Klaus Mattes

Media Blog 4.8 Kontrollverlust der FAZ

 

Eine aus Archivmaterial zusammen-collagierte Panikattacke.

Sie spielt im Wesentlichen im Jahr 2015.

Es ist nie zu spät, sich zu erinnern!

Daten und Fundstellen sind jeweils angegeben und können zur Überprüfung gerne nach-gegoogelt werden.

 

31. Januar 2014, Süddeutsche Zeitung

stellt im Raum Syrien gewisse Probleme fest:

Mehr als sechs Millionen Syrer sind auf der Flucht. Mehr als vier Millionen Männer, Frauen und Kinder irren im Land umher, 2,4 Millionen von den Vereinten Nationen (UN) registrierte Flüchtlinge haben die Grenzen bereits überquert. Weitere werden folgen. ... Die syrischen Flüchtlinge sind arabische Sunniten, dazu kommen im Irak noch Kurden. Sie bringen in Libanon die Religionsgruppen in Bedrängnis: Das Land besteht aus einem Mosaik von 18 zum Teil verfeindeten Religionen. ... „Was in Syrien geschieht, wird auch Europa und Deutschland treffen“, sagt Jordaniens Innenminister Hussein al-Majali. „Ich betreibe keine Angstmache, aber diese Menschen haben Bewegungsfreiheit.“ ... „Der Syrien-Krieg, entgrenzte Gewalt, Flucht und Vertreibung sind eine Katastrophe für Millionen von Menschen, das überfordert die Nachbarländer“, sagt Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth, die Libanon, Jordanien und den Nordirak gerade erst besucht hat. ... UNHCR-Mann ten Feld weist das zurück: „Schutzzonen im syrischen Hinterland bieten keinen Schutz. Grenzen lassen sich nicht schließen, Flüchtlingsströme sich nicht aufhalten. Wir haben keine Alternative.“
 

26. August 2015, besorgte Bürgerin in Heidenau

mit sächsischem Tonfall in Deutschlandradio Kultur:

Wir sind das doch, die für das alles bluten werden, und wir sind die, bei denen die ab jetzt klauen werden. Das wird so kommen, das steht fest.“

 

30. August 2015, kirchensite, Bistum Münster online

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx (geboren 1953 in Geseke, Münsterland) mag die Pegida nicht:

Mit Blick auf selbst ernannte „Verteidiger des christlichen Abendlandes“, die vor Flüchtlingsheimen demonstrierten oder sich an Pegida-Märschen beteiligten, sprach Marx von einer „roten Linie“, die durch die biblische Botschaft vorgegeben werde. Danach sei jeder Mensch ein „Bild des lebendigen Gottes“. Wo immer jemand egal welcher Herkunft verunglimpft oder gar körperlich angegriffen werde, werde diese rote Linie überschritten.“

 

3. September 2015, FAZ

Berthold Kohler (geboren 1961 in Oberfranken), Mitherausgeber, kommentiert:

Auf dem Balkan, in Afrika, Arabien und Asien packen auch in friedlicheren Staaten Menschen ihre Koffer in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Kinder im reichen Deutschland. Es sendet ihnen ermutigende Signale. .... München leuchtet nun auch vor Hilfsbereitschaft - wer will da in Dunkelbudapest bleiben? ... Deutschland, schon jetzt ein Haus der Nationen, ist auf dem Weg zum Vielvölkerstaat. ... Auch aus den Kriegsgebieten flüchten nicht nur Pazifisten nach Deutschland. ... Dem deutschen Sozialingenieur ist nach wie vor nichts zu schwer. ... Wenn es den Deutschen zu gut geht, gehen sie aufs Eis. ... Aber ist das tatsächlich auch der Wille der Nation? ... Doch breiter Widerstand regt sich bisher nicht dagegen, dass Merkel Deutschland für alle Welt hörbar zu einem stolzen Einwanderungsland erklärte.“

 

7. September 2015, FAZ

Volker Zastrow (geboren 1958 in Nordfriesland) versteht, dass Deutschland anzieht:

Überall in Europa lebt man freier, gesünder und wohlhabender als in weiten Gefilden der Welt; es ist ein Leben, von dem der größere Teil der Menschheit nur träumen kann. Aber Deutschland steht eben noch ein kleines bisschen besser da als seine Nachbarn. ... Es ist sonderbar, dass Deutschland von innen heraus betrachtet so ganz anders scheint. Viele glauben und fürchten in immer neuen Schreckensvisionen, dass es sich abschafft. ... Wenn man sich die Fußballmannschaft von 1990 anschaut – erinnern Sie sich noch, wie viele Einwanderer darin waren? Keiner. 2014 waren es sechs. Schon daran erkennt man, dass Deutschland sich in diesen knapp 25 Jahren enorm verändert hat. Das Deutschland von 1990 ist bereits abgeschafft. Es existiert nicht mehr. ... Wer vor fünfzig Jahren Kind war, lebte tatsächlich in einem anderen Land, in einer anderen Welt. Es ist mehr fort als blieb. ... Die Älteren stehen zumindest mit einem Bein in einer Welt, die nachlässt, untergeht oder schon gar nicht mehr existiert. Und so schmerzlich die Einsicht auch sein mag: Mitunter verteidigen sie eine Wirklichkeit, die bereits enteilt ist, schütteln Würfel im Becher, die schon gefallen sind. ... Die Freizügigkeit in Europa kann nur aufrechterhalten werden, wenn es seine Grenzen kontrolliert und schützt. Zuwanderung muss nach Kräften in legale Bahnen gelenkt werden. Es kann nicht sein, dass Europa über die Einwanderung nicht mitbestimmt. ... Nationale Selbstbestimmung kann es auch in dieser Frage nicht mehr geben.“

 

Change.org

Eine Petition im Internet („Frau Merkel handelt unverantwortlich“) fordert den Rücktritt der Bundeskanzlerin. Bis Anfang November werden sie dann 200.000 unterzeichnet haben. Einer vom ihnen ist Christian Robert, Graz:

Geht mich Frau Merkel als Österreicher überhaupt etwas an? Bis vor 2 Wochen war ich Links-Wähler und EU-Positiv eingestellt. Ihre Entscheidung haben Europa an einen Punkt gebracht an dem die EU zerbrechen wird, und der Lebensstandard sowie die Sicherheit meiner Kinder nicht mehr aufrecht zu erhalten ist.“

 

12. September 2015, Focus

weiß um einen Freudentag bei Bundespräsident Joachim Gauck (geboren 1940 in Rostock):

Die Hilfsbereitschaft in Deutschland führe zu einer „ernsthaften Hochstimmung“, sagte Gauck am Samstag beim Bürgerfest im Park von Schloss Bellevue in Berlin. „Aus der Sorge heraus erleben wir uns als fähige Menschen, die eine große Herausforderung bewältigen“, sagte der Bundespräsident. „Das geht ein in unsere kollektive Erinnerung.“ Gauck erinnerte an die Euphorie während der Fußball-WM 2006, als sich alle Bürger, auch die ausländischer Herkunft, für die gleiche Sache begeistert hätten. ... „Wir können das schaffen, wenn wir uns auch morgen und übermorgen bewusst machen, dass wir die Herren unseres Geschicks sind - wenn wir das wollen“, sagte Gauck.“

 

12. September 2015, Münchner Merkur

Im Interview zeigt sich der Münchner Kardinal Reinhard Marx (geboren 1953 in Geseke, Münsterland) christlich und sozial:

Aber das gehört ja zum Wesentlichen der christlichen Identität, dass wir unabhängig von seinem Glauben und seiner Herkunft einem Menschen, der in Not ist, helfen. Und ihm mit Respekt begegnen. ... Aus meiner Sicht erwartet die europäische Bevölkerung, dass man hilft. Die große Mehrheit ist der Meinung: Man darf Menschen in Not nicht im Stich lassen. .... Deutschland zieht nicht an, weil es sagt: Kommt alle zu uns. Sondern, weil es stark ist, wirtschaftlich prosperierend. ... Es ist eine völlige Illusion zu glauben, dass wir hier auf einer Insel des Wohlstands leben, die wir nur zu verteidigen bräuchten. ... Jeder Mensch hat das Recht, aus- und einzuwandern. Das sollten wir doch gerade in Deutschland wissen. ... Wir können nicht sagen: An unseren Grenzen sind Länder, die arm sind – was soll’s? ... Es gibt die europäische Einheit, die globale Einheit der Menschheitsfamilie. ... Menschenrechte gelten für jeden. Und das gilt auch für die Mindestausstattung, die man zum Leben hier bei uns braucht. ... Diese neue Internetkultur hat leider nicht dazu geführt, dass man differenziert urteilt und die Diskurse rationaler werden. Auch in diesem Bereich. ... Was ist die Alternative? Mauern hochziehen? Militär an unseren Grenzen? ... Wir haben das klare Signal gesetzt: Wer in existenzieller Not ist, wird nicht in das Gebiet zurückgeschickt, wo er mit dem Leben bedroht wird. Wenn wir unter diesen Standard zurückfallen, dann sind wir auf einem abschüssigen Weg. ... Wer in Not ist, dem wird geholfen! Es wird nicht gefragt, welcher Religion man angehört. Das ist christlicher Grundsatz. So steht es im Evangelium! ... Man muss eine Meinung haben, die vom Evangelium und der Lehre der Kirche begründet ist.“

 

14. September 2015, FAZ

Berthold Kohler (geboren 1961 in Oberfranken), Mitherausgeber, kann nicht alles Rollen stoppen:

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Vom angeblichen „Verriegeln“ der Grenze zu Österreich ist Deutschland auch nach der Wiedereinführung der Grenzkontrollen noch weit entfernt. ... Die „Willkommenskultur“ zeigt erste Ermüdungserscheinungen. ... Auch viele Nachbarländer verstehen nicht, warum Deutschland in der Flüchtlingskrise mit Hingabe den barmherzigen Samariter spielt. ... Alle folgen nun, wenn auch wie im Falle Deutschlands in sehr abgemilderter Form, dem bislang verteufelten Beispiel Ungarns. ... Je mehr Migranten vor den Toren stehen, desto strenger müssen die Auswahlkriterien gefasst werden. ... Einmal ins Rollen gekommene Flüchtlingswellen lassen sich nicht so leicht stoppen.“

 

14. September 2015, FAZ

Leonie Feuerbach und Morten Freidel haben Illusionen von Flüchtlinge erforscht:

Solche Bilder spielen für Flüchtlinge eine große Rolle, besonders für Syrer. Sie kommentieren und teilen sie. Aus ihnen speist sich ihr positives Deutschlandbild. Etwa Odai, 27 (wir haben alle Namen geändert): Als er zum ersten Mal daran dachte, aus Syrien zu fliehen, schaute er zuerst bei Facebook vorbei. Dort lernte er: Merkel hilft den Syrern. Sie sind in Deutschland willkommen. ... Ein Cousin, eine Tante, ein ehemaliger Nachbar – irgendjemand ist immer schon da. Und der berichtet zum Beispiel, dass es in Deutschland Sprachkurse für Asylbewerber gibt. Oder dass die Kinder von Anfang an in die Schule gehen können. ... Der Iraker Hoakan, 26, hörte von einem norwegischen Freund vor allem eines: Nirgendwo kann man so gut wrestlen wie in Deutschland. Für ihn das wichtigste - im Irak war er Sportsoldat und mehrfacher Wrestlingchampion. ... Im Prinzip ist es so: Was Flüchtlinge über Deutschland hören wollen, das hören sie auch. Sie müssen nur die richtigen Fragen stellen. ... Nach Frankreich zum Beispiel will kaum jemand. Dort bekommen sie kein Geld, glauben viele, und keine Arbeit. Sicher könne man sich dort auch nicht fühlen. Und Sprachkurse gäbe es ebenfalls nicht. ... Ihm wurde klar: Calais ist eine Sackgasse. Später, in einem griechischen Flüchtlingscamp, hörte er dann: Deutschland ist genauso gut wie England. Und man kommt viel leichter hin. ... Dort sind alle Menschen gleich. Und sie trugen Deutschlandfahnen bei sich. Eslam gefielen die Farben. ... Die meisten sind weiter auf die Bilder in ihrem Kopf angewiesen. Denn von Deutschland haben sie bisher nur wenig gesehen. Auch Merkel kam noch nicht vorbei.“

Noch ein Hinweis: Die FAZ weist diesen Text nicht als Kommentar aus, sondern klassifiziert ihn als Hintergrundinformation.

 

14. September 2015, FAZ

Klaus-Dieter Frankenberger (geboren 1955 in Darmstadt) versteht die Feuerringe:

Doch würde eine solche Wurzelbehandlung allenfalls mittel- bis langfristig wirken. Den aktuellen Exodus aus den Krisen- und Konfliktzonen des Mittleren Ostens brächte sie, im Unterschied etwa zu robuster Abschottung, nicht (rasch) zum Erliegen. ... Europa ist von einem Feuerring umgeben, der große Hitze abgibt. Um dieses Feuer zu löschen, bedarf es großer Anstrengungen, Handlungswillens und eines stärkeren Engagements, auch gegenüber den Ländern, die vom Syrien-Krieg direkt betroffen sind und Hilfe brauchen. Doch Wunder darf man nicht erwarten.“

 

16. September 2015, MDR-Sachsentrend

Die CDU bleibt mit 38 Prozent stärkste Kraft in Sachsen, hat aber im Vergleich zum Ergebnis der Landtagswahlen im August 2014 1,4 Prozentpunkte verloren. Die Linke bleibt mit 17 Prozent auf Platz zwei, muss aber ebenfalls leichte Verluste (-1,9%) einstecken. Auf Rang drei folgt wie vor einem Jahr die SPD, die ein Plus von 0,6 Prozent verbucht. Die große Koalition käme damit auf eine absolute Mehrheit von 51 Prozent. Für eine Überraschung sorgt das Ergebnis der AfD. Mit 13 Prozent liegt die Partei nun gleichauf mit den Sozialdemokraten.“

 

16. September 2015, Die Zeit

berichtet über ein Papier des Wirtschaftsflügels der CDU:

Die Mehrheit der Flüchtlinge, die zu uns kommen, hat kurz- bis mittelfristig keine Chance, auf unserem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, so Linnemann. Der CDU-Wirtschaftsexperte glaubt, dass nur ein kleiner Prozentsatz sich relativ zügig integrieren lasse und dabei auch die eine oder andere Fachkraftstelle ausfüllen könne. Die „überragende Mehrheit wird sehr lange bis dauerhaft auf die Hilfe des Staates angewiesen sein“, schreibt Linnemann.“

 

27. September 2015, FAZ

Berthold Kohler (geboren 1961 in Oberfranken), Mitherausgeber, rüffelt den Bundespräsidenten:

Doch im Inneren wie in den Außenbeziehungen führte ihre praktizierte Willkommenskultur zu erheblichen Irritationen, die in der zugespitzten Frage gipfelten, ob Deutschland denn zu einem Hippie-Staat geworden sei, nach dem Motto: Make love, not walls. ... Es kommen nicht nur friedliche, fleißige und integrationswillige Menschen, die sich die Rede Gaucks unter den Gebetsteppich legen werden. Achtzig Prozent der Migranten sind junge Männer, die meisten davon sunnitische Muslime. Wen werden diese Pfadfinder nachholen, und wie werden sie Karriere machen – als Ingenieure oder als Islamisten? ... Vielen Bürgern dagegen würde das Herz richtig weit werden, könnte man sagen: Es ist auch wieder ein Land der politischen Vernunft.“

 

30. September 2015, Bild

CSU-Vorsitzender Horst Seehofer (geboren 1949 in Ingolstadt) bekennt sich zur richtigen Vision:

Dabei stellt der CSU-Chef auch die Grundsätze der bisherigen Zusammenarbeit mit Angela Merkel infrage: „Die Kanzlerin hat sich meiner Überzeugung nach für eine Vision eines anderen Deutschland entschieden“, sagte Seehofer in einer Telefonschalte der CSU-Spitze am 12. September. ... Mit jedem neuen Flüchtlingszug wächst der Druck auf Angela Merkel. Schon jetzt sinken Umfragewerte der Union, (38,5 %; minus 4,5 Punkte seit August) und die Beliebtheitswerte der Kanzlerin. „Ihr Problem“, heißt es dazu in der CSU.“

 

4. Oktober 2015, FAZ

Klaus-Dieter Frankenberger (geboren 1955 in Darmstadt) erwägt Militäreinsätze am Mittelmeer:

Die Kapazitäten für die Aufnahme von Flüchtlingen sind erschöpft – sagen Landes- und Kommunalpolitiker sowie Helfer trotz großer Anstrengungen. Auch in der Bevölkerung wachsen Zweifel und Sorgen. ... Die Türkei soll viel energischer als bisher die Seegrenze zu Griechenland kontrollieren; sie soll noch viel mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen, festhalten und in Lagern unterbringen – die Türkei soll uns folglich Lasten abnehmen, welche die europäische Politik und Europas Gesellschaften durchschütteln. ... Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass Europa aus Verzweiflung zur Sicherung seiner Seegrenzen im östlichen Mittelmeer noch zu letzten, militärischen Mitteln greift. Das wäre dann der „worst case“.

 

4. Oktober 2015, Bayernkurier

Markus Söder (geboren 1967 in Nürnberg), Seehofers Konkurrent bei der CSU, könnte auch gegen Bürgerkrieger:

So viele Jahre waren wir hinter dem eisernen Vorhang gefangen. Die meisten Leute wussten auch nicht, wie stark genau die Grenze gesichert ist. Das ist für uns alle sehr aufschlussreich“, sagt eine Besucherin, die mit ihrer Familie extra zum Deutschlandfest aus Zwickau nach Mödlareuth gekommen ist. ... Die langjährige DDR-Kulturministerin Margot Honecker, so mutmaßte Friedrich, „würde heute zu Facebook-Chef Mark Zuckerberg gehen und sagen, Sie müssen faschistische und kritische Aussagen auf Facebook löschen. Aber kein Problem, ich stelle Ihnen eine Wahrheitskommission in Ostberlin zur Verfügung.“ ... Bei aller Hilfsbereitschaft könne es nicht sein, dass sich ganze Flüchtlingslager auf den Weg nach Deutschland machten, Syrer, Pakistaner, Afghanen. „Vor Jahren haben wir gesagt, wir müssen Deutschland am Hindukusch verteidigen. Aber jetzt kommt der Hindukusch zu uns“, so der Finanzminister [Markus Söder]. „Deutschland kann nicht die ganze Welt retten, es muss Grenzen geben“, sagte Söder. Wenn es in der EU darum gehe, dass Deutschland zahlt, seien alle dabei. ... „Mit der Entscheidung von Frau Merkel haben wir nicht nur zehntausende Menschen ins Land geholt, sondern auch Signale in die Welt gesandt: Die Deutschen wollen, dass wir kommen. Daher müssen wir jetzt andere Signale setzen.“ ... Die Zuwanderung sei zunächst eine „echte Sicherheits-Herausforderung“, so Söder. „Denn ein Drittel der nach Deutschland geströmten Immigranten sind nicht mehr da. Wir wissen nicht, wo sie sind.“ Einige hundert hätten beispielsweise in Brandenburg, auf offener Strecke nach Berlin, die Notbremse ihres Zuges gezogen und waren weg. „Nicht jeder Flüchtling ist eine potenzielle Gefahr, keinesfalls. Aber wenn viele aus dem Bürgerkrieg fliehen, werden auch manche Bürgerkrieger dabei sein.“

 

6. Oktober 2015, Die Zeit

lässt Bundesrichter Thomas Fischer (geboren 1953 im Sauerland) Quatsch machen:

Wie wir wissen, ist Deutschland eine einzige Tabuzone. Kaum jemand traut sich beispielsweise zu sagen, dass Sinti und Roma auch Menschen sind. Vollkommen tabuisiert wird auch die Erkenntnis, dass, wenn alle Autos dieser Welt gleichzeitig nach Deutschland führen, um im Land der Erfinder des Dieselmotors zu tanken, es zu kilometerlangen Staus an den Elbbrücken und auf der A 8 zwischen Stuttgart und Pforzheim käme. Im Übrigen sage ich nur: Thilo Sarrazin. Der Mann ringt sich einen Gedanken nach dem anderen ab, die allesamt tabuisiert sind: Dass nicht alle Türken Deutschlands gleichzeitig im Aufzug fahren können, oder dass man sich nicht sein Leben lang ausschließlich von Knoblauch ernähren kann. ... Wenn alle armen Menschen dieser Welt (so die Staatskanzlei Bayern) oder alle Kriegsflüchtlinge dieser Welt (so Prof. Winkler) gleichzeitig zu uns (gemeint: Deutschland in den Grenzen von 1990) kämen, könnte es eng werden. Mein lieber Herr Professor! Das ist ja eine Zeitenwende der Erkenntnis! Darüber haben wir ja – außer 1975, 1983, 1992, 1998 und 2003 – praktisch noch nie nachgedacht! Lassen Sie uns überlegen: 360.000 Quadratkilometer für 82 Millionen angebliche Deutsche macht 4.300 m² pro deutschen Menschen (220 pro km²). Kämen nun, sagen wir mal 60 Millionen dazu (derzeit geschätzte Zahl der Kriegsflüchtlinge auf der Welt), blieben für jeden gerade einmal noch 2.600 m², die Dichte stiege auf 360 pro km² an. Das entspricht ziemlich genau der Bevölkerungsdichte von Israel (370), Indien (370) oder Japan (340) und liegt zwischen den Niederlanden (400) und Belgien (350).“

 

7. Oktober 2015, FAZ

Heike Göbel (geboren 1959 in Leverkusen) vom Wirtschaftsressort warnt Immobilienbesitzer schon mal vor:

Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes gilt als verlässlicher Pfeiler des deutschen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, der Sozialen Marktwirtschaft. ... Die Bürger sind hier hochsensibel, sie wehren sich, wenn sie fürchten, ein Übermaß an Steuern und Abgaben höhle die Eigentumsgarantie aus. ... Wie schnell das Vertrauen der Investoren in Eigentumsgarantie und Vertragsfreiheit zu erschüttern ist, hat sich zuletzt in der Finanzkrise 2009 gezeigt. ... In Hamburg hat die SPD-Regierung soeben ein Gesetz erlassen, das die „Sicherstellung privater Grundstücke oder Gebäude“ erlaubt, um darin Flüchtlinge unterzubringen. ... Selbst wenn es am Ende nur wenige Fälle sein sollten, in denen der Staat eine Immobilie gegen den Willen des privaten Eigentümers nutzt. Sie werden reichen, um die Gewissheit zu erschüttern, Eigentum sei Eigentum. ... Die „Sicherstellung“ der Immobilien schürt die Sorge, was der Politik als Nächstes einfällt, wenn es ihr nicht gelingt, die Zuwanderung zu bremsen. ... Nicht ausgeräumt ist der Verdacht, Teilen der Politik komme es gelegen, die Flüchtlinge vorzuschieben, um Rechte der Immobilienbesitzer dauerhaft zu beschneiden.“

 

7. Oktober 2015, Focus

berichtet über einen Brandbrief von 34 CDU-Landespolitikern an die Kanzlerin:

Die gegenwärtig praktizierte Politik der offenen Grenzen entspricht weder dem europäischen oder deutschen Recht, noch steht sie im Einklang mit dem Programm der CDU", heißt es in dem Brief, der FOCUS Online vorliegt.“

 

9. Oktober 2015, FAZ

Christian Geyer (geboren 1960 in Aachen) kommentiert Merkels „Ich habe einen Plan“-Aussage in der Sendung von Anne Will (ARD):

So kommt es, dass in Merkels Rhetorik die Kunst des Möglichen – Politik – im zahlenmystischen Quark versinkt und umgekehrt Glaubens- und Gesinnungssätzen realpolitischer Rang zuerkannt wird („ich habe überhaupt keine Zweifel“, „meine innere Gewissheit sagt mir“, „ich bin ganz fest davon überzeugt“). ... Sie, die Physikerin von Hause aus, hat sich idealistisch eingesponnen. ... Einlassungen zur äußeren Wirklichkeit werden von der innengeleiteten Kanzlerin als Zumutung abgewiesen, eben als Versuch, ihr ein „Versprechen“ abzupressen. ... Man ist zunehmend beunruhigt, dass die Zukunft des Landes an einer Person hängen soll. Gespensterstunden häufen sich.“

 

9. Oktober 2015, Süddeutsche Zeitung

Es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen Einzelhandelskonsumentinnen:

Es sind tumultartige Szenen, die sich dieser Tage in Deutschland abspielen. Rücksichtslosigkeit und rohe Gewalt tritt da zutage ... Tatort 2: Gernsbach/Baden-Württemberg, Tatzeit: ebenfalls kurz nach 8 Uhr, Tatbeteiligte hier: zwei Frauen. Die eine hält die Ware bereits in der Hand, als sie von ihrer Konkurrentin „regelrecht niedergerungen“ wird, wie es später im Polizeibericht heißt. Die Siegerin des Duells eilt zur Kasse, bezahlt ihr Beutestück und flüchtet. Allerdings gelingt es einer Zeugin, das Autokennzeichen zu notieren. Ermittelt wird jetzt wegen Körperverletzung. ... Grund ist ein Küchengerät, dass der Discounter zum Preis von 199 Euro anbietet, oder genauer: angeboten hat, denn die wenigen pro Filiale verfügbaren Exemplare waren innerhalb von Minuten vergriffen. Es handelt sich um eine Kopie des beliebten Thermomixers von Vorwerk, einer Multifunktionsmaschine für den Haushalt, die mixen, rühren, dünsten, kneten, kochen und auch sonst so ziemlich alles kann, was normalerweise ein Mensch in der Küche übernimmt. Allerdings kostet das Originalgerät mehr als 1000 Euro - und ist zudem nicht online bestellbar oder im Handel erhältlich, sondern nur bei Vertretern, die für Vorführungen mit dem Gerät zu den Kunden ins Haus kommen.“

 

9. Oktober 2015, FAZ

Jochen Stahnke (geboren 1980 in Hamburg) erklärt die harte spanische Anti-Flüchtlingspolitik:

Im Jahr 2006 erreichten mindestens 31.678 Afrikaner die Kanarischen Inseln. ... Jeden Tag seien damals fünfzig Pirogen gelandet ... Mit Mauretanien schloss Madrid ein Überwachungsabkommen, in dem sich die Gendarmerie des Landes verpflichtete, Migranten zu sichten und aufzuhalten. Zudem sicherte die Regierung zu, wie wenig später auch Senegal, auf den Kanarischen Inseln angelandete Migranten ohne weitere Prüfung umgehend wieder zurückzunehmen, ohne dass ein Asylantrag in Europa bearbeitet worden wäre. ... Gleichzeitig ermöglichte Madrid einem sehr kleinen Teil der Migranten einen legalen Weg, Arbeit im Niedriglohnsektor auf dem Festland zu erhalten. ... Im Gegenzug erhielt Mauretaniens Präsident Ould Abdel Aziz, der sich ein Jahr zuvor an die Macht geputscht hatte, Entwicklungshilfe, militärische Ausrüstung, Patrouillenboote und später auch Ausbildung der eigenen Sicherheitskräfte – und damit nicht zuletzt die Anerkennung durch die Europäer. ... Es erlaubt der spanischen Leitstelle auf den Kanaren, in Afrika gewonnene Radarinformationen und Satellitenbilder von in See gestochenen Migrantenbooten in Echtzeit zu sichten und verfügbare Einsatzkräfte per Mausklick an den Kontaktpunkt zu beordern. ... Heute fliegt ständig mindestens ein Aufklärungsflugzeug die westafrikanische Küste entlang, hinzu kommen Hubschrauber sowie Marineschiffe vieler Staaten. ... Einen großen Teil von „Seahorse“ finanziert die Europäische Kommission ... Sie erlauben es europäischen Beamten zwar, auf afrikanischem Staatsgebiet Festnahmen durchzuführen, ohne dass diese aber dazu verpflichtet wären, etwa Asylanträge entgegenzunehmen. ... Die Unterbringung und Behandlung der Migranten überließen die Europäer den Mauretaniern. Heute versucht kaum einer mehr, über Mauretanien nach Europa zu gelangen. ... Doch warnte Sall zuletzt vor einer Abschottungspolitik Europas und verlangte Möglichkeiten der legalen Einreise zum Studieren und Arbeiten. Die insgesamt rund eine halbe Million Senegalesen im Ausland überwiesen 2013 insgesamt 1,7 Milliarden Euro nach Hause - und bestreiten damit rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung Senegals.“

 

12. Oktober 2015, Focus

zitiert ein Interview aus Bild, in dem Kanzlerin Angela Merkel (geboren 1954 in Hamburg) behauptet, sie tue ihre Arbeit unangefochten durch Umfragen:

Umfragen sind nicht mein Maßstab. Schauen Sie sich doch einmal meine Umfragewerte der letzten Jahre an. Wie sie beim Irak-Krieg waren, wie sie erst bei der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke waren und dann bei der Abschaltung. Mein Maßstab ist die Aufgabe, die ich als Bundeskanzlerin habe: die Probleme zu lösen. Und darauf konzentriere ich mich voll und ganz. Jedes Kanzlerjahr hat seine eigene Herausforderung.“

 

13. Oktober 2015, FAZ

Patrick Bahners (geboren 1967 in Paderborn), Feuilleton, interpretiert, wie deutsche Kulturleuchten, Botho Strauß (geboren 1944 in Naumburg) und Martin Mosebach (geboren 1951 in Frankfurt), die Materie verdichten:

Soboczynski möchte Strauß nun auch nicht zustimmen, aber aus der Routine ausbrechen. Daher wirft er den von ihm abgelehnten Strauß in einen Topf mit den Leuten, denen der Dichter-Seher seinen Ablehnungsbescheid sendet, den Wurzelausreißern, die Einwanderer einladen, die letzten Pflänzchen der deutschen Nationalliteratur zu zertrampeln. ... Mit symbolischen Verbürgungen zivilisierter Distanz mag man den Hungrigen und Entkräfteten kommen, wenn man ihnen in den Unterkünften ein Minimum an Abstand voneinander garantieren kann. ... Ohne charismatischen Führer zerfällt eine Liebesgemeinschaft wieder. Es fehlt der Gandhi der Bahnhöfe – und zwar deshalb, weil die Helfer ihre Hilfe gar nicht programmatisch als Gründungsakt eines Liebesreiches verstanden. ... Doch welchen Nutzen hat in der Krise ein metaphorischer Thermostat? ... Wird die Tradition deutscher Debattenkultur zulassen, dass Migranten neue Gedanken ins Land bringen? Martin Mosebach hat darauf hingewiesen, dass Botho Strauß das wenigstens den Syrern zutraut.“

 

13. Oktober 2015, FAZ

Reiner Burger (geboren 1969 in Konstanz) übermittelt aus NRW Notrufe von Landräten:

In immer neuen und doch weitgehend gleichlautenden Schreiben heißt es wie in einer vor wenigen Tagen von der Bezirksregierung Köln verschickten E-Mail schon seit Wochen: „Aktuell liegt eine krisenhafte Zuspitzung der Anzahl neuankommender Flüchtlinge im Land Nordrhein-Westfalen vor.“... Schon seit Wochen funktioniert die Flüchtlingsunterbringung in Nordrhein-Westfalen also nur noch im Notfallmodus und nur dank der Dauer-Nothilfe der Städte und Kreise. Doch nun sind auch dort die Kapazitäten erschöpft. ... „Wir sind in ernster Sorge, dass bei vielen Bürgerinnen und Bürgern das Verständnis für die bevorzugte Erfüllung von Aufgaben zur Betreuung von Flüchtlingen weiter schwindet und die Stimmung gegen Flüchtlinge, aber auch die politisch Verantwortlichen umschlagen könnte.“

 

14. Oktober 2015, Die Zeit

Bernd Ulrich (geboren 1960 in Essen), stellvertretender Chefredakteur, versucht, Vernunft vorzuschreiben:

Es ändert sich etwas in Flüchtlingsdeutschland. ... Deutschland leidet in der Flüchtlingsfrage unter galoppierendem Realitätsverlust, die Illusionen sind zahlreicher geworden, als sie es im Sommer je waren. Und sie haben ihre Farbe gewechselt, sie tragen jetzt Schwarz: Die Angst davor, dass der Zustrom von jährlich einer Million zu 80 Millionen Deutschland überfordern könnte, bekommt mehr und mehr panische Züge ... Jetzt, da Millionen Araber sich hierher aufgemacht haben, lässt sich eines nicht mehr übersehen: Im Mittleren Osten leben nicht etwa Ölquellen, dort leben Menschen. Und diese Menschen haben seit mindestens zwanzig Jahren mehr und mehr die Schnauze voll, sie wollen nicht länger ihr Leben lassen oder vergeuden, nicht in korrupten, heuchlerischen Diktaturen und nicht im Chaos. ... Diese Männer bewachen für uns die Ölquellen und halten uns die arabischen sowie afrikanischen Flüchtlinge vom Leib. Sie tun das, was westliche Politiker sich nicht trauen würden, sie schießen Menschen nieder und verschleppen sie in ihre Folterkeller, sie werfen Giftgas und bedrohen die Angehörigen derer, die fliehen. ... Was der Westen da treibt, ist mit wenigen Ausnahmen (wie dem Iran-Abkommen) Voodoo-Außenpolitik. Er reagiert auf die Flüchtlingskrise genauso konfus wie seinerzeit auf den 11. September. ... Seriöse Zeitungen titeln dieser Tage, die EU wolle die Ägäis „dichtmachen“ und verhandele mit der Türkei, auf dass Ankara den Flüchtlingsstrom „stoppt“. Das sind keine Nachrichten, das ist Science Fiction. Tatsächlich will Erdoğan allenfalls ein neues Flüchtlingslager bauen lassen, aber nur wenn die EU im Gegenzug 500 000 Flüchtlinge aufnimmt. Nichts ist dicht, nichts wird gestoppt. ... Nur eines haben die USA und Europa mit Arabern und Persern noch nicht probiert: sie zu behandeln wie Menschen. Die Versuche, in Afghanistan und im Irak mit militärischer Gewalt die Demokratie einzuführen, waren nicht mehr als ein Kollateralnutzen eigensüchtiger Interventionen und sind gescheitert. ... Auch logistisch hat sich das Land nicht darauf vorbereitet, obwohl seit Anfang des Jahres klar war, dass sich Größeres anbahnt. Das ist ein schlimmes Versäumnis, auch eines von Angela Merkel. ... Nur, dass sich nun Menschen, die vor Assad oder dem IS weglaufen, die in notdürftigen Massenlagern sitzen und sich vor dem Winter fürchten und die nicht zuletzt von ihren bereits in Deutschland angekommenen Verwandten per Handy um die relativ anständige Behandlung hier wissen, durch ein böses Wort der Kanzlerin in nennenswerter Zahl abschrecken ließen – diese Vorstellung ist naiv, eine Flucht vor der Realität. ... Man kann eine Million Flüchtlinge, die schon hier sind, nicht abschreckend behandeln, um weiteren Zuzug zu entmutigen, und sie zugleich integrieren. Wer abschreckt, schafft unversöhnliche Parallelgesellschaften. Es gibt auch eine Naivität des Bösen. ... Die Mexikaner „bringen Drogen. Sie bringen Verbrechen. Sie sind Vergewaltiger.“ Das sagt Donald Trump, der aus dem wenig effizienten Zaun an der mexikanischen Grenze eine unüberwindliche Mauer machen will. Starke Mauern brauchen eine starke, aggressive Legende. ... Es gibt bisher keine funktionierende Flüchtlingsinfrastruktur, zu wenige Wohnungen, Sozialarbeiter, Polizisten, Ärzte, Lehrer. Stattdessen werden die Versäumnisse der Politik auf dem Rücken der Freiwilligen, der städtischen Beamten und der Flüchtlinge ausgetragen. ... Die Israelis haben binnen eines Jahrzehnts eine Million russische, ukrainische, georgische und zentralasiatische – also recht kulturfremde – Juden aufgenommen, das sind 14 Prozent. Und Israel hat es verkraftet. Bezogen auf Deutschland, wären das elf Millionen für eine Dekade, also etwas mehr als eine Million pro Jahr. ... Wie lange wollen ältere Deutsche noch ihre Ticks und Projektionen aus dem vergangenen Jahrhundert an jungen Leuten austoben, die einfach nur auf Bahnhöfen stehen, um zu helfen – weil sie Menschen, nicht weil sie Deutsche sind? Es ist schon ein merkwürdiges christliches Abendland, in dem man sich fürs Helfen pathologisieren lassen muss.“

 

20. Oktober 2015, FAZ

(kein Autor angegeben) berichtet über eine Allensbach-Umfrage (von der FAZ bestellt), wonach, so sehe die Mehrheit es jetzt gerade, die Regierung ihre Handlungsmacht verloren hat:

Bei der Umfrage, die vom 3. bis 16. Oktober erhoben wurde, sprachen sich 56 Prozent für eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. Eine überwältigende Mehrheit will Flüchtlinge aus Kriegsgebieten aufnehmen, andere aber rasch und konsequent abschieben. ... Eine Mehrheit diagnostiziert einen Kontrollverlust des Staats und nimmt die Politik als ratlos wahr. So sind 57 Prozent der Bürger überzeugt, dass Deutschland jegliche Kontrolle darüber verloren habe, wie viele Flüchtlinge ins Land kommen. Jeder zweite unterstellt der Politik Realitätsverluste. ... Als Folge der wachsenden Sorgen ging die Zustimmung für die CDU/CSU von 42 Prozent in der ersten Septemberhälfte auf 38 Prozent zurück und damit auf den niedrigsten Wert seit der Bundestagswahl von 2013.“

 

20. Oktober 2015, Kobito

(Kombination aus Bild und Ton), deutscher Rapper (geboren 1986 in Berlin), veröffentlicht mit dem Nürnberger Duo Spezial-K (wird wegen linksextremistischer Bestrebungen vom Verfassungsschutz überwacht) den Track „The Walking Deutsch“. Am folgenden Tag wird der Song von Deutschlandradio Kultur in voller Länge gesendet. (Vermutlich dieses eine Mal und nie wieder.)

Eine heiße Nacht, der Wind trägt Nachricht aus den Städten, dass sich dort gerade der Wind dreht. Kamen voller Hass, trugen Fackeln durch die Nacht, nur der Windstoß trennt Worte von Taten und trägt die Funken auf ein Dach. Sie sind immer wach und waren niemals weg, haben sich in der Hitze ihrer Wut verloren und sich gegenseitig angesteckt, fühlen sich im Recht und tragen ihre Krankheit weiter an die Kleinen, an die Alten. Keine Heilung, keine Einsicht. Versteckte Symptome der Wut und sie tun besorgt. Wer Hilfe sucht, wird verflucht, sie jagen ihn fort. Taub für jede Antwort, aber wollen alles fragen dürfen! Sie wollen nichts hören, aber alles sagen dürfen! Sie sind unsere Geister von gestern, von heute und von morgen. An der Seite Angst vor tausend Jahren, sie ist nie gestorben. Spucken Blut, voller Wut, denn sie sind das Volk, werden mehr, kommen näher: „The Walking Deutsch“. ... Tot geglaubt, voller Staub, sie sind wieder stolz, stehen auf, werden mehr: „The Walking Deutsch“! Es ist nicht nur ein Augenblick. Es ist mehr als gruselig: Draußen demonstrieren Hooligans für ihre Utopie, wollen keine Nazis sein, aber machen einen Hitlergruß. Haben nix gegen Juden, aber kritisieren doch bloß. Und sie zünden Häuser an, weil sie brave Bürger sind. Wünschen sich mehr Würde, aber jagen Flüchtlinge. Leugnen die Geschichte und deuten die Geschichte um. ... Und die deutsche Mitte ist da voll auf einer Linie: Verschärfen das Asylrecht, aber sind keine Pegida. Soziale Demokraten mit dem Nadelstreifen, die jetzt endlich auch mal sagen, was sie alle meinen. ... Spucken Blut, voller Wut, denn sie sind das Volk. Werden mehr, kommen näher.“

 

21. Oktober 2015, FAZ

Rüdiger Soldt (geboren 1966 in Bad Gandersheim) vermittelt uns den großen Kummer des grünen Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer:

Wenn man den Bürgern jetzt nicht klar sage, was Sache sei, dann sei das „brandgefährlich“. ... „Wir sind überfordert. Wir müssen jetzt darüber reden, wie wir weitere Flüchtlinge aufnehmen. Das ist eine Frage, die gesellschaftlich ausgehandelt werden muss“, sagte Palmer. Alles andere sei „brandgefährlich“. ... Die Tabuisierung der Rechtsextremen und des Rechtspopulismus mache es ihnen unmöglich, sich offen zu äußern. ... „Die Stimmung kippt auch, wenn man nichts tut. Es hilft nichts, sich in dieser Situation in die Furche zu legen.“

 

24. Oktober 2015, Der Spiegel

kennt ein CDU-internes Referat des Finanzministers Wolfgang Schäuble:

... wies Schäuble in der jüngsten Sitzung des CDU-Präsidiums darauf hin, dass die Stimmung der Mitglieder in der Flüchtlingsfrage „dramatisch“ schlecht sei. Den insbesondere von Generalsekretär Peter Tauber geschilderten großen Rückhalt in der Partei für den Kurs von Angela Merkel sehe er nicht.“

 

27. Oktober 2015, FAZ

Reinhard Bingener (geboren 1979 in Regensburg) weiß über die Kriminalität von und zwischen in Notunterkünften Wohnenden Bescheid:

Angesichts dieses Zustroms hat die Polizei in Braunschweig schon seit Beginn dieses Jahres immer mehr Ladendiebstähle, Taschendiebstähle und Einbrüche, aber auch Raubüberfälle verzeichnet. Allein die Zahl der Ladendiebstähle hat sich in Kralenriede verdreifacht. ... Das Wachpersonal berichte immer wieder von Handy-Diebstählen und Körperverletzungen, die nicht bei der Polizei angezeigt werden. ... Unter den Asylbewerbern sei es nur ein „kleiner Prozentsatz, der uns Probleme bereitet.“ Dieser dafür aber umso massiver. ... „Wir müssen dem Personenkreis, der unter dem Deckmantel Asyl herkommt, um Straftaten zu begehen, klarmachen, dass er nicht kommen braucht“, sagt Küch. ... „Wo abgelehnte Asylbewerber in Massen zusammenbleiben, kann es zu Problemen kommen“, sagt Küch. ... Die große Hoffnung der Braunschweiger Polizei liegt darin, dass sie mit der Benennung der tatsächlich bestehenden Probleme dazu beiträgt, die falschen Gerüchte von den Tatsachen zu trennen und damit unberechtigte Sorgen abzubauen.“

 

30. Oktober 2015, FAZ

Leonie Feuerbach weiß, warum Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz Tagesgeld an Flüchtlinge zahlen, statt Sachleistungen zu übergeben:

Sie müssen Buch führen darüber, wer was bekommt. Sie müssen jemanden haben, der die Waren einkauft, jemanden, der sie ausgibt. Sie brauchen Räume, und zwar nicht zu knapp, und das in Einrichtungen, wo derzeit 2000 oder 3000 Menschen untergebracht sind. Was Sie da alleine an Warenlagern haben: Das ist verrückt. Und das alles wegen 4,75 Euro am Tag. Davon wird niemand reich und deswegen macht sich niemand auf den beschwerlichen und gefährlichen Weg von Albanien nach Deutschland.“

 

31. Oktober 2015, FAZ

Thomas Gutschker (geboren 1971 in Hannover) berichtet, soeben habe Merkel die Prognose der Flüchtlingszahl fürs Jahr 2015 auf 1 Million korrigiert:

Merkel beschrieb demnach die Lage mit drastischen Worten. Die Bundespolizei sage ihr wegen der Verhältnisse an der Grenze zu Österreich: „Wir saufen ab.“ ... Wie die F.A.S. weiter schreibt, stellte die Kanzlerin den anderen Regierungschefs ein Ultimatum: „Wir müssen uns heute auf Maßnahmen einigen, damit wir die Grenzen nicht schließen müssen.“ Nach stundenlangen Diskussionen einigten sich die versammelten Regierungschefs schließlich auf einen 17-Punkte-Plan, der mehr Aufnahmekapazitäten in ihren Ländern, verstärkte Kontrollen an den Außengrenzen und ein Ende des ungesteuerten Durchwinkens von Flüchtlingen vorsieht.“


War es nicht auch die FAZ, die, nachdem der von der CDU kommende Bundespräsident Christian Wulff eine Scheidung, Wiederverheiratung, dann noch die Beteuerung „Der Islam gehört zu Deutschland“ hinter sich gebracht hatte, zusammen mit der Bild eine Kampagne gegen den Mann fuhr, dem auch wirklich ein paar dubiose, aber vergleichsweise geringfügige Finanzierungsdeals für Privates unterlaufen waren, doch zum Rücktritt musste er genötigt werden? Woran inzwischen absolut niemand, außer Wulff natürlich, irgendwie mitschuld gewesen sein will.


 

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