Katja Baumgärtner

Der erste April

Kindheitserinnerungen meiner Mutter

Es war der erste April. Die Obstbäume blühten. Die Bienen und Hummel summten und bestäubten die Blüten der Pflanzen. Die Bauern fuhren wieder mit ihren Traktoren durch` s Dorf und pflügten den Ackerboden und besääten ihn. Es war schon teils eingesät und gepflügt und trotzdem waren die Bauern emsig bei der Arbeit.

Meine Mutter, am 17. April 12 werdend, lag bei Bauer Stenger in der Scheune und überlegte, wem und welchen Streich sie spielen könnte. Es war der erste April,  und es machte immer Spaß, einen Mitmenschen reinzulegen. Da kam ihr ihre Schwester Ute. Konnte man sie nicht so gut ärgern und vergaß sie nicht so viel, wer wann zum Beispiel Geburtstag hatte. Meine Mutter hatte drei Schwestern, Ute wurde nach Mama geboren. Nach langen Grübeln kam ihr eine Idee wie sie ihre kleine Schwester in den April schicken könnte. Sie traf Ute im Garten an. Ute sang gerade leise vor sich hin und hängte Wäsche auf. „Ute“, sagte Waltraud hastig. Sie leitete gar nicht lange ein und redete nicht drum herum. Sie wollte nicht lachen und deswegen verschlang sie gerade die Sätze. „Ich war gestern auf dem Weinberg und bin bis zu der Teufelsschlucht gelaufen, da entdeckte ich ein Nest mit 6 Jungvögel, Sie sind vermutlich erst frisch geschlüpft und sehen so niedlich aus. Willst du sie mal sehen!“ „O ja!“ wurde Ute hellhörig und freute sich darüber. „Kannst du mir das Nest zeigen, wo es ist?“ Waltraud verkniff sich das laute Loslachen und sagte wiederum übereilig. „Ich muss doch bei Bauer Klaussen Milch für uns holen! Ich erklär´ dir den Weg aber dort hin. Während meine Mutter den Weg beschrieb, lächelte sie dauernd, was der Schwester nicht auffiel, so gespannt auf die Vögel war sie. Nachdem Mama fertig war, rieb sie sich die Hände und täuschte Ute vor, jetzt Milch zu holen. Ute, Feuer und Flamme machte sich auf dem Weg. Sie rannte gerade zu hin, so neugierig war sie, die Vögelchen zu sehen. Während sie so lief, ging ihr viel durch den Kopf wie schön doch diese Wälder sind. Plötzlich stockte sie.. Hatte sie nicht selbst die Milch heute morgen geholt. Sie blieb stehen und überlegte weiter. Da fiel ihr ein, dass heute der erste April war. „Na warte!“, flüsterte sie vor sich hin. Sie genoss den Weg zur Teufelsschlucht und lächelte ebenfalls wie vorhin ihre große Schwester Waltraud. Das Vogelgezwitscher begleitete sie bis zur Teufelsschlucht. Sie pflückte am Waldrand und Wiesenrand Blumen, Ähren und Gräser, die sie nur noch zu einem Blumenstrauß für ihre Mutter zusammenstecken musste. Sie ließ sich Zeit, sich jetzt abzuhasten.

Nachdem sie die Teufelsschlucht erreicht hatte und später heimwärts lief, sah sie ihre Schwester Waltraud singend im Hof, die gerade die Wäsche abhängte. Sie drehte sich gerade um und sah Ute. „Und!“ , fragte meine Mutter scheinheilig. „Die Vögelchen waren wirklich niedlich. Es waren anstatt 6 aber nur 3 Piepmätze!“ erwiderte Ute ruhig und wollte am liebsten wie meine Mutter vorhin laut loslachen, verkniff es aber ebenfalls wie meine Mutter vorhin. Sie kam ebenfalls auf den Punkt und erzählte nichts weiteres wie Mama vorhin. Eigentlich schweiften sie immer aus. Waltraud stutzte, ließ sich aber nichts weiter anmerken. „Ich muss noch mal wohin!“ erwiderte meine Mutter hastig und erwartungsvoll.

Ute ging zu ihre Mutter, während die Neugier Mamas` geweckt war, und sie machte sich flugs auf dem Weg zur Teufelsschlucht. Abgehetzt und schwitzend kam sie dort an. Sie sichtete nach langen vergeblichen Suchen aber kein Nest. Ein paar Meter weiter befand sich an einem Baumstamm heftend ein Zettel, auf dem stand „April, April!“ Erst wütend empört, dann lachend, musste meine Mutter noch nach Abendeinbruch nach Hause. Sie kam erschöpft zu Hause an und auf dem Rückweg überlegte sie sich das nächste Mal einen besser durchdachten Streich auszudenken. Als sie zu Hause ankam, ließ sich der Rest der Familie nichts anmerken. Ute erzählte natürlich alles den anderen, die sich das Lachen unterdrückten.

Der Apriltag neigte sich dem Ende zu und meine Mutter saß mit dem Rest der Familie am Abendessen und sprach kein Wort von Utes` Aprilscherz. Erst später sprachen sich beide aus und ihre anderen Geschwister zogen meine Mutter Waltraud hoch, wie dumm sie doch sei. Meine Großmutter hielt sich herraus. Mama schwor sich, dass das nie wieder vorkommen wird, sich so reinlegen zu lassen. In dieser Nacht schlief Waltraud besonders gut. Ihre Mutter neben ihr im Bett, hörte sie laut schnarchen.

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