Brigitte Waldner

Das, was ich jetzt habe,


ist die Minimalausgabe.
Das Figaro-Fußkettchen aus Silber 925
mit Herzanhänger, zwei offene Herzen
und eines mit einem hellblauen Zirkon
in der Materialstärke von zwei Millimetern
zum Preis von rund Euro 39,-- habe ich mir im Internet ausgesucht
bei einem Internet-Juwelier.
Ich habe es aber nicht gekauft,
sondern versucht, das gleiche bei T*** zu finden
zu einem niedrigeren Preis.
+
Ich habe es binnen Minuten gefunden,
mehr zufällig,
ich habe es sogar schon geliefert bekommen,
es ist da und wunderschön,
aber es hat keinen Herzanhänger,
das ist nicht weiter tragisch,
das wusste ich ja,
da ich einen anderen Herzanhänger habe,
den ich bei Bedarf dazuhängen kann;
das werde ich aber nicht tun,
sonst erkennt es der Räuber.
Die Materialstärke ist ähnlich,
die einzelnen Kettenglieder sind gleich,
und es ist auch aus Sterling Silber mit 925 punziert.
Ich habe eine sehr große Freude damit.
Es ist etwas kürzer als das Markenjuwel,
und längenverstellbar, wie jenes.
Das Markenmodell wäre mir eventuell zu lang gewesen.
+
Was habe ich dafür bezahlt?
Ich habe es nicht geklaut, so wie mein Nachbar immer alles
bei mir und auch bei anderen hilflosen Opfern klaut,
was er seiner Tochter schenkt und seinem ganzen Klan
und seinen Freunden und den Handwerkern,
die bei ihm zu tun haben, wenn er was saniert
an seinem Haus, mit dem Geld, was er mir gestohlen hat.
So wie jetzt das ganze Haus - ein neues Kaltdach.
+
Wenn ich die Tochter von einem Räubervater wäre,
ich würde alles zurückgeben,
ich würde keinen geklauten Schmuck wollen,
nicht so die Margit, sie erfindet Geschichten,
oder erzählt die ihr eintrainierten Unwahrheiten,
um jedweden Diebstahl zu vertuschen
und stößt mir dann auch noch vor den Kopf,
dass ich mir alles einbilde und mich einmal behandeln lassen soll.
Der Räuber sollten einmal behandelt werden,
aber nicht ihre ahnungslosen Opfer.
+
Ich war eine junge Jugendliche,
als mir ein geschnitzter Rosenquarzelefant samt Goldkette
geklaut wurde. Den Edelstein hatte ich von Indien,
es war ein Geschenk einer Frau Doktor der Mikrobiologie,
eine Arbeitskollegin von meiner Mutter.
Meine Mutter ließ den Elefanten in Gold fassen,
um ihn zu einem Anhänger zu machen.
Das hat damals über eintausend Schilling gekostet,
das hat sie mir gesagt, da es ihr nicht schön genug war
für diesen Preis, ohne Kettchen und ohne Elefant,
nur der goldene Draht um den Elefanten herum gewickelt.
Nicht einmal in Form eines Sattels, was sie gewünscht hatte,
nur minimalistisch.
+
Das war damals viel Geld. Umgerechnet über 70 Euro,
Meine Mutter hatte im Monat als Fabrikarbeiterin
nur rund 6.000 Schilling verdient, aber in Vollzeit.
Und giftig war die Arbeit auch noch.
Kaum war der Räubernachbar frisch zugezogen,
war mein Elefanten-Kettchen verschwunden, samt Gold- und Silberringe
und Jahre später hing es um den Hals seiner Tochter Margit,
die um 10 Jahre jünger ist als ich.
Sie hat es mir nicht zurückgegeben, sondern das alles nachgeplappert,
was ich über den Elefanten gesagt habe,
sie sagte: „Ja, sie habe es auch als Geschenk aus Indien bekommen.“
Wer ist denn damals schon groß nach Indien gefahren?
Die Goldeinfassung war eine Sonderanfertigung für mich
bei unserem Juwelier in der Stadt.
Ich habe es meiner Mutter erzählt. Sie sagte nur: „Aha,
wo hast du es verloren?“
Jeder meint immer, ich verliere alles, und so meine Mutter,
die immer die Handschuhe verlor.
Gar nicht habe ich es verloren.
Und sie auch nicht ihre Handschuhe, Schirme, Halstücher, Schals und so weiter.
Der Nachbar war im Haus in unserer Abwesenheit
mit gestohlenen Schlüsseln und hat uns bestohlen gestohlen. Geld auch.
Und wir haben vieles nicht durchschaut und uns gestritten deswegen
innerhalb der Familie. Auf diese Idee kamen wir ja nicht,
dass der Nachbar ein Räuber ist und es ergattert hat,
den Schmuck eines Kindes, na ja, ich war schon in der Hauptschule.
Wir haben nichts gemerkt davon,
und mein Sparschwein wurde regelmäßig ausgeräumt,
selbst wenn ich es woanders hingestellt hatte.
Immer hat der Stiefvater die Schuld bekommen.
Vor dem Zuziehen des Stiefvaters wurde mir nichts geklaut.
Da war der Nachbar aber auch noch nicht zugezogen. So war das.
Der Räuber war es, wer denn sonst?
Der Stiefvater wurde selber bestohlen und hatte gedacht,
ich hätte es, Zigaretten und Mäntel, Jacken und Geld aus seiner Brieftasche.
Ich bin geborene Nichtraucherin.
+
Das waren die goldenen siebziger Jahre,
der Gerhard ergattert alles, alles, alles und noch viel mehr,
was er haben will. Seine Söhne, Enkel und Tochter nicht anders.
Seine Frau unterstützt sie dabei alle, indem sie Wache macht,
dass sie nicht erwischt werden und wenn,
dann lügt sie und beschützt sie.
Der Polizei ist das egal.
Die ist nicht zuständig in solchen Angelegenheiten,
so lange er mich nicht niedersticht und totschießt.
+
Was habe ich für mein neues Fußkettchen bezahlt?
Rund 17 Euro. Made in China, echt Silber.
Aber ich habe auch solche, die nur zwei Euro kosten
gleichzeitig gekauft.
Das teure wird im Safe sein, die billigen kann er aus der Lade rauben.
Ich kann zwischen billigen und dem teuren Fußkettchen
gar nicht unterscheiden. Die billigen schauen sehr schön aus,
zumindest, solange sie neu sind,
und das teure sieht eher wie Modeschmuck aus.
+
Ein Foto kann ich hier nicht zeigen,
dann kommt es der Nachbar holen
und weiß, welches er beim nächsten Einbruch mitnehmen muss.
Dann sehe ich es um die Elefantenstampfer seiner Tochter
oder Frau wieder, und seine dicke Frau ruft mir dann durch
deren 3,5 Meter hohen Brettersichtschutzwand zu,
„heute haben wir das Fußkettchen“.
So hat sie es beim Silberbesteck gemacht, beim Kirschenkompott
und immer wieder, tausende Male in 2018, mich damit auch noch gemobbt.
Aber das Fußkettchen wird ihnen nicht passen,
weil ihre Stampfer zu adipös sind.
Sie haben stärkere Knochen als ich und eine Menge
Wasser und Fleisch in den Beinen. Gott sei Lob und Dank. Wenigstens das.

© Brigitte Waldner

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.10.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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