Klaus-Jürgen Langner

Die Zeit

Was ist das: Keiner kann mich hören, sehen, fühlen, riechen aber ich werde wahrgenommen?
Manches Mal scheine ich still zu stehen, aber manchmal scheine ich auch davonzurennen.
Und ich vergehe auch und komme nie wieder zurück!
Ja, so ist das mit mir, jeder nimmt mich anders wahr – mich, die Zeit.
Und da komme ich gleich mit meiner Frage: Mit welchem Organ wird denn die Zeit wahrgenommen? Mit dem Herzen, mit dem Gehirn und wenn dort, mit welchem Teil?
Und die Zeit  gibt es auch in zwei Formen: In der objektiven und der subjektiven Zeit!
 
Als ich auf meiner Reise in Griechenland mit einem deutschen Ehepaar und zwei griechischen Geistlichen unterhalten hatte, war einer der ersten Hinweise, dass die „alten Griechen“ sogar zwei unterschiedliche Gottheiten dafür entwickelt hatten. Zum einen „Chronos“  und dann noch „Kairos“. Die griechische Überlieferung ist interessant, weil sie das Problem der individuellen Zeiterfassung schön darstellt.
Chronos enttrohnte seinen Erzeuger und Vater Uranos. Damit war er der Herrscher über die Zeit. Um nun nicht dasselbe Schicksal zu erfahren, musste er aber auch alle seine Kinder umbringen. Das gelang ihm bei allen mit Ausnahme von Zeus. Der Herrscher über die Macht besiegt natürlich folgerichtig seinen „Möchtegern-Mörder“ und er selber erzeugte dann seinen Sohn Kairos.
In diesem Bild ist Chronos das Symbol für das Überholte, das Alte. Die Zeit frisst demnach alles – mit Ausnahme der Macht (Zeus). Das sollte veranschaulichen: Gewinne ich die Herrschaft über mich selber, gewinne ich sogar die Herrschaft über die Zeit.
Chronos verwaltet einen Schatz, der sich aus den gewonnenen Erfahrungen in der Zeit rekrutiert. Aber Chronos verschlingt dazu auch alle die, die die Zeit nicht nutzen.
Nun, das Prinzip kennen wir auch heute noch genauso.  Wenn eine Krankheit mich überfällt muss ich die Ursache suchen und sie beseitigen. Wenn nicht werde ich chronisch krank. Das gilt auch für alles andere. Nicht behobene Unzufriedenheit bedeutet chronische Unzufriedenheit.
Der Mensch der Neuzeit neigt aber dazu die Lösung nicht bei sich zu suchen sondern in seiner Außenwelt und er versucht mit Tabletten, Alkohol, Tabak oder als Workoholic Hilfsmittel einzusetzen, von denen er dann abhängig wird.  Die anzustrebende Lösung aber bedeutet: „Ich gewinne die Macht über mich selber!“
Damit beherrsche ich dann aber die Aggressionen, die Unbeherrschtheit, den allgemeinen überall vorzufindenden Stress.
Auch die Angst vor der Muße, um mit mir selbst umgehen zu lernen wird damit verhindert.
Ich brauche nicht mehr die freie Zeit „totzuschlagen“, ich brauche keinen „Zeitvertreib“. Ich bin in der Lage mich mit mir selber auseinanderzusetzen.
Chronos erscheint dann in anderer Sicht. Er zeigt sich als weiser Vater, der mir die notwendige Zeit schenkt, um alles wachsen zu lassen, reifen zu lassen, ganz einfach sich entwickeln zu lassen.
Und jetzt wird die andere Zeit-Verkörperung in Kairos verständlich. Er ist der junge Gott der sofort die richtigen Momente erkennt und schnell zupacken kann, um alles Günstige festhalten zu können. So wird er auch dargestellt mit Flügelchen an den Füßen, um blitzschnell überall zu sein, einem Messer in der einen Hand, um nicht passende Bindungen blitzschnell zu durchtrennen und einer Waage.
Er ist der andere Aspekt der Zeit. Nicht die Zeit-quantität wie Chronos, sondern die Zeit-qualität. Was das bedeuten soll? Nun wenn Mein Hund seinem Jagdtrieb nachgibt und stundenlang ein Opfer erjagen will, dann ist das eine Möglichkeit. Ein Krokodil aber liegt stundenlang unbeweglich  im Versteck, um im geeigneten Moment blitzschnell zuzupacken. Das Tier kennt die  Besonderheit des absolut richtigen Augenblicks. So wie Kairos. Ein moderner gehetzter Zeitzeuge hat kaum die innere Ruhe, die Kairos verkörpert.
Beide Götter versinnbildlichen die unterschiedlichen Seiten der Zeit. Beide Möglichkeiten aber lassen die Zeit auch anders erlebbar werden. Je mehr ich die Qualität der Zeit nutze, erkenne ich z. B. dass ein intensives persönliches Gespräch mit einem Partner in wenigen Minuten mir mehr geben kann, als ein gemeinsamer  Kinobesuch über Stunden von irgendeinem Film.
Soweit die Erkenntnis über die Zeit, die mit der griechischen Kultur auch Einzug gehalten hat in ganz Europa.
Was aber habe ich selber sonst für Erkenntnisse über die Zeit?
Mit welchem Sinnesorgan trenne ich die Vergangenheit von der Zukunft?
Mir ist nicht bekannt, dass irgendwelche Forscher ein bestimmtes Organ dafür bezeichnen können. Vielleicht der Zeitforscher Marc Wittmann, der die Ansicht vertritt, dass der Herzschlag von jedem einzelnen dazu benutzt wird Zeit individuell zu messen. Ein beschleunigter Puls soll dann die Zeit langsamer verlaufen lassen. Er kann damit die lange Wartezeit vor einer wichtigen Arzt-Untersuchung erklären.
Wann lernt denn der Mensch die Zeit richtig einzuschätzen? Jean Piaget hat dazu seine eigenen Kinder beobachtet und er meint erkannt zu haben, dass Kinder erst im Schulalter die Zeit richtig zu beherrschen scheinen. Vorher können sie zwar schon die Uhr ablesen. aber das bedeutet noch nichts für ihr wahres Leben. Wie lange eine halbe Stunde in ihrer Realität  dauert, dass fällt ihnen noch sehr schwer richtig einzuschätzen.
Das zeigt der unfertige Mensch muss erst lernen mit der Zeit richtig umzugehen.
Und wenn der Mensch dann fertig ist?
Dann sagt er zum Beispiel „Zeit ist das, was die Uhren messen!“ Danach gab es vor der Erfindung der Uhr auch noch keine Zeit!
Meyers Enzyklopädisches Lexikon von 1886 meint dazu: "Zeit ist das empfundene Nacheinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" um von Einstein gesagt zu bekommen das hat nur noch die Bedeutung einer hartnäckigen Illusion.
Also klare Aussagen die überall anerkannt werden finde ich bei unseren Wissenschaftler nicht.
Vielleicht hat ja irgendeiner, der dies liest genügend Zeit um mich mal richtig aufzuklären.
Don,   Januar 2014-01-08

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