
Meine Schwerpunkte sind: Schallplattencover-Bilder, Kunsthistorisches, Landschaftsbände über süddeutsche und alpine Landstriche, die eher wenigen, mich noch kribbelnden Maler (Manet, Caravaggio, Hockney, Bacon, Tapiès, Matisse, Soutine, Beckmann, Fetting, Waldmüller, Anker, Hodler), Jünglingsakte (Herbert Tobias, Peter Hujar, Will McBride, Wilhelm von Gloeden, Fred Holland Day, Konrad Helbig, Herbert List, Erwin Olaf, Walter Pfeiffer, Mark Morrisroe).
Sachbücher meist über Popmusik und Jazz, Ökonomie und Weltuntergang.
Lyrik, die Hausapotheke: Eichendorff, Mörike, e.e. cummings, Jandl, Kavafis.
Hörbücher sehr viele; die kommen weg, nachdem sie als mp3 aufs externe Spechermedium gekommen sind.
Auch wollte ich mein Dasein nicht beschließen, ohne Harry Potter und Margaret Mitchells „Von Winde verweht“ ganz gelesen zu haben. Dazu noch eine Schwäche für altbackene Meisterdetektiv-Krimis wie von S.S. Van Dine oder Ellery Queen.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.07.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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